
Gastautorin dieses Artikels ist meine Stadtführer-Kollegin Irena Okoh. Sie ist als Stadtführerin in Köln und Leipzig tätig. Seit 2013 gehört sie zum Team von Rhenania Judaica, einer Gruppe von Stadtführerinnen und Stadtführern, die Touren zur jüdischen Geschichte in Köln und im Rheinland anbietet.

Die „Kölner Thesen“
Im Jahr 1896 wurden die sogenannten Kölner Thesen veröffentlicht – ein frühes zionistisches Manifest, welches von Dr. Max Bodenheimer, David Wolffsohn und Moritz Levy Jr. im Namen der National-Jüdischen Vereinigung Köln unterzeichnet wurde. Darin heißt es:
„Die staatsbürgerliche Emancipation der Juden innerhalb der anderen Völker hat (…) nicht genügt, um die soziale und kulturelle Zukunft des jüdischen Stammes zu sichern, daher kann die endgültige Lösung der Judenfrage nur in der Bildung eines Staates bestehen; denn nur dieser ist in der Lage, die Juden als solche völkerrechtlich zu vertreten und diejenigen Juden aufzunehmen, die in ihrem Heimatland nicht bleiben können oder wollen. Der natürliche Mittelpunkt für diesen auf legalem Wege zu schaffenden Staat ist der historisch geweihte Boden Palästinas.“
Diese Thesen beeinflussten das Basler Programm, das auf dem 1. Zionistenkongress 1897 unter Leitung von Theodor Herzl verabschiedet wurde. Köln wurde damit zu einem ideellen Ausgangspunkt für den politischen Zionismus.
Was ist Zionismus?
Das Basler Programm beschreibt den Zionismus als Bestreben, „eine öffentlich-rechtlich gesicherte Heimstätte in Palästina für diejenigen Juden zu schaffen, die sich nicht anderswo assimilieren können oder wollen.“
Anfangs war die Bewegung in Deutschland klein und umstritten. Viele deutsche Juden sahen sich nach ihrer rechtlichen Gleichstellung 1871 als voll integrierte Bürger. Nach Jahrhunderten von Verfolgung hielten sie sich für endlich in Deutschland angekommen. Warum sollten sie Auswanderung unterstützen?

Max Bodenheimer beschrieb mehrere Versammlungen vor jüdischem Publikum mit vaterländischer Gesinnung, in denen seine zionistischen Vorträge lautstark gestört wurden, in Elberfeld sogar durch Absingen des Deutschlandlieds. Erst nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten wuchs infolge der judenfeindlichen Politik das Interesse am Zionismus.
Die israelische Flagge wurde von einem Kölner entworfen.
David Wolffsohn wurde zu einem der engsten Vertrauten von Theodor Herzl. Er half ihm bei der Vorbereitung des 1. Zionistenkongresses. Den Saal ließ er mit einer Flagge schmücken, die dem Tallit, dem jüdischen Gebetsschal, nachempfunden war, auf die ein Davidstern abgebildet ist.

1948 wurde sie erstmals in Palästina gehisst und im gleichen Jahr offiziell als Flagge des jüdischen Staates bestätigt. Nach Herzls frühem Tod wurde Wolffsohn 1905 zum Präsidenten der Zionistischen Weltorganisation gewählt. Das Amt übte er bis 1911 aus. Während dieser Zeit befand sich das Hauptbüro der Zionistischen Weltorganisation in Köln.
Kölns Beitrag zur Gründung Tel Avivs
Ab 1905 war Max Bodenheimer Direktor des Jüdischen Nationalfonds (JNF) und organisierte von seinem Kölner Büro aus die Finanzierung von Landkäufen in Palästina. Als Gegenmodell zum überfüllten und lauten Jaffa sollte nördlich davon eine Gartenstadt gebaut werden, die aus mit Schindeln gedeckten Häusern mit kleinen Gärten bestehen sollte.

Im April 1909 trafen sich mitten in den Dünen einige Familien, die unter sich das Gelände verlosten, das sie einem Araber abgekauft hatten. Daraus entwickelte sich Tel Aviv.1Zwischen Tel Aviv und Köln besteht seit 1979 eine Städtepartnerschaft. Köln war die erste deutsche Stadt, die eine solche Partnerschaft mit Tel Aviv einging. Ermöglicht hatte das Max Bodenheimer persönlich, der den Familien JNF-Kredite bewilligte.
Ein zionistischer Oberbürgermeister und Bundeskanzler
Das Leben von Konrad Adenauer, 1876 in Köln geboren, war geprägt von Freundschaften zu Juden. Als Kölner Oberbürgermeister arbeitete er eng mit Vertretern der jüdischen Gemeinden und Einrichtungen Kölns zusammen. 1927 wurde er Mitglied im „Deutschen Komitee Pro Palästina“ und sprach auf dessen Kundgebung. Er versprach der zionistischen Idee seine Unterstützung.

Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte er sich persönlich für den Wiederaufbau der Synagoge in der Roonstraße ein. Als Bundeskanzler unterzeichnete Adenauer 1952 das Luxemburger Abkommen über „Wiedergutmachungszahlungen“ an Israel gegen den Widerstand aus Teilen der Bevölkerung und seiner eigenen Regierung. Seine Freundschaft zum israelischen Premierminister David Ben Gurion ist legendär.
„Wer unsere besondere Verpflichtung gegenüber den Juden und dem Staat Israel verleugnen will, ist historisch und moralisch, aber auch politisch blind. Der weiß nichts von der jahrhundertelangen deutsch-jüdischen Geschichte und nichts von den reichen Beiträgen, die von Juden zur deutschen Kultur und Wissenschaft geleistet worden sind. Er begreift nicht die Schwere der Verbrechen des nationalsozialistischen Massenmords an den Juden.“2Konrad Adenauer 1966

Rhenania Judaica – Wege in das jüdische Rheinland
Weitere Informationen zu den Kölner Wurzeln, die zur Entstehung der zionistischen Bewegung im 19. Jahrhundert geführt hatten, zeigt das Team von Rhenania Judaica auf ganz speziellen Stadtführungen.
Die nächsten Termine für die Tour „Die Kölner Thesen – Köln und der Zionismus“ sind
- 25. Mai 2025, 15 Uhr
- 17. August 2025, 15 Uhr
- 26. Oktober 2025, 15 Uhr
Treffpunkt ist der Löwenbrunnen auf dem Erich-Klibansky-Platz.
Tickets zum Preis von 19,50 Euro pro Person gibt es bei KölnTourismus und KölnTicket.
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