Kölsche Karnevalsbegriffe von A-Z, Teil V: Von „Rusemondachszoch“ bis „Wieverfastelovend“

Collage Karnevalsbegriffe Teil IV

Podcast Karnevalsbegriffe I, 32

Podcast Karnevalsbegriffe II, 33

Der Kölner Karneval ist bunt und vielfältig. Und sehr speziell. Diese Übersicht der wichtigsten Karnevalsbegriffe soll Einheimischen und Imis helfen, sich im Fastelovend zurechtzufinden.

Alle Teile der Serie „Kölsche Karnevalsbegriffe von A-Z“:


Ein Festwagen der Blauen Funken beim Rosenmontagszug, hier auf der Severinsstraße, Bild: Festkomitee Kölner Karneval
Ein Festwagen der Blauen Funken beim Rosenmontagszug, hier auf der Severinsstraße, Bild: Festkomitee Kölner Karneval

Rusemondachszoch

Jedes Jahr an Rosenmontag heißt es in Köln „Jeck loss Jeck elans“. Der größte Zoch in Deutschland ist imposant: Etwa 1 Million Zuschauer feuern frenetisch die etwa 12.000 Teilnehmer an. Knapp 80 Kapellen machen Musik, etwa 250 Wagen und Kutschen fahren durch die Stadt. Insgesamt werden etwa 300 Tonnen Kamelle und ca. 300.000 Strüßjer unters Volk gebracht.

Wer es etwas gemütlicher mag, kann sich auch die vielen Veedelszüge oder die liebevoll gestalteten Züge in den umliegenden Gemeinden anschauen.


"Schnaps, das war sein letztes Wort". Dringende Empfehlung: Finger weg vom Schabau!, Bild: von Peggy und Marco Lachmann-Anke auf Pixabay
„Schnaps, das war sein letztes Wort“. Dringende Empfehlung: Finger weg vom Schabau!, Bild: von Peggy und Marco Lachmann-Anke auf Pixabay

Schabau

Davon solle man an Karneval möglichst Finger lassen. Schabau ist Schnaps. Und schon so mancher Karnevalist hat wegen zu großer Mengen Schabau bereits an Weiberfastnacht mittags die Segel streichen müssen.


Schunkeln: Einhaken, im Takt hin und her bewegen, Bild: Bild: Festkomitee Kölner Karneval
Schunkeln: Einhaken, im Takt hin und her bewegen, Bild: Festkomitee Kölner Karneval

Schunkeln

„Schunkeln ist scheiße,
dein Nachbar stinkt nach Schweiß.
Du sitzt ganz nah,
und weisst nicht mal, wie er heißt.“

singt Biggi Wanninger, die Präsidentin der Stunksitzung. Da ist was dran. Auf der anderen Seite ist Schunkeln selbst für die unrhythmischsten Zeitgenossen die ideale Bewegung, weil man rechts und links eingehängt in den Rhythmus gezwungen wird. Ob man will oder nicht.

Und am Ende ist es dann doch immer schön, gemeinsam zu schunkeln. 


Das Motto der Sesiion 2022/23 lautet: Ov krüzz oder quer
Das Motto der Sesiion 2022/23 lautet: Ov krüzz oder quer

Session

Die wichtigste Zeit in Kölle, vgl. auch „5. Jahreszeit“. Mit Session wird gesamte Karnevalszeit bezeichnet, diese beginnt offiziell am 11.11. und endet an Aschermittwoch. Allerdings wird in der Praxis nur rund um den 11.11. und ab Anfang Januar gefeiert – wir sind in Köln immer noch rheinisch-katholisch und feiern auch Weihnachten.


Für jeden etwas dabei: Karnevalssitzungen in Kölle
Für jeden etwas dabei: Karnevalssitzungen in Kölle

Sitzung

Die kölschen Sitzungen sind das Herzstück des Karnevals – egal, ob sie als Prunk- oder Stunksitzung daherkommen.

Früher, bis etwa Mitte der 1980er Jahre, war es ganz einfach, wenn man zu einer Karnevalssitzung wollte: Frack oder Abendkleid anziehen und ab zur Prunksitzung im Gürzenich oder im Kostüm zu einer der zahlreichen Pfarrsitzungen im Gemeindesaal im Veedel.

Heute ist (gottseidank!) das Angebot an Karnevalssitzungen viel breiter gefächert. Und es gibt für nahezu jeden Geschmack das passende Format. Erstaunlich: Egal wie alternativ die Sitzungen auch sind, das Grundgerüst einer „klassischen“ Sitzung mit Präsident oder Präsidentin, einer Abfolge von Nummern wie in einer Revue, bleibt bestehen. Lediglich ein oft sehr steifer  Elferrat und die endlose Begrüßung der Ehrengäste gehören zum Glück heute fast immer der Vergangenheit an.


Drunter immer "Spetzebötzje"! Bild: Festkomitee Kölner Karneval
Drunter immer „Spetzebötzje“! Bild: Festkomitee Kölner Karneval

Spetzebötzje

Das Spetzebötzje ist eine mit Spitzen besetzte Unterhose und ein wichtiges Kleidungsstück der Funkemariechen. Aber Vorsicht: Nicht alle, die Spetzebötzje tragen, sind weiblich. So lautet es in dem Lied „Su läuft dat he“:

„Un Spetzebötzje drät bei uns sujar dä Kölsche Jung.“


Handgemachte Musik von einem Spillmanszoch, Bild: Festkomitee Kölner Karneval
Handgemachte Musik von einem Spillmanszoch, Bild: Festkomitee Kölner Karneval

Spillmannszoch

Ohne Musik kein Karneval. Und am schönsten ist die „handgemachte“ Musik der Spielmanszüge. So ist kein Aufmarsch der Traditionskorps ohne Spillmanszoch denkbar. Und an Rosenmontag laufen etwa 70 Spielmanszüge im Zoch mit.


Sternmarsch

Der Sternmarsch ist eine eher neue Erfindung – aber bereits Tradition in Kölle. Schon seit 1998 ziehen viele Karnevalsvereine an Karnevalsfreitag sternförmig aus ihren Veedeln zum Alter Markt und feiern dort gemeinsam.


Rote Funken beim "wibbeln", Bild: Uli Kievernagel
Rote Funken beim „wibbeln“, Bild: Uli Kievernagel

Stippeföttche / wibbele

Wenn man Männer sieht, die ihre Hintern aneinander reiben, weiß man, dass man in Köln angekommen ist. Der traditionelle Tanz der Funken nennt sich „Stippeföttche“, weil das „Föttchen“ (der Hintern) dabei hervorstippt (hervorsteht). Die Tätigkeit des Aneinanderreibens selber bezeichnet man als „wibbeln“.

Der Ursprung dieses seltsam anmutenden Spektakels liegt in der Verhöhnung des ungeliebten preußischen Militärs. Besonders schön ist es, wenn dabei dann das Lied „Ritsch, ratsch – de Botz kapott“ gespielt wird.


Traditionell bekommen die Polizisten, die am Zugweg stehen, reichlich Strüßjer, Bild: Festkomitee Kölner Karneval
Traditionell bekommen die Polizisten, die am Zugweg stehen, reichlich Strüßjer, Bild: Festkomitee Kölner Karneval

Strüßjer

Genau wie die Kamelle ein Grundbestandteil des Wurfmaterials in den Karnevalszügen. Wobei das Strüßje (eigentlich ein kleiner Blumenstrauß, in der Praxis aber eher ein einziges Blümchen mit etwas grünen Blättern drumherum) im Gegensatz zu den Kamelle sehr zielgenau dem Empfänger zugeworfen oder gegeben wird. Und dann bedankt man sich mit einem Bützje dafür.


Ein stolzes Dreigestirn mit Prinzenführer, Bild: Norbert Bröcheler
Ein stolzes Dreigestirn mit Prinzenführer, Bild: Norbert Bröcheler

Tolitäten

Prinz, Bauer und Jungfrau aus dem Dreigestirn werden auch „Tolitäten“ genannt.


Eines der neun Kölner Traditionskorps: Die Nippeser Bürgerwehr
Eines der neun Kölner Traditionskorps: Die Nippeser Bürgerwehr

Traditionskorps

Erst wenn man Mitglied in einem Kölner Traditionskorps ist, steht man in der Domstadt (vermeintlich) an der Spitze der Gesellschaftspyramide. Zu den aktuell neun Traditionskorps gehören:

  • Roten Funken,
  • Blauen Funken,
  • Ehren Garde,
  • Prinzen-Garde,
  • Altstädter,
  • Nippeser Bürgerwehr,
  • Bürgergarde „blau-gold“,
  • K.G. Treuer Husar und das
  • Reiterkorps Jan von Werth.

Der Titel „Traditionskorps“ kann nur durch den Präsidenten des Festkomitees vergeben werden.


Das Trifolium: Prinz Bauer und Jungfrau mit dem Prinzenführer, Bild: Norbert Bröcheler
Das Trifolium: Prinz Bauer und Jungfrau mit dem Prinzenführer, Bild: Norbert Bröcheler

Trifolium

Trifolium stammt aus dem lateinischen (tres „drei“ und folium „Blatt“) und ist ein anderer Begriff für das Dreigestirn.


Auch die Roten Funken sind jeck, wenn et Trömmelche jeiht., Bild: Uli Kievernagel
Auch die Roten Funken sind jeck, wenn et Trömmelche jeiht., Bild: Uli Kievernagel

Trömmelchen

Ohne das Trömmelchen (kleine Trommel) geht im Karneval nichts. Das Tömmelchen gibt die Richtung vor. Denn

„Wenn et Trömmelche jeht,
dann stonn mer all parat.
Un mer trecke durch die Stadt,
un jeder hätt jesaat: Kölle Alaaf!“


Der Tusch hat schon so manchen Büttenredner gerettet!
Der Tusch hat schon so manchen Büttenredner gerettet!

Tusch

Die Rettung für jeden Büttenredner. Beim Tusch lachen selbst die Besucher einer Sitzung, die keinen Witz verstanden haben. Und umgekehrt rettet der Tusch auch den größten Witz-Rohrkrepierer. Beim tä tä tä wird gelacht. Basta.

Die richtig guten Saalkapellen, wie zum Beispiel das Orchester Helmut Blödgen oder das Orchester Markus Quodt, sind auch in der Lage, blitzschnell ein paar Takte eines zum Witz passenden Karnevalslieds zu spielen und verschaffen so dem Büttenredner eine kleine Verschnaufpause.


Unverzichtbar: Wagenengel beim Rosenmontagszug, Bild: Slick, CC0, via Wikimedia Commons
Unverzichtbar: Wagenengel beim Rosenmontagszug, Bild: Slick, CC0, via Wikimedia Commons

Wagenengel

Wenn die Züge durch die Orte laufen, ist es immer eng. Zur Sicherheit für alle laufen daher die „Wagenengel“ mit. Mindestens zwei Engel je Seite, in der Regel aber zwei je Achse des Karnevalswagens inkl. Zugmaschine, sorgen dafür, dass niemand zu Schaden kommt und keine Kinder bei der Jagd auf Kamelle unter die Wagen kommen.


Ein (gottseidank) aussterbendes Relikt: Der Weinzwang auf Karnevalssitzungen, Bild: Martin.k via Wikimedia Commons
Ein (gottseidank) aussterbendes Relikt: Der Weinzwang auf Karnevalssitzungen, Bild: Martin.k via Wikimedia Commons

Weinzwang

Wer gerne überteuerten und nicht besonders guten Wein oder gar eine „Kalte Ente“ (eine Mischung aus Sekt, Weißwein und einer ausgepressten Zitrone) mag, ist auf den klassischen Sitzungen im Sartory, Gürzenich oder Maritim gut aufgehoben. Denn in diesen Sälen herrscht der sogenannte „Weinzwang“ – es gibt schlichtweg kein Kölsch. Angeblich, weil es durch die fortlaufende Nachversorgung mit Kölsch zu viel Unruhe im Saal geben würde. Tatsächlich aber eher aus wirtschaftlichem Kalkül, weil so ein einziger Kellner mehr Tische bedienen kann.

Die Folge: Die durstigen Trinker halten sich auch während der Sitzung lieber im Foyer auf, weil dort Kölsch ausgeschenkt wird. Gottseidank ist der Weinzwang aber ein aussterbender Dinosaurier – immer öfter werden Pittermännchen ausgegeben.


In Bonn-Beuel wurde Weiberfastnacht "erfunden", Bild: Förderverein Beueler Weiberfastnacht e.V.
In Bonn-Beuel wurde Weiberfastnacht „erfunden“, Bild: Förderverein
Beueler Weiberfastnacht e.V.

Wieverfastelovend

Wieverfastelovend ist Weiberfastnacht und wird außerhalb Kölns auch als Aalwiewer, Fettdonnerstag, Schwerdonnerstag, Weiberfasnet, Weiberfasching, oder „Schmotziger Dunschtig“ bezeichnet. Egal wie man diesen Tag auch nennt, es handelt sich immer um den Donnerstag vor Rosenmontag. An diesem Tag beginnt der Straßenkarneval und es laufen bereits die ersten Karnevalszüge wie zum Beispiel der Jan von Werth-Zoch in Köln.

So schwer es den Kölner auch fällt – „erfunden“ wurde dieser Tag einige Kilometer rheinaufwärts in Bonn-Beuel. Im Jahr 1824 übernahmen die Beueler Waschfrauen an diesem Tag in einer Revolte das Regiment. Statt zu arbeiten legten die Waschfrauen für einen Tag die Arbeit nieder und feierten Karneval. Und seit 1958 gibt es dann auch eine Repräsentantin: Die „Wäscherprinzessin“.

Der weibliche Einfluss tut dem Karneval gut. So ist der „offizielle Karneval“ auch heute noch ein stark männlich dominiertes Fest. Ich schließe mich den hier den Beueler Waschfrauen an:

Frauen, wie wär’s mit etwas mehr Weiberfastnacht-Power im Alltag? Die Männer könnten es gut gebrauchen.

In Zeiten, in denen so viel über das Rollenbild der Frauen diskutiert wird, ist die Weiberfastnacht doch so etwas wie die Entdeckung der Frauenpower. An Weiberfastnacht übernehmen die Frauen das Ruder, die Macht und geben sie erst dann wieder ab, wenn ihnen danach ist. Weiberfastnacht ist gelebte Emanzipation. Und die Männer wissen ihr nichts entgegenzusetzen – weil sie nicht wollen, weil ihnen die Hände gebunden sind, weil sie dem Charme der Wiever nichts entgegenzusetzen haben.1Quelle: Website der Beueler Waschfrauen https://waescherprinzessin.com/


Alle Teile der Serie „Kölsche Karnevalsbegriffe von A-Z“:


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