„Wie war zu Cölln es doch vordem,
mit Heinzelmännchen so bequem!“
Es müssen wunderbare Zeiten in Kölle gewesen sein
Der Kölner an sich zeichnet sich nicht durch seinen großen Fleiß aus. Eher gemütlich ein Kölsch trinken als hektisch arbeiten lautet die Devise in unserer Stadt. Dies zeigt sich auch darin, wie der Kölsche tanzt: Bequem eingehakt wird geschunkelt. Das bezeichnet der Kölsche bereits als „Tanz“. Und das am liebsten im Sitzen. Könnte sonst ja anstrengend sein.
Aber: Der Kölner hatte auch allen Grund dazu, faul zu sein. Denn trotz seiner Faulheit wurden – zumindest früher – alle Arbeiten zuverlässig erledigt. Zu verdanken hatten wir dies den Heinzelmännchen. Kleine Zwerge oder Wichtel, die nachts in die Werkstätten kamen und die gesamte Arbeit erledigten, während der Kölsche selig in seinem Bettchen schlief:
„Da kamen bei Nacht,
Ehe man’s gedacht,
Die Männlein und schwärmten
Und klappten und lärmten
Und rupften
Und zupften
Und hüpften und trabten
Und putzten und schabten …
Und eh ein Faulpelz noch erwacht, …
War all sein Tagewerk … bereits gemacht!“
Fleißige Heinzelmännchen – faule Kölner
Die erste Erwähnung der fleißigen Heinzel stammt von Ernst Weyden (1805–1869). Der Kölner Schriftsteller veröffentlichte 1826 unter dem Titel „Cöln’s Vorzeit“ eine Erzählung über die Heinzelmännchen:
„Es mag noch nicht über fünfzig Jahre seyn, daß in Cöln die sogenannten Heinzelmännchen ihr abentheuerliches Wesen trieben. Kleine nackende Männchen waren es, die allerhand thaten, Brodbacken, waschen und dergleichen Hausarbeiten mehrere; so wurde erzählt; doch hatte sie Niemand gesehen.“
Bekannt wurde die Sage aber erst zehn Jahre später durch die Ballade „Die Heinzelmännchen zu Köln“, geschrieben von dem in Berlin lebenden Breslauer August Kopisch (1799–1853). In insgesamt acht Versen erzählt Kopisch von den Taten der Heinzelmännchen – und den eher faulen Kölnern:
„Denn, war man faul: … man legte sich
Hin auf die Bank und pflegte sich.“
Es muss das Paradies gewesen sein. Alle Arbeit wurde erledigt und der Kölsche konnte sich dem widmen, was er am besten kann: Einfach mal nichts tun. Wer oder was in der Nacht die Arbeit erledigt, war unbekannt und dem Kölner herzlich egal. Hauptsache, morgens war das Brot gebacken, das Schwein geschlachtet und verwurstet oder das Haus gebaut.
Das Problem: Eine neugierige Frau
Das hätte auch noch bis heute so weitergehen können – wenn nicht das Weib des Schneiders gewesen wäre. Die neugierige Dame wollte unbedingt wissen, wer denn so eifrig in der Nacht arbeitet. Daher streute sie Erbsen auf der Treppe aus, die hinauf zur Schneiderstube führte. Und als die Heinzel nachts kamen, fielen Sie über die Erbsen die Treppe runter. Die Dame entzündet eine Lampe und sieht die übereinanderliegenden Heinzelmännchen:
„Neugierig war des Schneiders Weib,
Und macht sich diesen Zeitvertreib:
Streut Erbsen hin die andre Nacht,
Die Heinzelmännchen kommen sacht:
Eins fähret nun aus,
Schlägt hin im Haus,
Die gleiten von Stufen
Und plumpen in Kufen,
Die fallen
Mit Schallen,
Die lärmen und schreien
Und vermaledeien!
Sie springt hinunter auf den Schall
Mit Licht: husch husch husch husch! – verschwinden all!“
Und das war es! Die Heinzelmännchen verlassen Köln und ab sofort müssen die Kölschen wieder selber arbeiten:
„O weh! nun sind sie alle fort
Und keines ist mehr hier am Ort!
Man kann nicht mehr wie sonsten ruhn,
Man muß nun alles selber tun!“
Der Heinzelmännchenbrunnen zeigt den Fleiß der Heinzel
Mit dem Heinzelmännchenbrunnen wurde den fleißigen Helfern ein Denkmal gesetzt. Direkt vor dem Brauhaus Früh wird dort gezeigt, wie fleißig die Heinzel waren: Sie backen Brot, bauen Häuser, keltern Wein – alle Arbeiten, die der Kölner nicht so gerne erledigt, weil sie ja anstrengend sind. Und sehr prominent, auf der Spitze des Brunnens, sieht man des Schneiders Weib, neugierig mit der Lampe die gesamte Szene ausleuchten.
Hätte die Dame doch mal in Neugierde in Zaum gehalten. Dann würden heute noch die Heinzelmännchen alle Arbeiten erledigen und solche Desaster wie bei der Oper oder U-Bahnbau wären uns erspart geblieben.
Allegorie auf die bürgerliche Gesellschaft
Eine ganz andere Interpretation des Gedichts liefert der Autor Andreas Platthaus. Im Katalog zu einer Kopisch-Ausstellung in Berlin (2015) sieht Platthaus die Heinzelmännchen-Ballade als bittere Allegorie auf die bürgerliche Gesellschaft in der industriellen Revolution: Die „kleinen Leute“ arbeiten und schuften, um das Wohlergehen der wohlhabenden Industriellen, Händler und Bankiers zu sichern.
Wer meint, das wäre längst überwunden: Nein. In unserer Gesellschaft besitzen die reichsten zehn Prozent mehr als die Hälfte des Vermögens. Die ärmere Hälfte der Bevölkerung hat dagegen nur einen Anteil von 1,3 Prozent am Vermögen. Und schuftet wie die Heinzelmännchen.
Schwarzarbeiter aus den Bergwerken
Eine andere, aber eher umstrittene, Interpretation ist die Herleitung über die sogenannten „Heinzemenschen“. Dabei handelt es sich um kleinwüchsige Menschen oder Kinder, die in den Bergwerken dafür sorgten, dass einströmendes Grundwasser zu Tage gefördert wurde. Dies geschah aus reiner Muskelkraft, mit Ledereimern die in einer Menschenkette weitergebeben wurden. Gekleidet waren diese Heinzemenschen mit einem ausgepolsterten, in einer Spitze endenden Zipfelmütze und einer Schulterschürze. Diese sollten vor Steinschlag schützen.
Mit der Erfindung von mechanischen Pumpen Anfang des 16. Jahrhunderts wurden die Heinzemenschen arbeitslos und drängten in die Städte. Dort soll sich ein „Schwarzarbeitsmarkt“ entwickelt haben: Handwerksmeister konnten, wegen der strengen Regeln der Handwerkerzünfte, ungelernte Helfer nur heimlich beschäftigen. Daher sollen die Heinzemenschen nachts illegal gearbeitet haben und somit Kopisch, der selber aus einer Bergbauregion stammte, die Grundlage für die Heinzelmännchen-Sage geliefert haben.
Der Heinzelmännchenbrunnen ist fester Bestandteil der Lotsentour Innenstadt. Kommt mal mit und wir schauen uns den Brunnen gemeinsam an.
Neben dem Heinzelmännchenbrunnen haben wir auch andere Brunnen in Köln:
- Ein Brunnen, aus dem einst Bier geflossen ist,
- ein Brunnen, der oft drüsch ist,
- ein Brunnen, der für 2.000 Jahre Frauengeschichte steht,
- ein Brunnen, der sehr gut riecht oder
- ein Brunnen, aus dem alle kölschen Pänz kommen.
*Datenschutzerklärung