Immer wieder schicken einen nette Mitmenschen „in den April“. Woher der Brauch kommt, ist unklar. Aber die lustigen Ideen der Zeitungen, im Fernsehen und im Radio sorgen immer wieder für Lacher – egal, ob es um Spaghetti-Bäume oder fliegende Pinguine geht. Ein ganz besonderer Coup zum 1. April 1949 ist dem damaligen Kölner Dreigestirn gelungen. Ein Aprilscherz in fünf Akten:
1. Akt: Ein Gespräch wird belauscht – angeblich
Am 31. März 1949 erschien ein anonymer Leserbrief in der Kölnischen Rundschau. Ein aufmerksamer Leser behauptete, in einer Gaststätte zufällig ein Gespräch des Kölner Dreigestirns belauscht zu haben. Ein Gespräch, welches es nie gegeben hat.
Angeblich hätten Prinz Theo I. (Theo Röhrig), Bauer Andreas (Andreas Müller) und Jungfrau Friedel (Fred Reulen) Pläne für die nahe Zukunft geschmiedet: Man würde mit „Schüpp un Hau“ zum zerstörten Gürzenich gehen und den Schutt dort wegräumen um „… auch im grauen Alltag etwas für die Stadt Köln zu tun.“
Und grau war der Alltag im Jahr 1949 in Köln tatsächlich. Ausgebombte Ruinen säumen die notdürftig freigeräumten Straßen. Der größte Teil aller Häuser wurde zerstört. Alle Menschen sehnen sich nach Normalität, und dazu hat auch der Karneval beigetragen: Im Williams-Bau finden seit 1947 erste Karnevalssitzungen und Bälle statt, und im Februar 1949 geht der erste Rosenmontagszug durch Köln – wegen der kritischen britischen Besatzer nicht als „D´r Zoch“ sondern als „Erweiterte Kappenfahrt“1[Dieser Titel erinnert an den ersten Rosenmontagszug nach dem Ersten Weltkrieg im Jahr 1927, der ebenfalls den damaligen britischen Besatzern als „Kappenfahrt“ verkauft wurde.] durch die in Trümmern liegende Stadt.
In dieser grauen Zeiten sind positive Nachrichten sehr willkommen. Deswegen erregt der als Aprilscherz gedachte Leserbrief über die angebliche Aktion des Dreigestirns eine hohe Aufmerksamkeit.
2. Akt: Das Dreigestirn nimmt den Ball auf
Auch Prinz Theo I. liest in der Zeitung den Bericht über die angebliche Entschuttung des Gürzenichs und fasst sofort einen Plan: „Mer mache dat!“. Eilig werden Bauer und Jungfrau eingebunden, ein Lastwagen wird organisiert und siehe da: Am 1. April um 11 Uhr stehen die drei am Gürzenich und fangen eifrig an, Schutt zu schippen.
3. Akt: Auch die Medien und die Politik wollen mit dabei sein
Selbstverständlich sollte diese Aktion nicht geheim bleiben. So drängen sich am 1. April bereits die vorab informierten Reporter mit ihren Kameras vor dem Gürzenich. Und wo Kameras sind, sind auch die Politiker nicht weit entfernt. Regierungspräsident Wilhelm Warsch freute ich darüber, dass „aus einem Aprilscherz eine so beziehungsvolle Wirklichkeit geworden sei.“
4. Akt: Die ganze Stadt zieht nach
Die Entschuttung des Gürzenichs wird zu einem stadtweiten Anliegen. Karnevalsgesellschaften, Sportvereine, Unternehmen und einzelne Bürger kommen mit Schüpp und Hau zum Gürzenich. Auch Menschen, die selber in einfachsten Behausungen leben müssen, fassen mit an, um „Kölns gute Stube“ wieder zu einem Festsaal zu machen.
So wurde das Karnevalsmotto der 1949er Session
„Mer sin widder do un dun, wat mer künne.“
gelebte Realität in einer vom Krieg schwer gezeichneten Stadt. Im Zuge der Dynamik dieses Aprilscherzes beschließt der Stadtrat zügig, den Gürzenich wieder aufzubauen.
5. Akt: Die Wieder-Einweihung des Gürzenichs
Es sollte noch ein paar Jahre dauern, aber am 2. Oktober 1955 war es endlich so weit: Der Gürzenich wurde wieder eingeweiht.
Und so führte ein Aprilscherz dazu, dass sich eine ganze Stadt organisierte, um „ihren“ Gürzenich wieder aufzubauen. Prinz Theo I. schrieb später dazu „Durch diesen Scherz wurde es offensichtlich, dass allen Bevölkerungsschichten Kölns der Wiederaufbau unserer guten, alten Stube mehr am Herzen liegt, als es die Stadtverwaltung und die Planer Kölns angenommen hatten.“
In diesem Sinne trifft sich das aktuelle Dreigestirn am Donnerstag, 1. April, um 11 Uhr an der Oper, um dort aufzuräumen. Um 13 Uhr geht es weiter an die Baustelle der Nord-Süd-Stadtbahn, damit es auch dort zügig weitergeht. Um 15 Uhr werden dann vom Bauer Fundamente für die Leverkusener Brücke gegossen, während Prinz und Jungfrau den hässlichen Musical-Dome abreißen. So kann es in unserer Stadt endlich mal vorangehen.
Der Gürzenich und Alt St. Alban: Orte der Gegensätze
In dem Gebäudekomplex des Gürzenichs ist auch die Ruine von Alt St. Alban als Mahnmal gegen den Krieg integriert. So liegen Freude und Trauer direkt nebeneinander.
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