Das Dreigestirn: Prinz – Bauer – Jungfrau

Ein typisches Dreigestirn mit Prinz, Bauer und Jungfrau. Bild: Norbert Bröcheler
Ein typisches Dreigestirn mit Prinz, Bauer und Jungfrau. Bild: Norbert Bröcheler

Podcast Dreigestirn, 34

In diesen Tagen ist es wieder soweit: Überall im Rheinland werden die Tollitäten proklamiert. Dabei handelt es sich in der Regel um Dreigestirne, bestehend aus Prinz, Bauer und Jungfrau. In manchen Orten übernehmen aber auch einzelne Prinzen, Prinzessinen oder Prinzenpaare die jecke Regentschaft. Und alle Möglichkeiten gibt es auch in „klein“: Kinderdreigestirne, Kinderprinzen, Kinderprinzessin – alles ist möglich.

Hut ab vor den großen und kleinen Menschen, die dieses Amt für die Karnevalszeit übernehmen. Neben sehr viel Zeit braucht es auch Geld und eine Menge Enthusiasmus, über die Karnevalsbühnen zu ziehen und jeden Saal zum „schönsten Saal im Leben“ zu deklarieren. Und es lohnt sich, einen genaueren Blick auf das Dreigestirn und die Figuren „Prinz“, „Bauer“, „Jungfrau“ und den zu Unrecht oft vergessenen Prinzenführer zu werfen.

Das Dreigestirn

Alle drei zusammen bilden das Trifolium (von „tres, also „drei“ und „folium“ = „Blatt“, also so etwas wie ein dreiblättriges Kleeblatt.). In der heute bekannten Form gibt es das Trifolium erst seit 1870 und die Bezeichnung „Dreigestirn“ erst seit 1938. Das Dreigestirn wird jedes Jahr von anderen Personen gebildet.

Ein schmucker Prinz. Bild: Norbert Bröcheler
Ein schmucker Prinz. Bild: Norbert Bröcheler

Der Prinz

Mit der Reform des Karnevals im Jahr 1823 und der Bildung des „Festordnenden Komitee“, aus dem später das Festkomitee des Kölner Karnevals von 1823 e.V. hervorgehen sollte, wurde auch die Figur des „Held Carneval“ geschaffen. Anders als in der Zeit vor 1823 sollte auch die Bürgerschicht für den Karneval gewonnen werden. Daher trug der Held Carneval auch ein Gewand, welches an einen Monarchen erinnern sollte.

Der Begriff „Held“ wurde gewählt, um dem preußischen Königshaus1Köln war ab 1815 Teil der „Preußischen Rheinprovinz“ nicht auf die Zehen zu treten. Die preußischen Monarchen hätten mit Sicherheit wenig Gefallen daran gefunden, wenn der kölsche Narrenherrscher als „Prinz“ bezeichnet worden wäre. 

Zunächst wurde dem Held Carneval mit der Venetia auch eine Prinzessin an seine Seite gestellt. Diese Figur verschwand aber schnell wieder. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde aus dem Helden der Prinz Karneval und das Gewand wandelte sich zu dem heute bekannten Prinzenornat mit kurzer Hose und der höfisch nachempfundenen Strumpfhose. Ab 1870 wurde der Held Carnveal als Prinz bezeichnet.

Auf dem Kopf trägt der Prinz die Prinzenmütze mit vier bunten Fasanenfedern: Rot und weiß stehen für Köln, grün und gelb für den bunten Karneval. Ab Karnevalssonntag allerdings hat der Prinz fünf Federn, denn traditionell bekommt er an diesem Tag auf der Sitzung der Karnevalsgesellschaft „Die Grosse von 1823“ eine blaue Feder, welche vorher die Mütze des Präsidenten dieser Gesellschaft schmückte.

Auf der Proklamation erhält der Prinz als Zeichen seiner Macht die „Pritsch“. Diese Pritsch (man könnte auch „Klatsche“ sagen) kann auch zur Züchtigung eingesetzt werden. Damit soll der Prinz das ausgelassene Treiben der Jecken in die richtigen Bahnen lenken. Im Rosenmontagszug fährt der Prinz alleine auf dem größten und prächtigsten Wagen des Zugs – ganz am Ende als Höhepunkt des Zugs.

Ne staatse Buur! Deutlich zu erkennen: Das Kettenhemd. Bild: Norbert Bröcheler
Ne staatse Buur! Deutlich zu erkennen: Das Kettenhemd. Bild: Norbert Bröcheler

Der Bauer

Wer meint, dass der Bauer nur einen harmlosen Landwirt darstellen soll, liegt vollkommen falsch. Der „Kölsche Boor“ repräsentiert die Wehrhaftigkeit der Stadt. Er trägt ein Kettenhemd, auf alten Darstellungen auch ein Schwert, und steht für die Wehrhaftigkeit der Stadt. Auch der schwere, eisenbewehrte Dreschflegel des Bauern ist weniger dafür gedacht, Korn zu dreschen sondern eher die Feinde der Stadt zu Brei zu schlagen. Somit stellt der Bauer im Dreigestirn einen Krieger dar und erinnert an die Befreiung der Stadt in der Schlacht von Worringen.

Daher werden große und schwere Männer für die Rolle des Bauern ausgewählt – „ne staatse Boor“, wie der Kölsche sagt. Und in der Tat ist so ein Bauer mit seinem großen Hut – er trägt Pfauenfedern auf dem Kopf – fast drei Meter hoch. Eine imposante Erscheinung. 

Die Pfauenfeder, als Symbol für ewige Treue und Unsterblichkeit, symbolisiert die Unsterblichkeit der Stadt Köln, die der Bauer verkörpern soll. Um die korrekte Zahl der Pfauenfedern ranken sich zahlreiche Sagen. Angeblich sollen es 125 Federn sein: Die Quersumme ergibt acht und Ziffer Acht auf die Seite gelegt ergibt das Symbol für Unendlichkeit.  

Die Figur des Bauern gab es bis 1883 nur sporadisch, je nachdem, ob sie zum jeweiligen Karnevalsmotto passte. Erst ab diesem Jahr begleiten Jungfrau und Bauer den Prinzen.

Seit 1989 erhält der Bauer auf der Proklamation die Stadtschlüssel und bewahrt diese an seinem Gürtel auf. Im Rosenmontagszug fährt er gemeinsam mit der Jungfrau auf einem prächtigen Festwagen.

Das SCHÖNSTE, was ein Dreigestirn zu bieten hat: Die Jungfrau. Bild: Norbert Bröcheler
Das Schönste, was ein Dreigestirn zu bieten hat: Die Jungfrau. Bild: Norbert Bröcheler

Die Jungfrau

Das Schönste was Köln zu bieten hat, ist die Jungfrau. In der immer noch männerdominierten Karnevalswelt wird diese regelmäßig von einem Mann dargestellt. Die Jungfrau trägt ein römisch anmutendes Gewand, welches an Agrippina erinnern soll. Ihre Krone ist den Zinnen der Stadtmauer nachempfunden. Die Jungfrau ist somit das Symbol, dass die Stadt Köln unverletzlich und uneinnehmbar ist.

In den Jahren 1938 und 1939 wurde die Jungfrau tatsächlich jeweils durch eine Frau dargestellt. Hintergrund war die Bestrebungen der Nationalsozialisten gegen die Homosexualität. Im gleichen Zuge wurden die bis zu diesem Zeitpunkt üblichen männlichen Funkemariechen der Tanzgarden durch weibliche Tänzerinnen ersetzt. Doch während man 1949 beim ersten Dreigestirn nach dem Krieg wieder auf männliche Jungfrauen setzte, blieb man bei den Traditionskorps bis heute bei den weiblichen Funkemariechen.

Auf der Proklamation erhält die Jungfrau einen Spiegel, damit sie sich selbst ständig bewundern kann. Die Verleihung des Spiegels ist eine vergleichsweise junge Tradition. Erst seit 1993 wird der Spiegel überreicht, eine Idee des damaligen Kölner Oberbürgermeisters Burger. Denn bis dahin bekamen der Prinz die Pritsch und der Bauer die Stadtschlüssel – nur die Jungfrau ging leer aus.

Der Prinzenführer

Der Prinzenführer ist der „Manager“ des Dreigestirns. Er wacht über den Terminplan und ist der stets hilfreiche Geist im Hintergrund. Bei Problemen ist er der erste Ansprechpartner. Festlich gekleidet mit einem schwarzen Frack, Fliege und Schärpe steht er auch auf der Bühne direkt beim Dreigestirn. Immer bereit, bei allen unvorhersehbaren Ereignissen sofort einzugreifen.

Der Prinzenführer - Manager des Dreigestirns. Bild: Norbert Bröcheler
Der Prinzenführer – Manager des Dreigestirns. Bild: Norbert Bröcheler

Die Ornate

Oft werden die Ornate des Dreigestirns als Kostüme bezeichnet. Dies ist schlichtweg falsch.

Mit einem Kostüm verkleidet sich die Jecken als Cowboy, Clown oder Indianerin. Die Ornate des Dreigestirns sind aber Amtstrachten. Somit verkleiden sich Prinz, Bauer und Jungfrau nicht als Dreigestirn, sondern sie werden bei der Proklamation zu diesen wichtigen Figuren im Karneval.

Die maßgeschneiderten Ornate leiden in der Session erheblich. Regen, Schnee, Schminke von zudringlichen Karnevalisten – nicht alles lässt sich einfach auswaschen. Außerdem sind die Ornate durch verschiedene Lagen Stoff eine durchaus warme Bekleidung. Zusammen mit dem heißen Scheinwerferlicht auf den Bühnen kommen Prinz, Bauer und Jungfrau ordentlich ins Schwitzen.

Die Auftritte des Dreigestirns

Die Auftritte von Prinz, Bauer und Jungfrau folgen heute einem festgelegten Ritual. Nach dem Einzug in einen Saal bzw. auf eine Bühne, immer zusammen mit einer Equipe, werden die drei vorgestellt. Dabei werden traditionell die Lieder „Op dem Maat“ für den Bauern, „Oh, wie bist du schön“ für die Jungfrau und „Der schmucke Prinz“ gespielt. Auch der Prinzenführer bekommt mit „Schau nicht auf die Uhr“ sein spezielles Lied.

Marcus Gottschalk war selber Prinz der Session 2012 und ist heute Protokollchef für das Dreigestirn beim Festkomittee. Gottschalk berichtet, dass sich die Auftritte der Dreigestirne massiv verändert haben:2Marcus Gottschalk in „AppSolut Jeck – der Blog zum Kölner Karneval

„Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs trat das Dreigestirn nur in der eigentlichen Karnevalswoche auf. Einen Auftrittsplan, wie wir ihn heute kennen, gab es anfangs nicht. Noch bis in die 1960er-Jahre traf sich das Kölner Dreigestirn mittags im Excelsior, der damaligen kölschen Hofburg, um mit dem Prinzenführer in den Festplan des Festkomitees zu schauen. Man entschied spontan, wohin man gehen wollte. Damals war es eine Ehre und eine Überraschung, wenn das Dreigestirn eine Sitzung besuchte. Das Dreigestirn sagte ein paar Begrüßungsworte, nahm für eine halbe Stunde im Elferrat Platz und verfolgte das Sitzungsgeschehen. Dann marschierte es wieder hinaus und weiter ging’s zur nächsten Sitzung. Ab den 1970er-Jahren wurde das langsam professioneller.“

Noch in den 1970er Jahren hatte das das Dreigestirn etwa 120 Auftritte. Heute tritt das Dreigestirn – je nach Länge der Session – rund 400 Mal auf. Es gibt im Kölner Karneval keine Künstlerin, keinen Künstler und keine Band, die öfter gebucht werden als das Kölner Dreigestirn.

Etwa die Hälfte der Auftritte finden in sozialen Einrichtungen, z.B. Krankenhäusern, Altenheimen und auch Hospizen statt. Eine besondere Anforderung ist es für Prinz, Bauer und Jungfrau, direkt umzuschalten und sich auf das spezifische Publikum einzustellen. So kann es durchaus vorkommen, dass auf einen Auftritt in einem Kinderhospiz ein Auftritt auf einer Damensitzung mit ausgelassen, angetrunkenen „Kölschen Mädchen“ folgt. Nicht jedes Dreigestirn steckt das so einfach weg.

Eskapaden des Dreigestirns

Nur selten dringen Informationen über Probleme im Dreigestirn nach außen. Ab und an fällt einer der drei wegen Krankheit ein paar Tage aus, und es gibt vorübergehend nur ein Zweigestirn. Größere Eskapaden bleiben aber – bis auf wenige Ausnahmen – aus.

So gingen der Jungfrau Helmi im Dreigestirn 1986 die Nerven durch und es kam zu einer Schlägerei mit einem Fotografen. Für ihn sprang kurzfristig Hans-Dieter Salchert, der bereits 1983 die Jungfrau verkörpert hatte, ein. Drei Jahre vorher musste der designierte Prinz Rudi I. kurz vor der Proklamation verzichten, da ihm falsche Abrechnungen bei Kurzzeitarbeitern in seinem Unternehmen vorgeworfen wurden.

Was kostet es, im Kölner Dreigestirn zu sein?

Um es vorwegzunehmen: Es gibt keine belastbare Quelle zu den Kosten. Auch das Festkomitee gibt dazu keine Auskunft. Allerdings dürfte für die Ornate, das Wurfmaterial, die Orden, Geschenke und viele Runden eine erhebliche Summe draufgehen. Es gibt zwar immer wieder Spenden für das Dreigestirn, allerdings kann man davon ausgehen, dass unter dem Strich für jeden der drei ein deutlich fünfstelliger Betrag anfallen – je nach Ausgestaltung der Session durch die Prinz, Bauer und Jungfrau auch erheblich mehr.

Dazu kommt noch, dass es während der Session von Anfang Januar bis Aschermittwoch bei acht bis 14 Auftritten täglich unmöglich ist, zu arbeiten. Kein Wunder, dass die Rollen in Köln regelmäßig von Geschäftsleuten ausgefüllt werden. Und es ist ein offenes Geheimnis, dass diese sich auch Vorteile für ihr jeweiliges Geschäft versprechen.

Anders ist dies beim Karneval „op dem Dörp“, also im Kölner Umland. Die unzähligen Dreigestirne und Prinzenpaare sind in der Regel nur aus „Spaß an der Freud“ im Karneval unterwegs.

Ich wünsche allen Tollitäten vell Freud im Karneval, eine herrliche Session und vell Sunnesching am Rosenmontag.

ALAAF


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Elo Wilhelm Sambo: Der Blaue Funke an d´r Spetz vum Rusemondachszoch

Elo Wilhelm Sambo als Kesselpauker der Blauen Funken führt den Kölner Rosenmontagszug an
Elo Wilhelm Sambo als Kesselpauker der Blauen Funken führt den Kölner Rosenmontagszug an

Ganz Köln kannte ihn, die Pänz haben ihn geliebt,: Elo Wilhelm Sambo, der Kesselpauker der Blauen Funken. Ein Mann mit schwarzer Hautfarbe im Karneval. Und das nicht irgendwo, sondern ganz vorne im Rosenmontagszug.

Die Blauen Funken haben seit 1870 „de Spetz vum Rusemondachszoch“. Das bedeutet, dass sie mit ihrer Kapelle den Rosenmontagszug anführen. Und vor der Kapelle ritten immer vorneweg die Kesselpauker. Somit hatte Sambo ab Ende der 1920er Jahre bis 1933 faktisch den Kölner Rosenmontagszug eröffnet.

Geboren in einer Kolonie des Deutschen Reichs

Bis es zu seiner Karriere im Kölner Karneval kam, hatte Elo Wilhelm Sambo bereits viel erlebt. Er wurde 1885 in Yaoundé in Kamerun geboren. Ob der 1. April sein tatsächliches Geburtsdatum ist, lässt sich bis heute nicht zweifelsfrei nachweisen.

Im Jahr seiner Geburt wurde Kamerun zum „Schutzgebiet“ des Deutschen Reichs, die europäischen Mächte hatten Afrika unter sich aufgeteilt. Neben der wirtschaftlichen Ausplünderung der Kolonien wurden auch Menschen als Exoten mit nach Europa genommen – schwarze Dienstboten galten als schick.

Dieses Schicksal trifft auch den angeblichen Waisen Elo Sambo. Der kaiserliche Rittmeister Stolzenberg brachte den sechsjährigen Jungen im Jahr 1891 mit ins Deutsche Reich. Da Kaiser Wilhelm II. sein Patenonkel wurde, erhielt der Junge den zweiten Vornamen „Wilhelm“.

Karriere im kaiserlichen Militär

Über seine schulische Ausbildung und Werdegang ist nichts bekannt, vermutlich wurde er in einem Militär-Waisenhaus in Potsdam erzogen und soll auch dort eine Ausbildung zum Pferdeknecht gemacht haben. Erst ab 1905 ist der weitere Lebensweg dokumentiert. Sambo trat als Freiwilliger am 1. Oktober 1905 in die 4. Kompanie des Eisenbahner-Regiments Nr. 1 ein.

Ob die militärische Karriere tatsächlich freiwillig war, darf durchaus bezweifelt werden. Vermutliche Gründe waren wahrscheinlich eher der Mangel an Alternativen für einen Afrikaner im Kaiserreich.

Nach zwei Jahren wechselte er in das „Leib-Gardehusaren-Regiment“ und wurde dort zum Kesselpauker ausgebildet. Auch schon sein Vorgänger als Kesselpauker in diesem Regiment war afrikanischer Herkunft. Diese schwarzen Kesselpauker ritten regelmäßig in roter Uniform auf einem Schimmel vor der Kapelle. Durch diese schwarz-rot-weiße Farbkombination wurden die Farben des Deutschen Kaiserreiches repräsentiert.

Eine Postkarte von 1928 zeigt Elo Wilhelm Sambo in der Uniform des Leib-Gardehursaren-Regiments, Bild: Digitale Sammlungen der Universität zu Köln
Eine Postkarte von 1928 zeigt Elo Wilhelm Sambo in der Uniform des Leib-Gardehursaren-Regiments, Bild: Digitale Sammlungen der Universität zu Köln

Als einer der wenigen Personen afrikanischer Herkunft kämpfte Sambo im Ersten Weltkrieg auf Seiten des Deutschen Reichs. Er wurde an der Westfront und im Osten eingesetzt und dort schwer verwundet.

Sein damaliger Regimentsadjudant schrieb über Elo Wilhem, Sambo:

„Als ich im Frühjahr 1915 zur Infanterie versetzt wurde, kam Sambo zu mir und meinte: „Nehmen der Rittmeister mich mit, ich lasse mich auch für ihn totschießen.“1Quelle: Höxtersche Zeitung vom 9. Dezember 1933

Für seinen Einsätze erhielt der das Verwundetenabzeichen und das „Eiserne Kreuz 2. Klasse“. Nach seiner Genesung kämpfte er – unbestätigten Quellen zufolge – in Palästina. Dort soll er im Jahr 1918 in englische Gefangenschaft geraten sein.

Sambo kehrte 1919 aus der Kriegsgefangenschaft zurück und wurde wieder als Kesselpauker im 4. Reiter-Regiment in Potsdam eingesetzt. 1923 wurde er aus der Armee entlassen.

Ende 1920er zieht Sambo nach Köln

Während sein Militäreinsatz relativ gut dokumentiert wurde, ist über sein Privatleben sehr wenig bekannt. Er arbeitete kurze Zeit als Fremdenführer in Potsdam, zog dann aber nach Münster und wurde dort „Kaffee-Koch“ in der Konditorei seines ehemaligen Kriegskameraden Albin Middendorp.

Ganz uneigennützig wird die Einstellung Sambos durch Middendorp nicht gewesen sein. Der „Exot“ Sambo wurde als Werbefigur für das exotische Getränk Kaffee eingesetzt. Für die Münsteraner der 1920er Jahre war ein schwarzer Mann durchaus besonders und so hatte der „Kaffee-Koch“ Sambo den Kaffee-Absatz in Middendorps Konditorei mit Sicherheit steigern können.

Wie lange genau Sambo in Münster war, lässt sich nicht genau nachvollziehen. Aber gegen Ende der 1920er Jahre zieht er nach Köln.

Mitglied der Blauen Funken

Angeblich kam er wegen einer Frau nach Köln. Er wäre nicht der erste Mann, der wegen der Liebe nach Köln kommt. Doch ob das tatsächlich so war, lässt sich nicht belegen. Die Beziehung einer weißen Frau zu einem schwarzen Mann war eher geduldet als erwünscht, daher gibt es auch keine Belege für diese These.

Vermutlich hat Elo Wilhelm Sambo in der Kölner Südstadt gelebt. Er wurde wurde er auch Mitglied der Blauen Funken.

Elo Wilhelm Sambo in der Mitte vor den Kesselpauken
Elo Wilhelm Sambo in der Mitte vor den Kesselpauken

Unstrittig und vielfach belegt waren seine Leistungen als Musiker bei dem Leibgarde-Husaren-Regiment. Sambo spielt dort wieder die Kesselpauke. Die Konzerte und insbesondere die Leistungen Sambos  wurden in vielen Zeitungen ausdrücklich gelobt. So lautete es in der „Bergischen Post“ vom 8. Februar 1927:

„Die Sensation des Abends bildete das Auftreten des schwarzen Kameruners Elo Wilhelm Sambo, des letzten Paukenschlägers der Garde-Leibhusaren, der in voller Friedensuniform nochmal seine geliebte Pauke schlug und dafür natürlich mit lebhaftem Beifall bedacht wurde.“

Das „Altenaer Kreisblatt“ schrieb am 1. Dezember 1927:

„Die Musik kam dann wieder zu ihrem Recht und war es u. a. Kamerad, Vizewachtmeister Elo Wilhelm Sambo, der in der schmucken Uniform des ehemaligen Leibgarde-Husaren-Regiments als Kesselpauker auftrat und tosenden Beifall erntete.“

Und die „Langenberger Zeitung“ vom 27. Oktober 1928 berichtete:

„Mit Beginn des 3. Teiles … kam durch den Saal von acht Fanfarenbläsern eskortiert eine weitere „Zugnummer“, des Abends, der Kameruner Elo Wilhelm Sambo, der sich in die Friedensuniform des ehemaligen Leibgarde-Husaren-Regiments „geschmissen“ hatte. Ungeheurer Jubel setzte ein und es sang der ganze Saal den von der Musik intonierten „Treuen Husar“ mit.“

Pompöse Beerdigung auf dem Südfriedhof

Wilhelm Elo Sambo starb im Alter von nur 48 Jahren am 12. Juli 1933 in Köln. Über die Umstände seines Todes ist zwar nichts bekannt, allerdings gibt es ausführliche Berichte über sein Begräbnis auf dem Kölner Südfriedhof. Sein Sarg wurde begleitet von den uniformierten Vertretern des Leib-Garde-Husaren-Regiments und des Gardevereins Kölns. Es ist auch davon auszugehen, dass die Blauen Funken bei der Beerdigung anwesend waren.

Neben seinem Stahlhelm wurde auch ein Kranz, gestiftet vom Kaiser, am Grab niedergelegt. Dieses Grab existiert heute leider nicht mehr.

"Sambo, der Kaiserpauker", Nachruf auf Elo Wilhelm Sambo in der Höxterschen Zeitung vom 9. Dezember 1933
„Sambo, der Kaiserpauker“, Nachruf auf Elo Wilhelm Sambo in der Höxterschen Zeitung vom 9. Dezember 1933

Nie mehr nach Kamerun zurückgekehrt

Ob Sambo in Köln glücklich war oder nicht, ist nicht bekannt. Aber sein größter Lebenstraum, noch einmal nach Kamerun zu reisen, wurde nicht wahr. Das könnte an den fehlenden finanziellen Mitteln gelegen haben oder aber daran, dass Kamerun ab 1919 keine Kolonie des Deutschen Reichs mehr war.

Ebenfalls unerfüllt blieb sein dokumentierter Wunsch, sein Paukenpferd „Otto“ pflegen zu dürfen – auf eigene Kosten. Dazu schrieb die Höxtersche Zeitung vom 9. Dezember 1933 in einem Nachruf auf Elo Wilhelm Sambo:

„Ebenso bezeichnend wie die Anhänglichkeit an sein Regiment war seine Bitte, sein altes Paukenpferd Otto auf seine Kosten in Pflege zu geben, der jedoch nicht entsprochen werden konnte. Nun hat das treue Pferd seinen Herrn überlebt, es bekommt noch heute sein Gnadenbrot“

Was bleibt ist der stolze schwarze Mann, der mit seinen Pauken bis 1933 an d´r Spetz des Rosenmontagszugs ritt. Ob er diese Position auch unter den nationalsozialistischen Machthabern hätte weiterhin behalten dürfen, darf stark bezweifelt werden.

Die kölschen Pänz aber haben Elo Wilhelm Sambo als imposanten Star des Zochs geliebt.


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Der Kölner Krippenweg und die Krippe in einem zerstörten Krankenwagen

Der völlig zerstörte Krankenwagen aus der Ukraine. Im Vordergrund die Krippe. Bild: Uli Kievernagel
Der völlig zerstörte Krankenwagen aus der Ukraine. Im Vordergrund die Krippe. Bild: Uli Kievernagel

Es ist ein Ort der absoluten Gegensätze: Auf der einen Seite ein zerschossener, zerstörter Krankenwagen. Mit zahlreichen Einschusslöchern. Der zerstörte Krankenwagen als Symbol des Krieges, der Zerstörung und des Todes.

Auf der anderen Seite eine Krippe. Eine Krippe, über die Stadtsuperintendent Dr. Bernhard Seiger sagt: „In der Heiligen Nacht kommt … in Bethlehem ein Kind zur Welt und wird mangels eines Kinderbetts in eine Krippe gelegt. Dieses Kind ist ein jüdisches Kind. Es erlebt die Gefährdung seines Lebens schon als Kind und erfährt als Erwachsener Gewalt und Qual bis zur Tötung. Und doch tritt dieses Kind, genannt Jesus, für Versöhnung und die Würde der Schwachen ein.“1Quelle: Grußwort zum Kölner Krippenweg Die Krippe als Symbol des Friedens, der Hoffnung und des Lebens.

Im Lager des „Blau-Gelben Kreuzes“ kommen diese beiden Symbole zusammen: Ein Symbol des Krieges und ein Symbol des Friedens. Auf engstem Raum. Als Teil des Kölner Krippenwegs.

Der Kölner Krippenweg

Bereits zum 29. Mal lädt der Kölner Krippenweg ein, ausgewählte Krippen kennenzulernen. Die Organisatoren wählen die teilnehmenden Krippen sorgfältig aus. Caroline Maria Weber ist die Vorsitzende der Krippenfreunde Region Köln e.V. und beschreibt die Zusammenstellung des Krippenwegs wie folgt: “Die Auswahl der Krippen erfolgt nicht nach dem Zufallsprinzip, sondern nach Kriterien der künstlerischen und inhaltlichen Qualität. Wir schaffen Bezüge zu Köln und seinen internationalen Partnerstädten. … Wir zeigen Werke der Krippenkunst aus Privatsammlungen wie eine zierliche böhmische Krippe oder eine Winzerkrippe von der Ahr.“2Quelle: Grußwort zum Kölner Krippenweg

Zu diesen ganz besonderen Krippen zählt auch die Hänneschen-Krippe auf dem Neumarkt, die Krippenlandschaft aus LEGO in St. Johann Baptist oder die lebenden Tiere in der Krippe des Lindenthaler Tierparks. Als Ort der Gegensätze fällt aber die Krippe am zerschossenen Krankenwagen des Blau-Gelben Kreuzes ganz besonders auf.

Logo Blau-Gelbes Kreuz e.V.

Das Blau Gelbe Kreuz

Der Verein „Blau-Gelbes Kreuz“ ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Köln. Der Verein existiert bereits seit 2014 und fördert die Entwicklung einer freien, demokratischen Ukraine. Seit dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine leistet das Blau Gelbe Kreuz Hilfe für die Opfer des Krieges.

In einem großen Lager in Raderberg (Marktstraße 27, 50968 Köln) werden Sachspenden entgegengenommen und zur Weiterverteilung in der Ukraine vorbereitet.

Zwei tote Männer, eine verschleppte Frau

Im März 2022 war die Besatzung des ausgestellten Krankenwagens auf dem Weg zu einem Hilfseinsatz in der Nähe des Dorfes Tsyrkuny im Gebiet Charkiw unterwegs. Dieses Gebiet ist auch heute noch stark umkämpft. Die Besatzung des Krankenwagens versuchte, verletzte Menschen zu retten. Doch ein russisches Militärfahrzeug rammte den Wagen. Das Fahrzeug wurde völlig zerstört.

Der zerschossene und von einem russischen Militärfahrzeug gerammte Krankenwagen, Bild: Uli Kievernagel
Der zerschossene und von einem russischen Militärfahrzeug gerammte Krankenwagen, Bild: Uli Kievernagel

Der Fahrer des Krankenwagens, Serhii, geb. 1982, und der Sanitäter, Oleksandr, geb. 1986, wurden an Ort und Stelle erschossen. Die ebenfalls zur Besatzung gehörende Ärztin Viktoria wurde verschleppt, über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt.

Drei Monate Überlebensdauer eines Krankenwagens

Dieser Angriff auf einen Rettungswagen ist kein Einzelfall. Das russische Militär macht gezielt Jagd auf Rettungsfahrzeuge. Ziel ist der blanke Terror, die Erzeugung von Angst und die Demoralisierung der Ukrainer.

Rettungswagen in den kriegsnahen Gebieten der Ukraine haben eine durchschnittliche Überlebensdauer von gerade drei Monaten. Speziell diese Fahrzeuge werden regelmäßig zu Todesfallen.

Die Krippe der der Künstlerin Olya Kravchenko aus Lwiw. Bild: Uli Kievernagel
Die Krippe der der Künstlerin Olya Kravchenko aus Lwiw. Bild: Uli Kievernagel

Im krassen Gegensatz zu dem zerschossenen Fahrzeug steht direkt daneben eine zeitgenössische Krippe im modernen Ikonenstil der Künstlerin Olya Kravchenko aus Lwiw.

„Weihnachten ist nicht der Lichtschalter, den du anknipst und plötzlich ist alles nur noch sonnig.“

Peter Otten, Pastoralreferent aus St. Agnes, ist regelmäßig im Radio zu hören. Er ist Teil des Teams „Kirche im WDR“. Er hat die ganz spezielle Krippe des Blau-Gelben Kreuzes gesehen und zum zentralen Bestandteil seiner Gedanken zum Jahresende gemacht. Unter dem Titel „Nicht aufgeben“ meint Peter Otten:

„Ausgerechnet dort, im völlig zertrümmerten Krankenwagen, steht eine Krippe, die aus der Ukraine nach Deutschland gebracht worden ist. Ich sehe sie, bin erschüttert und mir wird klar: Weihnachten bedeutet nicht, dass der Wahnsinn von Gewalt endet. Dass erschossene Sanitäter und Ärzte wieder lebendig werden. Weihnachten bedeutet auch nicht, dass überall unschuldige Menschen aus den Gefängnissen entlassen werden und kein Kind mehr Hunger leidet. Weihnachten ist nicht der Lichtschalter, den du anknipst und plötzlich ist alles nur noch sonnig.“ 

Doch trotz Tod, Krieg und Verzweiflung rät Peter Otten:

Nicht aufgeben!  
Weihnachten ist ein Fest der Hoffnung.
Es ist doch besser, wenn Menschen einander kein Fluch sind,
sondern ein Segen.


 

Kreppche loore mit dem KöbesColonius

Der Stadtführer Guido Hoffmann bietet als „KöbesColonius“ auch eine spezielle Krippenführung  an. Darüber haben wir auch in unserem Podcast ausgiebig mit ihm gesprochen. 

Für die „Kreppche loore“ – Termine am

  • Sonntag, 5.Januar 2025, Start um 11.30 Uhr und am
  • Sonntag, 12. Januar, Start um 13 Uhr

gibt es für Kurzentschlossene noch freie Plätze. Start ist jeweils an der Kirche St. Maria Lyskirchen. Bei Interesse bitte direkt beim KöbesColonius anmelden:

KöbesColonius, Guido Hofmann
Tel.: 0151 51061986
koebescolonius@web.de
www.koebescolonius.de


Logo Blau-Gelbes Kreuz e.V.

Spenden für das Blau-Gelbe Kreuz

Alle Informationen zu möglichen Spenden an das Blau-Gelbe Kreuz finden sich auf der Website


Kölner Krippenweg 2024/25, Bild: Krippenfreunde Region Köln e. V.
Kölner Krippenweg 2024/25, Bild: Krippenfreunde Region Köln e. V.

Alle Informationen zum Kölner Krippenweg inklusive einem ausführlichem Begleitheft zum Download finden sich auf der Website des Kölner Krippenwegs.


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