
Frank und Uli haben prominenten Besuch im Podcast-Studio: Wir sprechen mit dem kölschen Tausendsassa Helmut Frangenberg. Er ist Mitinitiator von Loss mer singe, Erfinder der Kneipensitzung Jeckespell, Mitglied der „Ahl Kamelle Band“, Host des TrueCrime Köln-Podcasts, Autor zahlreicher Stadtführer und Köln Krimis, Künstlerischer Kopf der „Kölsche Heimat“, ein Projekt der Kreissparkasse Köln zur Pflege der kölschen Musikkultur, ganz nebenbei noch Redakteur des Kölner Stadtanzeigers und auch noch Organisator des Kölner Krätzjer Fest.
Und genau über dieses Krätzjer Fest sprechen wir mit Helmut in diesem Köln-Ding der Woche.
Was ist ein Krätzje?
Hier hilft wie immer ein Blick in den „Wrede“: Dort wird ein Krätzje als „kleines, rundes, Soldatenmützchen, mit schmalem Rand“ bezeichnet. Also eine Mütze die allgemein als „Schiffchen“ bekannt ist. Hilft aber nicht weiter – es geht ja um Musik. Auch Wredes zweite Erklärung, dass es sich bei einem Krätzje um einen kleinen Riss, eine kleine Schramme, also so etwas wie ein „Kratzer“ handelt, ist zwar richtig, führt aber nicht weiter.

Erst Wredes dritte Erklärung, dass es sich um die Erzählung eines Streiches, einen Schwank, eine Schnurre, ein heiteres Stücklein, lustiges Verzällche teils harmloser, teils derber Art handelt, führt zum Ziel. So definiert Wrede eine „Krätzjesmacher“ als jemanden, der „gern lustige Streiche erzählt, Witze macht.“
Ursprünglich wurden Krätzjer nicht singend vorgetragen, sondern als „heiteres Stücklein“ vorgelesen, die Musik dazu kam erst später. Der Krätzchesgesang zählt zu den ältesten Liedvortragsformen im Rheinland. Und wird heute sehr unterschiedlich interpretiert.
Wie versteht man „Krätzje“ heute?
Was ein Krätzje ist oder nicht, wird sehr unterschiedlich interpretiert. Ein sehr weites Verständnis hat der Grandseigneur Ludwig Sebus. Für ihn ist jedes Lied, was ihn irgendwie „kratzt“, also berührt, ein Krätzje.

Bömmel Lückerath von den Bläck Fööss hingegen hat eine sehr enge Definition von Krätzje. Für ihn muss ein Krätzje sehr sparsam instrumentiert sein, am besten nur mit Flitsch oder Gitarre, und es wird sehr langsam dargeboten.
Helmut Frangenberg selber liegt mit seiner Definition irgendwie dazwischen. Für ihn spielt der Musikstil keine Rolle, aber das Lied muss irgendwie mehr als nur „Rhing- Sunnesching-Dom-Jeföhl“ beinhalten und eine Geschichte erzählen.
Die Lieblingskrätzje von Helmut, Frank und Uli
So passt es auch, dass „Heidewitzka Herr Kapitän“ Helmut Frangenbergs Lieblingskrätzje ist. Dort erzählt Karl Berbuer die Geschichte eines klassischen Schiffausflugs von Köln-Mülheim zum Drachenfels. Dass dabei ordentlich gefeiert und getrunken wird, versteht sich von selbst, immerhin ist dä Schmitz „ald jetz su voll wie en Spritz“. Und als dann auch noch ein Sturm mit Windstärke 11 aufkommt, wird „selvs de Frau Dotz, die met dem Wallfeschformat“ davon seekrank. Passt also – es gibt eine Geschichte.
Franks Lieblingskrätzje ist von LSE „Für et Hätz un jäjen d’r Kopp“. In diesem Lied lautet es:
Für et Hätz un jäjen dr Kopp
Für dr Düvel un dr leeve Jott
Für all die ich maach
Und die ich nit ligge kann
Damit liegt Frank auf der Linie Sebus – Krätzjer sind für ihn Lieder, die irgendwie berühren.

Uli ist hingegen eher auf der Linie von Bömmel Lückerath: Sein Lieblingskrätzje ist „De Böösch“ von Köbes Underground aus der Stunksitzung. Dort erzählen, nur mit Gitarre begleitet, zwei Bürsten aus einer Autowaschanlage, wie sie ganz genüsslich einen Porsche Cayenne auseinandernehmen. Und das alles in einem ganz klassischen „Sprechgesang“.
Sind kölsche Krätzjer weltweit einzigartig?
Der Musiker und Krätzjensänger Gerd Köster meint, dass kölsche Krätzje einzigartig in der Welt wären. Abgesehen davon, dass der Kölner gerne jeden möglichen Rekord für sich und seine Stadt reklamiert, ist diese Aussage zwar verständlich aber bei kritischer Betrachtung nicht haltbar.

Jede Region hat ihre Musikkultur und ihren eigenen Musikstil. Allerdings sind diese Musikstile sehr eng mit der Region verbunden: Ein Zither erklingt – das Lied muss aus den Bergen kommen. Die kölsche Musikkultur ist aber extrem vielfältig. Rock, Pop, Krätzje, Country – egal. Interessant ist aber, dass viele, nicht alle, der Künstler auf kölsch singen. So lebt die kölsche Sprache, auch wenn sich manche einer aufregt, „dat dat, wat die Kasallas mache, doch nit Kölsch is.“

Wie kam es denn zum Krätzjer-Fest?
Früher hatte das Hänneschen-Theater montags spielfrei und wurde für Veranstaltungen vermietet. Um die kölsche Liedkultur hochzuhalten, haben sich dann ein paar Akteure unter dem Titel „Kölner Krätzjer Fest“ zusammengetan und an einem Montag im September 2016 dort kölsche Musik präsentiert. Zu den Akteuren gehörten unter anderem J.P. Weber oder auch die „Ahl Kamelle Band“.
Laut Helmut Frangenberg war der Titel „Krätzjer Fest“ und die Idee, eine Plattform für die Künstler zu bieten, so gut, dass man dann in den Folgejahren tatsächlich eine kleines, aber feines Festival auf die Beine gestellt hat. Und so geht im Jahr 2025 das Krätzer Fest tatsächlich in seine 9. Auflage – mit mehr als 40 Veranstaltungen.
Wie ist das Programm des Festivals?
Das Programm des Krätzjer-Festivals ist genau so vielfältig wie die kölsche Musikszene. Den Auftakt macht die „Ahl Kamelle Band“ am 19. September 2025 mit Gästen wie Ludwig Sebus, Henning Krautmacher, Mica Frangenberg und dem „Nubbel“ Mike Hehn.1Dieses Konzert ist bereits ausverkauft.
Es folgen Veranstaltungen wie zum Beispiel ein „Rheinisch-Irischer Ovend“.2Dieses Konzert ist bereits ausverkauft. , ein Streifzug durch die musikalische Stadtgeschichte mit Günter Schwanenberg3Montag, 22. September 2025, 18 Uhr, 17.30 Uhr, im Domforum, Eintritt frei, kostenlose Sitzplatzreservierung ab Mitte August 2025 über www.domforum.de, „Kölsche Karibik“ mit Jamaika Jupp, eine Filmmatinee mit Live Musik im Odeon oder kölsche Verzällcher mit Musik bei „Klaaf im Mediapark“.
Es gibt auch spezielle Krätzjer-Stadtführungen: „Jelängerjeleevercher“ ist ein Spaziergang durch das Vringsveedel und „Krätzjer lijje op d´r Stroß“ stellt die Hintergründe zu ausgewählten kölschen Krätzjer-Klassikern an den jeweils passenden Orten vor.
Wo gibt es weitere Informationen und wie komme ich an Tickets?
Alle Informationen und auch Tickets gibt es auf der Website des Krätzer-
Fests. Das „9. Kölner Krätzje Fest“ läuft vom 19. September bis zum 12. Oktober 2025.
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