E Lappöhrche: Cash in de Täsch! Bild: Bild Alexa, Pixabay
Wer bei „Lappöhrche“ an ein kleines, flauschiges Kaninchen denkt, liegt vollkommen falsch. Wenn der Kölsche ein Lappöhrche macht, dann verdient er sich ein paar Euros nebenbei. Und „nebenbei“ ist hier wörtlich zu verstehen: Selbstverständlich soll das Finanzamt nichts von dem Lappöhrche erfahren.
Ausnahmsweise hilft in diesem Fall der Blick in den Wrede nur bedingt weiter. Dort wird das Lappöhrche wie folgt erklärt:
„Verniedlichung zu Lappohr (langes Ohr). Flickstück oder Lederstück in halbrunder, länglich runder, einem Ohr oder Öhrchen ähnlicher Form, wie es Schuster beim Ausbessern des Schuhwerks gebrauchen, übertragen auf solche Flickarbeit oder Kleinarbeit, verallgemeinert als Kleinigkeit. Die … Ableitung von französisch „labour“ ist Unsinn.“
Deutliche Worte des Sprachpapstes. Allerdings wird dieses Wort heute nicht mehr in dem Sinne von „Kleinigkeit“ verwendet. Dies hat meine beliebte Thekenumfrage eindeutig festgestellt. Alle kennen das Lappöhrche, aber angeblich macht es keiner. Zumindest bei meiner kleinen Umfrage wollte sich keiner offen outen: „Wehe du schreibst, dass deine Thekenkumpels Geld nebenbei machen!“
Der SPIEGEL berichtet davon, dass neun von zehn Haushaltshilfen schwarz arbeiten – sie machen ein „Lappöhrchen“.
Beim Lappöhrche geht es um Schwarzarbeit
Tatsächlich geht es beim Lappöhrche um glasklare Schwarzarbeit. Und wenn man sich die Statistik ansieht, ist das erheblich: Gemäß dem Statistik-Portal „statista“ wird für das Jahr 2023 ein Umfang der Schattenwirtschaft in Deutschland in Höhe von rund 433 Milliarden Euro prognostiziert. Das sind immerhin satte 10% der gesamten Wirtschaftsleistung.
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Stadt Köln belief sich im Jahr 2020 auf rund 62,7 Milliarden Euro. Wenn man davon ausgeht, dass auch Köln den Schwarzarbeitsanteil von 10% erreicht, macht das 6,2 Milliarden Euro. Nur in Köln!
Wenn man sich kennt, ist es natürlich wesentlich einfacher, nebenbei Geschäfte abzuwickeln. Der „Kölsche Klüngel“ lässt grüßen. So ist es auch kein Zufall, dass die Höhner in ihrem Lied „He triff sich Jott un de Welt“ über den Kölner Gürzenich, Köln wichtigsten Veranstaltungssaal, singen:
En dir wed jefiert, jedanz un jelaach
un su manch Lappührche jemaat.
Und jedem ist klar: Wer bei der der alljährlichen Prinzenproklamation im Gürzenich ohne ein kleines Geschäft (nebenbei) zu machen aus dem Saal geht, hat den Sinn dieser Veranstaltung nicht begriffen.
Vielfältige Übersetzung
Während bei so vielen kölschen Wörtern oft eine eindeutige Übersetzung nicht möglich ist, verhält es sich bei dem Lappöhrche genau anders. Hier kursieren fast unendlich viele Übersetzungen wie „sehr ausgedehnte Nachbarschaftshilfe“, „jet nevenbei verdiene“ oder „Ein nicht immer ganz transparenter Nebenverdienst.“
Die schönste Übersetzung aber kommt von Harald van Bonn. Der Betreiber der sehenswerten Website „Kölsche Musik“ bezeichnet das Lappöhrche als
„Die Negierung eines Unterschieds
zwischen Netto und Brutto.“
Speimanes, der mit der feuchten Aussprache, Bild: Hänneschen-Theater
Viel Spaß mit dem fünften Teil „Kölsche Schimpfwörter“. Alle Teile findet ihr hier: Kölsche Schimpfwörter.
Schandmul
Ein „Schandmaul“ ist jemand, der schlecht über andere Menschen spricht.
Schaute
Adam Wrede definiert Schaute als „fahriger, läppischer kopfloser Mensch“. Der Ursrpung des Wortes liegt wohl im jiddischen „s(ch)ote = dumm oder töricht“.
Schluffe
Ein Schluffe ist ein Pantoffel. Und ein als „Schluffe“ bezeichneter Mensch steht unter genau diesem. Es handelt sich also um einen unselbständigen, oft langweiligen Menschen.
Schroppsüffer
Jeder kennt so einen: Erst bei jeder Runde mittrinken, aber wenn man selber dran ist, mal einen auszugeben, ganz klammheimlich verschwinden.
Schwaadlappe, Schwaadschnüss
Zugegeben, der Kölsche redet gerne und viel – hä schwaad halt jähn. „Schwaade“ steht für schwätzen, reden. Deswegen verwundert es, wenn ausgerechnet dieser Begriff als Schimpfwort gebraucht wird. Der Schwaadlappe bzw. die Schwaadschnüss („Schnüss“ ist der Mund) ist allerdings ein Mensch, der ohne Sinn und Verstand redet. Und das ständig und immer.
Schwemmbotz
Ein sehr neues Schimpfwort. Die „Schwemmbotz“ ist eine Badehose. Als allgemeingültiges, fast schon liebevoll, gemeintes Schimpfwort ist damit ein unbeholfener Mensch gemeint.
Speimanes, der mit der feuchten Aussprache, Bild: Hänneschen-Theater
Speimanes
Wenn jemand eine etwas feuchte Aussprache hat, dann „speit“ dieser. Herrlich und politisch vollkommen inkorrekt ist die Darstellung einer solchen Person im Hännneschen.
Der „Speimanes“ (mit bürgerlichen Namen Hermann Speichel) stottert, hat einen Buckel und spuckt, insbesondere beim „B“ und beim „P“. Und dann ist dieser arme Kerl bei der Puppensitzung dafür zuständig, die hauseigene Blutwurst des Hänneschen-Theaters jedem Künstler nach dessen Auftritt wieder abzunehmen. Speimanes wird im Theater von dem Puppenspieler Charly Kemmerling gespielt. Der sagt über seine Figur „Ne kölsche Quasimodo zom jänhan“.
Spidolsjeck
Der Spidolsjeck ist wie jeck auf das Krankenhaus, es handelt sich um einen Simulatenen, der nur glücklich ist, wenn er krank ist und auch davon erzählen kann.
Folgerichtig lautet es auch in einem Lied „Spidolsjeck“ von „The Piano has been Drinking“:
„Kumm mer bringe Blömche nohm Spidolsjeck, Dä süht jet blass us Sick Hä nur Weihwasser drink“
Strunzbüggel
Mein Haus, mein Boot, mein Auto … Angeber gibt es überall. Der Kölsche nennt diese Menschen „Strunzbüggel“ von „strunzen“, was angeben oder prahlen bedeutet. Besonders schön ist in diesem Zusammenhang der Begriff „Strunzläppche“ für das Einstecktuch eines Herrenjackets – su jet bruche nur Strunzbüggel! Der Kölsche spricht aber auch von „strunzdoof“, wenn jemand einfältig ist.
Treppejeländer
Vom Wortsinn her „nur“ ein Treppengeländer. Aber kombiniert mit „affjerötsch“ wird daraus das „affjerötsch Treppejeländer“. Damit wird eine ungepflegte Person mit alter, unsauberer Bekleidung bezeichnet.
Tronedier
„Trone“ sind Tränen, ein „Dier“ ist ein Tier. Macht also „Tränentier“ und beschreibt einen Menschen, der eher langweilig ist und sich zu nichts aufraffen kann.
Früher eine berüchtigte Bordellmeile mit vielen Trottewarschwalve, heute bevorzugtes Wohngebiet: Im Stavenhof, von den Kölner „Stüverhoff“ genannt, Bild :Uli Kievernagel
Trottewarschwalv
Köln war und ist eine der führenden Städte in Sachen Prostitution. Mit dem „Pascha“ steht auch Europas größtes Bordell in Köln. Die Trottewerschwalv ist eine Prositutierte, die wie eine Schwalbe den Bürgersteig, Trottoir, auf der Suche nach möglichst zahlungskräftigen Freiern entlangflattert.
Trööt
Wenn jemand nicht aufpasst und etwas schusselig ist, wird er gerne als „Trööt“ bezeichnet. Dabei ist die „Trööt“ eigentlich eine Trompete.
Trumm
Die „Decke Trumm“ gibt im Karneval den Takt vor. Und wenn jemand eine Trumm vor sich herträgt, kann damit auch der dicke Bauch gemeint sein.
Tünnes, mit bürgerlichen Namen Anton Schmitz, ist gutmütig, hilfsbereit und ein einfach gestrickter Charakter, Bild: Hänneschen-Theater
Tünnes
Im kölschen Duo „Tünnes und Schäl“ ist der Tünnes (anders als der Schäl) nicht hinterhältig, sondern eher gutmütig, hilfsbereit und einfach. Allerdings nicht dumm, sondern humorvoll und mit einer gewissen Bauernschläue gesegnet. Deswegen ist das vermeintliche Schimpfwort „Du Tünnes“ auch eher liebevoll gemeint.
Tütenüggel
Ein Tolpatsch, ein unreifer, ungeschickter Mensch. Das Wort stammt von „an der Brust nuckeln“, meint also eigentlich einen Säugling. Schön, aber nicht verifiziert, ist die Erklärung, dass der Begriff aus der französischen Besatzungszeit stammt. Die Kölner verhöhnten die französischen Soldaten als Tütenüggler, weil diese angeblich gerne an Brüsten ihrer Liebhaberinnen nuckeln würden.
Verdötscht
Eine „Dötsch“ ist eine Beule. Folglich ist „verdötscht“ verbeult – auch in geistiger Hinsicht. Wenn der Kölsche zu jemanden sagt „Do bes verdötscht“ dann meint er – nicht ganz ernst – „Du bist bekloppt.“.
Als „Ne Verdötschte“ machte sich Karl Küpper auf Kölns Karnevalsbühnen auch über die Nazis lustig.
Vollüül
„Voll wie ´n Üül“ – also ein betrunkener Mensch. Dabei ist ungeklärt, wieso hier gerade Bezug auf eine Eule „Üül“ genommen wird. Ich habe noch nie eine besoffene Eule gesehen.
Wannläpper / Wennläpper / Wängläpper
Die Wannläpper waren Wanderarbeiter. Ähnlich wie die Kesselflicker flickten diese die „Wannen“ der Bauern: Aus Korb geflochtene Behältnisse, mit denen nach dem Dreschen die Spreu vom Weizen getrennt wurde. Diese Wanderarbeiter waren wohl eher raue, einfache Kerle und wurden als unehrlich und streitlustig angesehen. Folglich war „Die zänke wie die Wannläpper“ durchaus abwertend gemeint. Übrigens: Das Wort „Wanne“ stammt vom lateinischen vannus ab. Dieser Begriff hat als Bezeichnung für ein Behältnis überdauert – heute ist damit in der Regel in die Badewanne gemeint.
Rote Funken beim „wibbeln“, Bild: Uli Kievernagel
Wibbelstätz
Wenn die großen Traditionscorps wie z.B. die Roten Funken ihren Traditionstanz „Stippeföttche“ aufführen, dann wibbeln diese. Dabei stellen sich jeweils zwei dieser gestandenen Herren Rücken an Rücken auf und reiben die Hintern aneinander. „Wibbeln“ kann mal also mit „hin und her rutschen“ übersetzen. Der Wibbelstätz ist dementsprechend ein unruhiger Mensch, ein Zappelphlilip.
Windbüggel
Viel drum herum und wenig drin – ein Windbeutel halt. Jemand, der sich genauso aufgeblasen gibt wie das gleichnamige Gebäck, dabei aber wenig Substanz hat.
Der Schäl, ein listiges Schlitzohr, Bild: Hänneschen-Theater
Heute geht es in der Reihe „Kölsche Schimpfwörter“ um alles zwischen Nöll und Sackjeseech. Alle Teile der Serie findet ihr hier: Kölsche Schimpfwörter.
Nöll
Bitte nicht verwechseln: „Nöll“ ist sowohl die kölsche Bezeichnung für den Vornamen Arnold und gleichzeitig auch ein Wort für Nase. Wenn ein Mensch über eine besonders große Nase verfügt, wird er Nöll gerufen. Spannend wäre es, einen Arnold mit einer ganz besonders großen Nase zu treffen.
Nöttelefönes
Ein kleinlicher Mensch, der an allem rumnörgelt. Das entsprechende Adjektiv lautet nöttelich.
Der Neumarkt – eine verkehrsumtoste Insel in der Stadt, Bild: Raimond Spekking
Nümaatskraat
Mit „Nümaat“ ist der Kölner Neumarkt gemeint. Mit „Krat“, „Kraat“ oder „Krad“ bezeichnet der Kölner eine Kröte. Der Nümmaatskraat ist ein Mensch, der sich (bevorzugt am Neumarkt) herumtreibt um zwielichtigen Geschäften nachzugehen. Eng verwandt sind die Begriffe „Nümaatsbroder“ für einen faulen, arbeitsscheuen Menschen und „Nümaatsflitsche“ für eine Umhertreiberin.
„Su e Bützche vun ´nem Nützche,
Jung dat schmeck wie Appeltaat“
Das hier beschriebene Nützje ist ein attraktives Mädchen. Insofern taugt Nützje nur bedingt als Schimpfwort.
Ömstandskriemer
Und wieder wartest du weitere zehn Minuten, weil sich der Ömstandskriemer mal wieder nicht entscheiden kann, ob er mit oder ohne Regenschirm rausgeht. Es geht also um jemand, der um alles Umstände macht, der kompliziert ist. Ein Umstandskrämer halt.
Ein Pattevugel ist eigentlich ein Papierdrachen. Bild: Ecinazuz, Pixabay
Pattevugel
Ein (Papier-)Drache ist ein Pattevugel. Und wenn ein Mensch, ähnlich wie ein Drachen, mit weiten Gewändern hereinschneit, (das betrifft gerne ältere Tanten) wird auch dieser zu einem Pattevugel.
Peffernas
Menschen, die sich für etwas Besseres halten, nennt der Kölner „Pfeffernase“. Das gilt natürlich ganz besonders für die Menschen in dem Dorf mit D, nördlich von Köln.
Pimock
Ein eigentlich abwertend gemeinter Ausdruck für Ausländer oder Fremde. So wurden im Rheinland die Flüchtlinge nach dem 2. Weltkrieg „Pimocke“ genannt. Doch – ähnlich wie beim Begriff „Krade“ scheint sich die Bewertung zu drehen.
So lautet eine Zeile der kölschen Hymne „Unser Stammbaum“ „Un ich wor ne Pimock, hück laach ich met üch met.“
„De Plaat“: Jürgen Zeltinger, Bild: Raimond Spekking
Plaatekopp
Eher ein Zustand als Schimpfwort. Die „Plaat“ beschreibt eine Glatze. Folglich ist ein Plaatekopp jemand ohne Haare. Köln berühmteste (und zeitweilig auch berüchtigste) „Plaat“ war Jürgen Zeltinger, Schöpfer so schöner Lieder wie „Asi mit Niwoh“ oder „Mallorca, Sommer, Sonne, Herzinfarkt“.
Plackfissel
Mit „Plack“ sind Ausschlag, Schorf oder sonstige Hautunreinheiten, z.B. Herpes, gemeint. Das Wort hat eine Renaissance durch die Jugendsprache erfahren. Der Ausdruck „Da krieg ich Plack von.“ steht für Ekel und Abscheu. Der Begriff Plackfissel wird übergreifender verwendet und steht für einen ungepflegten, ungewaschenen Menschen.
Sackjeseech
Eines meiner Lieblingsschimpfwörter. Hier passt alles rein. Ein „Sackgesicht“ kann ein hässlicher, ein unangenehmer, ein missgünstiger oder ein einfach ein widerlicher Mensch sein. Das Wort passt immer.
Eine wunderbare Umschreibung dieses Typs Mensch liefert Gerd Köster mit seinem Song „Sackjeseech“. Besonders schön ist der Plural in der dritten Strophe:
„Un ding Frau es och e Sackjeseech,
un ding Kinder sin och Sackjeseechtere.“
Schäl
Damit ist „schielen“ gemeint. Gleichzeitig bedeutet der Ausdruck aber auch „falsch“ oder „unredlich“. Und das trifft auf einen der Protagonisten im Hänneschen Theater zu: Der „Schäl“ schielt, ist oft hinterhältig und versucht andere zu seinem eigenen Vorteil zu hintergehen.
Gesungen klingen diese Wörter übrigens noch besser. Hört mal rein in den „Kölschen Explezeer“ von Toni Steingass.
Kniesbüggel
Ein Geizhals. Der Begriff „Knies“ beschreibt eigentlich Dreck. Der Begriff stammt von ungepflegten, dreckigen Menschen, die zu geizig waren, Geld für ihre Sauberkeit auszugeben. Wird heute aber nur noch für geizige Menschen verwendet. Daher stammt auch das Wort „kniestich“ für geizig.
Klüttebuur
Die Klütte ist ein Stück gepresste Kohle, besser bekannt als Brikett. Der „Buur“ ist eigentlich ein Bauer. Gemeint ist hier aber der Torfstecher. Da diese Arbeit eher körperlich als geistig anstrengend ist, wird mit Klüttebuur ein einfältiger Mensch bezeichnet.
Knubbelfutz
Ähnlich wie „Föttche aan d´r Äd“ handelt es sich bei dem Knubbelfutz um eine kleine, oft gedrungene Person. Allerdings kann, insbesondere bei Kleinkindern, der Begriff auch verniedlichend angewendet werden: „Luur ens, es dat nit en klein Knubbelfutz.“
Knüselskopp
Ein knüselicher Mensch ist ein dreckiger, ungepflegter Zeitgenosse. Knüsel beschreibt, genau wie Knies, klebrigen Dreck. Wird gerne auch als Schimpfwort in der Form „knüsselije Pitter“ verwendet, egal, ob die damit bezeichnete Person tatsächlich Pitter (also Peter) heißt oder nicht.
Kötter
Wenn der Kölsche „köttet“, dann bittet er jemanden um etwas. Somit ist kötten eigentlich ein Begriff für betteln, allerdings ein etwas feinerer Begriff. Die einhellige Meinung der Kölschen in meiner Nachbarschaft: Wer köttet, der ist nicht so penetrant.
Kotzkümpsche
… ist die fast schon niedliche kölsche Umschreibung eines echten Kotzbrockens.
Eines der vielschichtigsten kölschen Schimpfwörter. Das Kölsch-Lexikon der Akademie för uns kölsche Sproch übersetzt das Wort mit „Kradepack“ kurz und knapp mit „Pöbel“. Im Wrede (das renommierte Kölsch-Lexikon) ist Krad auch ein Schimpfwort. Allerdings hat sich Bedeutung heute geändert, wie auch meine nicht repräsentative Thekenumfrage ergeben hat.
Krönzel, oder Knurschele, Bild: Annamartha / pixelio
Krönzel
Eine Krönzel ist eigentlich eine Stachelbeere. Als Schimpfwort verwendet ist eine zimperliche Person gemeint, also eine Zimperliese oder Mimose.
Kühmbroder
Der „Kühmebroder“ ist den ganzen Tag nur am jammern und beschwert sich über Gott und die Welt. Das Wort „kühmen“ bedeutet eigentlich „seufzen“. Daher kann sich bildhaft vorstellen, wie der Kühmbroder immer und zu jeder Gelegenheit laut kühmt „Nä – fröher wor alles besser.“
Külkopp oder Küleskopp
Külkopp ist eine Kaulquappe. Und diese zeichnet sich durch einen überdimensionierten Kopf aus. Übertragen auf den Menschen ist der Külkopp ein eigensinniger Dickkopf.
Labberitz
Ein Dummkopf und törichter Mensch. Adam Wrede bezieht sich hier auf die Körperhaltung des Beschimpften: „Schelte auf einen lang aufgeschlossenen Menschen mit schlaffem, schlodderigen Gang und lässigfer Haltung.“
Labbes
In der Regel als „Lange Labbes“ verwendet, bezeichnet Labbes eine einfältige Person, die eher schlicht im Kopf ist.
Lällbeck
Dieses schöne Wort wird heute leider nicht mehr so oft verwendet. Gemeint ist jemand, der zwar keine Ahnung hat, aber trotzdem mitreden will. Ein anderes, gängigeres kölsches Wort für solche Menschen ist „Schwaadlappe“
Lötschendötsch
Das Lieblingsschimpfwort von Schwester Antonia. In der hochdeutschen Übersetzung könnte man „Blödmann“ oder „Dummkopf“ sagen. Allerdings, so Schwester Antonia, hat Lötschendötsch „in seiner kölschen Form noch einen sympathisch-liebkosenden Unterton und lässt den Angesprochenen nicht verzweifelt zurück.“
Lotterbov
Wer in den Tag rein lebt und zu Streichen aufgelegt ist, ist ein Lotterbov – ein eher liebenswürdiger Taugenichts.
Nach dem Krieg wurde mit Zigaretten gemaggelt, Bild: Bundesarchiv / CC-BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Maggeler
Mit „maggeln“ beschreibt der Kölner die Fähigkeit, zumeist illegale Geschäfte abzuwickeln. Somit haftet „maggeln“ in Köln etwas illegales an. Dabei stammt das Wort von „makeln“ ab und meint somit „vermitteln“ bzw. „Geschäfte vermitteln“. Also eine durchaus legale Tätigkeit. Für den Kölschen aber ist die Sachlage eindeutig: Der Makler als Vermittler von Geschäften ist ein ordnungsgemäßer Händler, der „Maggeler“ hingegen ist der Schwarzhändler.
Möhn
Ursprünglich ist die „Möhn“ die Tante mütterlicherseits. Der Begriff leitet sich von „Muhme“ (Mutterschwester) ab. Heute werden als „ahl Möhn“ alte Frauen bezeichnet.
Der Geizige rafft alles für sich und will nichts abgeben, Bild: Allegorie des Geizes (Jakob Matham, ca. 1587), public domain, via Wikimedia Commons
Mömmesfresser
Etwas eklig: Dem Mömmesfresser wird nachgesagt, dass er so geizig ist, dass er lieber seine eigene Mömmesse (Popel) isst als sich etwas zu gönnen. Ein Geizhals also.
Möpp
Eine Schimpfwort-Allzweckwaffe. Mit „Möpp“ wird ein Hund bezeichnet, als „fiese Möpp“ kann man alles und jeden bezeichnen, der einem nicht gefällt.
Muuzepuckel oder Mutzepuckel
Du willst feiern – aber einer macht die ganze Stimmung kaputt. Der ist der Muuzepuckel, also ein Nörgler oder Zankteufel. Wenn jemand (ständig) schlecht gelaunt ist, dann ist diese Person muuzich und man will eigentlich nichts mit ihr zu tun haben.
Fünf Asse auf der Hand? Vorsicht, hier ist ein Fuuteler unterwegs!
Nachdem wir bereits die Schimpfwörter von Aaapefott bis Flabes kennengelernt haben, widmen wir uns heute den Föttchesföhlern, der Klävbotz und der Klaafschnüss. Alle Teile der Serie findet ihr hier: Kölsche Schimpfwörter.
Föttchesföhler
Eigentlich ein viel zu schönes Wort für eine sehr unappetitliche Sache. Es handelt sich hier um einen Grabscher, der gerne Frauen anpackt. Mit dem „Föttche“ ist der (weibliche) Po gemeint.
Föttche aan d´r Äd
Ein äußerst „sprechendes“ Schimpfwort: Das Föttche ist das Gesäß, die Äd ist die Erde. Folglich handelt es sich bei einer so bezeichneten Person um jemanden, der das Gesäß nah am Boden trägt, also klein ist.
Johann Arnold Klütsch, genannt „Fressklötsch„, um 1834, Portait von Simon Meister, aus dem Buch „Kölsche Originale“, Reinhold Louis, Greven Verlag Köln, 1985
Jemand, der regelmäßig zu viel isst, wird Fressklötsch genannt. Pate stand hier das Kölsche Original Johann Arnold Klütsch.
Fuuteler
Wenn jemand, in der Regel bei einem Spiel, betrügt oder mogelt, dann fuutelt er und ist somit ein Fuuteler.
Halvjehang
Wenn einem die Klamotten am Körper wie ein Sack herunterhängen und man den Eindruck hat, die Person hat schon einmal halb am Galgen gehangen, dann handelt es um en Halfjehang.
Nette Ganoven: Die ehemalige kölsche Band Hanak, Bild: HANAK, https://www.hanak-live.de/
Hanak
Ein Hanak ist liebevoll gemeint ein Spitzbube. Es kann sich aber auch, je nach Zusammenhang, um einen Gauner handeln. Die kölsche Band Hanak orientierte sich eher an der ersteren Variante. Nette Halunken halt.
Herringsbändijer
Wenn jemand es gerade mal schafft, einen Hering zu bändigen, dann handelt es sich um einen kraftlosen, antriebslosen Menschen.
Ein „Hipp“ ist eine Ziege – oder eine eher hagere und nicht wirklich attraktive Person, congerdesign, Pixabay
Hipp
„Hätt kromme Bein, die Hipp vüm Nüümaat
En Hokenas, en platte Hühnerbruss
Ich ben doch mindestens dubbelt esu schön wie dat“
so lautet es in dem Lied „Hipp vüm Nüümaat“ von Trude Herr. Und damit ist eigentlich fast alles gesagt. Tatsächlich ist „Hipp“ der Begriff für eine Ziege. Und die als „Hipp“ bezeichnete Frau ist eine eher hagere und nicht wirklich attraktive Person.
Huddeler
Wer „huddelt“ leistet nachlässige, unordentliche Arbeit.
Imi
Eigentlich kein Schimpfwort sondern eher eine Feststellung. Als „Imi“ werden in Köln alle Zugezogenen oder „unechten“ Kölner bezeichnet. Dabei stammt der Begriff nicht von Immigrant ab sondern von „imitiert“. Der Imi versucht also, den Kölner zu imitieren. Zuerst aufgetaucht ist dieser Begriff in dem Lied Sag´ens Blotwoosch von Gerd Jussenhoven:
„Sag´ens Blotwoosch, ich garranteeren der, wer nit richtig Blotwoosch sage kann, dat es ´ne Imi, ´ne Imi, ´ne Imi, ´ne imitierte Kölsche ganz gewess. ´ne Imi, ´ne Imi, ´ne imitierte Kölsche ganz gewess.“
Jööz
Besonders Kinder jööze, damit ist heulen gemeint. Ein Jööz ist demnach ein wehleidiger Mensch oder ein Jammerlappen.
Kabänes
Den Kabänes kann man trinken, dabei handelt es sich um einen Kräuterlikör mit immerhin 30% Alkohol. Als Schimpfwort geht es um einen großen, schweren und breiten Mann, ein “Kabänes vun enem Käl“
Kalventräjer
Der Kalventräjer trägt Kälver, also Kälber, zum Metzger – eine wenig glamouröse Tätigkeit. Folglich ist ein so bezeichneter Mensch eher unbedeutend.
Vor dem Ehrenfelder Neptunbad steht ein Brunnen mit einem „Kappesboor“, der auf einer mit Kohl gefüllten Kiste sitzt. Bild: Superbass, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Kappesboor
Die Bauern, die rund um die Stadt viel Kappes (damit ist Kohl gemeint) in allen möglichen Sorten anbauten und in die Stadt zum Verkauf brachten, wurden zunächst als dörfische Tölpel missachtet. Das änderte sich mit den verschiedenen Stadterweiterungen. Denn auf einmal wurden viele Bauern dank ihrer ausgedehnten Ländereien, die jetzt zur Stadt gehörten, steinreich. Allerdings wussten viele dieser Menschen nicht, wie man sich „städtisch“ benimmt. Daher wurde „Kappesboor“ zum Schimpfwort.
Kesselflecker
Meine Oma sagte immer „Die han sich jezänk wie de Kesselflecker.“ Offensichtlich handelt es sich bei den Kesselflickern um streitbare Menschen. Dabei waren die Kesselflicker nur herumreisende Handwerker, die gegen geringen Lohn kaputte Kessel ausgebessert haben. Allerdings hielten die jeweils ortsansässigen Schmiede die Kesselflicker für Pfuscher. Vielleicht kommt daher auch die Geringschätzung.
Klaafmuul oder Klaafschnüss
Klar: Der Kölner redet gerne, erzählt viel, plaudert rum und tratscht. Diesen Vorgang nennt man „klaafe“. Aber irgendwann wird es auch dem tolerantesten Kölschen zu viel. Dann wird der, der zu viel labert als Kaafmuul oder Klaafschnüss bezeichnet.
Klävbotz
Er sitzt den ganzen Tag in der Kneipe, wie mit der Hose (die „Botz“) an seinem Stuhl festgeklebt. Und er will einfach nicht gehen, auch wenn der Wirt schon dreimal die letzte Runde eingeläutet hat.
Jede Mundart hat ihr jeweils eigenes Repertoire an Schimpfwörtern. So auch die kölsche Sprooch. Von Ähnzebär bis Wibbelstätz – für jede Person und Situation gibt es ein geeignetes Wort. Allerdings sind die meisten dieser Schimpfwörter – so derb sie manchmal auch klingen – oft liebevoll gemeint.
Schwester Antonia zum Beispiel umschreibt ihr Lieblingsschimpfwort „Lötschendötsch“ zum Beispiel so „Es hat in einer kölschen Form noch einen sympathisch-liebkosenden Unterton und lässt den Angesprochenen nicht verzweifelt zurück.“ Schöner kann man es nicht sagen. Werfen wir also einen Blick in das große Repertoire kölscher Schimpfworte. Alle Teile der Serie findet ihr hier: Kölsche Schimpfwörter.
Aapefott
Ein „Aap“ ist ein Affe, die „fott“ ist das Gesäß. Pack beides zusammen und es geht (höflich ausgedrückt) um einen Affenhintern.
Aaschkröffer
Adam Wrede beschreibt den „Arschriecher“ fast noch zurückhaltend als Schmeichler oder Speichellecker. Tatsächlich handelt es sich hier um Mitmenschen, die um ihren eigenen Vorteil willens alles tun. Dazu gehört es auch, in den Allerwertesten zu kriechen, zum Beispiel beim Vorgesetzten.
En „Ähz“ ist eine Erbse. Und so werden auch kleine, rundliche Menschen bezeichnet, Bild goosebumps98 auf Pixabay
Ähz
Eigentlich eine Erbse. Und genau wie eine Erbse ist die so beschimpfte Person klein und rund – ein kleines Dickerchen.
Ähzebär
Der Ähzebär (Erbsenbär) ist ein Karnevalskostüm und verkörpert den Winter. Als Schimpfwort ist damit eine griesgrämige, schlecht gelaunte Person gemeint.
Ähzezeller
Erbsenzähler sind kleinliche, pingelige Menschen, die alles ganz genau nehmen.
Avjebröhte
Ein ganz ausgekochter Mitmensch, der andere eiskalt betrügt.
Babaditzje
Grundsätzlich ist dieses Wort die neutrale bis positive Bezeichnung für ein kleines Kind.“Nä, wat es dat für e lecker Babaditzje“ ist ein typischer Ausdruck der Omas und Opas für ihre Enkel. In Zusammenhang mit einem Erwachsenen ist dabei aber eine Person gemeint, die sich kindisch, unreif, benimmt.
Eine Begine, Bild: Holzschnitt von Matthäus Brandis (1489), CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Bejing
Beginen waren Frauen, die in einer Gemeinschaft ähnlich der eines Klosters lebten, allerdings mit weitreichenden weltlichen Freiheiten und ohne dauerhaft bindende Gelübde. Oft handelte es sich dabei um unverheiratete oder verwitwete Frauen.
Die Skepsis in der Bevölkerung gegenüber den Beginen drückte sich auch in Spruch
„Bejine sin nit wie se schinge.
e ston hinger der Jardinge
un sage: Do hinge, do kütt de Minge.“1Beginen sind nicht wie sie scheinen.
Sie stehen hinter den Gardinen
uns sagen: Da hinten, da kommt der Meinige.
Bellrämmel
Eine durchaus wüste Beschimpfung für einen Menschen, der alles „rammeln“ will.
Bessem
Tatsächlich ein Besen. Und auch eine unangenehme, schroffe Frau.
Die blaue Uniform der protestantischen Preußen hat zum Begriff „Blauköpp“ geführt, Bild: Knötel (1883)
Blaukopp
„Dat sin Blauköpp“ pflegte meine Oma im besten rheinisch-katholischem Selbstverständnis zu sagen. Mit Blauköpp bezeichnet der Kölsche alle Personen, die evangelisch sind. Tatsächlich war die Bezeichnung Blauköpp (also „Blaue Köpfe“) tatsächlich ursprünglich abwertend gemeint. Heute bezeichnen sich die Protestanten selber ausgenzwinkernd als Blauköpp und feiern sogar unter dem Titel „Blauköpp Alaaf“ eine eigene Karnevalssitzung.
Stolz trägt er den Künstlernamen „Dä Blötschkopp“: Marc Metzger, Büttenredner im Karneval, Bild: Elke Wetzig (Elya), CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Blötschkopp
Eine dumme Person, bei der eine „Blötsch“ (eine Delle) am Kopf dafür verantwortlich ist, dass diese Person nicht richtig denken kann.
Bökes
Wenn ein Kind schreit und jammert, dann „bökt“ es. Folglich ist ein Bökes ein kleiner Schreihals, der um jeden Fall die Aufmerksamkeit erreichen will.
Boor
Der Bauer. In dem Zusammenhang als Schimpfwort eine Bezeichnung für einen ungehobelten, ungebildeten Menschen. Aber eigentlich ist der Kölsche ja stolz auf singe „Boor“, der auch im Dreigestirn als der „Kölsche Boor“ die Wehrhaftigkeit der Stadt verkörpert.
Botzedresser
Ein Hosenscheisser, also jemand, der sich schnell vor Angst in die Hosen macht.
Büggel
Ein Büggel ist ein Beutel, eine Tasche. Sobald aber jemand als „ahle Büggel“ (alter Beutel) bezeichnet wird, meint man damit einen unangenehmen Menschen, mit dem man eigentlich nichts zu tun haben will.
Büggelschnigger
„Büggel“ ist der Beutel, „schniggen“ bedeutet schneiden. Als „Beutelschneider“ wurden Diebe bezeichnet, die den Geldbeutel, der früher mit einem Riemen am Gürtel befestigt wurde, abschnitten. Heute meint man damit aber keinen Dieb, sondern jemanden, der zu teure Waren verkauft, also einen Wucherer.
Dillendopp
Ein Dillepndopp ist eigentlich ein Kreisel. Aber mit Dillendopp kann man auch einen Menschen bezeichnen, der keine Ruhe findet und sich genau wie ein Kreisel ständig um sich selbst dreht.
iDötzchen sind Erstklässler, Bild Gerd Altmann, Pixabay
Dotz / Dötzje
Eigentlich ist Dotz ein kleiner, eher rundlicher Gegenstand. Als Dotz oder Dötzje bezeichnet man eher kleine und oft auch eher rundliche Menschen. Und der „Dotz“ hat es sogar in seiner Form als „i-Dötzchen“ in deutschen Sprachgebrauch gebracht.
Das Wort „I-Dötzchen“ stammt ursprünglich aus dem Rheinland. Dort ist ein „Dotz“ etwas ganz Kleines – Erstklässler sind die Jüngsten an der Schule, die „Dötzchen“. Das „i“ haben diese Erstklässler früher als ersten Buchstaben gelernt. Daher I-Dötzchen.
Drießkerl oder auch Drisskerl
Menschen, die sich unverschämt verhalten und immer nur das Beste für sich rausholen wollen, sind (wörtliche Übersetzung) Scheißkerle.
Drömeldier
Ein Trampeltier. Jemand, der sich normalerweise ohne böse Absicht ungeschickt verhält.
Drüje Manes
Die kölsche Kurzform für Hermann ist „Manes“. Und „drüje“ oder auch „drüsch“ bedeutet trocken. Somit ist ´ne „Drüje Manes“ ein eher trockener und schweigsamer Zeitgenosse. Denn wer nicht viel redet, ist dem Kölner zunächst mal suspekt.
Der „Drüje Pitter“ macht auf diesem Bild hier seinem Namen alle Ehre: Mit „drüsch“ oder „drüg“ meint der Kölsche „trocken“, Bild: Uli Kievernagel
Eigentlich ein Brunnen am Dom, der sich dadurch auszeichnet, seiner Hauptaufgabe, Wasser zu sprengen, nicht nachkommt. Und genau so bezeichnet der Kölsche auch äußerst trockene Menschen, die keinen Humor haben.
Ferkesstecher
Vom Wortsinn her ein Metzger: Ferkes ist ein Ferkel, der Ferkesstecher sticht dieses ab. Übertragen ist damit ein Schwarzarbeiter gemeint, der billig und an den Behörden – insbesondere am Finanzamt- vorbei Arbeiten übernimmt.
Fiddel
Gemeint ist hier nicht die Geige bzw. Fiedel, im kölschen „Fiddel“, sondern eine weibliche Person, die nachlässig und unordentlich ist.
Fiese Möpp
Dem „Fiese Möpp“ geht man lieber aus dem Weg. Dabei handelt es sich um jemanden, der unredlich ist. Der „Möpp“ ist übrigens das kölsche Wort für Hund. So kann man den „Fiese Möpp“ auch als „Linken Hund“ bezeichnen. Wird übrigens auch gerne in der Form „widerliche Möpp” verwendet. Hat aber dieselbe Bedeutung.
Flabes, Flaabes, Flabbes
Ein nicht ausschließlich negativ gemeinter Ausdruck für einen Menschen, der naiv, dümmlich, ungeschickt oder einfach nicht ernst, dabei aber grundsätzlich liebenswert ist. Der Begriff wird aber manchmal auch für einen sehr großen Menschen verwendet, im Sinne von langer Lulatsch.
Adam Wrede: Neuer kölnischer Sprachschatz, hier in der 6. Auflage (1978), Bild: Uli Kievernagel
Wer sich mit Köln und unserer Sprache beschäftigt, kommt um ihn nicht drumherum: „Der Wrede“. Gemeint ist das dreibändige Lexikon „Neuer kölnischer Sprachschatz“ von Prof. Dr. Adam Wrede. Seit 1956 wird dieses Standardwerk zur kölschen Sprache regelmäßig neu aufgelegt, aktuell bereits in der 14. Auflage.
Für die Kölner ist es das Buch der Superlative:
ein Wörterbuch,
mit Fakten zur Stadtgeschichte,
eine Auflistung bekannter Originale und historischer Figuren,
Wenig verwunderlich, dass dieses Werk als die „Kölsche Bibel“ bezeichnet wird. Und tatsächlich ist dieses Buch die Referenz, wenn es zu Streitigkeiten über Schreibweise, Deutung oder Herkunft kölscher Wörter kommt.
Als Schatten auf die Person Adam Wrede ist seine Nähe zu den Nationalsozialisten zu sehen. Wrede trat im April 1933 in die NSDAP ein und veröffentliche rassenkundliche Traktate und schrieb auch für den NS-Lehrerbund.
Adam Wrede – aufgewachsen im Kunibertsviertel
Adam Wrede, geboren am 12. April 1875 in Düsseldorf, wuchs im urkölschen Kunibertsviertel auf. Der spätere Professor lernte so bereits als Kind auf der Straße die kölsche Sprache, welche allerdings damals als „Gossensprache“ galt. Er studierte in Bonn und Münster Geschichte, Germanistik, Philologie und Geografie.
Er war Lehrer am Kölner Schiller-Gymnasium, arbeitete aber auch parallel dazu wissenschaftlich und veröffentliche Aufsätze zur Geschichte des Rheinlands. Im Jahr 1905 promovierte er. Seine Dissertation trug den Titel „Die Kölner Bauerbänke.1Bauerbänke waren die wirtschaftlichen und politischen Vertretungen der Bauern, ähnlich der Zünfte und Gaffeln für die Handwerker.Ein Beitrag zur Volkswirtschaftsgeschichte Cölns im Mittelalter“.
Das Kölner Schiller-Gymnasium in Sülz heute, Bild: Raimond Spekking
Im Jahr 1921 wurde Wrede Professor an der Kölner Universität. Mehrfach unternahm er Versuche, einen eigenen Lehrstuhl für „Rheinische Volkskunde“ zu errichten. Hier stand ihm aber der Inhaber des Lehrstuhls für Altgermanistik, Friedrich von der Leyen, im Weg, dem dieses Fachgebiet bereits zugeordnet war.
“Seine volkskundlichen Arbeiten brachten ihn in der Folgezeit in Kontakt mit völkischen Ideen; nicht von ungefähr stand er Hitler und dem Nationalsozialismus sehr positiv gegenüber und beteiligte sich an rassenkundlichen Traktaten und schrieb für den NS-Lehrerbund. Wrede feierte die Machtergreifung als Wendemarke für eine eigenständige nationalsozialistische deutsche Volkskunde. Im April 1933 trat er der NSDAP bei, sicherlich in einer Mischung von Überzeugung und Opportunismus.“
Im Jahr 1936 veröffentlichte Wrede die Denkschrift „Deutsche Volkskunde auf germanischer Grundlage. Die nationalsozialistische Erziehungsidee im Schulunterricht“. Wrede selbst schreibt im Vorwort der 1938 erschienenen zweiten Auflage:
„Wichtiger ist zu bemerken, dass die neue Auflage noch mehr als die erste bemüht ist, die nationalsozialistische Auffassung der Volkskunde, die in der Betonung der ureigenen deutschen Volkskräfte und ihrer rassisch-germanischen Grundlagen gipfelt, herauszuarbeiten.“
Wredes Nähe zu den Nationalsozialisten wurde aber nicht in seinem Sinne belohnt – seinen ersehnten Lehrstuhl für Volkskunde sollte er nicht erhalten. Im Jahr 1941 wurde er emeritiert. Auch in der aktuellen Betrachtung seines Werks spielt seine braune Vergangenheit keine Rolle.
„Neuer kölnischer Sprachschatz“
Kontinuierlich arbeite Wrede weiter an seinem Werk zum „Kölnischen Sprachschatz“. Unterstützung in Form von finanziellen Mitteln für zwei Mitarbeiter erhielt er zunächst von Oberbürgermeister Max Wallraff (Oberbürgermeister von 1907 – 1917) und später von Konrad Adenauer (Oberbürgermeister von 1917 – 1933).
Er unterteilte seine Arbeit Recherchen in den „neuen“ und den „alten“ Sprachschatz. Im ersten Teil wollte er die altkölnische Sprache erforschen, wie sie im 12. bis 18. Jahrhundert gesprochen wurde. Und im zweiten Teil die Mundart im 19. und 20. Jahrhundert. Allerdings wurde er im Zweiten Weltkrieg ausgebombt, und ein groß,er Teil der Manuskripte ging verloren.
Mit den Kriegswirren und den Flüchtlingsbewegungen erkannte Adam Wrede, dass sich nach dem Krieg die Bevölkerungsstruktur der Stadt Köln massiv veränderte und damit auch die Mundart aus dem Alltag mehr und mehr verschwand. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, entschied er sich im Jahr 1949, den ursprünglich als zweiten Teil geplanten „Neuen Kölnischen Wortschatz“ vorzuziehen. Im Mai 1956 erschien die erste Auflage.
„Alter kölnischer Sprachschatz“
Die Veröffentlichung seiner Sammlung zum „Alten Kölnischen Sprachschatz“ sollte Adam Wrede nicht mehr erleben und sein etwa 28.000 Zettel umfassendes Manuskript ging verloren. Irgendwie unglaublich: Tatsächlich wurden diese Sammlung um etwa 1980 im Historischen Archiv eingelagert und geriet in Vergessenheit.
Der Linguist Stefan Winter spürte mit detektivischen Scharfsinn diesen scheinbar vergessenen Schatz auf. Ein großer Bestand von fein säuberlich beschrifteten Schreibheften, gut leserlich mit Schreibschrift beschrieben, wurde dort unter der Signatur „Best. 1377“ archiviert. Und niemand wusste, was sich konkret in diesen Kartons verbarg.
Leider verstarb Winter im Jahr 2006. Und mit dem Einsturz des Stadtarchivs im Jahr 2009 war auch zunächst der Verbleib der Sammlung unklar. Erst im November 2014 teilte das Stadtarchiv auf Anfrage mit, dass „… der Zettelkatalog im „Best. 1377 Adam Wrede“ sich in einem verunordnetem Zustand befindet und noch nicht wieder vollständig vorhanden ist. Eine Ordnung muss erst wiederhergestellt werden, eine Digitalisierung wird aufwendiger sein und wird von daher in absehbarer Zeit nicht stattfinden können.“
Das Grab von Adam Wrede auf dem Kölner Melatenfriedhof, Bild: Egidius~dewiki, CC0, via Wikimedia Commons
Grab auf Melaten
Diese Irrungen und Wirrungen hat Adam Wrede selber nicht mehr mitbekommen. Er verstarb am 21. Dezember 1960 und wurde im Familiengrab auf Melaten bestattet. Mit dem Handbuch „Neuer kölnischer Sprachschatz“ hat er einzigartige Sammlung hinterlassen. Oder, wie es in der Westdeutschen Zeitung hieß:
„Unverzichtbar für alle, die den kölschen Kosmos verstehen möchten.“
Dabei darf aber auch nicht vergesssen werden, dass Wrede eine enge Nähe zu den Nationalsozialisten pflegte und deren Ideen propagierte.
Adam-Wrede-Straße / 14. Auflage
In Nippes wurde eine Straße nach Adam Wrede benannt. Diese verbindet die Florastraße mit der Inneren Kanalstraße.
Die 14. Auflage des Handbuchs „Neuer kölnischer Sprachschatz“ ist im Juli 2017 erschienen – mit einer Einführung von Wolfgang Niedecken. Der Künstler und Kölschrocker selber sagt (mit einem Augenzwinkern), dass er es nach Möglichkeit vermeiden würde, das Buch aufzuschlagen, weil er sich dann gleich für mindestens eine Stunde „festlesen“ würde.
Josef Kardinal Frings (1887 – 1978), hier eine Aufnahme aus dem Jahr 1959, Bild: City archives Kerpen, CC BY 4.0
Die Kölner hatten stets ein gespaltenes Verhältnis zu ihrem jeweiligen Bischof. Eine echte Ausnahme war Joseph Kardinal Frings. Im Hungerwinter 1946/47 fehlt es in der zerstörten Stadt Köln an allem. Und der in der Bevölkerung sehr beliebte „Rheinische Kardinal“ Frings steht Silvester 1946 auf der Kanzel der Kirche St. Engelbert in Riehl und predigt:
„Wir leben in Zeiten, da in der Not auch der Einzelne das wird nehmen dürfen, was er zur Erhaltung seines Lebens und seiner Gesundheit notwendig hat, wenn er es auf andere Weise, durch seine Arbeit oder Bitten, nicht erlangen kann“.
Im Klartext: Die Kirche erlaubt von höchster Stelle aus den Diebstahl von überlebensnotwendigen Dingen.
Die handschriftliche Vorlage der berühmten Silvesterpredigt 1946 vom Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings, Bild: Erzbistum Köln
„fringsen“ geht in den Wortschaft ein
Und die Kölner nehmen ihren Bischof beim Wort. Ab 1947 nimmt zum Beispiel der „Kohlenklau“ deutlich zu. Menschen klettern auf Eisenbahnwaggons und „organisieren“ sich Brennmaterial, um den bitterkalten Winter zu überleben – man geht „fringsen“. Ein Wort, welches in den Sprachgebrauch einer ganzen Region eingegangen ist.
Was übrigens gerne vergessen wird: Frings hatte auch deutlich darauf hingewiesen, dass man doch den späteren Schadensersatz nicht vergessen dürfe:
„Aber ich glaube, dass in vielen Fällen weit darüber hinausgegangen worden ist, und da gibt es nur einen Weg: unverzüglich unrechtes Gut zurückgeben, sonst gibt es keine Verzeihung bei Gott!“
Diesen Teil der Predigt überhörten die Kölner aber wohl.
Erinnerung an das „fringsen“ von Zeitzeugen
Helmut ist in Köln aufgewachsen und lebt heute in Kanada. An das „fringsen“ hat er folgende Erinnerung:
„Dat wore Klütte, die mer orjanisiert han. Do sin mer Pänz neven dem Zoch herjelaufe un han de Hevel opjeschlaje, un minge Fründ han se in de Foos jeschosse die Soldate die im letzte Wage oven hu soße. Dat wor am Bahndamm Antwerpener Stross am Grönguerdel. Un dann kom de Razzia un de han us de Klüttesack avjenomme un ne Tritt in the Fott ham och kräje, wenn de uns krigge kunte.“
Evelin ist ein echt kölsches Mädchen und lebt heute in Schweden. Auch Sie erinnert sich an daran, dass sie gefringst hat:
In der „Hungerzeit“, wie meine Eltern sagten, hab ich selbst als 7jährige „mitgefringst“, hauptsächlich als „Kohlenklau“. Die Nachbarjungen sprangen hinten auf die Lastwagen und warfen Briketts auf die Straße, wir „Kleinen“ sammelten alles auf. Anschließend wurde der Schatz brüderlich geteilt.
„Köln hat wieder einen Frings“
Thomas Frings, Geistlicher und Großneffe von Josef Kardinal Frings, wohnt seit Oktober 2017 in Köln. In meiner Reihe „Ein paar Fragen an … „ stand Thomas Frings auch bereits Rede & Antwort.
Kardinal Frings „Der Rheinische Kardinal“
Mehr über Kardinal Frings gibt es in dem lesenswerten Buch „Der Rheinische Kardinal“, von Friedhelm Ruf (J.P. Bachem Verlag, 2015, ISBN: 978-3761629512, nur noch antiquarisch erhältlich)
„Visitez ma tente“ = „Besuchen Sie mein Zelt“ ist eine schöne aber falsche Erklärung für das Wort „Fisimatente“
Wenn man dem Kölschen sagt: „Jetz mach doch nit alt widder su Fisimatenten!“ ist damit gemeint: „Jetzt stell dich doch nicht so an!“ oder: „Mach doch nicht solche Umstände!“. Die angesprochene Person sollte nicht alles so kompliziert machen.
Bekannte Erklärung mit dem Zelt ist falsch!
Meine beliebte Thekenumfrage in meiner Stammkneipe zu diesem Wort führte tatsächlich zu der sehr schönen, aber falschen Erklärung mit dem Franzosen und seinem Zelt.
Schätzungsweise 90% der Kölschen meinen, der Begriff geht darauf zurück, dass in der französischen Besatzungszeit (1794 – 1814) die französischen Soldaten in Zeltlagern lebten. Und natürlich übten die schönen kölschen Mädchen eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf die Soldaten aus, die diese daraufhin zu einem Besuch („visite“) in ihrem Zelt („tente“) einluden: „Visitez ma tente“.
Da ein solcher Besuch, genau wie ein Fisternöllchen, zu ganz besonderen Umständen hätte führen können, wurde aus „Visitez ma tente“ ganz schnell Fisimatente. Klingt schön, ist aber leider falsch.
Auch die Tante hat mit Fisimatenten nicht zu tun
Ebenfalls aus der französischen Besatzungszeit stammt die Erklärung mit dem Besuch bei der Tante: Wenn der Kölsche bei Kontrollen durch die französischen Besatzer mal wieder zu spät auf der Straße aufgegriffen wurde, wurde schnell die Ausrede „Je viens de visiter ma tante.“ („Ich habe gerade meine Tante besucht.“) gebraucht.
Klingt schön, ist aber leider ebenso falsch wie die Zelt-Erklärung.
Erklärung als (überflüssiger) Zierrat
Eine weitere Erklärung stammt aus der mittelhochdeutschen Sprache.1Mittelhochdeutsch wurde zwischen etwa 1050 und 1350 gesprochen. Damals existierte der Begriff „visamente“. Damit wurden Verzierungen oder Ornamente bezeichnet. Heute würde man das als Zierrat bezeichnen. Damit sind auch nicht wesentliche, eher umständliche, Dinge gemeint.
Eine Uhr mit vielen „visamente“, also reichlich (überflüssiger) Zierrat, Bild: Gordon Johnson, Pixabay
Und von „visamente“ zu „Fisimatente“ ist es kein weiter Weg. Daher passt die Erklärung „Mach doch nicht solche Umstände!“ zu Fisimatentche.
Wie immer lohnt sich ein Blick in den „Wrede“2Adam Wrede: Neuer Kölnischer Wortschatz, Greven Verlag Köln, das Standardwerk zur kölschen Sprache. Dort lautet es:
Fisematentche / Fisimatenten, volkstümlich umgebildet aus „visae patentes literae“ … ein ordnungsgemäß verdientes, schriftlich ausgefertigtes Patent. Das Fachwort wurde in Verspottung des Bürokratischen zum Begriff für unnötige Schwierigkeit, unnütze Arbeit, unnützes Getue, leere Redensarten, zwecklose Umstände.
Und da es nun mal viel Zeit brauchte und ein großer Aufwand nötig war, um ein ordnungsgemäß geprüftes Patent auszufertigen, könnte sich der Begriff tatsächlich aus daraus entwickelt haben. Alles, was unnötig kompliziert erscheint und lange dauert, wird somit zu Fisimatenten.
Und Dinge, die lange dauern und kompliziert sind, haben wir in Kölle reichlich: Oper, Kalkberg, Nord-Süd-Stadtbahn, …
Eine Million Liebesschlösser auf der Hohenzollernbrücke als Ausdruck der Liebe – doch es gibt kein kölsches Wort für die Liebe, Bild: NoName_13, Pixabay
„Für alles jitt et e Woot, nur für die Liebe nit.“1Für alles gibt es ein Wort, nur für die Liebe nicht.
ist ein Songtitel der kölschen Band Lupo. In diesem Lied wird eingängig erklärt, dass es in der kölschen Sprache für viele hochdeutsche Wörter spezielle eigene kölsche Wörter gibt. So nennt der Kölner
ABER: Es gibt tatsächlich kein spezielles kölsches Wort für die Liebe. Und das ist äußerst erstaunlich.
Warum gibt es in der kölschen Sprache kein Wort für die Liebe?
Für den Satz „Ich liebe Dich“ gibt es tatsächlich keine kölsche Übersetzung. Mangels eigener kölscher Worte für die Liebe nutzt der Kölner hilfsweise Umschreibungen. Das klingt dann ungefähr so: „Isch han dich jän“ oder „Ich maach dich“.2Nur am Rande: Der Kölner hat zwar kein eigenes Wort für die Liebe, dafür aber ein eigenes Wort für ein (außereheliches) Verhältnis: „Fisternöllchen“. Und das lässt eindeutige Rückschlüsse auf das kölsche Gemüt zu!
Der Kölner liebt das Flirtspiel, will sich aber nicht festlgen, so der Psychologe Stephan Grünewald. Bild: Raimond Spekking
Stephan Grünewald ist ein bekannter Psychologe. Er meint, die Kölner hätten deswegen ein Problem mit dem Begriff „Liebe“, weil sie sich mit einem so endgültigen Bekenntnis sehr schwer tun. Grünewald sagt: „Der Kölner liebt das Flirtspiel: Bützen ja, aber bitte nicht festlegen! Lieber gekonnt alles offen halten, sonst kommt man wieder in die Bredouille.“3Stephan Grünewald im Kölner Express vom 10. August 2011
Ein anderer echter Experte für die kölsche Sprache und auch das kölsche Gemüt war der im Jahr 2011 verstorbene Komponist Hans Knipp. Er hat so wunderschöne Lieder wie „Mer losse d’r Dom en Kölle“, „Ene Besuch im Zoo“ oder „Unsere Stammbaum“ geschrieben. Und auch „Ming etzte Fründin“. Der Mann kannte sich also mit der Liebe aus.
Hans Knipp erklärt, dass der kölschen Sprache das Pathos fehlt, Bild: Musikverlage Hans Gerig KG
Auch er wurde gefragt: Herr Knipp, wieso gibt es kein kölsches Wort für Liebe? Seine Antwort: „Die kölsche Sprache ist herzlich, aber ihr fehlt das Pathos. Dadurch gibt es aber auch in den Liedern diese gewisse Schnulzigkeit nicht, die man sonst in Schlagern findet.“4Hans Knipp im Kölner Express vom 10. August 2011
Das Wort „Leevde“ ist in Vergessenheit geraten – eine Spurensuche
Der kölsche „Sprach-Papst“ Adam Wrede5Neuer Kölnischer Wortschatz, Greven Verlag Köln 1976 übersetzt „Liebe“ tatsächlich mit „Leev“ oder „Leevde“ und führt auch die kölschen Sprichwörter „Kahl Häng, wärm Leev.“6„Kalte Hände, warme Liebe.“ oder „Hät einer nit Leev noch Juns, dann helfe nit Red noch Kuns.“7„Hat einer keine Liebe und keine Gunst, dann helfen weder Rede noch Kunst.“ auf, weist aber ausdrücklich darauf hin, dass dieser Begriff nur noch selten gebraucht wird und meist durch „jän han“ umschrieben wird.
Rolly Brings bei einem Auftritt in Köln-Ehrenfeld (2007), Bild: Elke Wetzig (Elya), CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Rolly Brings ist ein kölscher Autor und Liedermacher und wurde 2022 mit dem Karl-Küpper-Preis geehrt. Er hat das Lukasevangelium auf Kölsch übersetzt – man kann ihn also als echten Kölsch-Experten bezeichnen. Rolly Brings begründet das Verschwinden des Worts „Leevde“ damit, dass man in der Domstadt lieber Bilder und Beschreibungen wie „Ich han dich zum fresse jän.“ nutzt. Er führt das darauf zurück, dass die kölsche Sprache keine abstrakten Begriffe kennt.
Mit „abstrakt“ wird der induktive Denkprozess des erforderlichen Weglassens von Einzelheiten und des Überführens auf etwas Allgemeineres oder Einfacheres bezeichnet. Einfacher formuliert: Mit Abstraktion wird nichts Gegenständliches bezeichnet. Und „Liebe“ ist eindeutig nicht „gegenständlich“. Demnach werden in der kölschen Sprache Begriffe eher „handfest“ und weniger abstrakt verwendet.
Und somit ist klar: „Für alles jitt et e Woot, nur für die Liebe nit.“
Offensichtlich fällt es den Kölschen auch schwer, ihre Liebe zu ihrer Heimatstadt in Worte zu verpacken. Zumindest wenn man der prominenten Band Cat Ballou glaubt.
Die Musiker singen, dass es kein Wort gibt, welches ihre Gefühle für Köln ausdrücken könnte. Andere Bands tun sich damit aber leichter, wie die unzähligen gesungenen Liebeserklärungen an die Stadt beweisen: