„Köln muss mal“: Kampagne für mehr und bessere öffentliche Toiletten

Das Logo der Kampagne "Köln muss mal", Bild: Pauline Muszi
Das Logo der Kampagne „Köln muss mal“, Bild: Pauline Muszi

 „Wo finde ich denn eine Toilette?“ – erfahrene Stadtführer wissen mit dieser Frage umzugehen. Dann wird flott ein Brauhaus angesteuert, weil die öffentlichen Toiletten eher selten und nicht immer einladend sind. Alle trinken im Brauhaus ein/zwei Kölsch, alle gehen aufs Klo, und dann laufen wir weiter.

Der Trick mit dem Kölsch im Brauhaus funktioniert auch bei den Stadtführungen in der Innenstadt recht gut. Sobald man sich aber außerhalb der touristischen Hotspots bewegt, wird das schwieriger. Schnell erkennt man: Köln hat ein Toilettenproblem!

Wenn man sich die nackten Zahlen ansieht, ist es erschreckend: Tatsächlich gibt es eine öffentliche Toilette pro 15.000 Kölner:innen. Falls man jetzt noch die Touristen mit einberechnet, wird es ganz finster, dann sind es etwa 50.000 Menschen pro öffentlichem Klo. Dieser Wahnsinn zeigt sich ganz besonders an Karneval, wenn flott jede Menge Dixi-Klos aufgestellt werden, um das Pinkel-Problem irgendwie in den Griff zu bekommen. Meistens vergeblich.

Große Themen unserer Gesellschaft auf humorvolle und zugängliche Weise vermitteln

Doch statt nur zu klagen hat sich die Designerin Pauline Muszi mir ihrer Diplomarbeit „Köln muss mal. – Eine multimediale Kampagne zur Umsetzung zur Umsetzung eines öffentlichen Toilettenkonzepts für Köln“ ganz konkret mit dem Kölner Klo-Problem beschäftigt.

Die Designerin Pauline Muszi, Bild: Pauline Muszi
Die Designerin Pauline Muszi, Bild: Pauline Muszi

Nicht das erste „heiße Eisen“, welches Pauline angefasst hat. In der Vergangenheit hat sie bereits eine Kampagne zur Erhöhung der Wahlbeteiligung konzipiert („Deine Wahl“) oder ein Magazin zur Auseinandersetzung mit der Geschlechterdynamik in der deutschen Sprache entworfen („Gen_der_die_das„)

Pauline hat 2023 ihren Abschluss im Studiengang „Nachhaltiges Design“ an der ecosign/Akademie für Gestaltung in Köln gemacht. Und was alle Projekte der Designerin gemeinsam haben, beschreibt sie selber wie folgt: „Mit meinen Projekten möchte ich Komplexes nahbar machen und zeigen, dass auch die ganz großen Themen unserer Gesellschaft auf humorvolle und zugängliche Weise vermittelt werden können.“ Und genau das zeigt ihre Kampagne „Köln muss mal“ auf eindrucksvolle Weise.

Köln am Ende des Rankings „Öffentliche Toiletten“

Die Designerin hat aufwändig die Toilettensituation in Köln ermittelt. Und das Ergebnis ist niederschmetternd: Vergleicht man die selbsternannte Metropole am Rhein mit anderen Großstädten, dann liegt Köln da, wo auch aktuell1Stand: Februar 2024 der 1. FC Köln liegt: Am Ende der Tabelle. Paris verfügt über dreimal so viele öffentliche Toiletten, Zürich über mehr als viermal so viele Toiletten pro 100.000 Einwohner.

Beschämend: Köln bietet nur sechs öffentliche Toiletten pro 100.000 Einwohner, Graphik: Pauline Muszi "Köln muss mal"
Beschämend: Köln bietet nur sechs öffentliche Toiletten pro 100.000 Einwohner, Graphik: Pauline Muszi „Köln muss mal“

In ihrer Diplomarbeit „Köln muss mal“ hat Pauline Muszi aber auch die weitergehenden Funktionen der Toiletten als möglichst geschützten Raum untersucht. Dazu sollten Toiletten, neben der Verrichtung der menschlichen Notdurft, auch einen Raum bieten, um sich herzurichten, sich umzuziehen, sich zu waschen oder medizinischer Versorgung nachzugehen. Und selbstverständlich auch, um Kinder zu wickeln. Und hier wird es für Menschen, die mit Kindern unterwegs sind, ganz bitter, denn es gibt in Köln gerade mal sieben öffentliche Toiletten mit Wickeltisch. Beschämend für die Möchtegern-Weltstadt am Rhein.

Menschen ohne Penis müssen zahlen

Es gibt verschieden Arten von öffentlichen Toiletten, eine davon sind die sogenannten „City-Toiletten“. Diese Toiletten sind fest installierte Container, die 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche geöffnet sind.

Beschämend: Die Nutzung der Sitztoiletten kostet 50 Cent, während die Urinale kostenlos nutzbar sind. Paulines nüchternes Fazit: „Menschen ohne Penis müssen zahlen.“

Menschen ohne Penis müssen für den Gang aufs Klo bezahlen, Graphik: Pauline Muszi "Köln muss mal"
Menschen ohne Penis müssen für den Gang aufs Klo bezahlen, Graphik: Pauline Muszi „Köln muss mal“

„Ich bin kein echtes Klo. Und genau das ist das Problem.“  

In ihrer Diplomarbeit weist Pauline Muszi nach, dass zwar viel über Toilettenkonzepte gesprochen wird, aber in der Praxis nur sehr wenig passiert: „Die Wichtigkeit einer adäquaten öffentlichen Toi­lettenversorgung wird betont, Probleme und Lösungen diskutiert, innovative Zu­gänge vorgestellt und doch schaffen diese Ansätze nur äußerst selten den Sprung aus der Theorie in die Praxis städtischer Toilettenkonzepte.“

Provokant: Ein WC ohne Sichtschutz im öffentlichen Raum, Bild: Pauline Muszi "Köln muss mal"
Provokant: Ein WC ohne Sichtschutz im öffentlichen Raum, Bild: Pauline Muszi „Köln muss mal“

Für Pauline Grund genug, mit der Kampagne „Köln muss mal“ genau das Klo-Problem anzupacken. Ihr Ziel: Toiletten aus der Sphäre des Privaten herausholen und mitten in der Öffentlich­keit platzieren. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Pauline hat, auf einem Quadrat aus blauen Fliesen stehend, ein WC  genau an die Or­te gebracht, wo es an sanitären Anlagen fehlt. Ohne Sichtschutz, mitten auf einem Gehweg oder einer Wiese.

Nähert man sich diesem WC und klappt den Deckel auf, liest man „Ich bin kein echtes Klo. Und genau das ist das Problem.“  

Das Dilemma zur Kölner Klo-Situation, Bild: Pauline Muszi "Köln muss mal"
Das Dilemma zur Kölner Klo-Situation, Bild: Pauline Muszi „Köln muss mal“

Petition „Köln muss mal“ – Wette mit Pauline

Die Kampagne geht noch weiter und soll tatsächlich zu einer Veränderung der Toiletten-Situation in Köln führen. Dazu hat Pauline eine Petition ins Leben gerufen: Ziel der Petition ist es, der Kölner Stadtverwaltung zu signalisieren, dass es an der Zeit ist, etwas an den öffentlichen Toiletten der Stadt zu verändern.

Die Petition zur Kölner-Toilettenrevolution, Bild: Pauline Muszi "Köln muss mal"
Die Petition zur Kölner-Toilettenrevolution, Bild: Pauline Muszi „Köln muss mal“

Bis heute2Stand 28. Februar 2024 haben 222 Menschen diese Petition bei change.org unterschrieben. Das ist viel zu wenig. Daher habe ich mit Pauline um elf Kölsch gewettet, dass wir über das „Köln-Ding der Woche“ die Anzahl der Unterschriften verdoppeln werden.

Also: Jetzt brauche ich eure Unterstützung! Nehmt euch zwei Minuten Zeit und unterzeichnet diese Petition, damit wir möglichst schnell auf 444 Unterstützer (oder gerne auch mehr!) kommen. Hier geht es direkt zur Petition

Denn die Toilettensituation geht uns alle an!


Toiletten und Sprache

Für wohl kaum einen anderen Ort gibt es so viele Bezeichnungen wie für die Toilette. In ihrer lesenswerten Diplomarbeit hat Pauline auch Namen für Toiletten gesammelt. Ich gebe zu, dass ich auch nicht alle kannte.

Abort
Abtritt
Banjo
Bedürfnisanstalt
Brunsheisl
Büchse
Donnerbalken
Gelegenheit
Gewisses Örtchen
Häuschen
Häusl
Heisl
Hütte
Kackschlot
Kackstuhl
Keramik
Keramikabteilung
Klo
Klöchen
Klosett
Latrine
Lokalität
Lokus
Null-Null
Orkus
Örtchen
Örtlichkeit
Pfanne
Pinkelbude
Pinkelstelle
Pipibox
Pissbude
Pissoir
Plumpser
Porzellanschüssel
Posenke
Pott
Retirade
Sanitäre Anlagen
Schacht
Scheißhaus
Schietgemaack
Schüssel
Seilgarten
Soach-Hüttn
Spiegelbude
Stilles Örtchen
Stuhl
Thron
Toilette
Topf
Töpfchen
Trichter
Wasserklosett
WC
Weißes Haus
Wo der Kaiser zu Fuß hingeht
Wohin
Wurstfabrik


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