Maria Clementine Martin: Unternehmerin und Marketing-Profi

Weltbekanntes Logo: Die drei Nonnen im gotischen Spitzbogen stehen für Klosterfrau Melissengeist, Bild: Klosterfrau Gesundheits-Service

Weltbekanntes Logo: Die drei Nonnen im gotischen Spitzbogen stehen für Klosterfrau Melissengeist, Bild: Klosterfrau Gesundheits-Service

Consumer Centric, Brand Awareness, Storytelling – alles Begriffe aus dem modernen Marketing. Die selbsternannten Experten wollen uns allen immer das Gefühl geben, sie alleine hätten das Marketing erfunden. Weit gefehlt. Experten für die Vermarktung von Produkten gibt es schon ewig. Und in Köln hat sich eine Marketing-Expertin besonders hervorgetan: Maria Clementin Martin, die „Erfinderin“ von Klosterfrau Melissengeist. Diese Frau hat bereits vor fast 200 Jahren geschafft, ein Produkt perfekt zu vermarkten, dass es noch heute gibt: Klosterfrau Melissengeist. Dabei hat sie alle Register des Marketings gezogen: Klösterliche Herkunft des Rezepts, Verwendung vom königlichen Wappen, Platzierung als medizinisches Produkt und Abmahnungen gegen Wettbewerber, die dies auch behaupteten.

Eine selbstbewusste Unternehmerin

Köln im Jahr 1826. Im Schatten des noch unvollendeten Doms tut sich was: Maria Clementine Martin gründet unter dem Namen „Maria Clementine Martin Klosterfrau“ ihr Unternehmen. Mit einer Anzeige in der Kölnischen Zeitung bewarb sie ihr selbst destilliertes Kölnisch Wasser:

„Ein sich selbst empfehlend ächtes Kölnische Wasser,
ist zu haben auf der Litsch Nro. 1, die große Flasche zu 6 Sgr. 3Pf.“

Das Gründungskapital stammt aus einer königlichen Rente, welche sich Maria in der Schlacht von Waterloo bei der Pflege von verletzten Soldaten verdient hatte.

Wundermittel gegen alle möglichen Beschwerden

Die 1775 als Wilhelmine Martin geborene Unternehmerin hatte zu diesem Zeitpunkt bereits reichlich Erfahrungen in verschiedenen Klöstern mit der Krankenpflege und mit Heilpflanzen machen können. Diese Kenntnisse setzt sie jetzt in bare Münze um. Besonders ihr neues Produkt, eine spezieller Melissengeist, wird noch heute bei Beschwerden aller Art empfohlen:

  • Bei Erkältung und grippalen Infekt,
  • bei Magen-Darm-Beschwerden,
  • bei Wetterfühligkeit, Spannungs- und Erregungszuständen,
  • bei innerer Unruhe und
  • bei Schlafstörungen.

Kein Wunder, dass bei einem solchen Wundermittel der Markt hart umkämpft war. In der Domstadt buhlen immerhin 64 Hersteller von Heilwassern und Kölnisch Wasser um Kunden. Deshalb strebte Maria bereits im Jahr 1828 eine „Prüfung und Bescheinigung der Qualität des von ihr verfertigten Melissenwassers durch die königliche Medizinal Behörde“ an. Leider vergeblich – die Behörde wies darauf hin, dass die Ähnlichkeit mit bestehenden Produkten zu groß sei und tatsächlich jeder Apotheker ein solches Heilwasser herstellen könne. Auch ein zweiter Versuch im Jahr 1831, den nur als Parfum zugelassenen Melissengeist als Arznei zuzulassen, scheiterte. Trotzdem positionierte die findige Unternehmerin dieses Produkt durch Hinweise auf die Heilwirkung mehr oder weniger deutlich als Arznei. Und ging gleichzeitig mit Abmahnungen gegen Wettbewerber vor, die dies ebenfalls taten – Marketing mit harten Bandagen.

Klosterfrau Melissengeist, in der Mitte des Etiketts ist noch heute das königliche Wappen zu finden, Bild: Klosterfrau Gesundheits-Service
Klosterfrau Melissengeist, in der Mitte des Etiketts ist noch heute das königliche Wappen zu finden, Bild: Klosterfrau Gesundheits-Service
Das königliche Wappen als Wettbewerbsvorteil

Ihr größter Marketing-Erfolg war aber die Anfrage bei König Friedrich Wilhelm III. im Jahr 1827: Dieser gestatte Ihr, das preußische Wappen auf dem Etikett ihrer Produkte zu führen. Andere Unternehmer mit vergleichbaren Produkten klagten vergeblich darauf, auch dieses Wappen nutzen zu dürfen. Tatsächlich schmückt dieses Wappen noch heute das Etikett jeder Flasche Klosterfrau Melissengeist.

Das Grab von Maria Clementine Martin auf dem Melatenfriedhof, Bild: Factumquintus
Das Grab von Maria Clementine Martin auf dem Melatenfriedhof, Bild: Factumquintus

Maria Clementine Martin starb am 9. August 1843. Ihr Unternehmen gibt es noch heute unter dem Namen „Klosterfrau Healthcare Group“. Und die erfolgreiche Tradition wurde fortgesetzt: Heute stellen ca. 1.000 Mitarbeiter 220 unterschiedliche Klosterfrau-Produkte her.


Die erste Adresse des Unternehmens im Jahr 1826 war durchaus prominent: „Auf der Litsch“ war eine Gasse an der Westfassade des Doms. Diese wurde bei der Domvollendung komplett abgerissen. Der Dom hatte damals die Adresse „Auf der Litsch 2“. Heute kann jeder dem Dom unter der Adresse „Domkloster 4, 50667 Köln“ schreiben.


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Die jecke Zahl 11

Der 11.11. - endlich geht der Karneval wieder los. Bild: Jörg Sabel / pixelio.de
Der 11.11. – endlich geht der Karneval wieder los. Bild: Jörg Sabel / pixelio.de

Podcast Alaaf + Zahl 11, 24

Los – packt euch eine rote Nase ein, setzt eine lustige Mütze auf und geht raus. Schließlich ist heute der 11.11. – dä Fastovend jeiht endlich loss. Um 11.11 Uhr gibt es den Startschuss – und alle Jecken sind außer Rand und Band. Doch was hat es mit dieser Zahl 11 auf sich?

Die 11 als Zahl ohne Regeln

Tatsächlich gibt es viele Erklärungsansätze, warum tatsächlich die 11 die Narrenzahl ist. Am einfachsten ist die Erklärung, dass bei der 11 die beiden Ziffern 1 und 1 einträchtig nebeneinander stehen – als Symbol der Gleichheit im Karneval. Soll bedeuten: Egal, ob du Millionär oder armer Schlucker bist: Im Kostüm sind alle Jecken gleich.

Komplexer wird es bei der Deutung der 11 als Zahl, welche sich nicht den Regeln unterwirft. Während sich die 12 hervorragend teilen lässt, ist die 11 als Primzahl nicht teilbar. Man kann sie nicht mehr mit den Fingern beider Hände abzählen. Und sie überschreitet die Ordnung, die durch die 10 Gebote gegeben wurde. Deshalb hat das kölsche Grundgesetz ja auch 11 Gebote.

Lohn und Pacht waren am 11.11. fällig

Eine andere Herleitung ist, dass sich die Narrenzahl 11 auf die Französische Revolution bezieht: Die Abkürzung der Begriffe Egalité – Liberté – Fraternité lautet ELF. Schöne Geschichte, aber nicht wahr. Allein schon die Tatsache, dass 11 als Zahl der Jecken schon lange vor der Zeit der Französischen Revolution belegt ist, widerlegt diese These.

Einleuchtender ist die Deutung, dass am 11.11., dem Fest des St. Martin, das bäuerliche Jahr zu Ende ging. Pachtzahlungen wurden an diesem Tag fällig und die Knechte und Mägde bekamen ihren Lohn ausgezahlt. Es war also genug Geld im Umlauf, um es so richtig krachen zu lassen.

Feiert mit euren Nachbarn in der Kneipe um die Ecke

Wie auch immer: Nutzt diesen Tag heute, feiert ordentlich Karneval. Schließlich müssen wir ja noch bis zum Januar warten, bis es wieder richtig mit däm Fastelovend losgeht. Noch ein Tipp von mir: Meidet die Kölner Innenstadt. Dort ist es zu voll und zu laut. Geht in die Kneipe um die Ecke und schunkelt mit euren Nachbarn an der Theke.

Vell Freud und jaaaaanz laut ALAAF!


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Lommerzheim in Deutz – die „Kölscheste aller Kölsch-Kneipen“

Kult: Die Gaststätte Lommerzheim in Deutz, Bild: Andreas Lofner
Kult: Die Gaststätte Lommerzheim in Deutz, Bild: Andreas Lofner
Podcast Lommerzheim 11
 

Es gibt unzählige Anekdoten über diese Kneipe. Bernd Imgrund bezeichnet sie völlig zu Recht als „kölscheste aller Kölsch-Kneipen“. Die Geschichten um Bill Clinton, bezahlte Ansteher, die dicksten Koteletts, Telefonbücher als Sitzpolster und natürlich den Wirt Hans Lommerzheim sind legendär und wahr.

Dabei geht es ja „nur“ um eine Kneipe in Deutz. Aber was für ein Laden. Vollkommen aus der Zeit gefallen – und mit einem damals unfassbaren „Renovierungsstau“- manch einer sprach auch von einer überfälligen Totalsanierung. Und gleichzeitig war der „Lommi“ auch Kultkneipe. Passt das zusammen? Ja – und wie!

Kneipe ohne Schnickschnack

Eigentlich war das Lommerzheim, von den Kölnern liebevoll „Lommi“ genannt, nur eine recht kleine Gaststätte in der Siegesstraße in Deutz, hinter der Jugendherberge, nicht weit weg vom Deutzer Bahnhof. Bewirtschaftet wurde der Laden von Hans und Annemie Lommerzheim. Eine Kneipe ohne Schnickschnack. So suchte man dort vergeblich einen Fernseher, anscheinend heute Standardausstattung jeder Kneipe. Selbstverständlich gab es auch keine Musik im Hintergrund. Spielautomaten hätten in diese Laden so gut reingepasst wie Anstand beim FC Bayern München. Auch ein Zigarettenautomat war für den Wirt überflüssig, ebenso wie eine Kasse. Hans Lommerzheim rechnete die Deckel im Kopf aus. Flott und zuverlässig. Die Farbe der sich von der Wand ablösenden Tapete konnte man nur noch erahnen, sie changierte zwischen braun und dunkelbraun, jahrzehntelang gefärbt durch den Zigarettenrauch der Gäste.

Und dann gab es die legendären Koteletts: Dick wie eine Bibel, jedoch immer durch und saftig. Dazu Päffgen-Kölsch, wenn man es denn bekam. Denn der größte Fehler, war es, Hans Lommerzheim anzusprechen und zu bestellen. Dann wurde man konsequent ignoriert. Der Wirt brachte das Kölsch dann an den Tisch, wenn er es für richtig hielt.

Kult-Lokal, dank Empfehlungen in den Reiseführern

Nach einem Bericht in der Stadtrevue wurde der Lommi in verschiedenen Reiseführern als Geheimtipp gehandelt. Und so strömten neben den Kölnern auch Touristen und Messegäste aus aller Welt in diesen Laden. Lange Schlangen vor der Tür waren der Normalfall, bereits vor der Eröffnung. Und es ist tatsächlich wahr, dass Studenten als Ansteher und Platzhalter für später ankommende Gäste bezahlt wurden. Gerne mit Kölsch. Wenn dann allabendlich der Platz knapp wurde, ging Hans Lommerzheim in den Hof, holte ein paar leere Wasserkisten. Zusammen mit einem Telefonbuch als Polster dienten diese umgedreht als zusätzliche Sitzgelegenheit.

Ende 2004 war dann Schluß beim Lommi. Aus gesundheitlichen Gründen musste Hans Lommerzheim sein Lokal schließen, im Juni 2005 verstarb er im Alter von 75 Jahren. Die Päffgen-Brauerei kaufte das Haus mitsamt Inventar von der Witwe. Nach einer tatsächlich behutsamen Renovierung mit Erweiterung wurde das „Lommi“ 2008 wiedereröffnet. Ein Besuch lohnt sich!

Und wie war das mit Bill Clinton? Der amerikanische Präsident war 1999 beim Weltwirtschaftsgipfel zu Besuch in Köln und wollte unbedingt eine echte Kölsch-Kneipe besuchen – eben das Lommi. Allerdings sollte das Haus an dem Tag aus Sicherheitsgründen geschlossen bleiben. Lommerzheim lehnte mit den Worten ,Nä, dat jeiht nit!“ ab – denn dann würden die Stammgäste ja vor verschlossenen Toren stehen. So landete Clinton schließlich (ganz spontan – wer es glaubt) in der Malzmühle am Heumarkt.


Suppe für Nachbarskinder

Alexandra hat mit noch diese Ergänzung geschickt.

„Zu erwähnen wäre vielleicht noch, dass Herr Lommerzheim die Gaststätte von seinen Eltern übernahm. Und eben diese Eltern, insbesondere der Vater, hat in Kriegs- und Nachkriegsjahren immer einmal in der Woche einen großen Topf Suppe gekocht und kostenlos an die Kinder der umliegenden Straßen verteilt. Mein Vater war eines dieser Kinder und war ihm bis zuletzt sehr dankbar, denn manchmal war es das einzige Essen für ein paar Tage. Durch diese Verbundenheit durfte ich schon als Kind auf den mit Telefonbüchern gepolsterten Cola Kästen sitzen.“

Diese Geschichte war für mich völlig neu. DANKE dafür!


Die Band Miljö hat der „kölschesten aller kölschen Kneipen“ mit dem Song Sulang beim Lommi die Leechter noch brenne … ein musikalisches Denkmal gesetzt.


Der Lommi-Brunnen zeigt Hans Lommerzheim bei der Arbeit, Bild: Willy Horsch
Der Lommi-Brunnen zeigt Hans Lommerzheim bei der Arbeit, Bild: Willy Horsch

An Hans Lommerzheim erinnert heute der in der Nähe der Gaststätte verlaufende Hans-Lommerzheim-Weg und der Lommi-Brunnen, zu finden im Biergarten des Lommerzheims.

Der Hans-Lommerzheim-Weg in Deutz, Bild: Uli Kievernagel
Der Hans-Lommerzheim-Weg in Deutz, Bild: Uli Kievernagel

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