Mädchen in ihren besten Kleidchen, kleine Jungs in dem damals modischen Matrosenanzug, die Mutter im besten Gewand und der Vater im feinen Zwirn – es muss ab 1901 ein eindrucksvolles Bild im Kölner Südpark gewesen sein. Es war ganz normal, dass sich die Familie schick machte, um sonntags flanieren zu gehen. Es ging um Repräsentation, das „sehen und gesehen werden“.
Gesellschaftliches Leben in repräsentativen Parks
Neben der Flora, dem Zoo oder dem Stadtgarten war der Südpark im vornehmen Marienburg eine bevorzugte Ecke, um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Das Flanieren in den städtischen Parks mit anschließender Einkehr in die Gastronomie gehörte zu den bevorzugten Sonntagsbeschäftigungen der Menschen.
Verständlich, wenn man die Umstände der Zeit bedenkt: Der Wohnraum war extrem knapp, zu viele Menschen lebten auf beengtem Raum. In der ärmeren Bevölkerung waren bis zu sechs Personen pro Zimmer die Normalität. In diesem Zimmer wurde gekocht, gegessen, sich gewaschen und geschlafen. Für uns heute undenkbar. Der sonntägliche Ausflug bot daher die gewünschte Abwechslung.
Wirtschaftliche Interessen ermöglichen den Südpark
Dass ausgerechnet im Nobelviertel Marienburg ein solcher Park entstand, ist knallharten wirtschaftliche Interessen zu verdanken. Das Gelände des Villenviertels Marienburg wurde durch die Kölnische Immobiliengesellschaft vermarktet. Diese Gesellschaft schenkte der Stadt im Jahr 1896 ein knapp fünf Hektar großes Grundstück mitten zwischen den Villen mit der Auflage, daraus einen „geschmackvollen, öffentlichen Stadtpark“ zu machen.
Das Kalkül der Immobilienvermarkter: Eine Wertsteigerung für das gesamte Villenviertel, welche auch die Bautätigkeit anregen sollte. Oder anders formuliert: Man verschenkt zwar ein ansehnliches Areal, bekommt dafür aber einen Park, den man noch nicht einmal selber pflegen muss. Durchaus geschickt gemacht.
Die Stadt griff zu, und der städtische Gartendirektor Adolf Kowallek ließ in etwa drei Jahren den halbkreisförmigen Südpark fertigstellen. Mit kleinen lauschigen Ecken und weiten Flächen, geprägt durch viele Kiefern. Die Kosten für die Stadt betrugen 75.300 Mark.
Ein durchaus stattlicher Betrag, wenn man bedenkt, dass in dieser Zeit das monatliche Bruttoeinkommen im Durchschnitt etwa 70 Mark betrug, was bedeutet, dass ein normaler Arbeitnehmer für diesen Betrag etwa 90 Jahre hätte arbeiten müssen. Und die Kölnische Immobiliengesellschaft konnte sich freuen: Es entstand ein attraktiver Park inklusive Pflege inmitten der zu vermarktenden Grundstücke.
Das Südpark-Restaurant: Ein „vornehmes Garten-Etablissement“
Der Park ist halbkreisförmig angelegt und wird von der Straße „Am Südpark“ begrenzt. Geschwungene Wege führen durch den Park, in der Mitte befinden sich große Wiesen und ein Kinderspielplatz, welcher auch durch Spenden der Marienburger Nachbarschaft ermöglicht wurde.
Auf genau diesem Gelände des heutigen Spielplatzes befand sich das Südpark-Restaurant. Diese Gaststätte war „the place to be“. Man traf sich bei Restaurateur Hugo Krabb im „vornehmen Garten-Etablissement“ bei „vorzüglichem Kaffee“ und „bestgepflegten Weinen“. Als Highlight gab es im Sommer „Große Militär-Konzerte bei freiem Eintritt“.
Die Kölner und auch auswärtige Gäste rannten Krabb förmlich die Bude ein. So berichtetete der Kölner Local-Anzeiger, dass es notwendig war, schon wenige Tage nach der Eröffnung zusätzlich zu den vorhanden 300 Stühlen weitere 650 Stühle anzuschaffen. Das Geschäft brummte.
Ab 1938 war es vorbei mit dem sonntäglichen „draußen-nur-Kännchen“-Restaurant im Südpark. Das Gebäude wurde zu einem Heim der Hitlerjugend umfunktioniert, und im Zweiten Weltkrieg wurden das Dach und das Obergeschoss durch Bombentreffer erheblich beschädigt. Zunächst war ein Wiederaufbau geplant, der aber nie realisiert wurde. 1951 wurde das gesamte Gebäude abgerissen.
Südpark verliert in den 1950er-Jahren seine Anziehungskraft
Zwischenzeitlich wurden auch in anderen Stadtteilen eigene Parks angelegt. Gleichzeitig war das sonntägliche Repräsentieren mit anschließender Einkehr nicht mehr die bevorzugte Freizeitbeschäftigung der Kölner. So verlor auch der Südpark seine Anziehungskraft.
Heute findet man niemand mehr mit feinem Sonntagsstaat im Südpark. Stattdessen wird die Wiese zum Picknicken oder Fußballspielen genutzt, und die Marienburger führen ihre Hunde im Park Gassi.
Aber schön ist es dort immer noch.
Und der Panther bewacht „seinen“ Park.
Der Südpark ist Teil der „Lotsentour Marienburg“.
*Datenschutzerklärung