Äußerst ungewohnte Töne schallten durch den Dom: „Allahu akbar“ („Gott ist groß“) hieß es. Und Gläubige rollten ihre Gebetsteppiche in einem Seitenschiff der Kathedrale aus und beteten. Dass es sich dabei nicht um das übliche Publikum eines katholischen Sonntagsgottesdiensts handelte, ist offensichtlich.
Tatsächlich beteten am 3. Februar 1965 mehrere Hunderte Muslime im Kölner Dom. An diesem Tag endete der Fastenmonat Ramadan. Das Ende des Ramadan feiern die Muslime mit einem dreitägigen Fest. Dazu gehört auch das feierliche Gebet. Das Problem aber war: Es gab keine geeignete Moschee für die Gläubigen.
Kardinal Josef Frings war Gegner dieser Aktion
So gab es eine Absprache, dass die Gläubigen ihre Gebetsteppiche im Dom ausrollen durften. Doch dieses Gebet der Muslime in dem katholischen Gotteshaus war durchaus umstritten. Denn die Zusage für diese Aktion wurde nur von einem einzelnen Mitglied des Domkapitels gegeben.1Das Domkapitel ist das oberste Leitungsgremium des Doms und besteht aus Dompropst, Domdechant, zehn residierenden und vier nichtresidierenden Domkapitularen. Die nichtresidierenden Kapitulare sind Geistliche des Erzbistums Köln mit Priester- oder Bischofsweihe, von denen einer möglichst der Bonner KatholischTheologischen Fakultät angehören soll. Die residierenden Domkapitulare sind für die Gestaltung der Gottesdienste, den Erhalt des Domes und die Verwaltung des Vermögens verantwortlich.
„Sicher ist aber, dass das Domkapitel nachträglich die Entscheidung mitgetragen hat“, so der ehemalige Domprobst Norbert Feldhoff. Übrigens war der damalige Kölner Erzbischof Kardinal Josef Frings gegen dieses Gebet in der christlichen Kirche, so Feldhoff.
Einmaliges Ereignis – Dom jetzt eine Moschee?
Bleibt die Frage, ob es rechtens war, den Dom zu einem muslimischen Gebet zu öffnen. Auf der einen Seite hatte das gerade erst beendete Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) ausdrücklich den Respekt gegenüber dem Islam bekundet. Es gab sogar eine Empfehlung, dass die Bistümer den Muslimen Räume zur Verfügung stellen sollten.
Auf der anderen Seite wurden hier ausdrücklich Kirchen und Kapellen ausgenommen, weil Kruzifixe, Bilder und Statuen für Muslime ein Ärgernis sein könnten. Für die Gläubigen, die im Februar 1965 im Dom beteten, stellte dies wohl kein Problem dar. Ganz im Gegenteil: Entsprechend des islamischen Gebots, auch für Gotteshäuser zu spenden, bedankten sich die Betenden, indem sie nach dem Gebet großzügig für den Erhalt des Doms spendeten.
Trotzdem blieb diese Aktion ein einmaliges Ereignis, auch wenn die Kölnische Rundschau dieses besondere Gebet als „Tag, der Religionsgeschichte gemacht hat“ bezeichnete. Denn nach dem Verständnis bestimmter muslimischer Gruppen, so Norbert Feldhoff, gehen Räume, in denen einmal gebetet würde, in ihr Eigentum über. So könnte man den Dom seit diesem Tag im Februar 1965 auch als Moschee bezeichnen.
Debatte über den Muezzin-Ruf in Köln
Heute gehen die Meinungen über die Religionen weit auseinander, wie die zum Teil hitzig geführte Debatte über den Muezzin-Ruf zeigen: Die Stadt erlaubt in einem auf zunächst zwei Jahre befristeten Modellprojekt, dass der Gebetsruf zum Gebet am Freitag zwischen zwölf und 15 Uhr erschallen darf.
Die Kommentare in den sogenannten „Sozialen Medien“ zeigen die ganze Bandbreite: Von der „Islamisierung des Abendlands“ bis „Wenn einer religiösen Krach machen darf, dürfen es alle anderen auch.“ sind alle Meinungen vertreten.
Ich halte es da eher mit dem Kölschen Grundgesetz,
Artikel 3: „Et hätt noch immer jot jejange.“
Andere Religionen besser verstehen
Um andere Religionen – und auch die eigene Religion – besser zu verstehen, lohnt sich ein Blick in den „Kalender der Kulturen“. Dieser Kalender erklärt die wichtigsten Feiertage. So erfährt man nicht nur, wann das jüdische Laubhüttenfest gefeiert wird, sondern auch, wann Holi gefiert wird und was es mit Fronleichnam auf sich hat.
Kardinal Meissner: Richter-Fenster passt eher in eine Moschee
Kardinal Meissner (1933 – 2017) hatte dem wunderschönen und vielbeachteten Richter-Fenster schnell attestiert, dass dieses „eher in eine Moschee oder ein anderes Gebetshaus“ passen würde, aber nicht in eine gotische Kathedrale.
Aber da hatte der „Gottesmann“ Meissner eindeutig Unrecht: Rund 80 Prozent aller Besucher im Dom sind von dem Richter-Fenster begeistert.
Es muss ein ganz besonderer Anblick gewesen sein, der sich den Kölner Zöllnern etwa um das Jahr 1850 geboten hat: Eine Frau, kaum noch Zähne im Mund, aber gekleidet nach der neuesten Mode mit einem extrem ausladenden „Cul de Paris“, watschelt schwerfällig über die Deutzer Schiffsbrücke. Dabei verdeckt der ausladende Reifrock mit der starken Überbetonung des Hinterteils nicht nur den Frauenkörper, sondern auch mehrere Pfund Mehl und Speck, welche die Dame unter ihrem Rock versteckt an den Beamten vorbei in das linksrheinische Köln schmuggelt.
Die Zöllner hatten eindeutig Respekt vor dieser ganz besonderen Gestalt, die da über die Brücke kam. Handelte es sich doch um niemand geringeres als Scholastika Steinhausen, geb. Bolz. In Köln besser bekannt als „Bolze Lott“ und der Schrecken eines jeden Zollbeamten. Denn jede Leibesvisitation wird von der Dame lautstark und mit Worten, die selbst einen Bierkutscher rot werden lassen, als Grabscherei bezichtigt und die Zöllner als Föttchesföhler verunglimpft. Dabei wollten die Beamten nur ihrer Aufgabe nachgehen und die im Jahr 1856 neu eingeführte Mehl- und Schlachtsteuer einziehen.
Bolze Lott lebte in einer rauen Welt
Geboren wurde Scholastika Lott (lat. scholastica „die Lernende) am 8. Dezember 1825 in der Kostgasse am (heutigen) Breslauer Platz. Zu Zeiten der Bolze Lott wurde die Straße Kotsgasse (von „kut“ für Innereien) genannt, weil hier Metzger Eingeweide und Abfälle des Schlachtviehs verarbeiteten. Eine raue Gegend, in der sich Bolze Lott aber durch ihr vorlautes Mundwerk durchzusetzen wusste.
Ihr Eheglück – im Jahr 1846 heiratet sie den Rhingroller1Rhingroller waren billige Tagelöhner, die die Rheinschiffe mit reiner Muskelkraft be- und entladen mussten. Johann Friedrich Steinhausen – währte nur sehr kurz. Der bekannte Schläger und Raufbold Steinhausen muss noch während der Flitterwochen ins Gefängnis und stirbt kurz darauf. So ist Bolze Lott bereits mit 22 Jahren Witwe und muss alleine für ihren Lebensunterhalt sorgen.
Karriere als gewiefte Schmugglerin
Als „Käätzemöhn“ verkauft Bolze Lott vor den Kirchen Kerzen an Gläubige – inklusive dem Service, diese Kerzen auch aufzustellen und anzuzünden. Um das Geschäft etwas lukrativer zu machen, „vergisst“ sie regelmäßig, die Kerzen auch tatsächlich in der Kirche aufzustellen. Als sich das herumspricht, bleiben die Kunden aus.
Wie gut für Bolze Lott, dass ab 1856 zwei Dinge zusammenkommen: Die neue Steuer für Produkte aus dem Rechtsrheinischen und die Mode der ausladenden Röcke. So verdient sie sich als Schmugglerin ihren Lebensunterhalt.
Die listige Lotte wurde so der Albtraum der Zöllner. Denn sie verstand es auch ohne Schmuggelgut unter dem Reifrock, so zu gehen, als ob sie einen Zentner Mehl und ein halbes Schwein darunter verstecken würde. Die dann fälligen Kontrollen der Zöllner konterte die Dame lautstark als unsittliche Berührung. So waren sich die Zöllner nie sicher, ob die als Schmugglerin bekannte Bolze Lott jetzt gerade tatsächlich schmuggelte oder die Zöllner nur aufs Glatteis führen wollte. Die Beamten wurden immer unsicherer: Manche vergebliche Leibesvisitation endete in einer wüsteten Schlägerei, immer aber in üblen Beschimpfungen durch Bolze Lott, die sich vor den herbeieilenden Bürgern, davon viele selber als Schmuggler unterwegs, als unschuldiges Opfer darstellte.
Abschaffung der Steuer beendet Schmuggelei der Bolze Lott
1874 wurde die Mehl – und Schlachtsteuer abgeschafft. Und Bolze Lott musste sich ein neues Betätigungsfeld für ihren Lebensunterhalt suchen. So verkaufte sie in einem Bauchladen Kerzen, Heiligenbildchen und anderes Jedöns vor Kirchen, an Wallfahrtsorten oder auf den umliegenden Kirchweihfesten.
Doch auch hier stand ihr ihr loses Mundwerk oft im Weg. Kunden, die nicht sofort kaufen, sondern zunächst nur schauen wollen, werden übel beschimpft. Auf einer Kirmes beleidigt sie den örtlichen Geistlichen, der ebenfalls nichts für ihren Tand übrig hat, mit den Worten „Paafgott – Raafgott. Düvel. Halt der Sack op!“2„Pfaffengut – Raffgut, Teufel halt den Sack auf!“
Tod mit 76 Jahren im Jahr 1902
Erstaunlich, dass Bolze Lott das stolze Alter von 76 Jahren erreicht. Ihre letzten Jahre verbringt sie in einer Wohnung in der Große Spitzengasse, heute als Tel-Aviv-Straße ein Teil der Nord-Süd-Fahrt. Doch auch im hohen Alter sind ihre Schimpftiraden noch berüchtigt. Als sie einen herumziehenden Kesselflicker beleidigt, entgegnet dieser „Lott, ich krigge alles gefleck, nur ding Schnüß, do kann ich och nix mache.“
Scholastika Steinhausen, geborene Bolz, stirbt am 3. September 1902. Über ihren Tod schreibt der Arzt und Heimatschriftsteller Josef Bayer:
„Ob sie bis hart an der Pforte des Todes ihr wüstes Schimpfen fortgesetzt hat oder ob sie, als Freund Hein sie beim Schopfe nahm, zu guter Letzt doch noch Reu und Leid erweckte, ist nicht bekannt, denn man hat sie an dem genannten Tage entseelt im Bett gefunden.“
Was für ein Glück, dass der „Cul de Paris“ Mitte des 19. Jahrhunderts modern war. Denn unter dem extrem ausladenden Reifrock konnte die in Köln als „Bolze Lott“ bekannte Schmugglerin Scholastika Lott mehrere Pfund Mehl und Speck vor den Zöllnern verstecken.
Mehr zu dieser Dame mit außergewöhnlich losem Mundwerk und ganz besonderen Schmuggel-Methoden gibt es im heutigen Köln-Ding der Woche.
Text dieser Podcast-Folge
Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge von Köln-Ding der Woche.
Der super mega tolle Uli und der weniger unglaublich tolle, unglaublich mega tolle und gut aussehende Frank präsentieren euch heute ein kölsches Original. Ja, das ist nämlich die Bolze Lott.
Und wenn ihr die vorherige Folge über Bolze Lott gehört gabt, da haben wir über Kölsche Schimpfwörter gesprochen. Und die Bolze Lott ist sozusagen die Königin der Kölschen Schimpfwörter. Die hatte, ich will nicht sagen erfunden, aber zur Perfektion getrieben.
Bevor wir zu Bolze Lott selber kommen und ihre doch recht derben Ausdrucksweise, noch mal ganz grundsätzlich zu diesen Kölschere Originalen. Die haben alle was gemeinsam. Ich meine, ihr kennt die wahrscheinlich. Das ist sowas wie zum Beispiel Fleuten-Arnöldsche, Orjels Palm, dä Fressklötsch und so was.
Köln wächst ab 1880 gewaltig
Das sind alles Kölsche gewesen, die so im 18./19 Jahrhundert gelebt haben, tatsächlich als Köln noch überschaubar war. Also wenn wir über das Jahr 1880 reden, hatte Köln etwa 140.000 Einwohner. Und als dann richtig abging mit den Eingemeindungen, hatten wir auf einmal bis 1914 etwa 650.000 Einwohner in der Stadt. Die wurde unüberschaubar. Vorher alles schön klein und kuschelig. Und da hatten die Originale ihren Platz. Danach nicht mehr. Deswegen ist das alles, wenn man diese Originale so abklappert, alles in diesem Zeitraum vor dem großen Wachstum unserer Stadt.
Ja, es ist also heute ungemein schwierig, noch ein Original zu werden oder zumindest ein Original außerhalb des eigenen Veedels zu werden. Das haben jetzt vielleicht eine Handvoll Menschen geschafft, der Hans Süper, die Müllers Aap, auch die Plaat, also Jürgen Zeltinger. Dann wird es wahrscheinlich schon eng, naja, Tommy Engel natürlich.
Was aber schon skurril ist, ist, diese kölschen Originale werden heute so ein bisschen verehrt, vergöttert, weiß ich auch nicht genau. Kein Bierdeckel ohne kölsches Original, kein Kölschglas. Man findet die an verschiedenen Hauswänden angebracht, man findet die in ganz vielen Erzählungen. Und deswegen haben die durchaus ihren Platz. Das als kleine Vorgeschichte zu dem, was uns eigentlich heute erwartet, nämlich eine wilde Geschichte zu Scholastika Lott.
Bolze Lott
Ja, es muss also ein unglaublicher Anblick gewesen sein, als die Kölner Zöllner, sage ich mal, um 1850 herum, eine Frau auf sich zukommen haben sehen, die hatte kaum noch Zähne im Mund. Okay, damals war die Zahnhygiene, jetzt nicht so verbreitet wie heute Die hatten noch keine Boni-Hefte und keine Zahnärzte so richtig. Da ging man noch zum Medikus wahrscheinlich.
Aber sie war nach der neuesten Mode aus Paris gekleidet. Und diese neueste Mode, die hat es im wahrsten Sinne des Wortes in sich. Das war der Cul de Paris. Das ist so ein Rock mit so einer ausgestellten Fott. Also stellt euch vor, ihr habt einen Rock an und da hinten ist irgendwie bei Höhe der Fott wie so ein Fässchen draufgeschnallt. So ungefähr ist ja der Cul de Paris aus. Das war die neueste Mode damals und das war das große Glück für Bolze Lott.
Einführung Mehl- und Fleischsteuer
Das zweite große Glück für sie war, dass 1856 in Köln die Mehl- und Fleischsteuer eingeführt worden ist. Das galt natürlich nicht außerhalb Kölns. Und die Schäl Sick war eben nicht Köln. Bis 1888, bis dann da drüben alles eingemeindet worden ist, war das nicht Köln. Und deswegen konnte man drüben billig einkaufen und dann nach Köln bringen.
Ja, dann hat Bolze Lott drüben billig gekauft und hat ihren ausladenden Reifrock, den man damals auch Königin-Hintern oder Watte-Hintern genannt hat ausgestopft mit den Sachen, die sie so gekauft hat. Das kennt man jetzt heute vielleicht, haben wir da vielleicht schon beim Film gesehen, wenn irgendwelche Frauen so tun, dass wenn sie schwanger werden, dann machen sie da was für sich, einen Luftballon rein oder wie auch immer.
So und dann ist die über diese Brücke hier watschelt und auf die Zöllner zu. Und was dann passierte war schon bemerkenswert. Die Bolze Lott hatte halt dann tatsächlich unter diesem ausladenden Rock unter Umständen ein paar Kilo Mehl und mehrere Pfund Speck versteckt und ging dann auf die Zöllner zu. Und die wollten die Dame natürlich kontrollieren, um den Zoll einzutreiben. Aber das haben die natürlich nicht ohne die Rechnung mit Bolze Lott gemacht, weil die war damit definitiv nicht einverstanden. Die zog mal richtig vom Leder.
Ja, man muss auch sagen, dass die Zöllner, die standen unter Eid, das waren jetzt nicht alles irgendwelche hergelaufenen Jungs, die den Zugang zu Zülpicher Straße am 11.11 kontrollieren und dann für fünf Euro das Türchen aufmachen, sondern die haben ihren Job wirklich ernst genommen. Also die haben angefangen zu kontrollieren. Was geschah dann, lieber Uli?
Ich will es nicht aussprechen. Ja, Bolze Lott hat die unflätig beschimpft, hat gesagt, das wären Föttchesföhler. Ein wunderschönes Schimpfwort. Wer letztes Mal aufgepasst hat, weiß noch genau, was das ist. Also die würden ihr ja an die Fott gehen, an das Gesäß gehen. Und da muss es ziemlich rüde zur Sache gegangen sein. Das ging dann auch schon bis zu Handgreiflichkeiten.
Schmugglerin
Diese Dame hat dann auch wirklich nichts gescheut, um ihrer Tätigkeit als Schmugglerin nachzugehen. Ja, zumal sie das auch sehr perfide bzw. klug eingefädelt hat. Also hat ist teilweise nichts geschmuggelt und ist über die Brücke. Wenn sie dann kontrolliert wurde, hat sie ein Riesentheater gemacht. Dann waren die schon so ein bisschen verunsichert, weil die haben ja nichts gefunden. Und dann ist sie beim nächsten Mal mit was drüber, dann haben die ja nicht kontrolliert. Also sie hat sich da immer sehr geschickt angestellt, muss man sagen.
Jetzt muss man die Dame natürlich im Zuge ihrer Zeit sehen. Also es hört jetzt alles so an, als wenn das irgendwie eine nur perfide Persönlichkeit gewesen wäre. Scholastika Botz wurde am 8.Dezember 1825 in Köln geboren. Die war natürlich schon ein Kind ihrer Zeit. Und die hatte nicht das allerschönste Leben, muss man dazu sagen.
Geboren in der wunderschönen Kotzgasse. Das war am Breslauer Platz. Also das ist dann später die Kostgasse geworden. Und das war deswegen die Kotzgasse, weil da wurde Kutt verarbeitet. Und das war das Innereien von allen möglichen Tieren. Da haben nämlich die Metzger gesessen damals. Und diese Gegend war alles andere als piekfein. Also das war schon eine ziemlich raue Gegend, wo auch die wilden Menschen gewohnt haben. Und da ist die Scholastika geschult worden.
Ja, da hat sie ihr grobes Mundwerk oder vorlautes Mundwerk auf jeden Fall da verfeinert. Ihr Vater war laut Übermittlung in Rhingroller. Also ein Tagelöhner, der seinen Lohn eher versoff, als dass er das Geld nach Hause gebracht hat.
Dann hat sie im Jahre 1846, glücklich weiß ich nicht, aber zumindest hat sie heiratet und zwar den Tagelöhner Johann Friedrich Steinhausen. Leider Gottes ist Folgendes passiert: Der war auch Tagelöhner, der war auch Ringroller. Und Rhingroller, das waren die Typen, Scheuer-Leute, das waren die Tagelöhner, die die Rheinschiffe be- und entladen haben und zwar nicht mit Kränen oder Gabelstaplern sondern mit purer Muskelkraft. Die Jungs hatten wahrscheinlich viel in de Maue, aber jetzt nicht unbedingt so unwahrscheinlich viel im Kopf.
Ehe nur von sehr kurzer Dauer
Ja, und dieser Friedrich Steinhausen und Bolze Lott haben geheiratet. Aber der war nicht nur Ringroller, sondern der hat auch noch einen anderen Ruf gehabt. Ja, der war ein stadtbekannter Schläger und ist noch während der Flitterwochen ins Gefängnis gekommen und leider Gottes auch kurz darauf gestorben.
Dann hat die mit 21 geheiratet und war mit 22 bereits Witwe und musste irgendwie für den Lebensunterhalt sorgen. Und das war für eine Frau in der damaligen Zeit nicht leicht. Wir reden jetzt über die Zeit um 1850.
Das war nicht besonders einfach und eine Gelegenheit für sie, um am Geld ranzukommen, war das als Kääze Möhn. Kääze Möhne haben Kirchen Kerzen an Gläubige verkauft, inklusive dem Service, dass sie selber in der Kirche anstecken würden. Also als Ersatz dafür, dass ich nicht selber in die Kirche gehe, zahlst man ihr das Geld, sie steckt die Kääz an und du bist von allen Sünden befreit.
Es gab nur ein kleinen Makel an dem Geschäftsmodell von ihr. Sie hat ab und an mal vergessen, das auch wirklich zu machen und hat dann ihre Kerzen, sag ich mal, doppelt, dreifach und vierfach verkauft. Das hat sich dann natürlich irgendwann mal rumgesprochen und dann blieben die Kunden aus. So und was hat sie dann gemacht?
Dann kam Gott sei Dank 1856 diese besagte Steuer für Produkte, die außerhalb der Stadt Köln produziert worden sind. Und das war diese Fleisch, Mehl und sonst was Steuer. Und das war ihre Chance, im Geld zu verdienen. Ja, dann hat sie die Zöllner mehr oder minder veräppelt und hat geschmuggelt oder auch nicht. Auf jeden Fall immer mit ziemlich viel Schreierei. Und deshalb war sie stadtbekannt als sehr, sehr loses Mundwerk.
Arbeit als Hausiererin
1874 wurde diese Mehl- und Schlachtsteuer dann abgeschafft und sozusagen hatte Bolze Lott auf einmal kein Betätigungsfeld und kein Lebensunterhalt mehr. Das war dann schon ein Problem für sie. Sie hat dann als nächstes versucht, wie so eine Art Hausierer mit einem Bauchladen irgendwelche Kääze und Bildchen von Heiligen und sonstiges Gedöns zu verkaufen. So ist dann zu diesen verschiedenen Wallfahrtsorten Sankt Ursula und auch hier am Rhein gezogen und hat dann da versucht, so die eine oder andere Mark zu machen.
Nun ist das ein bisschen schwierig. Wenn du aus der Kotzgasse kommst und mit dem Mundwerk aufgewachsen bist und Heiligenbildchen verkaufst, das passt nicht so unbedingt zusammen. Ja, also die hat auch dort auf den Kirmessen und vor den Kirchen die Kunden beleidigt, wenn sie denn dann nichts kaufen wollten.
Unter anderem hat sie mal einen Geistlichen wohl beleidigt, der ihren Tant, also für ihren Kram, nichts übrig hatte. Mit den Worten Paffjott, Raffjott, Düvel, Halt der Sack ob. Das heißt, also ich würde das jetzt mal so frei übersetzen, Pfaffe, du raffgieriger Teufel, halt den Sack auf.
76 Jahre alt geworden
Erstaunlich, dass diese Frau mit diesem Lebenswandel und mit den ganzen Umständen tatsächlich 76 Jahre alt geworden ist. Das hätte man eigentlich nicht gedacht. Damit war die weit über dem Durchschnitt ihrer Zeit. Ja, also nicht nur, dass sie in heutiger Zeit natürlich, sag ich mal, bei Google Bewertungen zu Kundenzufriedenheit, sag ich mal, relativ niedrig abschneiden würde. Aber sie ist wirklich 76 Jahre alt geworden. Das ist schon wirklich bemerkenswert.
Und sie ist im Jahre 1902 gestorben. Trotzdem hat sie auch bis zum hohen Alter ihre Schnüss, also doch ihr loses Mundwerk beibehalten. Da gibt es die schöne Geschichte noch, dass da Kesselflicker unterwegs waren. Das waren die Typen, die halt irgendwelche Kessel gelötet haben, wenn die dann leck gegangen sind. Das waren auch nicht gerade Typen, die um die Worte verlegen waren.
Aber bei der Lott kam einer von diesen Kesselflickern an und sagte dann zu ihr, Lott, ich kriege in alles jefleck, nur ding Schnüss, doch kann ich auch nix mieh machen. Ja, was auch frei übersetzt, so viel heißt, Lott, ich bekomme alles repariert, nur dein loses Mundwerk, da kann auch ich nichts dran machen.
Dann 1902 war es soweit, am 3. September 1902 ist Lott gestorben. Und es gibt ein wunderschönes Zitat von dem Arzt, der tatsächlich den Totenschein für sie ausgestellt hat, das war Josef Bayer und der hat gesagt, ob sie bis hart an der Forte des Todes ihr wüstes Schimpfen fortgesetzt hat oder ob sie, als Freund Hain sie beim Schopfe nahm, zu guter Letzt doch noch Reue und Leid erweckte, ist nicht bekannt, denn man hat sie an den genannten Tagen entseelt im Bett gefunden.
Und letztendlich würde ich diese Folge beschließen, wenn ihr mal einen blöden Spruch von einer Verkäuferin bekommt, beim Einkaufen oder was weiß ich wo. Ja, denkt dran, seid froh, dass die Bolze Lott nicht an der Kasse steht.
Was für ein schönes Schlusswort. Wir setzen diese Serie fort, mal gucken, welche Kölschen Originale wir sonst noch auspacken. Maht et jood, bleibt unanständig und bis demnächst.
Bis zu 50.000 Tonnen hochexplosives Pulver lagerten noch bis 1918 im Kölner Süden. Im „Friedenspulvermagazin Raderthal“ wurde in friedlichen Zeiten die Munition gelagert, welche im Kriegsfall von den Festungswerken im äußeren Festungsring abgeschossen worden wäre. Zum Glück ist Köln in preußischer Zeit nie angegriffen worden – so wurde kein einziger „echter“ Schuss von den Verteidigungswerken abgegeben.
Gefährlicher Transport
Der zentrale linksrheinische Lagerort des Pulvers1Neben dem Raderthaler Pulvermagazin gab es noch das rechtsrheinische Friedenspulvermagazin Westhoven. war notwendig, weil die Munitionsräume der Forts in der Regel unterirdisch lagen und das Pulver dort wegen der Feuchtigkeit schnell unbrauchbar geworden wäre. Daher wurde an 1876 das Pulvermagazin direkt am Militärring angelegt. Von dort aus hätten Pferdefuhrwerke die Verteidigungsforts mit dem Pulver versorgt. Mit solchen Pferdefuhrwerken wurde das Pulver auch in das Pulvermagazin transportiert. Offensichtlich keine ungefährliche Angelegenheit, wie diese Beschreibung zeigt:
„Die Beförderung des Pulvers erfolgte … mittelst Pferdefuhrwerks. … Vorn am Wagen war eine rote Fahne angebracht, die mit einem P versehen war (Pulver!). Der Fuhrmann ging stets neben seinen beiden Pferden. Alle Personen waren, sobald der Wagen in Sicht kam, verpflichtet, die Pfeife oder Zigarre aus dem Mund zu nehmen und auf den Rücken zu halten. Erst wenn das Gefährt wieder verschwunden war, durfte weitergeraucht werden. Getreulich wurde diese Anordnung befolgt.“2 Quelle: „Friedenspulvermagazin Raderthal”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-96481-20140716-2 (Abgerufen: 13. März 2022)]
Erst 1914 wurde auf dem Militärring nur für die Versorgung der Forts eine Bahnstrecke angelegt.
Umwandlung in Volkspark
Gemäß den Bestimmungen des Versailler Vertrages wurden die meisten Verteidigungsanlagen Anfang der 1920er Jahre geschliffen oder zu anderen Zwecken umgewidmet. In Raderthal entstand 1923/24 auf dem großzügigen Gelände des Friedenspulvermagazins der Volkspark Raderthal, geplant von dem Gartenarchitekt Fritz Encke (1861 – 1931).
Enckes gestalterische Idee war, den Menschen der großen Mietskasernen ein „soziales Grün“ als Gartenersatz zu bieten. Daher waren seine Parkanlagen immer multifunktional angelegt: Blumenanlagen zum Flanieren, Sportanlagen und auch weite Grünflächen, die z.B. für ein Picknick genutzt werden konnten. Das Gelände des Pulvermagazins bot Encke ganz besondere Möglichkeiten.
Freiluft-Leseraum, Reigenplatz, Kaffeehaus und Brunnentempel
Ausgehend von einer großen, zentralen Wiese schuf Encke eine ursprünglich völlig symmetrisch gestaltete Anlage. Die in dem Gelände angelegten ringförmigen Wälle, welche ursprünglich im Falle einer Explosion den Sprengdruck aufhalten und nach oben ableiten sollten, integrierte der Gartenarchitekt in den Gesamtplan. Aus einem der Wälle wurde ein Freiluft-Leseraum mit integrierter Ausleihmöglichkeit für Bücher und Zeitschriften. Die weiteren Wälle sollten als Reigenplatz zum Tanz, als Naturtheater oder Planschbecken genutzt werden.
Großzügige, mit vielen Blumen bepflanzte Schmuckgärten fassten den neuen Park ein. Durch spezielle Nischen mit Sitzmöglichkeiten entstanden kleine, intime Gärten. Ein Raderthaler Bürger dazu „In dä Ecke ham mer uch festjestallt, dat et zweierlei Minsche jov.“3In dem Park haben wir auch festgestellt, dass es zweierlei Menschen gibt.
Angeschlossen war der attraktive Brunnentempel mit einem Trinkbrunnen. Zusätzlich war eine Schänke oder ein Café vorgesehen.
Der vergessene Park
Leider wurden die reichhaltigen Angebote des Volksparks Raderthal nie entsprechend genutzt. Der Heimatforscher Josef Rosenzweig schreibt dazu:
„Der im Oktober 1923 begonnene Raderthaler Volkspark war 1926 fertiggestellt. Leider wurde er von der Bevölkerung nicht in dem Maße genutzt, wie er es verdient hätte. … Das vorgesehene Planschbecken und die Kaffeewirtschaft sowie das Volkshaus sind nicht über die Planung hinausgekommen.“4Josef Rosenzweig: „Zwischen Judenbüchel und Sauacker“
So wurde der Raderthaler Volkspark zum „vergessenen Park“. An der Stelle, an der ein Kaffeehaus geplant war, entstand 1927 der Sender Raderthal.
Ab 1950 wurden weitere Flächen des Parks genutzt, um für die britischen Besatzer eine Gartenstadt nach englischem Vorbild zu erschaffen – der Park schrumpfte auf etwa ein Drittel seiner ursprünglichen Größe, und es entstand auf dem Gelände des Parks die „Englische Siedlung“ mit Naafi-Shop5Navy, Army and Air Force Institutes, mit speziellen Einkaufsmöglichkeiten für die im Ausland stationierten Soldaten und einer Schule, welche heute von der Bundeswehr genutzt wird.
Umbenennung in Fritz-Encke-Volkspark
Seit 1980 stand der Raderthaler Volkspark als ursprüngliches Gartenbaudenkmal ersten Ranges unter Denkmalschutz – und verrottete zunehmend. Erst seit etwa 2001 wird der Park behutsam wieder gepflegt – auch Dank einer vorbildlichen Anwohnerinitiative. So wurden Beschilderungen angebracht, Bänke repariert, Rankgerüste angebracht und auch der Reigenplatz sowie der ursprünglich als „Leseraum“ geplante Platanenwall wiederhergestellt.
Um den genialen Gartenarchitekten Encke zu ehren6Encke hat neben diesem Park unter anderem auch den Blücherpark, den Friedenspark, den Beethovenpark und den Klettenbergpark sowie die Erweiterung des Zoos erschaffen. hat, wurde der Park im Jahr 2002 in „Fritz-Encke-Volkspark“ umbenannt.
Schmuckstück des Parks heute ist der Brunnentempel. Der bereits 1920 erbaute offene Rundbau wurde im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört. Im Jahr 2006 konnte der wiederhergestellte Brunnentempel neu eingeweiht werden. Der Brunnentempel ist mit acht Figuren von Kindern geschmückt. Jeweils zwei Kinder stellen eine Jahreszeit dar. Mein persönlicher Favorit ist der Junge mit däm Trömmelche (Bild 6 in der Bildergalerie).
Der Brunnentempel im Fritz-Encke-Volkspark Raderthal, Bild: Uli Kievernagel
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Der Brunnentempel im Fritz-Encke-Volkspark Raderthal, Bild: Uli Kievernagel
2019 wurde die Anlage noch einmal vollständig saniert. Doch leider verschmieren immer wieder unbelehrbare und untalentierte Schmutzfinken den Brunnentempel mit hässlichen Graffits.
Es ist eine späte Genugtuung: Dort, in der Antoniter-Kirche, wo in den braunen Zeiten Deutschlands am Seitenaltar eine Hakenkreuz-Flagge zu finden war, befindet sich seit 1952 „Der Schwebende“ von Ernst Barlach. Ausgerechnet eine Skulptur Barlachs, dessen Werke von den Nationalsozialisten als „entartet“ bezeichnet wurden, ersetzt das Symbol faschistischer Diktatur. Ein idealer Platz für dieses ganz besondere Friedensmahnmal.
Nationalsozialisten schmelzen Figur ein
Dabei war der Barlach-Engel eigentlich schon verloren. Ernst Barlach (1870 – 1938) erschuf die Figur des Engels als Mahnmal für die im Ersten Weltkrieg Gefallenen. Zur 700-Jahr-Feier des Güstrower Doms im Jahr 1927 wurde die Figur der Öffentlichkeit vorgestellt.
Der Engel selber strahlt eine Ruhe und Gelassenheit aus. Friedlich schwebt er in der Kirche. Barlach selber wollte erreichen, dass der Engel einen Raum der Ruhe entstehen lässt. Die Figur trägt die Gesichtszüge der von Barlach so hoch geschätzten Käthe Kollwitz. Dazu Barlach selbst: „In den Engel ist mir das Gesicht von Käthe Kollwitz hineingekommen, ohne dass ich es mir vorgenommen hatte. Hätte ich sowas gewollt, wäre es mir wahrscheinlich missglückt.“
Dieses Mahnmal war so anders als die bis zu diesem Zeitpunkt üblichen Kriegsdenkmäler. Keine Glorifizierung, keine heldenhaften Soldaten, sondern ein Denkmal im ursprünglichen Sinne des lateinischen Wortes monumentum („gemahnen“, „erinnern“).
Wenig verwunderlich, dass die Nationalsozialisten mit diesem Ansatz und auch mit der gesamten Kunst Ernst Barlachs nicht viel anfangen konnten. So diffamierten sie auch dieses Werk als „Entartete Kunst“, und der Engel wurde am 23. August 1937 aus dem Güstrower Dom entfernt und später eingeschmolzen. Aus dem Material wurden dann ausgerechnet Rüstungsgüter, z.B. Geschosshülsen, hergestellt.
Heimlicher Zweitguss aus gerettetem Gipsmodell
Allerdings gelang es Freunden von Barlach, das originale Gipsmodell zu retten und davon heimlich im Jahr 1939 einen Zweitguss herzustellen. Dieses Exemplar wurde in der Lüneburger Heide bei dem Maler Hugo Körtinger versteckt. Das originale Gipsmodell wurde 1943 oder 1944 bei einem Bombenangriff in Berlin zerstört.
Dieser Zweitguss wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in Köln ausgestellt. Viele Museen waren an dem Erwerb der Skulptur interessiert, doch der Engel sollte seinen Platz wieder in einer Kirche finden. Die Gemeinde der Antoniterkirche hatte nach dem Krieg den damals unglaublichen Betrag von 10.000 Mark gesammelt1Dieser Betrag entsprach 1952 dem Gegenwert von zwei fabrikneuen VW-Käfer. um den Engel kaufen zu können.
Und so hängt der Schwebende von Ernst Barlach seit 1952 in der Antoniterkirche. Genau dort, wo früher die Hakenkreuzfahne hing. Unter dem Engel befindet sich eine mit den Jahreszahlen „1914 – 1918, 1933 – 1945“ gravierte Platte. Ungewöhnlich, da in der Regel die Kriegsjahre 1939-1945 bei Kriegsdenkmälern genannt werden. Allerdings greift die Inschrift auch die Jahre der nationalsozialistischen Diktatur auf. Die Zeit, in welcher die Kunst von Barlach und vielen weiteren als „entartet“ bezeichnet wurden.
Barlach stirbt 1938 an Herzversagen
Barlach selber hat die Diffamierung seiner Kunst so schwer getroffen, dass auch sein Lebenswillen darunter litt. Im Jahr 1937 sagte er: „Mein Kahn sinkt und sinkt immer rapider. Die Zeit ist gekommen, in der ich ersaufe.“ Ernst Barlach stirbt am 24. Oktober 1938 im Alter von 68 Jahren an Herzversagen.
Drittguss der Figur wieder im Güstrower Dom
Der Guss, welcher in Köln hängt, diente bereits 1952 als Vorlage für einen Drittguss der Figur. Die Evangelische Gemeinde Köln finanzierte diesen Guss und schenkte die Skulptur 1953 der Gemeinde in Güstrow. Und so hängt „Der Schwebende“ heute auch wieder im Güstrower Dom.
In Eintracht stehen im Friedenswald die ehemalige Sowjetunion (Zirbelkiefer) und Polen (Lärche) nebeneinander. Nur ein paar Meter weiter findet sich die USA (Coloradotanne). Von Finnland (Sandbirke) bis nach Monaco (Esskastanie) sind es nur wenige Meter. Unterwegs kommt man noch an Kambodscha (Mammutbaum), Kolumbien (Amberbaum) und der Libanonzeder vorbei. Die ganze Welt spielt sich hier auf gerade mal 26 Hektar ab. Friedlich und in Harmonie. Der Friedenswald in Rodenkirchen, direkt am Fortbotanischen Garten gelegen, bildet mit jeweils typischen Bäumen aus aller Welt insgesamt 141 Länder ab.
Vielfalt, Offenheit und Freundschaft der Staaten
Die landestypischen Bäume stehen im Friedenswald für die Vielfalt, Offenheit und Freundschaft der Staaten. Dabei stellt diese Anpflanzung die Welt im Jahr 1980 dar. Berücksichtigt wurden Länder, zu denen die Bundesrepublik Ende im Jahr 1980 diplomatische Beziehungen unterhielt. Neue, seitdem gegründete Staaten sucht man im Friedenswald vergebens.1Deswegen ist auch die Ukraine dort nicht vertreten: Die Ukraine erklärte sich erst am 24. August 1991 unabhängig. Lediglich einzelne Tafeln wurden angepasst. So wurde z.B. aus der Sowjetunion mit der Zirbelkiefer die „ehemalige Sowjetunion“ und auch die DDR wird als „ehemalige Deutsche Demokratische Republik“ (Winterlinde) gekennzeichnet.
Da die typischen Bäume der tropischen Länder in unserem Klima nicht überleben würden, werden diese durch symbolische Bäume vertreten. Das erklärt auch den Zürgelbaum für Costa Rica oder die Schwarzbirke für Malaysia.
Die Anordnung der Bäume erfolgt nach Kontinenten. So ist es möglich, innerhalb von weniger als einer Stunde von Europa durch Afrika, weiter nach Australien und Asien bis Amerika zu spazieren. In der Mitte des Parks befindet sich ein großer, gut gepflegter Spielplatz. Und der kleine, aufgeschüttete Hügel im Friedenswald ist, sobald im Winter auch nur zwei Zentimeter Schnee in Köln fallen, ein beliebtes Rodelrevier für die Pänz.
Schöner ist es im Friedenswald allerdings im Frühling und Sommer, wenn man sich die Zeit nimmt und immer wieder rechts und links die typischen Bäume und die Flaggen der Welt anschaut. Und so auch lernt, dass die Flagge der Seychellen (Baum: Steinweichsel) zu den schönsten Flaggen der Welt gehört.
Der Friedenspark – ein Kind des Kalten Kriegs
Michael Waßerfuhr von den Kölschgängern hat noch vor knapp zwei Jahren, am 25. April 2020, über den Friedenswald geschrieben: „Er ist ein Kind des Kalten Krieges, der von 1947 bis 1991 ging, und der Wunsch nach Frieden wuchs. Wir wissen ja noch alle, als wir aufrüsteten, weil wir fast täglich auf Raketen aus dem Ostblock gewartet haben – die nie gekommen sind. Der Krieg blieb kalt.“
Heute haben wir auf einmal keinen „Kalten Krieg“ mehr. Der Krieg ist da. Ganz nah. Und die Aufrüstung läuft auf Hochtouren. Nur die Bäume im Friedenswald stehen in friedlicher Eintracht nebeneinander. Auch die Zirbelkiefer für die ehemalige Sowjetunion, die Lärche für Polen und die 139 anderen Bäume.
Der Friedenspark mit dem Imagine-Denkmal befindet sich rund um das alte Fort I, direkt am Rheinufer, nicht weit weg von der Südbrücke. Der hier beschriebene Friedenswald ist in Rodenkirchen, direkt am Forstbotanischen Garten.