Katharina Henot – die vermeintliche Hexe

Figur von Katharina Henot auf dem Rathausturm. Deutlich zu erkennen: Die Flammen des Scheiterhaufens. Sie ist in guter Gesellschaft: Die Figur neben ihr ist Friedrich Spee von Langenfeld, ein Kritiker der Hexenprozesse, Bild: Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
Figur von Katharina Henot auf dem Rathausturm. Deutlich zu erkennen: Die Flammen des Scheiterhaufens. Sie ist in guter Gesellschaft: Die Figur neben ihr ist Friedrich Spee von Langenfeld, ein Kritiker der Hexenprozesse, Bild: Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Podcast Henot 5

Die sogenante „Hexenverfolgung“ ist ein trauriges Kapitel. Es gibt keine sichere Angabe zu den Opfern, manche Quellen gehen von bis zu 60.000 Toten aus. Darunter waren auch Männer, allerdings fanden überwiegend Frauen als vermeintliche „Hexen“ den Tod. So auch die Kölnerin Katharina Henot (oder auch Henoth, je nach Quelle), die am 19. Mai 1627 ermordet wurde.

Neid auf das lukrative Postmeister-Amt

Katharinas Vater Jacob Henot hatte seit 1579 das hochangesehene Amt des kaiserlichen Postmeisters in Köln inne. Doch seine Bestrebungen, Generalpostmeister zu werden, riefen die Neider aus dem Haus Taxis auf den Plan und führten zu 20 Jahren voller Streit um das lukrative Amt. Faktisch führten Katharina und ihr Bruder Hartger die Post-Geschäfte.

Als ihr Vater im Jahr 1625 im damals unglaublich hohen Alter von 94 Jahren starb, hielten die Geschwister den Tode des Familienoberhaupts zunächst geheim, um nicht die Geschäfte zu gefährden. Der Schwindel flog auf – und die Familie Henot verlor in einem Prozess das Recht auf die Postmeisterei an die Fürsten von Taxis.

Katharina wird der „Peinlichen Befragung“ unterworfen

Zeitgleich kamen in Köln Gerüchte auf, Katharina sei eine Hexe. Beweise waren z. B. eine Raupenplage in einem Kölner Kloster. Die Beschuldigte strengte daraufhin einen Prozess zum Beweis ihrer Unschuld an. Doch die Vorwürfe gegen Katharina häuften sich, sie wurde unter anderem wegen Schadenzaubers, Verbreitung von Zank und „Unzucht mit adeligen Herren“  angeklagt.

Daher wurde sie im Januar 1627 festgenommen und der „Peinlichen Befragung“ unterzogen. Die „Peinliche Befragung“ wurde bei Inquisitionsprozessen eingesetzt. Der Begriff ist von Pein abgeleitet bedeutet deswegen schmerzhaft. Tatsächlich handelt es sich um Folter mit dem Ziel, ein Geständnis zu erhalten. Der Einsatz der Folter wurde zur damaligen Zeit als durchaus legitim angesehen.1Leider wird auch heute noch von finsteren Regimen rund um den Erdball gefoltert. Danke an Thomas für diese Ergänzung.

So könnte auch die "Peinliche Befragung" Katharina Henots ausgesehen haben, Bild: Jan Luyken (1649 – 1712), Public domain, via Wikimedia Commons
So könnte auch die „Peinliche Befragung“ Katharina Henots ausgesehen haben, Bild: Jan Luyken (1649 – 1712), Public domain, via Wikimedia Commons

Insgesamt wurde die vermeintliche Hexe drei Mal gefoltert. Doch Katharina blieb standhaft und verweigerte ein Geständnis ihrer Hexerei. Eigentlich hätte der Prozess hier enden müssen, denn nach den damals gültigen Gesetzen hätte sie nach der dritten Folter ohne Geständnis freigelassen werden müssen. Trotzdem wurde sie zum Tode verurteilt.

Auf Melaten hingerichtet

Am 19. Mai 1627 wurde das Urteil auf Melaten vollstreckt. Der Scharfrichter erwürgte die von der Folter stark gezeichnete Katharina Henot, ihr Leichnam wurde verbrannt. Dieser Mord war der Auftakt zu einer ganzen Serie von Hexenprozessen im „Hillige Kölle“. Bis 1630 wurden mindestens 24 weitere Frauen als Hexen ermordet.

Es sollte aber noch mehr als 380 Jahre bis zur Rehabilitation der vermeintlichen Hexen dauern. Erst im Februar 2012 beschloss der Rat der Stadt Köln, auf Antrag der Nachfahren von Katharina Henot, die Rehabilitierung von insgesamt 38 Frauen, die im Zuge der Hexenprozesse verurteilt worden waren.


Heute trägt eine Straße in Ehrenfeld und eine Schule in Kalk ihren Namen. Das Historische Archiv begründet die Namensgebung der Schule wie folgt (Auszug):
„Ihre Persönlichkeit lässt mit Selbstbewusstsein, Gerechtigkeitssinn und Standhaftigkeit Eigenschaften erkennen, denen heute der Stellenwert von demokratischen Tugenden zugemessen wird.“

Die Bläck Fööss haben ihr mit dem Lied „Katharina Henot“  ein musikalisches Denkmal gesetzt. Den Text gibt es auf der Website der Föös.


Ein großes DANKE an Franz-Josef Knöchel vom Informationssystem  KuLaDig – Kultur. Landschaft. Digital. für wertvolle Korrekturhinweise zu diesem Artikel.


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Kölsche Wörter: „fringsen“ und das 7. Gebot: Du sollst nicht stehlen!

Josef Kardinal Frings (1887 - 1978), hier eine Aufnahme aus dem Jahr 1959, Bild: City archives Kerpen, CC BY 4.0
Josef Kardinal Frings (1887 – 1978), hier eine Aufnahme aus dem Jahr 1959, Bild: City archives Kerpen, CC BY 4.0

Podcast Frings Folge 4

Die Kölner hatten stets ein gespaltenes Verhältnis zu ihrem jeweiligen Bischof. Eine echte Ausnahme war Joseph Kardinal Frings. Im Hungerwinter 1946/47 fehlt es in der zerstörten Stadt Köln an allem. Und der in der Bevölkerung sehr beliebte „Rheinische Kardinal“ Frings steht Silvester 1946 auf der Kanzel der Kirche St. Engelbert in Riehl und predigt:

„Wir leben in Zeiten, da in der Not auch der Einzelne das wird nehmen dürfen, was er zur Erhaltung seines Lebens und seiner Gesundheit notwendig hat, wenn er es auf andere Weise, durch seine Arbeit oder Bitten, nicht erlangen kann“.

Im Klartext: Die Kirche erlaubt von höchster Stelle aus den Diebstahl von überlebensnotwendigen Dingen.

Die handschriftliche Vorlage der berühmten Silvesterpredigt 1946 vom Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings, Bild: Erzbistum Köln
Die handschriftliche Vorlage der berühmten Silvesterpredigt 1946 vom Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings, Bild: Erzbistum Köln

„fringsen“ geht in den Wortschaft ein

Und die Kölner nehmen ihren Bischof beim Wort. Ab 1947 nimmt zum Beispiel der „Kohlenklau“ deutlich zu. Menschen klettern auf Eisenbahnwaggons und „organisieren“ sich Brennmaterial, um den bitterkalten Winter zu überleben – man geht „fringsen“. Ein Wort, welches in den Sprachgebrauch einer ganzen Region eingegangen ist.

Was übrigens gerne vergessen wird: Frings hatte auch deutlich darauf hingewiesen, dass man doch den späteren Schadensersatz nicht vergessen dürfe:

„Aber ich glaube, dass in vielen Fällen weit darüber hinausgegangen worden ist, und da gibt es nur einen Weg: unverzüglich unrechtes Gut zurückgeben, sonst gibt es keine Verzeihung bei Gott!“

Diesen Teil der Predigt überhörten die Kölner aber wohl.


Erinnerung an das „fringsen“ von Zeitzeugen 

Helmut ist in Köln aufgewachsen und lebt heute in Kanada. An das „fringsen“ hat er folgende Erinnerung:
 
„Dat wore Klütte, die mer orjanisiert han. Do sin mer Pänz neven dem Zoch herjelaufe un han de Hevel opjeschlaje, un minge Fründ han se in de Foos jeschosse die Soldate die im letzte Wage oven hu soße. Dat wor am Bahndamm Antwerpener Stross am Grönguerdel. Un dann kom de Razzia un de han us de Klüttesack avjenomme un ne Tritt in the Fott ham och kräje, wenn de uns krigge kunte.“
 
Evelin ist ein echt kölsches Mädchen und lebt heute in Schweden. Auch Sie erinnert sich an daran, dass sie gefringst hat:
 
In der „Hungerzeit“, wie meine Eltern sagten, hab ich selbst als 7jährige „mitgefringst“, hauptsächlich als „Kohlenklau“. Die Nachbarjungen sprangen hinten auf die Lastwagen und warfen Briketts auf die Straße, wir „Kleinen“ sammelten alles auf. Anschließend wurde der Schatz brüderlich geteilt.
 

„Köln hat wieder einen Frings“

Thomas Frings, Geistlicher und Großneffe von Josef Kardinal Frings, wohnt seit Oktober 2017 in Köln. In meiner Reihe „Ein paar Fragen an … „ stand Thomas Frings auch bereits Rede & Antwort.


Kardinal Frings "Der Rheinische Kardinal", von Friedhelm Ruf (J.P. Bachem Verlag, 2015, ISBN: 978-3761629512, nur noch antiquarisch erhältlich) 
Kardinal Frings „Der Rheinische Kardinal“

Mehr über Kardinal Frings gibt es in dem lesenswerten Buch „Der Rheinische Kardinal“, von Friedhelm Ruf (J.P. Bachem Verlag, 2015, ISBN: 978-3761629512, nur noch antiquarisch erhältlich) 


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Agrippina – Sex, Intrigen und Mord

Agrippina - Kölns Stadtgründerin, Bild: Uli Kievernagel
Agrippina – Kölns Stadtgründerin, Bild: Uli Kievernagel

Podcast Agrippina Folge 3

Wer glaubt, Intrigen, Morde und Sex an Königs- und Kaiserhöfen wären alles nur Erfindungen der Fantasy-Literatur, sollte sich unbedingt mal mit der Kölner Stadtgeschichte beschäftigen: Die Geschichte um unsere Stadtgründerin Agrippina bietet alle Zutaten für ein eigenes Epos mit Mord, Inzest und jeder Menge Intrigen.

Fakt ist, dass Agrippina – mehr oder weniger – ein kölsches Mädchen ist. Immerhin wurde sie in Köln geboren. Ihr Vater Germanicus war Heerführer der riesigen Armee, die die schmähliche Niederlage der Römer in der Varus-Schlacht rächen sollte. Just als diese Armee im Oppidum Ubiorum, dem späteren Köln, stationiert war, wurde Agrippina im Jahr 15 oder 16 n. Chr geboren. Über ihre Jugend ist nichts bekannt.

Ihr Bruder war der berüchtigte Kaiser Caligula, der Agrippina und ihre beiden Schwestern wie Göttinnen verehren lies. Doch das Glück währte nicht lange. Agrippina war in eine Verschwörung gegen ihren Bruder verstrickt und entging dem Tod nur durch die Verbannung auf die Insel Ponza im Tyrrhenischen Meer. Wie gut für Agrippina, dass Caligula selber im Jahr 41 n. Chr. ermordet wurde – so konnte sie zurück in die „upper class Gesellschaft“ Roms.

Entbrannt in völligem Verlangen nach Schreckensherrschaft

Ihr Plan, über verschiedene einflussreiche Ehemänner ihre Stellung in der römischen Gesellschaft zu festigen, ging ordentlich schief: In erster Ehe heiratete sie einen Politiker, der selber wegen Inzestes mit seiner Schwester angeklagt wurde. Aus dieser Ehe entstammt ihr einziges Kind: Lucius Domitius Ahenobarbus, besser bekannt als Nero.

Auch ihr zweiter Ehemann stand ihrem Aufstieg im Weg – er starb an einer Pilzvergiftung. Durch das (wohl durch Agrippina selbst beschleunigte) Ableben ihres zweiten Mannes war sie frei für ihre dritte Ehe: Im Alter von 33 Jahren heiratete sie den 25 Jahre älteren Kaiser Claudius. Eigens für diese Ehe wurde ein Gesetz zur Ehe zwischen Verwandten geändert, denn immerhin war Claudius ihr Onkel.

Jetzt war Agrippina fast am Ziel: Sie sorgte dafür, dass Claudius ihr den Titel einer römischen Kaiserin verlieh und gleichzeitig ihren Sohn Nero adoptierte. Um ihre Macht zu festigen, ging Agrippina über Leichen, der römische Historiker Tacitus beschrieb Agrippina als „entbrannt in völligem Verlangen nach Schreckensherrschaft“.

Köln wird zu Colonia Claudia Ara Agrippinensium

In dieser Zeit verlieh sie auch ihrem Geburtsort am Rhein den Titel einer römischen Kolonie. Colonia Claudia Ara Agrippinensium (CCAA) entstand, daraus erwuchs das heutige Köln. Sicher ist:  Nur durch die Rechte einer Colonia, einer römischen Kolonie, konnte Köln wachsen und sich zu einer der wichtigsten Städte im Römischen Reich entwickeln. Die Kölner verklären diese Entscheidung gerne als Agrippinas Liebeserklärung an ihren Geburtsort. Tatsächlich wollte sie damit aber vermutlich nur ihre Geburt im „Barbarenland“ verschleiern und ihre Macht festigen – immerhin ist die Bennenung einer römischen Kolonie nach einer Frau einzigartig. 

Nero, Sohn von Agrippina und Kaiser, Bild: Bibi Saint-Pol
Nero, Sohn von Agrippina und Kaiser, Bild: Bibi Saint-Pol

Nero wird Kaiser und lässt seine Mutter umbringen

Doch Agrippina war noch nicht am Ziel angekommen: Sie wollte unbedingt ihren Sohn Nero auf den Kaiserthron bringen. Unglücklich war nur, dass ihr Ehemann Kaiser Claudius selber einen Sohn aus einer früheren Ehe hatte, welcher als Nachfolger vorgesehen war. Erneut sorgte ein Pilzgericht für die Lösung. Claudius starb an einer Vergiftung und Nero konnte Kaiser werden. Der römischen Gesellschaft gefiel dieses Arrangement nicht, hinter ihrem Rücken wurden Nero und seiner Mutter „inzestuöser Verkehr“ unterstellt.

Nero selber war aus ähnlichem Holz geschnitzt wie seine Mutter. Er empfand Agrippina zunehmend als Rivalin um die Macht. Zunächst verstieß er sie vom Kaiserhof, danach schlugen etliche Mordanschläge, als Unfälle getarnt, fehl und schließlich ließ Nero seine eigene Mutter 59 n. Chr. umbringen.

Da kann man feststellen: Echt schwierige Familienverhältnisse! 


Die Jungfrau im Kölner Dreigestirn. Das Ornat erinnert an Agrippina, Bild: Festkomitee Kölner Karneval/Coelln Coleuer
Die Jungfrau im Kölner Dreigestirn. Das Ornat erinnert an Agrippina, Bild: Festkomitee Kölner Karneval/Coelln Coleuer

Agrippina wird jedes Jahr auf das neue geehrt: Die Jungfrau im Kölner Dreigestirn steht für die Uneinnehmbarkeit der Stadt. Das römisch anmutende Gewand erinnert an die Stadtgründerin.


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Kölsche Wörter: Fisimatente / Fisimatentche

„Visitez ma tente“ = "Besuchen Sie mein Zelt" ist eine schöne aber falsche Erklärung für das Wort "Fisimatente"
„Visitez ma tente“ = „Besuchen Sie mein Zelt“ ist eine schöne aber falsche Erklärung für das Wort „Fisimatente“

Wenn man dem Kölschen sagt: „Jetz mach doch nit alt widder su Fisimatenten!“ ist damit gemeint: „Jetzt stell dich doch nicht so an!“ oder: „Mach doch nicht solche Umstände!“. Die angesprochene Person sollte nicht alles so kompliziert machen.

Bekannte Erklärung mit dem Zelt ist falsch!  

Meine beliebte Thekenumfrage in meiner Stammkneipe zu diesem Wort führte tatsächlich zu der sehr schönen, aber falschen Erklärung mit dem Franzosen und seinem Zelt.

Schätzungsweise 90% der Kölschen meinen, der Begriff geht darauf zurück, dass in der französischen Besatzungszeit (1794 – 1814) die französischen Soldaten in Zeltlagern lebten. Und natürlich übten die schönen kölschen Mädchen eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf die Soldaten aus, die diese daraufhin zu einem Besuch („visite“) in ihrem Zelt („tente“) einluden: „Visitez ma tente“.

Da ein solcher Besuch, genau wie ein Fisternöllchen, zu ganz besonderen Umständen hätte führen können, wurde aus „Visitez ma tente“ ganz schnell Fisimatente. Klingt schön, ist aber leider falsch.

Auch die Tante hat mit Fisimatenten nicht zu tun

Ebenfalls aus der französischen Besatzungszeit stammt die Erklärung mit dem Besuch bei der Tante: Wenn der Kölsche bei Kontrollen durch die französischen Besatzer mal wieder zu spät auf der Straße aufgegriffen wurde, wurde schnell die Ausrede „Je viens de visiter ma tante.“ („Ich habe gerade meine Tante besucht.“) gebraucht.

Klingt schön, ist aber leider ebenso falsch wie die Zelt-Erklärung.

Erklärung als (überflüssiger) Zierrat

Eine weitere Erklärung stammt aus der mittelhochdeutschen Sprache.1Mittelhochdeutsch wurde zwischen etwa 1050 und 1350 gesprochen. Damals existierte der Begriff „visamente“. Damit wurden Verzierungen oder Ornamente bezeichnet. Heute würde man das als Zierrat bezeichnen. Damit sind auch nicht wesentliche, eher umständliche, Dinge gemeint.

Eine Uhr mit vielen "visamente", also reichlich (überflüssiger) Zierrat, Bild: Gordon Johnson, Pixabay
Eine Uhr mit vielen „visamente“, also reichlich (überflüssiger) Zierrat, Bild: Gordon Johnson, Pixabay

Und von „visamente“ zu „Fisimatente“ ist es kein weiter Weg. Daher passt die Erklärung „Mach doch nicht solche Umstände!“ zu Fisimatentche.

Die beste Erklärung kommt aus dem „Wrede“

Wie immer lohnt sich ein Blick in den „Wrede“2Adam Wrede: Neuer Kölnischer Wortschatz, Greven Verlag Köln, das Standardwerk zur kölschen Sprache. Dort lautet es:

Fisematentche / Fisimatenten, volkstümlich umgebildet aus „visae patentes literae“ … ein ordnungsgemäß verdientes, schriftlich ausgefertigtes Patent. Das Fachwort wurde in Verspottung des Bürokratischen zum Begriff für unnötige Schwierigkeit, unnütze Arbeit, unnützes Getue, leere Redensarten, zwecklose Umstände.

Und da es nun mal viel Zeit brauchte und ein großer Aufwand nötig war, um ein ordnungsgemäß geprüftes Patent auszufertigen, könnte sich der Begriff tatsächlich aus daraus entwickelt haben. Alles, was unnötig kompliziert erscheint und lange dauert, wird somit zu Fisimatenten.

Und Dinge, die lange dauern und kompliziert sind, haben wir in Kölle reichlich: Oper, Kalkberg, Nord-Süd-Stadtbahn,


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