Das neue Kölnische Stadtmuseum: Ganz Köln in einem Museum!

Das Kölnische Stadtmuseum, Bild: Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0
Das Kölnische Stadtmuseum, Bild: Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0

Seit dem 23. März 2024 haben wir Kölner endlich wieder unser Stadtmuseum. Nachdem das alte Quartier im Zeughaus bereits 2017 wegen eines massiven Wasserschadens aufgegeben werden musste, war das Stadtmuseum ein Museum ohne Heimat. Bis jetzt.

Zwar ist der neue Standort im ehemaligen Kaufhaus Sauer in der Minoritenstraße nur als Interimsstandort vorgesehen – wer aber Köln kennt, dem ist auch klar: Solche Übergangslösungen haben in Kölle immer eine sehr, sehr lange Lebenszeit.

Von der Hahnentorburg über das Zeughaus in das ehemalige Kaufhaus

Die Ausstellung zur kölschen Stadtgeschichte hat bereits eine lange Reise hinter sich: Wie bei so vielen Museen in Köln bildete die umfangreiche Sammlung Ferdinand Franz Wallrafs den Grundstock. Ab 1888 wurde die Stadtgeschichte in der Hahnentorburg ausgestellt und ab 1902 zusätzlich in der Eigelsteintorburg. Da die Aufteilung auf zwei Standorte alles andere als optimal war, erwog man bereits 1912, das Zeughaus als Ausstellungsort zu nutzen. Allerdings machte der Erste Weltkrieg diese Pläne zunichte.

Auch der Plan, die alte Kürassierkaserne der Preußen in Deutz als „Rheinisches Museum“ zu nutzen, musste wegen der Weltwirtschaftskrise verschoben werden. Die Nationalsozialisten erkannten das propagandistische Potenzial eines solches Museums und eröffneten dort am 21. Mai 1936 das „Haus der Rheinischen Heimat“ in Deutz.

Das Zeughaus, bis 2017 Heimat des Kölnischen Stadtmuseums. Bild: Raimond Spekking
Das Zeughaus, bis 2017 Heimat des Kölnischen Stadtmuseums. Bild: Raimond Spekking

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam erneut der Gedanke auf, dem Stadtmuseum im Zeughaus eine Heimat zu geben. Doch der Wiederaufbau des im Krieg stark beschädigten Gebäudes verzögerte sich. Erst 1958 wurde die Dauerausstellung eröffnet, die dort bis zu dem Wasserschaden im Jahr 2017 gezeigt wurde.

Der schlechte Zustand des Zeughauses machte eine Fortführung der Ausstellung unmöglich. Daher gab es 2018 einen Ratsbeschluss, das ehemalige Modehaus Franz Sauer als Interimsquartier zu nutzen. Doch es sollte noch bis 2024 dauern, bis die Ausstellung dort eröffnet werden konnte.

Eine perfekte Darstellung – mit nur 0,1% aller möglichen Exponante

Der Umzug in das ehemalige Kaufhaus stellte die Kuratoren vor eine eigentlich unlösbare Aufgabe: Nur 750 Quadratmeter stehen dort für die Dauerausstellung zur Verfügung. Allerdings gibt es etwa 500.000 Ausstellungsstücke, gezeigt werden können davon nur etwa 650 Exponate, weniger als 0,1%.

Stefan Lewejohann (links) und Sascha Pries (rechts), die beiden Kuratoren der Ausstellung im Kölnischen Stadtmuseum, Bilder: Kölnisches Stadtmuseum
Stefan Lewejohann (links) und Sascha Pries (rechts), die beiden Kuratoren der Ausstellung im Kölnischen Stadtmuseum, Bilder: Kölnisches Stadtmuseum

Diese Aufgaben haben die Kuratoren exzellent gelöst, indem man sich von einer lexikonartigen Darstellung der Stadtgeschichte gelöst hat. Stattdessen wurde, so Stefan Lewejohann, einer der Kuratoren, ein „fragender Ansatz“ gewählt:

„Wir erzählen die Kölner Stadtgeschichte jetzt durch einen fragenden Ansatz. Das heißt, dass wir emotionale Fragen stellen und dadurch episodenhaft die Kölner Stadtgeschichte erklären. Zu diesen Fragen zählt beispielsweise „Was lieben wir?“, „Was macht uns Angst?“, „Was verbindet uns?“ oder „Worauf haben wir Lust?“.“

Raum der Stadtgeschichte – mit innovativer Technologie

Um aber auch einen Überblick über die Geschichte der Stadt zu bieten, haben die Kuratoren an den Beginn der Ausstellungsrunde den „Raum der Stadtgeschichte“ platziert. Hier werden kurz und kompakt die wichtigsten Entwicklungen der Stadt, von der römischen Kolonie über die Franken zur mittelalterlichen Handelsmetropole, zur kurzen, aber nachhaltigen Besetzung durch die Franzosen und die anschließende Befestigung durch die Preußen, die Gleichschaltung im NS-Unrechtsstaat ab 1933, die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs bis hin zur heutigen Medienstadt, in aller Kürze gezeigt.

Das Kölner Stadtmodell zeigt die Stadt im Jahr 1571. Und durch Augmented-Reality bietet dieses Modell eine echte Zeitreise, Bild: RBA, S. Walz, rba_d040440_03
Das Kölner Stadtmodell zeigt die Stadt im Jahr 1571. Und durch Augmented-Reality bietet dieses Modell eine echte Zeitreise, Bild: RBA, S. Walz, rba_d040440_03

Kern dieses Ausstellungsteils ist das riesige Stadtmodell. Dieses Modell zeigt Köln im Jahr 1571 und wurde bereits im „alten“ Stadtmuseum viel bewundert.

Doch jetzt gibt es eine aufregende Neuerung: Mittels Augmented-Reality können Besucher direkt im Stadtmodell digital in verschiedene Epochen der Stadtgeschichte eintauchen. So schweben auf einmal über der alten Ansicht der Stadt 120 Sehenswürdigkeiten, die in 13 verschiedene Epochen der Stadtgeschichte erkundet werden können. Und zwischendurch regnet es sogar Kamelle. Zumindest virtuell.

Frageräume als Orte der (Selbst-)Reflexion

Trotz aller virtueller Ausflüge blieb für die Ausstellungsmacher das Problem, auf vergleichsweise kleiner Fläche die Stadtgeschichte lebendig zu machen. Daher hat man sich für einen durchaus unkonventionellen Weg entschieden: Weg von der klassischen Chronologie oder Jahrhundert-Räumen hin zu acht aktuellen Fragen, die die Besucher beschäftigen und emotional berühren. Fragen wie: „Was lieben wir?“, „Worauf hoffen wir?“, „Was macht uns Angst?“, „Was verbindet uns?“, „Was macht uns wütend?“, „Worauf haben wir Lust?“, „Woran glauben wir?“ und „Was bewegt uns?“ bilden das Grundgerüst der neuen Dauerausstellung.

Auch eine Art von Religion: Kutte eines FC-Fans, Bild: Privatbesitz RBA, T. Kreusler, rba_d060046_02
In der Abteilung „Woran glauben wir?“: Auch eine Art von Religion: Die Kutte eines FC-Fans, Bild: Privatbesitz RBA, T. Kreusler, rba_d060046_02

Dieser völlig neue Ansatz bietet Raum für Raum eine äußerst spannende Zusammenstellung: So werden in dem Raum „Woran glauben wir?“ erwartungsgemäß das christliche, das jüdische und das muslimische Köln vorgestellt. Diesen Religionen werden dann aber andere „Götter“ als Ersatzreligionen gegenübergestellt, zum Beispiel der Fußball. Nicht umsonst bezeichnen viele Fans die Stars ihrer Lieblingsvereine als „Götter“.

Gleich daneben: „Götze Geld“. Gezeigt werden die älteste Münze des Stadtmuseums, der „Triens/Drittel-Goldschilling“ (ca. Ende 6. Jahrhunderts) über die „Kölner Mark“ (aus dem 15. Jahrhundert) bis hin zu Zwei-Euro-Münze mit dem Kölner Dom (aus dem Jahr 2011).

Der von einem Schwert durchbohrte Kopf des (vermeintlichen) Kämpfers gegen den kölschen Klüngel, Nikolaus Gülich (Bronzeplastik), Bild: Uli Kievernagel
Der von einem Schwert durchbohrte Kopf des (vermeintlichen) Kämpfers gegen den kölschen Klüngel, Nikolaus Gülich (Bronzeplastik), Bild: Uli Kievernagel

Klüngel, „Lust auf Lust“ und „Heimweh nach Köln“

Der Raum „Was macht uns wütend?“ zeigt, was die wütenden Kämpfe früherer Generationen für Gerechtigkeit gebracht haben: freie und demokratische Wahlen, eine unabhängige Justiz, ein gerechtes Steuersystem, die Abschaffung der Todesstrafe und die Trennung von Kirche und Staat. Wichtigstes Exponat ist hier der von einem Schwert durchbohrte Kopf des (vermeintlichen) Kämpfers gegen den kölschen Klüngel, Nikolaus Gülich.

Saftiger wird es im Raum „Worauf haben wir Lust?“. Hier geht es um Sex, Genuss und Freizügigkeit. So wird neben einem speziellen „Stadtplan für Männer“ aus dem Jahr 1972 auch die legendäre und Afri-Cola Werbung mit eher lasziven Nonnen aus dem Jahr 1967 gezeigt.

Afri-Cola-Anzeige (reprint), 1967/68 ©RBA, rba_d048067
Afri-Cola-Anzeige (reprint), 1967/68 ©RBA, rba_d048067

Im Raum „Was lieben wir?“ gehen die Ausstellungsmacher der besonderen Liebe der Kölner zu ihrer Stadt nach. Diese, oft auch übertriebene, „Heimattümelei“ zeigt sich in den zahllosen Liedern über Dom, Rhing und Sunnesching.

Die Ausstellung nähert sich diesem Thema äußerst reflektiert. Passend zum Lied „Heimweh nach Köln“ von Willi Ostermann wird das Essgeschirr des Kölners Johann Borsari gezeigt, der dieses während seiner sowjetischen Kriegsgefangenschaft mit dem Dom verziert hat.

Modernstes Museum Kölns auf engem Raum

Wahrscheinlich war es gerade die räumliche Enge, welche die Museumsmacher dazu gebracht hat, völlig neue Wege zu gehen. Wenn nur 650 von ca. 500.000 Exponaten gezeigt werden können, sind innovative Wege unumgänglich. Entstanden ist Kölns modernstes Museum. So weist der Direktor des Hauses, Dr. Matthias Hamann, auch ausdrücklich darauf hin:

„Der neue Standort ist nicht nur ein Interim. Es ist eine entscheidende Etappe auf dem Weg zum Stadtmuseum der Zukunft.“

Und hier liegt Hamann richtig: Obwohl das Haus als Interim bezeichnet wird, werden wir uns noch viele, viele Jahre und vielleicht sogar Jahrzehnte an der spannenden, modernen Ausstellung erfreuen können.

Wettet jemand dagegen?


Daten und Fakten zum Kölnischen Stadtmuseum

Adresse
Minoritenstr. 13
50667 Köln

Öffnungszeiten
Dienstags: 10:00 bis 20:00 Uhr
Mittwochs bis sonntags: 10:00 bis 17:00 Uhr

Eintritt
5 Euro, ermäßigt 3 Euro

Kontakt
Telefon: +49(0)221 221-22398
ksm@stadt-koeln.de
www.koelnisches-stadtmuseum.de


Der Corona-Briefkasten von Ana und Lea aus Raderberg, Bild: Uli Kievernagel
Der Corona-Briefkasten von Ana und Lea aus Raderberg, Bild: Uli Kievernagel

Das neueste Exponat der Stadtgeschichte kommt aus meiner Nachbarschaft in Raderberg

Während der Corona-Beschränkungen konnten die Kinder meiner Nachbarschaft nicht miteinander spielen. Stattdessen haben sie sich kleine Briefkästen gebastelt und konnten so zumindest Nachrichten austauschen.

Ich hatte im Jahr 2020 Stefan Lewejohann vom Stadtmuseum auf diese Briefkästen aufmerksam gemacht. Er hat dankend die Schenkung der Kinder angenommen und einige dieser Briefkästen als Dokumente der Zeitgeschichte in den Bestand des Stadtmuseums übernommen. Und einer dieser Briefkästen ist tatsächlich das neueste Exponat im „Raum der Stadtgeschichte“ und hängt jetzt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Verbundbrief oder zum Stadtsiegel. Was für eine Ehre!


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Die NS-Gedenkstätte Gremberger Wäldchen

Der etwa zwei Meter große Findling mit kyrillscher Inschrift auf der NS-Gedenkstätte im Gremberger Wäldchen. Bis heute ins unbekannt, wer den Stein aufgestellt hat.Bild: Uli Kievernagel
Der etwa zwei Meter große Findling mit kyrillscher Inschrift auf der NS-Gedenkstätte im Gremberger Wäldchen. Bis heute ist unbekannt, wer den Stein aufgestellt hat. Bild: Uli Kievernagel

Still ist es hier schon seit langer Zeit nicht mehr. Eingezwängt zwischen der A4, dem Östlichen Zubringer und der S-Bahn liegt das Gremberger Wäldchen. Zwar wurde das Wäldchen um etwa 1900 speziell als Naherholungsgebiet konzipiert, aber durch das stetige Rauschen des Verkehrslärms kann das Wäldchen diese Funktion heute nicht mehr erfüllen. Und wird es in Zukunft noch weniger, wenn der geplante Ausbau der A4 erfolgen sollte.

Mittendrin liegt die „Gedenkstätte Gremberger Wäldchen“. Diese Gedenkstätte erinnert an osteuropäische Zwangsarbeit*innen, die hier zwischen 1941 und 1945 von den nationalsozialistischen Machthabern ermordet wurden.

Eher unscheinbare Gedenkstätte

Eingefasst von einem Jägerzaun erscheint das Gelände zunächst wie ein kleiner Friedhof mitten im Wald. Am Eingang erklärt eine Tafel, aufgestellt von der Stadt Köln, dass es sich um eine Gedenkstätte handelt.

Die NS-Gedenkstätte im Gremberger Wäldchen, Bild: Uli Kievernagel
Die NS-Gedenkstätte im Gremberger Wäldchen, Bild: Uli Kievernagel

Auf dem Gelände befindet sich ein knapp zwei Meter hoher Findling mit kyrillischer Inschrift. Wer diesen Findling aufgestellt hat, ist bis heute nicht bekannt.1Kölner Stadt-Anzeiger: Kölns geheimnisvollste Orte vom 4. Februar 2019, https://www.ksta.de/koeln/das-sind-koelns-geheimnisvollste-orte-sote-239029, abgerufen am 15. März 2024 Kurz nach dem Krieg stand der Stein auf einmal dort. Und ohne russische Sprachkenntnisse war auch die Inschrift nicht zu lesen.

Erst 1985 wurde auf Initiative der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes eine Steintafel mit der Übersetzung der kyrillischen Inschrift des Findlings am Eingang aufgestellt:

Die Inschrift der Platte ist eine Übersetzung des kyrillschen Texts auf dem Findling, Bild: Uli Kievernagel
Die Inschrift der Platte ist eine Übersetzung des kyrillschen Texts auf dem Findling, Bild: Uli Kievernagel

Der Text auf Steintafel lautet:

„Hier sind 74 sowjetische Bürger begraben, die während ihrer Gefangenschaft unter dem Faschismus in den Jahren 1941 bis 1945 ermordet wurden.“

An dieser Steintafel am Eingang ist auf einem Sockel ein Relief angebracht. Dieses Relief zeigt das Keramikrelief „Trauernde Eltern“ des Künstlers Klaus Balke. Ursprünglich war dieses Relief aus Bronze gefertigt. Allerdings wurde diese Bronzeplastik im Jahr 2020 gestohlen und im Januar 2022 durch das motivgleiche Relief aus Keramik ersetzt.

Auf dem Sockel ist ein Zitat aus der „Kriegsfibel“ von Bertolt Brecht angebracht:

„Und alles Mitleid, Frau, nenn ich gelogen,
das sich nicht wandelt in den roten Zorn,
der nicht mehr ruht, bis endlich ausgezogen,
dem Fleisch der Menschheit dieser alte Dorn.“

Das Relief „Trauernde Eltern“ von Klaus Balke, Bild: Uli Kievernagel
Das Relief „Trauernde Eltern“ von Klaus Balke, Bild: Uli Kievernagel

Krankensammellager als Sterbeort

Die Gedenkstätte zeigt nicht annähernd, welches unvorstellbare Grauen sich hier ereignet hat. In der Nähe der Gedenkstätte befand sich von Anfang der 1940er Jahre bis 1945 ein Krankensammellager. Hier wurden kranke Menschen und Schwangere, die als Zwangsarbeiter in Köln arbeiten mussten, dem Sterben überlassen. Insbesondere an Tuberkulose erkrankte Menschen starben hier einen unwürdigen Tod.

Matthias Lammers hat sich im Rahmen seiner Masterarbeit „Gefangen im Wäldchen“ intensiv mit dem Gremberger Wäldchen beschäftigt. Er spricht von einem „Sterbelager“. Es ist davon auszugehen, dass mindestens 60 Prozent der in diesem Krankensammellager eingelieferten Menschen starben.2Krankensammellager für Zwangsarbeiter im Gremberger Wäldchen: Vergessen und durch Ausbau der A4 bedroht, report-K, https://www.report-k.de/krankensammellager-fuer-zwangsarbeiter-im-gremberger-waeldchen-vergessen-verdraengt-und-durch-den-ausbau-der-a4-bedroht/ abgerufen am 28. März 2024

Diese Menschen wurden auf dem „Slawenfeld“ (Westfriedhof) verscharrt, da gemäß der NS-Ideologie die als „Untermenschen“ bezeichneten Slawen nicht zusammen mit den Toten der „Herrenrasse“ begraben werden durften.

Der Tag des Grauens am 8. April 1945

Die Amerikaner erreichen am 5. März 1945 Köln und besetzen die linksrheinischen Stadtteile. Erst Wochen später erfolgt die Besetzung des rechtsrheinischen Kölns. In dieser Zeit versuchen die Nationalsozialisten alle Spuren ihrer Gräueltaten zu verwischen und räumen auch das Lager im Gremberger Wäldchen am 8. April 1945 wegen angeblicher „Seuchengefahr“.

Ein Mob aus NS-Funktionären, Männern aus dem Volkssturm und der Hitlerjugend feuerten wahllos in die Baracken. Akten der britischen Armee belegen, dass ein 17-Jähriger Hitlerjunge direkt unter Krankenbetten Feuer legte. Ein Gleichaltriger tötete Häftlinge des Lagers durch Genickschuss.

Dem Massaker fielen unzählige Menschen zum Opfer. Es ist davon auszugehen, dass diese an Ort und Stelle verscharrt wurden. Exakte Zahlen zu den Opfern liegen nicht vor. Erst am 12. April 1945 befreiten die Amerikaner die Überlebenden.

Obwohl britische Behörden die deutschen Strafverfolgungsbehörden später über die Gräueltaten informierten, wurden diese Täter nie verfolgt, es wurde noch nicht einmal ein Aktenzeichen angelegt.3Kölner Stadt-Anzeiger: Kölns geheimnisvollste Orte vom 4. Februar 2019, https://www.ksta.de/koeln/das-sind-koelns-geheimnisvollste-orte-sote-239029, abgerufen am 15. März 2024 Gebhard Aders, ehemaliger Leiter des Porzer Stadtarchivs, hatte nach intensiven Recherchen die Namen von zwei Tätern ermitteln können. Allerdings waren beide kurz zuvor gestorben. So sind diese Taten bis heute ungesühnt.

Exakte Lage bis heute unklar

Unstrittig ist, dass das Barackenlager größer war als die heutige Gedenkstätte. Allerdings ist bis heute unklar, wo sich exakt das Lager befunden hat und wo genau die Opfer verscharrt wurden.

Eingezwängt zwischen Autobahn und S-Bahnstrecke: Das Gremberger Wäldchen. Der geplante Ausbau der A4 gefährdet die Gedenkstätte, Karte: OpenStreetMap
Eingezwängt zwischen Autobahn und S-Bahnstrecke: Das Gremberger Wäldchen. Der geplante Ausbau der A4 gefährdet die Gedenkstätte, Karte: OpenStreetMap

Die Internetzeitung report-K hat bei der Stadt Köln nachgefragt und von Simone Winkelhoog, stellvertretende Pressesprecherin der Stadt Köln mitgeteilt bekommen: „Die Existenz des Lagers und dessen unheilvolle Geschichte sind im Ortsarchiv des Römisch-Germanischen Museums bekannt. Da es unter Wald liegt, ist es vor Überbauung/Überplanung geschützt. Da die genaue Abgrenzung bislang nicht möglich ist, ist die Fläche nicht als Bodendenkmal eingetragen. Hierfür wären entsprechende Quellenrecherchen und Bestandserkundungen erforderlich.“4Krankensammellager für Zwangsarbeiter im Gremberger Wäldchen: Vergessen und durch Ausbau der A4 bedroht, report-K, https://www.report-k.de/krankensammellager-fuer-zwangsarbeiter-im-gremberger-waeldchen-vergessen-verdraengt-und-durch-den-ausbau-der-a4-bedroht/ abgerufen am 28. März 2024

Ausbau der A4 gefährtdet Orzt des Gedenkens

Zurzeit laufen die Planungen, die A4 zu verbeitern, auf Hochtouren. Ab etwa 2030 soll es auch im Gremberger Wäldchen mit den Bauarbeiten losgehen. Mangels exakter Ortung des Lagers und auch der möglichen Grabstätten besteht die Gefahr, dass diese schlichtweg weggebaggert werden. Daher lautet die eindeutige Forderung an die Verantwortlichen der Stadt Köln und der für die Arbeiten zuständigen Autobahn GmbH:

Man darf nicht vergessen!
Die Geschichte dieses Kriegsverbrechens muss aufgearbeitet werden bevor die Bagger anrollen.


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Kölner Stadtteile: Libur – hier wohnen die glücklichsten Kölner!

Kein Kölner Stadtteil liegt näher an Italien: Libur ist das südlichste Veedel der Stadt.
Kein Kölner Stadtteil liegt näher an Italien: Libur ist das südlichste Veedel der Stadt.

Der kleine Stadtteil Libur ist Kölns Veedel der Rekorde:

  • Libur ist der, gemessen an der Zahl der Einwohner, kleinste Stadtteil Kölns. Stand 31. Dezember 2022 gab es genau 1.145 Liburer.
  • Libur hat auch niedrigste Bevölkerungsdichte innerhalb Kölns: Hier leben gerade einmal 180 Einwohner je Quadratkilometer. Zum Vergleich: In Köln leben, im Durchschnitt über alle Veedel, die Menschen etwa 15x so gedrängt. Es sind exakt 2.679 Einwohner je Quadratkilometer. Noch krasser wird der Unterschied, wenn man sich enge Südstadt ansieht: Hier leben auf einem Quadratkilometer mehr als 13.000 Menschen.
  • Kein Kölner Stadtteil liegt näher an Italien: Libur ist das südlichste Veedel der Stadt.

Vielleicht sind das auch die Gründe, warum in Libur nachweislich die glücklichsten Kölner leben.

Haus am Grabhügel

Die Gegend um Libur wurde bereits vor sehr langer Zeit besiedelt. Eine dort gefundene Axt lässt vermuten, dass es dort bereits in der Jungsteinzeit (circa 5.500 – 4.900 v. Chr.) eine erste Siedlung der sogenannten „Bandkeramiker“1Die Bandkeramik bzw. bandkeramische Kultur ist die erste auf Ackerbau und Viehzucht basierende Kultur der Jungsteinzeit mit Verbreitungsgebieten in ganz Mitteleuropa.  Der Name „Bandkeramiker“ bezieht sich auf die bandartigen Verzierungen auf ihren Tongefäßen. gab.

Ausschnitt aus der "Karte der politischen und administrativen Eintheilung der heutigen preussischen Rheinprovinz für das Jahr 1789“, hier ist Libur noch als „Liebour“ verzeichnet. Bild: Wilhelm Fabricius
Ausschnitt aus der „Karte der politischen und administrativen Eintheilung der heutigen preussischen Rheinprovinz für das Jahr 1789“, hier ist Libur noch als „Liebour“ verzeichnet. Bild: Wilhelm Fabricius

Der erste schriftliche Nachweis stammt aus dem Jahr 1183. In einer Sammlung von Wunderberichten wird die Ortschaft „villula lebure“ erwähnt. In späteren Aufzeichnungen lautet der Name „Lebur“. Weitere Schreibweisen lauten Liebour und Liebuire. Die erste Silbe „Le“ im Althochdeutschen könnte „Obdach“ bedeuten, „bûr“ bezeichnet ein kleines Haus. Eine andere Interpretation geht davon aus, dass sich die erste Silbe auf „Leo“, einen Grabhügel bezieht. Zusammen mit „bûr“ könnte das Haus am Grabhügel“ bedeuten.

Schon seit dem Mittelalter gehörte Libur zum Herzogtum Berg. Während der französischen Besatzung des Rheinlands (von 1794 bis 1814/15) war Libur Teil des Grand-Duché de Berg et de Clèves2Die französische Bezeichnung für das Großherzogtum Berg., anschließend wurde es Teil der Preußischen Rheinprovinz. 1929 erfolgte die Eingemeindung nach Porz. Durch das von den Porzern so ungeliebte „Köln-Gesetz“ wurde auch Libur 1975 Teil der Stadt Köln.

Eigenständiger, dörflicher Charakter

Libur hat bis heute sein dörfliches Erscheinungsbild erhalten. Das liegt auch daran, dass Libur eher isoliert liegt und daher nicht mit den Nachbargemeinden, z.B. Lind oder Wahn, zusammengewachsen ist. So beschreibt auch die Stadt Köln Libur als „Weiler mit achteckigem Ortskern, auf den zahlreiche Straßen von den umliegenden Dörfern zulaufen. … Das immer noch etwas abgeschiedene Libur inmitten agrarisch genutzter Flächen hat noch einen Gutteil seines ländlichen Charakters bewahrt.“

Typische Backsteinbauten in der Pastor-Huthmacher-Straße in Köln-Libur, Bild: Franz-Josef Knöchel, Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
Typische Backsteinbauten in der Pastor-Huthmacher-Straße in Köln-Libur, Bild: Franz-Josef Knöchel, Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0

Diese Abgeschiedenheit hat Libur zwar den eigenständigen, dörflichen Charakter gesichert, gleichzeitig ist die aber die Verkehrsanbindung des Ortes eher schlecht – es gibt gerade eine Buslinie. Trotzdem gibt es Verkehrslärm in Libur: Je nach Wind und Abflugrouten sind die startenden Flieger des nah gelegenen Flughafens Köln/Bonn leider gut zu hören.

Tausende Sprenggranten in der Liburer „Schullekul“

Im März 1957 stand das ruhige Libur auf einmal im Zentrum des Interesses. Der Kölner-Stadt-Anzeiger hatte berichtet, dass „… Schulkinder erzählt hätten, sie würden aus dem Teich Handgranaten, Flak- und Panzergeschosse herausholen, sie zerlegen, weiße Säckchen mit Pulver hervorholen und diese in der Abenddämmerung anzünden.“

Mit „dem Teich“ war der Liburer Löschteich gemeint. Dieser lag neben der Volksschule und wurde daher nur „Schullekul“ genannt. Es war zwar in Libur ein offenes Geheimnis, dass Wehrmachtssoldaten, kurz bevor die Amerikaner einrückten, ihre Spuren verwischten und die Waffen kurzerhand in dem Löschteich versenkten. Aber es gab keinerlei Aufzeichnung, wie viele und welche Waffen dort entsorgt wurden.

Der ehemalige Feuerlöschteich Schullekul wurde Ende der 1950er in einen Bolzplatz umgewandelt. Bild: Jotpe, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Der ehemalige Feuerlöschteich Schullekul wurde Ende der 1950er in einen Bolzplatz umgewandelt. Bild: Jotpe, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Tatsächlich handelte es sich bei der Schullekul um ein stinkendes, modriges Gewässer, welches – unabhängig vom Fund der Kampfmittel – saniert werden sollte. Nur wollte weder die Porzer Stadtverwaltung noch die Bezirksregierung die Verantwortung und somit die Kosten dafür übernehmen. Erst mit dem Artikel im Stadt-Anzeiger und der somit öffentlich gewordenen Gefährdung der Dorfjugend kam Bewegung in die Angelegenheit und es wurde ein Dringlichkeitsbeschluss gefasst: Die Schullekul wurde ausgepumpt und die Kampfmittel-Räumer machten große Augen. Immerhin wurden

  • 522 Sprenggranten
  • 692 Infanterie-Patronen
  • 121 Stielhandgranaten
  • 14 Gewehre
  • 6 Maschinengewehre

sowie weitere diverse „Granaten und weitere Munition“ aus dem schlammigen Gewässer geborgen. Der Teich verschwand und an der Stelle ist heute ein Sportplatz zu finden.

Viel Land – wenig Menschen: Das dörfliche Libur. Bild: aachim3, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons
Viel Land – wenig Menschen: Das dörfliche Libur. Bild: aachim3, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons

Veedels-Check: Libur auf Platz 1

Heute ist Libur ganz vorne in Kölle: Im Veedels-Check des Kölner-Stadt-Anzeigers3aus dem Jahr 2018 machte Libur das Rennen und landete auf dem ersten Platz aller kölschen Veedel. Fast 80% der Bewohner gaben an, nicht aus Libur weg ziehen zu wollen. Dabei spielt auch der „kölsche Veedelscharakter“ des Dorfes eine Rolle: Auf die Frage, wie kölsch Libur ist, landete das kleine Libur auf Platz acht von allen 86 Kölner Stadtteilen.

Vergleich Bevölkerungsdichte, Graphik: Uli Kievernagel
Vergleich Bevölkerungsdichte, Graphik: Uli Kievernagel

Kleiner Wermutstropfen: Selbst die eingefleischten Libur-Fans bemängeln die fehlenden Einkaufsmöglichkeiten und die eher schlechte Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr.

Aber das machen Initiativen wie der „Junggesellenverein Libur“, der Weihnachtsbasar der Katholischen Frauengemeinschaft und das Straßenfest „Der längste Desch vun Libur“ wieder wett. Und auch im Karneval pflegt das „Rekord-Dorf“ Libur eine ganz besonderen Tradition: Hier stehen die Jecken am Straßenrand und werfen Kamelle für die Pänz, die im Zoch mitgehen.

Also noch ein weiterer Rekord:
In Libur gibt es den „verkehrtesten“ Karnevalszoch von ganz Köln.


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Die Schwarze Madonna in der Kupfergasse – eine Heilige mit „Bodenhaftung“

St. Maria in der Kupfergasse, Bild: Raimond Spekking
St. Maria in der Kupfergasse, Bild: Raimond Spekking

Im „Hillige Kölle“ gibt es unendlich viele Erinnerungsstätten an Heilige, wie zum Beispiel den Dreikönigsschrein , die „Goldene Kammer“ in St. Ursula oder die Marienstatue in St. Maria im Kapitol mit Äpfeln zur Erinnerung an den Appel-Jupp.

Doch zu kaum einer Heiligenfigur haben die Kölner eine so enge, fast schon persönliche, Bindung wie zu der Schwarzen Madonna in der Kupfergasse. Wenn meine Oma in der Innenstadt unterwegs war, gehörte ein Besuch dort genauso zum Pflichtprogramm wie das Einkaufen beim „Tietz“, dem heutigen Kaufhof.

Und der Bann der Schwarzen Madonna ist ungebrochen. Das zeigen auch die unendlich vielen Opferkerzen, die dort regelmäßig aufgestellt werden. Dabei wird die Schwarze Madonna bei allen möglichen Anliegen um Hilfe gebeten. So besucht auch traditionell das Kölner Dreigestirn am Karnevalssonntag die Schwarze Madonna, entzündet eine mit Karnevalsmotiven verzierte Kerze und bittet um gutes Wetter und einen erfolgreichen Ablauf des Rosenmontagszugs.

Eine dunkelhäutige Madonna

Die Madonna ist aus Lindenholz gefertigt. Dieses Holz hat eine weißlich/gelbliche bis maximal hellbräunliche Farbe. Der verstorbene Pfarrer an der Kirche St. Maria in der Kupfergasse, Werner Plänker, meinte, die Figur könne „… mit der dunklen Farbe auch das Leid und die Krankheit der Menschen, die zu ihr um Hilfe gefleht haben, angenommen haben.“ Das mag sein, wahrscheinlicher ist aber, dass der Ruß der unendlich vielen Opferkerzen die Figur geschwärzt hat. Immerhin steht die Figur bereits seit 1630 in Köln. Und hat – fast ein Wunder – alle Irrungen und Wirrungen in unserer Stadt bis heute unbeschadet überstanden.

Als dunkelhäutige Marienfigur ist die Schwarze Madonna in der Kupfergasse in guter Gesellschaft. Weltweit werden schwarze Madonnen verehrt, in Deutschland alleine 25 Exemplare. Die bekannteste Herleitung der schwarzen Madonnenfiguren bezieht sich auf das Hohelied Salomos in der Bibel. In dem recht „süffigen“, erotisch aufgeladenen Text lautet es:

„Er küsse mich mit dem Kusse seines Mundes; denn deine Liebe ist lieblicher als Wein. Es riechen deine Salben köstlich; dein Name ist eine ausgeschüttete Salbe, darum lieben dich die Mädchen. Zieh mich dir nach, so wollen wir laufen. Der König führte mich in seine Kammern. Wir wollen uns freuen und fröhlich sein über dich; wir preisen deine Liebe mehr als den Wein. Herzlich lieben sie dich. Ich bin braun, aber gar lieblich, ihr Töchter Jerusalems, …“ 1In anderen Übersetzungen lautet es auch „Ich bin schwarz, aber gar lieblich …“

Die Schwarze Madonna in der Kupfergasse, Bild: Willy Horsch, CC BY 3.0
Die Schwarze Madonna in der Kupfergasse, Bild: Willy Horsch, CC BY 3.0

Anmutige Figur, mit Schmuck überladen

Ein genauer Blick auf die Schwarze Madonna zeigt, dass die Figur sehr anmutig ist. Bernd Imgrund beschreibt die Figur als „Eindrucksvoll, das moderne Gesicht zeugt vom Stolz auf das Kind in ihren Armen, aber auch von tiefer Ruhe und Glaubensfestigkeit.“2Bernd Imgrund: 111 Kölner Orte, die man gesehen haben muss, emons-Verlag.

Dankbare Gläubige haben die Schwarzen Madonna mit Schmuckstücken beschenkt. Daher ist die Figur heute fast schon überladen, die gut gemeinten Gaben verhindern den ursprünglichen Blick die Figur.

Eine Heilige zum Anfassen

Und für die Kölschen ist und bleibt die Schwarze Madonna ursprünglich, also irgendwie eine Heilige zum Anfassen, die sich allen Anliegen annimmt. Und nur wer die kölschen Befindlichkeiten nicht kennt, ist darüber erstaunt, dass auch die Fans des ruhmreichen 1. FC Köln Opferkerzen aufstellen. Früher sollten diese Opferkerzen für die Meisterschaft sorgen, heute sollen diese wohl eher den drohenden Abstieg verhindern.

Hoffentlich wirkt es.


Bei d’r schwazze Madonna en d’r Kofferjass

Niemand geringeres als der großartige Ludwig Sebus hat der Schwarzen Madonna auch ein musikalisches Denkmal gesetzt. In seinem Lied „Bei d’r schwazze Madonna en d’r Kofferjass“ lautet es

Bei d´r Schwazze Madonna
en d´r Kofferjass,
brenne Kääze Dag en in un Dag us.
Bei d´r Schwazze Madonna
mäht manch einer Rass,
un keiner jeit heim ohne Trus.

Hochdeutsche Übersetzung:

Bei der Schwarzen Madonna
in der Kupfergasse
brennen Kerzen tagein und tagaus.
Bei der Schwarzen Madonna
macht manch einer Rast,
und keiner geht heim ohne Trost.


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„Köln muss mal“: Kampagne für mehr und bessere öffentliche Toiletten

Das Logo der Kampagne "Köln muss mal", Bild: Pauline Muszi
Das Logo der Kampagne „Köln muss mal“, Bild: Pauline Muszi

 „Wo finde ich denn eine Toilette?“ – erfahrene Stadtführer wissen mit dieser Frage umzugehen. Dann wird flott ein Brauhaus angesteuert, weil die öffentlichen Toiletten eher selten und nicht immer einladend sind. Alle trinken im Brauhaus ein/zwei Kölsch, alle gehen aufs Klo, und dann laufen wir weiter.

Der Trick mit dem Kölsch im Brauhaus funktioniert auch bei den Stadtführungen in der Innenstadt recht gut. Sobald man sich aber außerhalb der touristischen Hotspots bewegt, wird das schwieriger. Schnell erkennt man: Köln hat ein Toilettenproblem!

Wenn man sich die nackten Zahlen ansieht, ist es erschreckend: Tatsächlich gibt es eine öffentliche Toilette pro 15.000 Kölner:innen. Falls man jetzt noch die Touristen mit einberechnet, wird es ganz finster, dann sind es etwa 50.000 Menschen pro öffentlichem Klo. Dieser Wahnsinn zeigt sich ganz besonders an Karneval, wenn flott jede Menge Dixi-Klos aufgestellt werden, um das Pinkel-Problem irgendwie in den Griff zu bekommen. Meistens vergeblich.

Große Themen unserer Gesellschaft auf humorvolle und zugängliche Weise vermitteln

Doch statt nur zu klagen hat sich die Designerin Pauline Muszi mir ihrer Diplomarbeit „Köln muss mal. – Eine multimediale Kampagne zur Umsetzung zur Umsetzung eines öffentlichen Toilettenkonzepts für Köln“ ganz konkret mit dem Kölner Klo-Problem beschäftigt.

Die Designerin Pauline Muszi, Bild: Pauline Muszi
Die Designerin Pauline Muszi, Bild: Pauline Muszi

Nicht das erste „heiße Eisen“, welches Pauline angefasst hat. In der Vergangenheit hat sie bereits eine Kampagne zur Erhöhung der Wahlbeteiligung konzipiert („Deine Wahl“) oder ein Magazin zur Auseinandersetzung mit der Geschlechterdynamik in der deutschen Sprache entworfen („Gen_der_die_das„)

Pauline hat 2023 ihren Abschluss im Studiengang „Nachhaltiges Design“ an der ecosign/Akademie für Gestaltung in Köln gemacht. Und was alle Projekte der Designerin gemeinsam haben, beschreibt sie selber wie folgt: „Mit meinen Projekten möchte ich Komplexes nahbar machen und zeigen, dass auch die ganz großen Themen unserer Gesellschaft auf humorvolle und zugängliche Weise vermittelt werden können.“ Und genau das zeigt ihre Kampagne „Köln muss mal“ auf eindrucksvolle Weise.

Köln am Ende des Rankings „Öffentliche Toiletten“

Die Designerin hat aufwändig die Toilettensituation in Köln ermittelt. Und das Ergebnis ist niederschmetternd: Vergleicht man die selbsternannte Metropole am Rhein mit anderen Großstädten, dann liegt Köln da, wo auch aktuell1Stand: Februar 2024 der 1. FC Köln liegt: Am Ende der Tabelle. Paris verfügt über dreimal so viele öffentliche Toiletten, Zürich über mehr als viermal so viele Toiletten pro 100.000 Einwohner.

Beschämend: Köln bietet nur sechs öffentliche Toiletten pro 100.000 Einwohner, Graphik: Pauline Muszi "Köln muss mal"
Beschämend: Köln bietet nur sechs öffentliche Toiletten pro 100.000 Einwohner, Graphik: Pauline Muszi „Köln muss mal“

In ihrer Diplomarbeit „Köln muss mal“ hat Pauline Muszi aber auch die weitergehenden Funktionen der Toiletten als möglichst geschützten Raum untersucht. Dazu sollten Toiletten, neben der Verrichtung der menschlichen Notdurft, auch einen Raum bieten, um sich herzurichten, sich umzuziehen, sich zu waschen oder medizinischer Versorgung nachzugehen. Und selbstverständlich auch, um Kinder zu wickeln. Und hier wird es für Menschen, die mit Kindern unterwegs sind, ganz bitter, denn es gibt in Köln gerade mal sieben öffentliche Toiletten mit Wickeltisch. Beschämend für die Möchtegern-Weltstadt am Rhein.

Menschen ohne Penis müssen zahlen

Es gibt verschieden Arten von öffentlichen Toiletten, eine davon sind die sogenannten „City-Toiletten“. Diese Toiletten sind fest installierte Container, die 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche geöffnet sind.

Beschämend: Die Nutzung der Sitztoiletten kostet 50 Cent, während die Urinale kostenlos nutzbar sind. Paulines nüchternes Fazit: „Menschen ohne Penis müssen zahlen.“

Menschen ohne Penis müssen für den Gang aufs Klo bezahlen, Graphik: Pauline Muszi "Köln muss mal"
Menschen ohne Penis müssen für den Gang aufs Klo bezahlen, Graphik: Pauline Muszi „Köln muss mal“

„Ich bin kein echtes Klo. Und genau das ist das Problem.“  

In ihrer Diplomarbeit weist Pauline Muszi nach, dass zwar viel über Toilettenkonzepte gesprochen wird, aber in der Praxis nur sehr wenig passiert: „Die Wichtigkeit einer adäquaten öffentlichen Toi­lettenversorgung wird betont, Probleme und Lösungen diskutiert, innovative Zu­gänge vorgestellt und doch schaffen diese Ansätze nur äußerst selten den Sprung aus der Theorie in die Praxis städtischer Toilettenkonzepte.“

Provokant: Ein WC ohne Sichtschutz im öffentlichen Raum, Bild: Pauline Muszi "Köln muss mal"
Provokant: Ein WC ohne Sichtschutz im öffentlichen Raum, Bild: Pauline Muszi „Köln muss mal“

Für Pauline Grund genug, mit der Kampagne „Köln muss mal“ genau das Klo-Problem anzupacken. Ihr Ziel: Toiletten aus der Sphäre des Privaten herausholen und mitten in der Öffentlich­keit platzieren. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Pauline hat, auf einem Quadrat aus blauen Fliesen stehend, ein WC  genau an die Or­te gebracht, wo es an sanitären Anlagen fehlt. Ohne Sichtschutz, mitten auf einem Gehweg oder einer Wiese.

Nähert man sich diesem WC und klappt den Deckel auf, liest man „Ich bin kein echtes Klo. Und genau das ist das Problem.“  

Das Dilemma zur Kölner Klo-Situation, Bild: Pauline Muszi "Köln muss mal"
Das Dilemma zur Kölner Klo-Situation, Bild: Pauline Muszi „Köln muss mal“

Petition „Köln muss mal“ – Wette mit Pauline

Die Kampagne geht noch weiter und soll tatsächlich zu einer Veränderung der Toiletten-Situation in Köln führen. Dazu hat Pauline eine Petition ins Leben gerufen: Ziel der Petition ist es, der Kölner Stadtverwaltung zu signalisieren, dass es an der Zeit ist, etwas an den öffentlichen Toiletten der Stadt zu verändern.

Die Petition zur Kölner-Toilettenrevolution, Bild: Pauline Muszi "Köln muss mal"
Die Petition zur Kölner-Toilettenrevolution, Bild: Pauline Muszi „Köln muss mal“

Bis heute2Stand 28. Februar 2024 haben 222 Menschen diese Petition bei change.org unterschrieben. Das ist viel zu wenig. Daher habe ich mit Pauline um elf Kölsch gewettet, dass wir über das „Köln-Ding der Woche“ die Anzahl der Unterschriften verdoppeln werden.

Also: Jetzt brauche ich eure Unterstützung! Nehmt euch zwei Minuten Zeit und unterzeichnet diese Petition, damit wir möglichst schnell auf 444 Unterstützer (oder gerne auch mehr!) kommen. Hier geht es direkt zur Petition

Denn die Toilettensituation geht uns alle an!


Toiletten und Sprache

Für wohl kaum einen anderen Ort gibt es so viele Bezeichnungen wie für die Toilette. In ihrer lesenswerten Diplomarbeit hat Pauline auch Namen für Toiletten gesammelt. Ich gebe zu, dass ich auch nicht alle kannte.

Abort
Abtritt
Banjo
Bedürfnisanstalt
Brunsheisl
Büchse
Donnerbalken
Gelegenheit
Gewisses Örtchen
Häuschen
Häusl
Heisl
Hütte
Kackschlot
Kackstuhl
Keramik
Keramikabteilung
Klo
Klöchen
Klosett
Latrine
Lokalität
Lokus
Null-Null
Orkus
Örtchen
Örtlichkeit
Pfanne
Pinkelbude
Pinkelstelle
Pipibox
Pissbude
Pissoir
Plumpser
Porzellanschüssel
Posenke
Pott
Retirade
Sanitäre Anlagen
Schacht
Scheißhaus
Schietgemaack
Schüssel
Seilgarten
Soach-Hüttn
Spiegelbude
Stilles Örtchen
Stuhl
Thron
Toilette
Topf
Töpfchen
Trichter
Wasserklosett
WC
Weißes Haus
Wo der Kaiser zu Fuß hingeht
Wohin
Wurstfabrik


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Die Jahnwiese – Ort des ganz großen Sports!

Mehr als 20.000 Turner bei kollektiven Freiübungen auf der Jahnweise beim 14. Deutschen Turnfest 1928. Bild: Bundesarchiv, Bild 102-06313 / CC-BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Mehr als 20.000 Turner bei kollektiven Freiübungen auf der Jahnwiese beim 14. Deutschen Turnfest 1928. Bild: Bundesarchiv, Bild 102-06313 / CC-BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Ihre Namen lauten „1. FC Rhein-Grätschen“, „13 Malzbier Kreuzweise“ oder „Fortuna Konzeptlos“: Gemeint sind die Teams der „Bunten Liga Köln“, die auf der Jahnwiese um Punkte, Ehre oder manchmal auch nur darum spielen, den Ball nicht zu verstolpern.

Es ist der Ort des ganz großen Sports in Köln: Im Stadion spielen die Profis des ruhmreichen Eff Zeh um Punkte in der Bundesliga1Stand: Februar 2024, auf der Jahnwiese davor sind selbst talentierte Hobbykicker schon mal damit beschäftigt, die 90 Minuten auf dem Platz schlichtweg zu überleben.

Historischer Grund dank Versailler Vertrag und Adenauer

Dabei spielen die Fußballer auf historischem Grund: Die Jahnwiesen standen 1928 im Mittelpunkt beim 14. Deutschen Turnfest in Köln. Bis zu 300.000 Menschen aus 21 Ländern kamen nach Köln. Es fanden unzählige Wettkämpfe statt, der Höhepunkt der Turnwettbewerbe waren kollektive Freiübungen von 20.000 Turnerinnen und Turnern auf der Jahnwiese.

Zu verdanken haben die Kölner die Jahnwiese und den ganzen Grüngürtel dem Versailler Vertrag und dem weitsichtigen damaligen Oberbürgermeister Adenauer. Während der Versailler Vertrag die Deutschen zur Schleifung der massiven Befestigungsanlagen rund um Köln verpflichtete, sah Adenauer darin eine einzigartige Chance.

Das rheinische Schlitzohr wollte unbedingt den Kölnern Zugang zu unberührter Natur innerhalb der Stadt ermöglichen. Sein Plan: Ein breiter, grüner Gürtel rund um Köln. In diesem Grüngürtel waren auch Sportanlagen, Spielplätze und Schwimmbäder geplant. Und so auch die Jahnwiese.

Genau wie der Raderthaler Volkspark waren die Jahnwiesen ein „soziales Grün“ und boten allen Kölnern Platz, Sport auszuüben. Ein für damalige Verhältnisse völlig neuer Ansatz: Parks und Grünanlagen sollten nicht mehr nur für die gehobene Gesellschaft zum Flanieren genutzt werden, sondern als Orte zur aktiven Bewegung für alle – auch für die in völlig beengten Wohnungen lebende Arbeiterschaft.

Das Jahndenkmal aus dem Jahr 1928 an den Jahnwiesen, Bild: HOWI - Horsch, Willy, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons
Das Jahndenkmal aus dem Jahr 1928 an den Jahnwiesen, Bild: HOWI – Horsch, Willy, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

Turnvater Jahn: „Frisch, Fromm, Fröhlich, Frei“

Gewidmet wurde dieses Gelände Johann Friedrich Ludwig Christoph Jahn (1778 – 1852). Der als „Turnvater Jahn“ bekannte Pädagoge und Politiker gilt als Initiator der deutschen Turnbewegung. Dabei ist Jahn nicht unumstritten, galten sein Bestrebungen doch dazu, die deutsche Jugend auf einen Kampf gegen die französischen Besatzer vorzubereiten.

Ihm zu Ehren wurde zu seinem 150. Geburtstag das Jahndenkmal an den Jahnwiesen im Juli 1928 feierlich enthüllt: Vier kreuzförmig angeordnete „F“ stehen auf einem schlanken, 15 Meter hohen Eisenbetonpfeiler. Die vier „F“ stehen für das Motto der Deutschen Turnerschaft „Frisch, Fromm, Fröhlich, Frei“.

Obwohl das Denkmal auf einer kleinen Anhöhe steht, die ursprünglich als Zuschauertribüne gedacht war, ist es heute kaum noch sichtbar, da es von den Bäumen eines kleinen Wäldchens überwuchert wird.

Alter römischer Gutshof unter der Jahnwiese

Es war bereits länger bekannt, dass sich unter der Jahnwiese Überreste eines alten römischen Gutshofs befanden. Völlig unverständlich: Anstatt in aller gebotenen Ruhe diesen Schatz zu sichern, mussten 1926 vollkommen kurzfristig im Zuge der Ausschachtarbeiten zur Errichtung der Jahnwiese die archäologischen Grabungen durchgeführt werden.

Erläuterungstafel zu den Ausgrabungen, Bild: Nicola, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Erläuterungstafel zu den Ausgrabungen, Bild: Nicola, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Der Leiter der Ausgrabung, Fritz Fremersdorf, schrieb später, er habe „in aller Eile die Vorbereitung für eine eingehende wissenschaftliche Untersuchung treffen müssen, um den Planierungsarbeiten zuvorzukommen“.

Glück im Unglück: Durch den Konkurs der Baufirma, die die Jahnwiese planieren sollte, blieb etwas mehr Zeit für die Archäologen. So konnten das Haupthaus, elf Nebengebäude, mehrere Brunnen und eine Grabgruppe mit sechs Sarkophagen gefunden werden. Die Dokumentation zur Grabung liegt im Römisch-Germanischen Museum vor, die Ausgrabungen wurden anschließend, wie bei solchen Funden üblich, zugeschüttet.

Ein Luftbild der Jahnwiesen, Heimat der "Bunten Liga Köln", Bild: dronepicr, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons
Ein Luftbild der Jahnwiesen, Heimat der „Bunten Liga Köln“, Bild: dronepicr, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

DFB wollte Jahnwiese nutzen

Die zehn Rasenplätze – sieben Groß- und drei Kleinspielfelder – der Jahnwiese werden heute nicht nur von den Hobbykickern genutzt. Auch Baseballer werfen ihr Bälle auf der Fläche vor dem Stadion. Neu ist eine Fläche mit Open-Air-Geräten. Man könnte sich fast wie am Muscle Beach in Los Angeles fühlen.

Dabei war die Jahnwiese im Jahr 2012 als Bewegungs-Oase in der Großstadt akut gefährdet. Die Stadt plante, gemeinsam mit dem Deutschen Fußball Bund, auf den Jahnwiesen ein Leistungszentrum zu errichten. Doch die Kölner gingen für ihre Jahnwiese auf die Barrikaden und verhinderten die Bebauung.

Gut so! Denn sonst hätten „FC Holzbein Köln“ oder „Ajax Lattenstramm“ aus der Bunten Liga keine Heimat mehr gehabt.


Der "Come-Together-Cup" findet jedes Jahr auf der Jahnwiese statt.
Der „Come-Together-Cup“ findet jedes Jahr auf der Jahnwiese statt.

Der „Come-Together-Cup“ für Weltoffenheit, Gleichberechtigung und Vielfalt

Im „Come-Together-Cup“ (CTC) auf der Jahnwiese kicken weit über 1.000 Hobbyfußballer „us Spass an d’r Freud“ in über 80 Teams gegeneinander. Dazu gibt es ein Programm mit Live-Musik und mehr. Der CTC steht für Weltoffenheit, Gleichberechtigung und Vielfalt.

2023 haben mehr als 20.000 Besucher die Teams  auf dem Rasen angefeuert.


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Zwischen Halbwelt und Glamour: Die Sporthalle

Um 1960 - Luftaufnahme des Kölner Messegeländes und der Sporthalle, Copyrights © Koelnmesse GmbH.
Um 1960 – Luftaufnahme des Kölner Messegeländes und der Sporthalle,  Bild:  Koelnmesse GmbH.

Sie hat sich bis zum letzten Moment gewehrt. Erst die zweite Sprengung brachte sie am 13. März 1999 zum Einsturz: Die Kölner Sporthalle, eingeweiht am 13. Dezember 1958.

Bis zu 8.000 Zuschauer fanden auf den unbequemen Holzklappstühlen und im Innenraum Platz. Und ihnen wurden eine Menge geboten – hier haben sie alle gespielt: Unter anderem die Stones, Led Zeppelin, Queen, David Bowie, U2, Depeche Mode und insgesamt 23 Mal (!) BAP.

Eintrittskarten zu Konzerten von Keith Richards (1992) und Melissa Etheridge (1996) in der Köln-Deutzer Sporthalle.
Eintrittskarten zu Konzerten von Keith Richards (1992) und Melissa Etheridge (1996) in der Köln-Deutzer Sporthalle. Urheber unbekannt / Knöchel, Franz-Josef (Repro) / CC-BY-SA 3.0

Kult-Veranstaltung „Lachende Sporthalle“

Die Kölner haben ihre Sporthalle geliebt, auch und besonders wegen der Karnevals-Kultveranstaltung „Lachende Sporthalle“. Wie noch heute in der „Lachenden Kölnarena“ war es schon damals erlaubt, Essen und Getränke selber mitzubringen.

Und so schleppten die Karnevalsjecken hunderte Fässer, kiloweise Frikadellen und viele, viele Eimer Kartoffelsalat nach Deutz. Allein der Vorverkauf zur „Lachenden Sporthalle“ war schon eine einzige Party: Tagelang haben die echten Fans vor der Vorverkaufsstelle am Neumarkt mit Schlafsack und Gaskocher campiert um an die begehrten Tickets zu kommen.

Treffpunkt der Kölner Halbwelt

Dank der fest installierten Radrennbahn mit 166 Meter Länge und wahnsinnig hohen Steilkurven war die Sporthalle auch Veranstaltungsort der Kölner Sechstagerennen. Im rauchgeschwängerten Innenraum traf sich hier gerne auch die Kölner Halbwelt bei Champagner und Lachsschnittchen.

Politische Bedeutung erhielt die Sporthalle durch das Konzert von Wolf Biermann am 13. November 1976. Biermann spielt vor ausverkauftem Haus. Doch seine kritischen Anmerkungen wurden ihm vom SED-Regime als „grobe Verletzung der staatsbürgerlichen Pflichten“ ausgelegt. Und Biermann, nach SED-Verständnis ein „Feind des Sozialismus“, wurde kurzerhand ausgebürgert.

Freitag, der 13. Dezember 1974 – Herstatt-Gläubigerversammlung

Dramatisch war auch die Gläubigerversammlung der durch Devisenspekulationen in Schieflage geratenen Herstatt-Bank im Dezember 1974. Ausgerechnet am Freitag dem 13. Dezember 1974 trafen sich mehr als 3.000 Gläubiger,  zum größten Teil private Kleinsparer, in der Sporthalle. Und sie mussten zähneknirschend einen unattraktiven Vergleich annehmen, um nicht gänzlich leer auszugehen: 65% ihrer Spar-Einlagen wurden ihnen ausgezahlt. Und das auch nur, weil Hans Gerling in letzter Minute mehr als 200 Mio. DM in die Vergleichsmasse einzahlte.

Klaus "Major" Heuser rockt mit BAP die Sporthalle (1996), Bild: Tina Niedecken
Klaus „Major“ Heuser rockt mit BAP die Sporthalle (1996), Bild: Tina Niedecken
Wolfgang Niedecken mit Background-Sängerin Karen Schweitzer-Faust bei einem BAP-Konzert in der Sporthalle (1991) , Bild: Achim Scheidemann
Wolfgang Niedecken mit Background-Sängerin Karen Schweitzer-Faust bei einem BAP-Konzert in der Sporthalle (1991) , Bild: Achim Scheidemann

Kölnarena als Nachfolger

Ende der 80er Jahren verlor die Sporthalle ihren Glanz. Der Ruf nach einer neuen, moderneren Arena wurde laut. So entstand die im Herbst 1998 eingeweihte Kölnarena. Echte Kölsche weigern sich übrigens nach wie vor, „Lanxess-Arena“ zu sagen. Mit bis zu 20.000 Plätzen ist diese immer noch Deutschlands größte Mehrzweckhalle. Finanziert übrigens vom Oppenheim-Esch-Fonds, doch das ist eine andere Geschichte.

Legendäres Doppelkonzert 1980 in der Kölner Sporthalle: Santana und Frank Zappa, Bild: Lippmann + Rau, Public Domain, via Wikimedia Commons
Legendäres Doppelkonzert 1980 in der Kölner Sporthalle: Santana und Frank Zappa, Bild: Lippmann + Rau, Public Domain, via Wikimedia Commons

Nach einer großen Abschiedsparty im August 1998 mit mehr als 6.000 Zuschauern war es dann soweit: Mit einer Sprengung sollte die Sporthalle am 13. März 1999 morgens um 7 Uhr abgerissen werden. Vergebens. Die „Sporthall“ war einfach zu zäh. Erst eine zweite Sprengung am gleichen Tag brachte das gewünschte Ergebnis.

Sie war halt zäh, die alte Kölner Sporthalle.


Sehenswerte Bilder der Sporthalle bietet das Informationssystem KuLaDig – Kultur. Landschaft. Digital.

Mit dem Lied „Hück ess sing Band en der Stadt“ hat BAP der Sporthalle eine musikalische Hommage erwiesen. Und auch die Bläck Fööss besingen diese legendäre Spielstätte. (DANKE an Andreas für diesen Hinweis).


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Das Dom-Hotel: Treffpunkt der Reichen & Schönen

Das Domhotel vor dem Krieg - mit den Kuppeln und Türmchen
Das Domhotel vor dem Krieg – noch mit den Kuppeln und Türmchen

Wenn sie in Köln waren, gab es für gekrönte Häupter wie etwa Kaiser Wilhelm II. und Queen Elizabeth oder Schauspieler wie Peter Ustinov und Sophia Loren nur eine Adresse: Das Dom-Hotel. Bei der Beerdigung von Konrad Adenauer im April 1967 im nahegelegen Dom sollen angeblich US-Präsident Lyndon B. Johnson und der sowjetische Staatschef Leonid Breshnew sich zufällig in der Toilette des Dom-Hotels getroffen haben.

Dieser prächtige Bau war der Treffpunkt für alle, die reich, mächtig oder einfach nur schön waren. Die Pracht des Nobelbaus ist allerdings vergänglich. Und stand das renommierzte Haus schon einmal vor dem Abriss: 1885 stürzte bei Renovierungsarbeiten der Mittelteil des Hotels ein. Die Statiker hatten sich schlichtweg verrechnet.

Und auch 125 Jahre später, im Jahr 2010, wurde wohl nicht richtig kalkuliert: Der neue Eigentümer, die Bayerische Versorgungskasse, hatte kaum mit dem maroden Zustand des Gebäudes gerechnet. So musste, bis auf die historische Fassade, das gesamte Gebäude abgerissen werden.

Das erste Dom-Hotel, noch am Domhof (heute Roncalliplatz), Bild: Rheinisches Bildarchiv Köln
Das erste Dom-Hotel, noch am Domhof (heute Roncalliplatz), Bild: Rheinisches Bildarchiv Köln
1840 als “Hotel du Dôme“ eröffnet

Doch der Reihe nach: Bekanntlich zog sich ja der Bau des Doms etwas länger hin: Ganze 632 Jahre wurde an der Kathedrale bis zur Vollendung im Jahr 1880 gebaut. Bis zur Fertigstellung war der Dom eng umbaut. Eines dieser Häuser war das Haus „Domhof 9“, am heutigen Roncalliplatz. In diesem Haus wurde seit 1779 getanzt – es war ein Ballsaal. Damals übrigens, neben dem Gürzenich, der einzige größere Saal für solche Veranstaltungen. Nach einigen Erweiterungen wurde hier 1840 das “Hotel du Dôme“ eröffnet.

Eine Postkarte mit Ansicht des vollendeten Doms (hier antizipiert) wurde 1879 von Köln nach Dresden verschickt. Links im Bild ist ein Teil des damaligen ‚Hotel du Dome‘ zu sehen. Ein großes DANKE an Detlef Ippen, dass ich diese Postkarte hier eigen darf.
Eine Postkarte mit Ansicht des vollendeten Doms (hier antizipiert) wurde 1879 von Köln nach Dresden verschickt. Links im Bild ist ein Teil des damaligen ‚Hotel du Dome‘ zu sehen. Ein großes DANKE an Detlef Ippen, dass ich diese Postkarte hier zeigen darf.

Das Geschäft florierte, denn immerhin war seit 1842 die Fertigstellung des Doms in vollem Gange und Köln prosperierte. Das Hotel wurde erweitert und mit dem Einsturz des Mittelteils 1885 sogar komplett neu gebaut. Doch die enge Bebauung rund um den Dom verdeckte die Kathedrale, für den prächtigen Dom sollte Platz geschaffen werden. So stimmte die Eigentümerfamilie des Dom-Hotels einem Grundstücktausch zu.

Etwa 30 Meter vom ursprünglichen Standort entfernt wurde der wesentlich größere Neubau errichtet. Mit 180 Zimmern bot dieser Prachtbau alles, was Stars und Sternchen von einem Grandhotel erwarten: Eine attraktive Lobby, Arkadengänge, glänzende Kronleuchter, glanzvolle Zimmer und Suiten und Champagner in der edlen Hotelbar. Kein Wunder, dass die Spionin Mata Hari 1916 ausgerechnet in diesem Haus ein „heißes Spionage-Rendezvous“ gehabt haben soll.

Marode Bausubstanz

Die Bombenangriffe des zweiten Weltkriegs legten ganz Köln und auch das Dom-Hotel in Schutt und Asche. Nach dem Krieg wurde das Hotel schnell wieder aufgebaut. Die Probleme dieses schnellen Wiederaufbaus sollten sich später zeigen, denn in den Jahren des Mangels wurde alles Mögliche in dem Gebäude verbaut. Einzelne Träger stammten sogar aus dem Stahl der zerstörten Rheinbrücken.

Erst mit der Sanierung ab 2013 erkannte man, wie groß die Mängel an dem Bau tatsächlich waren: „Das Problem ist die Bausubstanz“, so der Bauingenieur Turadj Zarinfar in einem Interview der Welt 1Die Welt, 18.08.2017. Tatsächlich, so Zarinfar, „hätten hier keine Gäste mehr absteigen dürfen.“ Zarinfar sprach bei einem Rundgang im Jahr 2017 sogar von Lebensgefahr: „Es ist pures Glück, dass während des Hotel-Betriebs nichts passiert ist.“2Kölner Stadt-Anzeiger vom 17.11.2023

Das Dom-Hotel vor dem Abriss: Nichts lässt mehr auf eine Nobelherberge schließen

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Das Dom-Hotel vor dem Abriss: Nichts lässt mehr auf eine Nobelherberge schließen

Geplant: Totalabriss und Neubau

So wurde zunächst ein Totalbriss des Gebäudes geplant. Hier hatte allerdings der Denkmalschutz noch ein Wort mitzureden. Nach langen Verhandlungen einigte man sich mit dem Investor.

Die Lösung: Bis auf die Fassade wurde der gesamte Bau abgerissen und es entstand ein komplett neues Gebäude, welches an die bestehende Fassade gebaut wurde. Diese Fassade wurde während der Bauphase durch massive Stahlstreben gestützt.

Masssive Stahlstreben stürzen die historische Fassade des Dom-Hotels, Bild: Uli Kievernagel
Massive Stahlstreben, mittlerweile entfernt, stützten die historische Fassade des Dom-Hotels, Bild: Uli Kievernagel

Zwischenzeitlich sind die Stützen entfernt worden, aber an eine Wiedereröffnung des Hauses ist noch lange nicht zu denken. Verschiedene Eröffnungstermine für die Jahre 2017, 2020, 2022 und Sommer 2024 konnten nicht gehalten werden.  

Aktuell3Stand: 17. November 2023 ist die Eröffnung für März 2025 geplant. 

Also: Mal sehen!  


So sollen die Zimmer im Dom-Hotel mal aussehen, Bild: Althoff-Gruppe
So sollen die Zimmer im Dom-Hotel mal aussehen, Bild: Althoff-Gruppe

Dom-Hotel virtuell entdecken

Für die Zeit bis zur Wiedereröffnung können interessierte Besucher das Hotel zumindest virtuell besichtigen:

Virtuelle Tour Althoff Dom-Hotel


Stützstreben wurden für den Rosenmontagszug passgenau angefertigt.

Allerdings kann man nicht sagen, dass in Köln nichts funktioniert. Denn wenn es um den Karneval geht, wird auch Unmögliches möglich gemacht.

Das Problem:
Der Rosenmontagszoch muss auf seiner Route auch südlich am Dom-Hotel vorbei. Allerdings nahmen die massiven Stützstreben für die Fassade so viel Platz ein, dass die großen Festwagen nicht mehr durch dieses Nadelöhr gepasst hätten.

JA - das passt: Die für die großen Festwagen an Rosenmontag maßgeschneiderte Durchfahrt, Bild: Uli Kievernagel
JA – das passt: Die für die großen Festwagen an Rosenmontag maßgeschneiderte Durchfahrt, Bild: Uli Kievernagel

Die Lösung:
Die Streben wurden entsprechend der Breite der großen Festwagen exakt soweit nach außen versetzt, dass der Zoch genau durchpasst.

Merke:
In Kölle funktioniert nix – es sei denn, es geht um den Karneval. Dann geht alles. Alaaf!


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Das Schiffswrack in der Eigelsteintorburg

Das Wrack des Rettungsbootes der Cöln hängt in der Kölner Eigelsteintorburg, Bild: Hans Peter Schaefer, http://www.reserv-a-rt.de
In der Kölner Eigelsteintorburg hängt ein ganz besonderes Schiffswrack, Bild: Hans Peter Schaefer, http://www.reserv-a-rt.de

Der Eigelstein bietet 2.000 Jahre Geschichte auf nur 570 Metern. Insofern gibt es hier viel zu sehen. Auch das berühmt-berüchtigte „Kölner Millieu“ verkehrte hier. Allerdings ist es in der Tat sehr verwunderlich, dass am Ende des Eigelsteins, direkt an der Eigelsteintorburg, das Wrack eines Bootes hängt. Dieses Schiffswrack ist das letzte Überbleibsel des Kreuzers Cöln.

„Kleiner Kreuzer“ Cöln

Die Cöln wurde als Teil der deutschen Kaiserlichen Marine am 5. Juni 1911 in Dienst gestellt. Es handelte sich um einen „Kleinen Kreuzer“ mit immerhin 130 Meter Länge. Dieser Schiffstyp wurde als Aufklärer, Torpedobootszerstörer und auch im Handelskrieg eingesetzt.

Der "Kleine Kreuzer Cöln", hier auf einem Bild von ca. 1912
Der „Kleine Kreuzer Cöln“, hier auf einem Bild von ca. 1912

Im Ersten Weltkrieg tobte der Seekrieg auf der Nordsee. Am 28. August 1914 fand ein heftiges Seegefecht bei Helgoland statt. Die „Kleinen Kreuzer“ Frauenlob, Mainz und Stettin sowie mehrere Torpedoboote der Kaiserlichen Marine waren den Angriffen der Royal Navy eindeutig unterlegen. Zur Unterstützung lief die Cöln aus Wilhemshaven aus. Eigentlich sollten die schweren, fast doppelt so großen Schlachtkreuzer der Marine zur Hilfe kommen. Doch diese lagen im Hafen in Jade fest und konnten wegen des zu niedrigen Wasserstandes  nicht auslaufen.

509 Menschen sterben

Zunächst nahm die Cöln den Kampf mit dem britischen Kreuzer Arethusa und acht Zerstörern auf. Unterstützt wurde die Cöln durch den „Kleinen Kreuzer“ Straßburg. Kritisch für die deutschen Kriegsschiffe wurde es mit dem überraschenden Eingreifen von fünf britischen Schlachtkreuzern.

Die Kaiserliche Marine war eindeutig unterlegen. Die Cöln erhielt mehrere Treffer, konnte aber zunächst entkommen. Doch der britische Schlachtkreuzer Lion nahm die Verfolgung auf und versenkte das Schiff.

Etwa 300 Menschen an Bord waren sofort tot. Ungefähr 200 Besatzungsmitglieder überlebten den Untergang. Da aber an diesem Tag extrem ungünstige Wetterverhältnisse herrschten – es war dichter Nebel – wurden die Schiffbrüchigen von Suchmannschaften nicht gefunden. So starben mit dem Untergang der Cöln insgesamt 509 Menschen.

Der einzige Überlebende: Oberheizer Adolf Neumann, hier auf einem Bild nach dem Untergang der "Cöln", Bild: https://frk-koeln.de/gedenkstaette/kurzvideo/, CC0, via Wikimedia Commons
Der einzige Überlebende: Oberheizer Adolf Neumann, hier auf einem Bild nach dem Untergang der „Cöln“, Bild: https://frk-koeln.de/gedenkstaette/kurzvideo/, CC0, via Wikimedia Commons

Nur ein Überlebender

Der Oberheizer Adolf Neumann (1891 – 1964) war der einzige Überlebende des Untergangs der Cöln. Sein Überlebenskampf dauerte 76 Stunden. Der Kölner Express1vom 29.08.2018 zitiert Neumann wie folgt:

„Nach einigen Stunden starben die ersten Kameraden an Wunden und Erschöpfung. Den Kopf im Wasser, trieben sie zwischen uns. Es traf sich, dass ich mit einem Oberheizer, der an einem größeren Stück Holz hing, zusammenkam. Ihm schloss ich mich an, und bald hatten wir richtiges Gleichgewicht. Die einen hofften noch immer, dass Hilfe unterwegs sei. Andere meinten, wir müssten in der Nähe von Land sein und sollten versuchen, es schwimmend zu erreichen (…). Wir schwammen wohl über zwei Stunden, doch sahen wir kein Land. Es wurde abermals Abend und Nacht. Unser Häuflein Menschen war bis auf einen kläglichen Rest zusammengeschrumpft.“

Zum Glück für Neumann tauchte ein Rettungskutter der Cöln auf – allerdings auch bereits halb zerschossen. Die zwei Mann an Bord zogen den völlig entkräfteten Neumann sowie zwei weitere Kameraden in das schwer ramponierte Boot. Von den fünf Mann an Bord des Rettungskutters überlebte allerdings nur Adolf Neumann. Er wurde drei Tage später von einem Torpedoboot gerettet.

Der fast völlig zerstörte Rettungskutter der Cöln wurde drei Tage später auf Norderney angetrieben. Und es sind exakt die Reste dieses Bootes, welche heute in der Eigelsteintorburg hängen.

Gedenktafel zur Erinnerung an den Untergang der "Cöln" an der Eigelsteintorburg, Bild: Peng (talk), CC0, via Wikimedia Commons
Gedenktafel zur Erinnerung an den Untergang der „Cöln“ an der Eigelsteintorburg, Bild: Peng (talk), CC0, via Wikimedia Commons

Untergang der Cöln markiert Wendepunkt in der Wahrnehmung des Kriegs

Bis zu diesem Zeitpunkt war die Wahrnehmung des noch jungen Kriegs geprägt von Erfolgsmeldungen der verschiedenen Schlachten. Der Marinehistoriker Dr. Heinrich Walle über die Bedeutung des Untergangs der Cöln

„Erst der Untergang der „Cöln“ machte den Menschen in Deutschland bewusst, dass ein grausamer Krieg herrschte. Bis dahin wurden nur verschleiernde Siegmeldungen von den Schlachten in Belgien und Frankreich verbreitet.“2Express vom 29.08.2018

Die morderne Korvette "Köln" soll 2025 in Dienst gestellt werden, Bild: ZamameeZuka, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Die morderne Korvette „Köln“ soll 2025 in Dienst gestellt werden, Bild: ZamameeZuka, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Verschiedene Marineschiffe mit den Namen Köln

Bisher gab es fünf verschiedene Marineschiffe mit dem Namen „Köln“. Das letzte Schiff mit diesem Namen, eine Fregatte, wurde 2012 außer Dienst gestellt.

Allerdings wird zur Zeit die Korvette Köln bei Blohm & Voss ausgerüstet. Dieses Schiff (Länge 90 Meter, spätere Besatzung 58 Personen) wurde durch die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker am 21. April 2022 getauft und soll voraussichtlich 2025 in Dienst gestellt werden.

Hoffentlich bleibt dieser Korvette „Köln“ das Schicksal des Kreuzers „Cöln“ erspart.


Die Figur des "Kölschen Boor" an der Eigelsteintorburg, Bild: Hans Peter Schaefer, http://www.reserv-a-rt.de
Die Figur des „Kölschen Boor“ an der Eigelsteintorburg, Bild: Hans Peter Schaefer, http://www.reserv-a-rt.de

Der Kölsche Boor bewacht die Eigelsteintorburg

Auf der anderen Seite der Torburg kann man den „Kölschen Boor“ bewundern. Die Statue ist eine Kopie, das Original ist im Rathaus ausgestellt.


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Die Professorensiedlung in Marienburg – Platz für schlaue Köpfe

Ein Haus in der "Professorensiedlung" in Köln-Marienburg, Bild: Uli Kievernagel
Ein Haus in der „Professorensiedlung“ in Köln-Marienburg, Bild: Uli Kievernagel

Es muss ein hartes Los für die Professoren der Kölner Universität in den 1920er Jahren gewesen sein: Als ordentlich berufener Professor galt die „Residenzpflicht“. Diese Anordnung aus dem Beamtenrecht besagte, dass der Beamte seinen Wohnort in der Nähe des Dienstorts zu wählen hatte. Faktisch bedeutete dies, dass die jeweiligen Professoren nach Köln übersiedeln mussten.

„Ein Sprung vom sicheren Land ins Ungewisse“

Für viele der nach Köln berufenen Professoren eine Zumutung: Die Stadt bot schon damals viel zu wenig Wohnraum und die rar gesäten Wohnungen waren auch noch unverhältnismäßig teuer. Schnell kursierte an den Hochschulen, dass eine Berufung an die Kölner Universität „Ein Sprung vom sicheren Land ins Ungewisse“ wäre. Dies hatte zur Folge, dass etliche Professoren den Ruf nach Köln nicht annahmen.

Der Kölner Wissenschaftsbetrieb drohte an Attraktivität zu verlieren. Dies ging so weit, dass sich das Kultusministerium bereits kurz nach Eröffnung der Universität im Jahr 1919 gegen Neuberufungen aussprach, wenn diesen keine Wohnungen zur Verfügung gestellt werden konnten.1Nicola Kresken in „Geschichte in Köln“, Zeitschrift für Stadt- und Regionalgeschichte, Nr. 67 (2020)

Attraktive Häuser in hervorragender Lage  

Zur Lösung des Problems handelten die Professoren selbst und gründeten am 4. Juni 1920 die „Baugenossenschaft Kölner Universität“. Ziel war es, attraktive Wohnmöglichkeiten für die Kölner Professoren zu schaffen.

Ungewöhnlich war die gewählte Gesellschaftsform einer Baugenossenschaft. Der Bauökonom Klaus Novy2Klaus Novy: Wohnreform in Köln. Geschichte der Baugenossenschaften Köln, 1986 führt dies auf die „sozialwissenschaftlich-sozialpolitische Ausrichtung“ der Gründungsmitglieder zurück. Zu  diesen Gründungsmitglieder gehörten:

  • Albert Dietrich, Pathologie
  • Hans Driesch, Philosophie
  • Hans Planitz, Rechtswissenschaften
  • Heinrich Lehmann, Rechtswissenschaften
  • Hugo Lindemann, Honorarprofessor und Sozialpolitiker
  • Max Scheler, Philosophie
  • Paul Honigsheim, Sozialwissenschaften
  • Reiner Müller, Hygieniker
  • Wilhelm Prion, Betriebswirtschaftslehre

Die Universität Köln war durch den Rektor Christian Eckert in der Gründungsversammlung vertreten.

Mit der Realisierung des Projektes wurde das sozialistische Bauunternehmen „Bauhütte“ beauftragt, die Stadt Köln stellte in Erbpacht attraktive Grundstücke in Marienburg zur Verfügung.  Bereits im Januar 1921 begann der Bau der ersten Häuser der „Professorensiedlung“.

An der Wolfgang-Müller-Straße in fast direkter Rheinnähe entstanden sieben Doppelhäuser. Diese Häuser waren ansehnliche Villen mit sechs Zimmern, Nebenräumen, Mansardenzimmern und Dachkammern. Und sind symmetrisch um einen Platz gruppiert.

Die Häuser der Professorensiedlung sind rot markiert. Bild: Universität zu Köln
Die Häuser der Professorensiedlung sind rot markiert. Bild: Universität zu Köln

Architekt der Häuser wird von Nationalsozialisten in Auschwitz ermordet

Architekt der Siedlung war der 1879 in Karlsruhe geborene Manfred Faber. Er war einer der wichtigsten Architekten der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GAG. Gemeinsam mit Wilhelm Riphahn entwickelte er unter anderem auch die „Märchensiedlung“ in Holweide und Dellbrück.

Faber wurde, wegen seiner jüdischen Herkunft, 1936 aus dem Architekten- und Ingenieur-Verein Köln ausgeschlossen. 1942 wurde er zunächst im Messelager Köln interniert, später nach Theresienstadt und nach Auschwitz deportiert. Dort wurde er am 16. Mai 1944 umgebracht.

Gedenktafel für Manfred Faber, von den Nationalsozialisten ermordeter Architekt der Professorensiedlung, in der "Naumannsiedlung" (Riehl)., Bild: Heinz Reutersberg, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Gedenktafel für Manfred Faber, von den Nationalsozialisten ermordeter Architekt der Professorensiedlung, in der „Naumannsiedlung“ (Riehl)., Bild: Heinz Reutersberg, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Professoren folgen Ruf nach Köln – auch wegen der Häuser in der Professorensiedlung

Mit den attraktiven Immobilien in der Marienburg hatte die Kölner Universität schnell die Nase vorn, wenn es darum ging, die klugsten Köpfe nach Köln zu berufen. Der damalige Rektor Christian Eckert (1874 – 1952) schrieb dazu an Oberbürgermeister Konrad Adenauer:

„Wohl habe ich darauf hingewiesen, dass es durch den Wohnungsbau dem Betreffenden ein schönes Haus mit Garten in Bester gegen Köln zur Verfügung gestellt würde, dessen Bewohnung nicht teurer sei als eine andere Mietwohnung in der Stadt.“

So folgte der Jurist Hans Lewald erst dann dem Ruf nach Köln, als ihm eines der Häuser in Marienburg zugesprochen wurde. Auch zur Bindung der Professoren an die Universität wurden die attraktiven Wohnangebote in Marienburg genutzt. Heinrich Mitteis, einer der bedeutendsten Rechtshistoriker des 20. Jahrhunderts, lehnte erst dann den Ruf nach Frankfurt ab, als man ihm eines der Häuser in der Professorensiedlung zusicherte.

Die "Professorensiedlung" in Köln-Marienburg mit attraktiven Häusern, Bild: Uli Kievernagel
Die „Professorensiedlung“ in Köln-Marienburg mit attraktiven Häusern, Bild: Uli Kievernagel

Deutschlands genialste Siedlung

So entstand „Deutschlands genialste Siedlung“. 3Express vom 05.10.2018 In der Welt der Wissenschaft bekannte Namen wie Eugen Schmalenbach (1873 – 1955), der Begründer der Betriebswirtschaftslehre als akademisches Lehrfach oder auch der Jurist Hans Carl Nipperdey (1895 – 1968) wohnten in der Professorensiedlung.

Im Haus von Nipperdey wuchsen auch seine fünf Kinder auf, darunter Dorothee Sölle, geb. Nipperdey (1929 – 2003). Die streitbare Theologin errang nie die ihr zustehende Anerkennung im Wissenschaftsbetrieb. Diese Anerkennung sollte aber ihr Bruder Thomas Nipperdey (1927 – 1992) bekommen. Der Historiker veröffentlichte 1983 das dreibändige Werk „Deutsche Geschichte“ – das Standardwerk der neueren Geschichte.

Allerdings war Thomas Nipperdey als Kind in der Professorensiedlung nur mäßig glücklich, da die Kinder in der Nachbarschaft alle älter waren und als Spielkameraden ausschieden. Glück für ihn, dass er in der Straßenbahn „richtige Mittelschicht-Kinder, offener und zugänglicher für mich“4Express vom 05.10.2018 kennenlernte.

Auflösung der Genossenschaft

Ab etwa 1930 reifte der Plan, die Häuser der Professorensiedlung aus dem Einflussbereich der Universität zu lösen. Dafür sollte der Erbbauvertrag mit der Stadt Köln gelöst werden und die jeweiligen Bewohner die Möglichkeit bekommen, das Haus inklusive Grundstück zu kaufen.

Der Rektor der Universität Christian Eckert versuchte, diesen Plan zu vereiteln. Denn damit würde die Universität das Argument des hochwertigen und günstigen Wohnraums bei der Berufung von Professoren verlieren. Doch vergebens: 1937 wurde die „Baugenossenschaft Kölner Universität“ aufgelöst und die Häuser an die Professoren verkauft.

Immerhin machte das Modell der Baugenossenschaft Schule. Die Universitäten Leipzig, Aachen und Hamburg waren sehr an den Erfahrungen der Kölner interessiert.

Noch immer sehr begehrte Wohnlage

Die Häuser in der Wolfgang-Müller-Straße sind immer noch sehr begehrt. Die ruhige Lage ohne Durchgangsverkehr, die direkte Nähe zum Rhein und die großen Gärten mit ihren alten Bäumen hat aber ihren Preis: Diese Häuser sind alle heute mindestens zwei, eher aber drei Millionen Euro wert.

Ruhig, schick und gediegen: Die "Professorensiedlung" in Köln-Marienburg, Bild: Uli Kievernagel
Ruhig, schick und gediegen: Die „Professorensiedlung“ in Köln-Marienburg, Bild: Uli Kievernagel

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