2.000 Jahre Köln: Historisches
In Köln ist in den letzten 2.000 Jahren viel passiert. Hier findet ihr ein paar der vielen, vielen Geschichten aus der Kölner Geschichte.
Bauwerke & Plätze
Auch die im 2. Weltkrieg so stark zerstörte Stadt Köln hat wunderschöne Bauwerke, Orte und Plätze. Oft sind diese allerdings gut versteckt.
Ein paar Fragen an …
In meiner Reihe „Ein paar Fragen an …“ befrage ich Menschen aus Köln, die etwas zu erzählen haben.
Karneval
Selbstverständlich nimmt die 5. Jahreszeit einen breiten Raum in unserer Stadt ein. Un et is härrlisch, Fastelovend ze fiere!
Köln im Krieg
Der Krieg hat tiefe Wunden in der Domstadt hinterlassen. Zur „Stunde Null“ waren 80% der Gebäude in der Innenstadt zerstört.
Kölsche Persönlichkeiten
Die alte Stadt am Rhein hat in den letzten zwei Jahrtausenden viele Persönlichkeiten hervorgebracht.
Kölsche Stöckelche
Wenn der Kölsche von „Stöckelche“ spricht, dann meint er damit Anekdötchen.
Kölsche Tön
Es gibt wahrscheinlich keine Stadt auf der Welt, die so oft besungen wird wie Köln.
Kölsche Wörter
Die kölsche Sprache bietet wunderschöne Wörter. Und ein paar davon werden hier erklärt.
Kunst & Kultur
Auch wenn es angesichts mancher Fehlplanungen oft schwer zu glauben ist: Köln ist auch eine Kulturstadt.
Karte zum Köln-Ding der Woche
Fast alle „Köln-Dinger der Woche“ kann man sich anschauen. Falls ihr, unabhängig von einer Lotsentour, euch diese speziellen Seiten von Köln anschauen wollt, nutzt einfach diese Karte.
„Für alles jitt et e Woot, nur für die Liebe nit.“1Für alles gibt es ein Wort, nur für die Liebe nicht.
ist ein Songtitel der kölschen Band Lupo. In diesem Lied wird eingängig erklärt, dass es in der kölschen Sprache für viele hochdeutsche Wörter spezielle eigene kölsche Wörter gibt. So nennt der Kölner
ABER: Es gibt tatsächlich kein spezielles kölsches Wort für die Liebe. Und das ist äußerst erstaunlich.
Warum gibt es in der kölschen Sprache kein Wort für die Liebe?
Für den Satz „Ich liebe Dich.“ gibt es tatsächlich keine kölsche Übersetzung. Mangels eigener kölscher Worte für die Liebe nutzt der Kölner hilfsweise Umschreibungen. Das klingt dann ungefähr so: „Isch han dich jän“ oder „Ich maach dich“.
Nur am Rande: Der Kölner hat zwar kein eigenes Wort für die Liebe, dafür aber ein eigenes Wort für ein (außereheliches) Verhältnis: „Fisternöllchen“. Und das lässt eindeutige Rückschlüsse auf das kölsche Gemüt zu!
Endgültiges Bekenntnis fällt dem Kölner schwer
Stephan Grünewald ist ein bekannter Psychologe und Gründer des renommierten rheingold-Instituts. Er meint, die Kölner hätten deswegen ein Problem mit dem Begriff „Liebe“, weil sie sich mit einem so endgültigen Bekenntnis sehr schwer tun. Grünewald sagt: „Der Kölner liebt das Flirtspiel: Bützen ja, aber bitte nicht festlegen! Lieber gekonnt alles offen halten, sonst kommt man wieder in die Bredouille.“2Stephan Grünewald im Kölner Express vom 10. August 2011
Ein anderer echter Experte für die kölsche Sprache und auch das kölsche Gemüt war der im Jahr 2011 verstorbene Komponist Hans Knipp. Er hat so wunderschöne Lieder wie „Mer losse d’r Dom en Kölle“, „Ene Besuch im Zoo“ oder „Unsere Stammbaum“ geschrieben. Und auch „Ming etzte Fründin“. Der Mann kannte sich also mit der Liebe aus.
Auch er wurde gefragt: Herr Knipp, wieso gibt es kein kölsches Wort für Liebe? Seine Antwort: „Die kölsche Sprache ist herzlich, aber ihr fehlt das Pathos. Dadurch gibt es aber auch in den Liedern diese gewisse Schnulzigkeit nicht, die man sonst in Schlagern findet.“3Hans Knipp im Kölner Express vom 10. August 2011
Das Wort „Leevde“ ist in Vergessenheit geraten – eine Spurensuche
Der kölsche „Sprach-Papst“ Adam Wrede4Neuer Kölnischer Wortschatz, Greven Verlag Köln 1976 übersetzt „Liebe“ tatsächlich mit „Leev“ oder „Leevde“ und führt auch die kölschen Sprichwörter „Kahl Häng, wärm Leev.“5„Kalte Hände, warme Liebe.“ oder „Hät einer nit Leev noch Juns, dann helfe nit Red noch Kuns.“6„Hat einer keine Liebe und keine Gunst, dann helfen weder Rede noch Kunst.“ auf,.
Wrede weist aber ausdrücklich darauf hin, dass dieser Begriff nur noch selten gebraucht wird und meist durch „jän han“ umschrieben wird.
Die Kölsche Sprache kennt keine abstrakten Begriffe
Rolly Brings ist ein kölscher Autor und Liedermacher und wurde 2022 mit dem Karl-Küpper-Preis geehrt. Er hat das Lukasevangelium auf Kölsch übersetzt – man kann ihn also als echten Kölsch-Experten bezeichnen. Rolly Brings begründet das Verschwinden des Worts „Leevde“ damit, dass man in der Domstadt lieber Bilder und Beschreibungen wie „Ich han dich zum fresse jän.“ nutzt. Er führt das darauf zurück, dass die kölsche Sprache keine abstrakten Begriffe kennt.
Schlägt man den Begriff „abstrakt“ nach, erfährt man, dass dies den „induktiven Denkprozess des erforderlichen Weglassens von Einzelheiten und des Überführens auf etwas Allgemeineres oder Einfacheres“7Quelle: Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Abstraktion bezeichnet. Aha!
Einfacher formuliert: Mit Abstraktion wird nichts Gegenständliches bezeichnet. Und „Liebe“ ist eindeutig nicht „gegenständlich“. Demnach werden in der kölschen Sprache Begriffe eher „handfest“ und weniger abstrakt verwendet.
Und damit wird klar: „Für alles jitt et e Woot, nur für die Liebe nit.“
Heute vor 17 Jahren, in der Nacht vom 1. auf den 2. Dezember 2007, gab es den weltweit größten Gitarrendiebstahl: 56 hochwertige Gitarren waren weg – und bis heute ist keine einzige davon wieder aufgetaucht. Bestohlen wurde der Music Store, einer der größten deutschen Musikalienhändler.
400.000 Euro Schaden
Die gestohlenen Gitarren hatten einen Gesamtwert von 400.000 Euro. „Der finanzielle Verlust schmerzt schon, doch ebenso schwer wiegt der ideelle.“ so der so der Music Store Geschäftsführer Michael Sauer.
Die Instrumente wurden in sehr geringen Stückzahlen aus ganz besonders wertvollen Holzsorten hergestellt. Einige der Gitarren sind sogar Einzelstücke. Sauer hält einen Weiterverkauf der Gitarren für extrem schwierig. „Die Instrumente sind nummeriert, wir beobachten die Szene und sehen, wo die Gitarren angeboten werden.“
In der Tatnacht kletterten die Täter über die Dächer der verwinkelten Nebengebäube. So konnten sie an eine Dachluke herankommen. Diese Art und Weise eine Einbruchs hatte der Music Store nicht bedacht. Die Einbrecher hätten auch keine Chance gehabt, über die Eingangstür in den Laden zu gelangen, da diese per Video überwacht wurde. Außerdem war der Aufzug, der bis in den 5. Stock hochfuhr, nachts immer abgeschaltet. Somit war die Möglichkeit, über das Dach einzubrechen, die einzig mögliche Variante. Unglücklich für den Music Store: Nur die Ladenlokale, die sich im Erdgeschoss befanden, waren gegen Einbruch versichert.
Bis heute1Stand 1. Dezember 2024 ist keine der Gitarren wieder aufgetaucht, wie Michael Sauer berichtet. Er vermutet einen Auftragseinbruch: „Wir gehen davon aus, dass es sich um einen Auftragseinbruch gehandelt hat, denn einige ebenfalls sehr teure Gitarren wurden nicht mitgenommen.“
Europas meistbesuchter Musikerladen
Wenn man über die Zoobrücke an der Messe vorbei in Richtung A 3 fährt, fällt das markante Gebäude des Music Store sofort auf. Auf etwa 5.500 Quadratmetern bietet der meistbesuchte Musikerladen Europas alles, was das Musikerherz begehrt: Von einer Triangel für 1,90 Euro bis zu einem Konzertflügel von Schimmel für 172.800 Euro werden hier Rocker, Jazzer und auch klassische Musiker fündig.
Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 1972 an der Bonner Straße in Köln, 1985 erfolgte der Umzug in die Budengasse, mitten in das Herz der Stadt. Dort wurden nacheinander umliegende Ladenlokale übernommen. Doch die verwinkelte Kölner Altstadt bot keine weiteren Expansionsmöglichkeiten. Daher zog der Music Store im Jahr 2010 in das riesige Gebäude an der Istanbulstraße in Kalk, fast direkt am Kalkberg.
30.000 Euro Belohnung
Seit dem Diebstahl der Gitarren im Jahr 2007, noch in dem Ladenlokal an der Budengasse, ist keine der Gitarren wieder aufgetaucht, es gibt auch keine heiße Spur.
Doch der Music Store gibt auch nach 17 Jahren nicht auf. Für die Wiederbeschaffung zahlt das Unternehmen nach wie vor eine Belohnung von 30.000 Euro, falls jemand alle Gitarren wiederbeschafft. Führen die Hinweise nur zu einem Teil der Gitarren, wird die Belohnung entsprechend anteilig ausgezahlt.
Und es wäre doch schön, wenn diese tollen Gitarren wieder gespielt werden könnten, statt in irgendeinem Keller zu verstauben.
Alle Hinweise bitte direkt an den Music Store.
Weitere Exemplare der gestohlenen Gitarren (Auswahl)
CS Eddie Van Halen Frankenstein Replica | Seriennummer: XN87649, Bild: Music Store
Es war am 6. Juli 1954, zwei Tage nach Endspiel der Fußball WM in Bern. Nicht wenige halten dieses Fußballspiel für den eigentlichen „Gründungstag“ der Bundesrepublik Deutschland. Der Titelgewinn löste damals ein „Wir-sind-wieder-wer“-Gefühl aus.
Und im Überschwang dieser Gefühle hielt Peter Joseph „Peco“ Bauwens, erster Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), im Münchener Löwenbräukeller eine Rede.1In diesem Lokal fanden auch von 1940 bis 1943 Versammlungen der NSDAP anlässlich des Jahrestages des Hitlerputsches von 1923 statt. Der Tonfall der Rede erinnerte den Redakteur des Bayerischen Rundfunks Wolf Posselt fatal an das so gerade einmal vor neun Jahren grandios gescheiterte „1000-Jährige Reich“ .
Peco Bauwens wörtlich:2Ein Transkript der Rede ist hier verfügbar: https://www.ssoar.info/ssoar/bitstream/handle/document/45594/ssoar-hsr-trans-2015-27-blecking-Die_Rede_des_Fuball-Bund_Prasidenten.pdf?sequence=1
„ … und da haben die Jungens es wirklich gezeigt, was ein gesunder Deutscher, der treu zu seinem Land steht, zu leisten vermag. Sie haben in dem Land des Tells daran gedacht „ans Vaterland, ans Teure schliess Dich an, das halte fest mit deinem ganzen Herzen und hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft. …“3Bauwens zitiert hier Schiller, Wilhelm Tell …
„… dieser Repräsentanz besten Deutschtums im Ausland …“
… „ … ausnahmsweise vom Führerprinzip im guten Sinne des Wortes …“.
Das war dann auch dem Bayerischen Rundfunk zu viel. Die Live-Übertragung der Rede wurde nach wenigen Minuten mit dem Hinweis, dass die Sendezeit verstrichen sei, schlichtweg abgebrochen. Die Süddeutsche Zeitung bezeichnete Bauwens Auftritt als „Entgleiste Rede“, und auch Bundespräsident Theodor Heuss missbilligte öffentlich die Aussagen Bauwens.
„Ein zuverlässiger Sekundant des Regimes“
Dass ausgerechnet Bauwens sich nationalsozialistischer Terminologie bediente, hätte aber niemand verwundern dürfen. Das Bauwens-Familienunternehmen profitierte von lukrativen Bauaufträgen des NS-Unrechtsregimes und betrieb ein Zwangsarbeiterlager.4ZDF History: „Das dunkle Erbe“, https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x-history/das-dunkle-erbe–nazis-im-deutschen-fussball-100.html, abgerufen am 06.07.2024 Peco Bauwens erwies sich stets „.. als ein zuverlässiger Sekundant des Regimes.“5Björn Thomann, „Peco Bauwens, Ehrenpräsident des Deutschen Fußball Bundes (1886-1963)“ Portal Rheinische Geschichte, https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/peco-bauwens-/DE-2086/lido/57c575e63f36a2.92887888. Seine Mitgliedschaft in der NSDAP währte allerdings nur ein Jahr. Bauwens wurde wegen seiner jüdischen Frau Elise Bauwens, geborene Gidion, wieder aus der Partei ausgeschlossen.
Elise Bauwens beging am 16. September 1940 Selbstmord. Björn Thomann weist in seinem Artikel „Peco Bauwens, Ehrenpräsident des Deutschen Fußball Bundes (1886-1963)“ auf die ungeklärten Umstände dieses Suizids hin:
„Am 16.9.1940 beging Elise Bauwens Selbstmord, die Hintergründe werfen noch immer Fragen auf. Zweifelsohne sah sie sich durch das nationalsozialistische Regime einem starken psychischen Druck ausgesetzt. Peco Bauwens verwies nach 1945 stets auf den Suizid seiner Ehefrau, um sich selbst als ein Opfer des „Dritten Reiches“ darzustellen und seinen Kritikern entgegenzutreten, die ihm eine zu geringe Distanz zum Nationalsozialismus attestierten.“6Portal Rheinische Geschichte, https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/peco-bauwens-/DE-2086/lido/57c575e63f36a2.92887888
Den Selbstmord seiner Frau führte Peco Bauwens nach dem Krieg immer wieder an, um sich als ein Opfer des Regimes darzustellen. Auch in einem Brief im Herbst 1945 an FIFA Präsident Jules Rimet betont Bauwens seine Rolle als Gegner des NS-Regimes:
„Wäre ich nicht der schlechteste Mensch der Welt, wenn ich auch nur die kleinsten Handlangerdienste für diejenigen getätigt hätte, die meine Frau auf dem Gewissen haben?“
Tatsächlich kann bezweifelt werden, dass Bauwens, dem zahlreiche außereheliche Affären nachgesagt wurden, stark um seine Frau getrauert hat. Sein bereits 1948 verstorbener Sohn Peter-Franz sah die Ursache für den Freitod seiner Mutter auch weniger in den Repressalien der Nationalsozialisten als mehr im Verhalten des Vaters. „Er hat Mutter auf dem Gewissen.“ so Peter Franz Bauwens.7Arthur Heinrich: „Eine saubere Geschichte“, DIE ZEIT vom 16.03.2006 Nr.12, https://www.zeit.de/2006/12/A-Bauwens/komplettansicht, abgerufen am 09.07.2024
Im Mai 1951 heiratete Peco Bauwens die Witwe Johanna Eleonore Schultheiss.
„Proletensport Fußball“ in der Kindheit
Geboren wurde Peter Joseph „Peco“ Bauwens am Heiligabend 1886 in Köln. Sein Vater war der erfolgreiche Bauunternehmer Peter Bauwens. Im Alter von zehn Jahren wurde „Peco“ bei einem Unfall mit einer Kutsche schwer verletzt, es drohte die Amputation des linken Beins. Zur Genesung sollte der Junge Sport treiben. Fußball erwies sich als ideal.
Dass ausgerechnet der Spross einer Oberschichten-Familie den „Proletensport“ Fußball betrieb, war außergewöhnlich. Immer wieder betonte Bauwens, dass er, von immerhin 600 Schülern in seiner Schule, der einzige war, der offiziell Fußball spielen durfte.
Nach bestandenem Abitur studiert Bauwens zunächst Rechtswissenschaften in Berlin, anschließend in Bonn. Für die von ihm behauptete Promotion in Leipzig zum „Doktor der Rechte“ gibt es keine Belege, weder im Universitätsmatrikel, noch in der Hörerliste oder im Promotionsbuch der Juristischen Fakultät. Und auch im „Gesamtverzeichnis des deutschsprachigen Schrifttums“ sucht man die Dissertation des Peter Joseph Bauwens vergeblich.
Aktiver Fußballer und erfolgreicher Schiedsrichter
Nachweisbar sind hingegen seine Erfolge als Fußballer. Der Stürmer spielte für den VfL Köln 1899. Am 16. Mai 1910 lief Bauwens für die deutsche Nationalmannschaft auf. Die 0:3 Niederlage gegen Belgien sollte sein einziges Länderspiel als aktiver Fußballer bleiben.
Erfolgreicher war seine Karriere als Schiedsrichter. In den Jahren zwischen 1920 und 1930 war Bauwens einer der besten deutschen Schiedsrichter. Bauwens leitete 82 Länderspiele, darunter auch das Finale des Olympischen Fußballturniers 1936 in Berlin.
Das „Endspiel ohne Ende“
Durchaus kurios war das von ihm geleitete Spiel Endspiel um die Deutsche Meisterschaft 1921/22 zwischen dem HSV und dem 1. FC Nürnberg: Das Spiel dauerte insgesamt satte 294 Minuten.
Ein Elfmeterschießen war damals noch nicht vorgesehen. Die Regeln sahen bei Gleichstand eine Verlängerung von 2 x 15 Minuten vor. Sollte es danach immer noch unentschieden stehen, gab es eine weitere Verlängerung von 15 Minuten. Und danach noch eine Verlängerung. Und danach noch eine Verlängerung – solange, bis es einen Sieger gab. Eventuell also auch unendlich.
Als es zwischen den Hamburgern und den Nürnbergern am 18. Juni 1922 in der 189 Minute (!) immer noch unentschieden stand, pfiff Schiedsrichter Peco Bauwens das Spiel wegen der einbrechenden Dunkelheit ab. Etwa sieben Wochen später gab es ein Wiederholungsspiel. Doch auch dieses ging in die Verlängerung. In dieser Verlängerung waren die Nürnberger nur noch zu sieben Mann auf dem Platz: Zwei Spieler hatten die Rote Karte gesehen, zwei Spieler schieden verletzt aus.
Da das Regelwerk aber vorschrieb, dass jede Mannschaft mit mindestens acht Mann auf dem Platz zu stehen hatte8Damals gab es noch keine Auswechslungen, die Startformation musste das Spiel zu Ende spielen. pfiff Bauwens das Spiel ab und wertete es eigenmächtig als Sieg für den HSV. Diese Entscheidung wurde später kassiert – die Saison 1921/22 wird in den DFB-Statistiken „ohne Meister“ geführt.
Peco Bauwens als Unternehmer
Bauwens trat 1913 in das elterliche Bauunternehmen ein. Dieses wurde, nach dem Tod seines Vaters, von seinen beiden älteren Brüdern Camillus und Jean Bauwens geleitet. Peco Bauwens übernahm die Verantwortung der „Ostabteilung“ mit Niederlassungen unter anderem in Königsberg und Posen.
In der Chronik des Unternehmens9https://www.bauwens.de/chronik, abgerufen am 10. Juli 2024 wird die Geschichte des Unternehmens in sechs Blöcken unterteilt. Der Block „1873 bis 1929“ wird vom Unternehmen selbst wie folgt beschrieben:
„Die Anfangszeit nach der Gründung ist geprägt von rascher Expansion, die sich über das gesamte ehemalige deutsche Reichsgebiet erstreckt.“
Die beiden älteren Brüder melden sich im Ersten Weltkrieg freiwillig zum Militärdienst10Arthur Heinrich: „Eine saubere Geschichte“, DIE ZEIT vom 16.03.2006 Nr.12, https://www.zeit.de/2006/12/A-Bauwens/komplettansicht, abgerufen am 09.07.2024, Peco Bauwens leitet die Firma alleine.
In dieser Phase, insbesondere in der Zeit von 1914 bis 1918, baute das Unternehmen vorrangig strategisch bedeutende Verteidigungsanlagen. Später, in den 1920er Jahren, spezialisierte sich das Bauunternehmen auf Großprojekte, wie zum Beispiel den Bau der Autobahnstrecke Köln-Bonn oder die neuen Ford-Werke in Köln-Merkenich.
Der nächste Block der Firmenchronik fasst die Jahre von 1930 bis 1979 zusammen, eine durchaus bemerkenswerte Auswahl der Zeitspanne. In der Firmenchronik dazu lautet es:
„Trotz der Widrigkeiten, die von allen einen großen Willen zum Neubeginn erfordern, entwickelt sich Bauwens zielstrebig weiter.“
Ein Hinweis, dass in den Kriegsjahren Zwangsarbeiter im Unternehmen beschäftigt wurden, fehlt. Auf Nachfrage der Macher der Dokumentation „ZDF History: „Das dunkle Erbe – Nazis im deutschen Fußball“11ZDF History: „Das dunkle Erbe“, https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x-history/das-dunkle-erbe–nazis-im-deutschen-fussball-100.html, abgerufen am 06.07.2024 antwortet das Unternehmen:
„Der Firma Bauwens liegen aus den 40er Jahren keine eigenen Akten vor, die Hinweise geben, dass die Firma Bauwens Zwangsarbeiter beschäftigt hatte. Es gibt jedoch andere Quellenangaben, die darstellen, dass bei der Firma Bauwens möglicherweise acht oder gar die von ihnen benannten 100 Personen zwangsbeschäftigt waren.“
Heute12Stand: 10. Juli 2024 ist das Unternehmen Bauwens mit 490 Mitarbeitern an sechs Standorten in Deutschland tätig. Die Website weist stolz auf „3,3 Mrd. € anteilig betreutes Projektentwicklungsvolumen inkl. Joint Ventures zum 31.03.2024“ hin.13Unternehmenswebsite
Bauwens GmbH & Co. KG, https://www.bauwens.de/ueber-uns, abgerufen am 10. Juli 2024
Erfolgreich als Funktionär
Noch während seiner aktiven Zeit als Schiedsrichter verfolgte Peco Bauwens eine Karriere als Fußballfunktionär. Finanziell war er durch das Bauunternehmen abgesichert. Der DFB schreibt in seinem Nachruf „Der selbstbewusste Mann lebte für den Sport, aber nie vom Sport, der ihm aber zu einer gewissen Popularität verhalf.“14„Peco Bauwens – Der Schiedsrichter mit dem offenen Wort“, https://www.dfb.de/index.php?id=1000653, abgerufen am 7. Juli 2024
Schon 1932 wurde er in das Exekutivkomitee der FIFA gewählt. Sein Ziel war, dem DFB, damals die größte Sportorganisation der Welt, in dieser Organisation ein größeres Gewicht zu Ungunsten der kleineren Verbände zu verschaffen. Gleichzeitig versuchte er, noch nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, die WM 1942 nach Deutschland zu holen. Beides vergeblich. Stattdessen wurde er selber im Mai 1945 aus dem Exekutivkomitee der FIFA ausgeschlossen. Sein Protest dagegen blieb erfolglos.
Ganz anders seine Karriere beim DFB: Von 1950 bis 1962 war Peco Bauwens Präsident des DFB. Unter seiner Führung wurde der DFB bereits im September 1950 wieder Mitglied der FIFA. Der völlig überraschende Gewinn der Weltmeisterschaft 1954 war somit auch ein Triumph für Peco Bauwens.
„Fußball ist kein Frauensport“
Unter seiner Führung wurde der Frauenfußball verboten. In einer Erklärung des DFB zum Thema Frauenfußball vom 30. Juli 1955 lautet es:
„Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden, und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand.“
Den Vereinen wurde verboten, Damenfußballabteilungen aufzubauen oder Plätze zur Verfügung zu stellen. Peco Bauwens bezog auch unmissverständlich Stellung gegen den Frauenfußball: „Fußball ist kein Frauensport. Wir werden uns mit dieser Angelegenheit nie ernsthaft beschäftigen.“15Michael Bulla: Die Entwicklung des Frauenfußballs in Deutschland. Norderstedt 2009
Zum Glück hatte Bauwens hier Unrecht: Die DFB-Frauen sollten 2003 und 2007 die Weltmeisterschaft und 1989, 1991, 1995, 1997, 2001, 2005, 2009 und 2013 die Europameisterschaft gewinnen. Und waren damit erfolgreicher als die Herrennationalmannschaft.
Grab auf Melaten
Bauwens gab 1962 sein Amt als DFB-Präsident auf und wurde direkt zum Ehrenpräsidenten gewählt. Am 17. November 1963 starb Peco Bauwens. Er wurde in der Familiengrabstätte auf Melaten beigesetzt. Seine Sargträger waren Mitglieder der Weltmeisterschaft von 1954, unter anderem Horst Eckel, Toni Turek und Fritz Walter.
Im Nachruf des DFB16„Peco Bauwens – Der Schiedsrichter mit dem offenen Wort“, https://www.dfb.de/index.php?id=1000653, abgerufen am 7. Juli 2024 auf den Ehrenpräsidenten lautet es
„ … gehört somit zu jenen Funktionären, die sowohl unter der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft als auch nach 1945 exponierte Ämter im Fußball ausübten.“
Somit bringt es auch der DFB auf den Punkt: Peco Bauwens war vor und nach dem Krieg in verantwortlicher Position. Dass es sich bei dieser Person um einen Verfolgten des Nazi-Regimes handelte, ist schwer zu glauben.
Umstrittene Peco-Bauwens-Allee in Müngersdorf
Im März 1967 wurde eine kleine Straße im Sportpark Müngersdorf nach Peco Bauwens benannt. Heute führt diese Straße zu verschiedenen Einrichtungen der Sporthochschule.
In der Sitzung vom 28. August 202317 Sitzung Bezirksvertretung 3 (Lindenthal)TOP 8.1.5 Ö: Überprüfung von Straßennamen auf nationalsozialistischen Vergangenheit hat die Bezirksvertretung Lindenthal auf Antrag aller Fraktionen und Einzelmandatsträger – mit Ausnahme der AfD – eine Überprüfung von Straßennamen auf nationalsozialistische Vergangenheit beschlossen. Zu diesem Prüfauftrag gehört auch die Peco-Bauwens-Allee.
Das Ergebnis dieser Überprüfung steht noch aus.
In eigener Sache
Ich habe diesen Artikel im Juli 2024 und noch einmal im August 2024 der Pressestelle der Bauwens GmbH & Co. KG vorgelegt. Der Artikel wurde zwar abgerufen, es erfolgte aber keine Reaktion.
Um gleich die Erwartungen zu dämpfen: NEIN – es geht nicht um „den“ Geisterzug. Sondern um einen ganz anderen Geisterzug: Den Ghosttrain. Dieser Ghosttrain ist auch nicht nur an Karnevalssamstag unterwegs, sondern täglich. Nur leider kann man ihn nicht sehen. Nur hören. Und sich wundern.
Nächster Zug: Bitte Zugbeschilderung beachten
Haltestelle Heumarkt, jeden Tag, irgendwann zwischen 20 Uhr und 0 Uhr: Die in Köln bestens bekannte Stimme der KVB kündigt einen Zug an: „Nächster Zug: Bitte Zugbeschilderung beachten.“ Auf der Anzeigentafel erscheint „Sonderzug! Bitte nicht einsteigen“.
Und dann rattert eine durchaus flotte Bahn durch die Haltestelle. Zumindest hört man diese Bahn. Zu sehen ist nichts. Garnichts. Nach zehn Sekunden ist der Spuk vorbei. Und man fragt sich: Was war das denn?
Lautsprecher an! So hört sich der Ghosttrain an:
Kunstprojekt Ghost Train
Es handelt sich dabei um ein Kunstprojekt des Wiener Künstlers Werner Reiterer (*1964). Dabei fährt ein Geisterzug durch die Haltstelle, lediglich angekündigt durch eine Durchsage und das Geräusch des Zugs.
Dafür wurde zunächst mit 28 Mikrofonen das Geräusch einer durchfahrenden Bahn aufgenommen. Dann wurden 28 Lautsprecher an der Bordsteinunterkante des Bahnsteiges montiert, die für den wartenden Fahrgast unsichtbar sind.
Und täglich, irgendwann zwischen 20 Uhr und 0 Uhr ist es dann soweit: Die Ankündigung ertönt und der Zug fährt durch. Zumindest akustisch. Zu sehen ist nichts. Besonders trickreich: Es gibt keinen festen Fahrplan für den Ghosttrain. Die Fahrt wird von einem Zufallsgenerator ausgelöst. Es ist lediglich technisch sichergestellt, dass der Ghosttrain nur fährt, wenn sich kein anderer Zug in der Haltstellle befindet. Genau dieses „irritierende Moment“ ist erwünscht.
Spiegelung der flüchtigen Mobilität
Dieser Ghosttrain soll, so der Künstler, die flüchtige Mobilität spiegeln. Reiterer spricht hier von einem „Platzebo“, einem Kunstwort aus „Platz“ und „Placebo“. Dieser Platzebo soll einen realen Platz mit einer vermeintlich tatsächlich existierenden, neuen Realität manipulieren.
Dabei ist es dem Künstler wichtig, dass nicht der von ihm bewusst gesetzte Platzebo das Thema ist, sondern der Prozess, der durch ihn ausgelöst wird: Das darüber Sprechen und die daraus resultierende Entwicklung von Gerüchten sollen der eigentliche Effekt sein. Damit sich dieser Effekt nicht abnutzt, fährt der Ghosttrain nur einmal jeden Abend – zu einer vom Zufall bestimmten Zeit. Werner Reiterer dazu:
„Jemand der also das Glück haben sollte, die Arbeit in kurzer Zeit mehrmals zu erleben, sollte unbedingt mit Lotto-Spielen anfangen.“
Stationen sollen zum Anziehungspunkt werden
Die Installation Ghosttrain ist Teil eines Wettbewerbs der Kölner Verkehrs Betriebe zur Gestaltung der Haltestellen der neuen Nord-Süd-Bahn. Das dafür bereitgestellte Budget wurde vom Rat auf 1,75 Millionen Euro festgesetzt. Der KVB-Vorstand verspricht sich von den Kunstwerken: „Die hochwertigen und spannenden Entwürfe der ausgewählten namhaften Künstler lassen erwarten, dass die Stationen nicht nur zum Ein-, Um- und Aussteigen genutzt werden. Vielmehr ist anzunehmen, dass sie auch zu einem Anziehungspunkt für Menschen werden, die ein Interesse an Kunst haben und die Kunstwerke im Untergrund betrachten möchten.
Weitere Kunstwerke der neuen Nord-Süd-Bahn sind die großformatigen Wandmalereien am Chlodwigplatz, eine künstlerische Darstellung des Schriftzugs WANDGESTALTUNGNORDSÜDSTADTBAHNKÖLN in der Station Rathaus sowie die Live-Übertragung von Bildern der Halsbandsittiche und der Alexandersittiche am Breslauer Platz und die „Kölner Köpfe“ am Apellhofplatz.
Dank dieser Kunstwerke ist Köln zumindest im Untergrund sehenswert.
Falls ihr sehen wollt, wie es aussieht, wenn man den Ghosttrain zwar hört aber nicht sehen kann, schaut euch dieses Video von Ralph Sterck (ehemaliger Vorsitzender der FDP-Ratsfraktion im Rat der Stadt Köln) an.
Och, wat wor dat fröher schön doch en Colonia
wenn d’r Franz me’m Nies noh’m „Ahle Kohberg“ gingk,
wenn d’r Pitter Ärm en Ärm me’m Appolonia
stillverjnööch o’m Heimwäch ahn ze Knutsche fingk.
Köln, Ende der 1920er, Anfang der 1930 Jahre: Seit der Jahrhundertwende hatte sich die Einwohnerzahl der Domstadt, auch durch zahlreiche Eingemeindungen, fast verdoppelt. Statt wie um das Jahr 1900 noch etwa 470.000 Menschen, lebten im Jahr 1930 rund 740.000 Menschen in der Stadt.
Die ehemals gemütliche, übersichtliche Stadt entwickelt sich zur Großstadt. Die viel gepriesene kölsche Gemütlichkeit blieb vielerorts auf der Strecke – die Kölschen erkannten ihre eigene Stadt nicht mehr.
Dieses Gefühl nimmt Willi Ostermann in seinem Lied „Och, wat wor dat fröher schön doch en Colonia“ auf. Er besingt das Unverständnis gegenüber den Neuerungen und sehnt sich nach den alten Zeiten zurück, als Köln noch behaglicher und überschaubarer war, als man sich noch kannte. So lautet es in dem Lied
„Dä fremde Krom, et es doch ze beduure,
als ahle Kölsche schöddelt mer d’r Kopp.“ 1Der fremde Kram, man kann es nur bedauern, als alter Kölner schüttelt man den Kopf.
Und alles mündet in dem Refrain, dass die alten Zeiten besser waren:
„Och, wat wor dat fröher schön doch en Colonia“
Revue „Die Fastelovendsprinzessin“
Ostermann hatte dieses Lied speziell für die Revue „Die Fastelovendsprinzessin“ geschrieben, die Uraufführung war 1930 in den Vorgängerräumen der Sartory-Säle.
Die Hauptrolle spielte die legendäre Kölner Sängerin Grete Fluss (1892-1964), von den Kölnern nur liebevoll „et Flusse Griet“ genannt. Heute ist Grete Fluss in Vergessenheit geraten. Dabei galt sie in den 1930er Jahren als eine der wichtigsten Vertreterinnen des kölschen Karnevals. In den damals äußerst beliebten Karnevalsrevuen trat sie als „Küchenfee“, „Schutzweib“ oder „Blitzmädel“ auf.
Die Ursprungsversion des Lieds hatte nur zwei Strophen und wurde als Duett gesungen, die dritte Strophe fügte Ostermann erst später hinzu. Außerdem änderte er die ersten Zeilen des Lieds. In der Ursprungsversion lauteten diese:
Wie wor ze Kölle doch he noch vür Johre,
op manche Aat un Wies et Levve nett,2Wie war in Köln doch hier vor Jahren auf manche Art und Weise das Leben nett.
In der heute bekannten Fassung beginnt das Lied mit den Zeilen
Wie hat doch Köln sing Eigenaat verlore,
wie wor et Levve he am Rhing su nett. 3Wie hat doch Köln seine Eigenart verloren, wie war das Leben hier am Rhein so nett
Jede Generation regt sich über die Musik der jeweils nachfolgenden Generationen auf
Viele der von Ostermann in diesem Lied besungenen Aspekte kommen uns heute seltsam bekannt vor: Jede Generation regt sich über die Musik und die Tänze der jeweils nachfolgenden Generationen auf. Und verklärt auch die Zeit, in der man selber noch jung war.
Eine Zeile in dem Lied lautet „… deit mer sich nur de Dänz vun hück beluure …“4Sieht man die Tänze von heute … und eine andere Zeile „Wä hatt dann fröher jet vun Jazz und Steppe, jet vun däm huhmoderne Blues jekannt?“5Wer hat den früher etwas von dem Jazz und Steppen, etwas von dem doch so hochmodernen Blues gekannt?“ So wie sich Ostermann hier über den Blues und Jazz aufregt, sollten sich nachfolgende Generationen über Rock ’n‘ Roll, Hardrock oder Techno aufregen. Alles zu seiner Zeit.
Der „Ahle Kohberg“
Ostermann besingt auch dä „Ahle Kohberg“. Dabei handelte es sich nicht um die heute bekannte Gaststätte „Em Ahle Kohberg“ im rechtsrheinischen Merheim, sondern um das Ballhaus „Em ahle Kohberg“.
Dieser bekannte und renommierte Tanzsaal lag in der Straße „Vor den Siebenburgen“, etwa dort, wo heute das Humboldt-Gymnasium steht. Auf alten Postkarten wird der „Ahle Kohberg“ auch als „Maurischer Tempelsaal“ bezeichnet. Vermutlich wurde er, ganz dem damaligen Zeitgeist entsprechend, umgebaut.
„Pitter un et Appolonia“
Wenn d’r Pitter Ärm en Ärm me’m Appolonia
stillverjnööch o’m Heimwäch ahn ze Knutsche fingk.
Für die besungenen „Pitter un et Appolonia“ gab es auch reale Vorbilder. Cornel Wachter, Urgestein des Severinsveedels, berichtet, dass das ehemalige „Löscheck“ auf der Merowingerstraße eine Stammkneipe von Ostermann war. Der Name der Kneipe passte perfekt, denn direkt gegenüber war die Feuerwache Vondelstraße.6Dort befindet sich heute das COMEDIA Theater.
Die beiden Wirtsleute des Löschecks waren dä Pitter und et Appolonia. Und dann kam es, so Cornel Wachter, zu einem Tauschgeschäft: Ostermann verewigte die beiden Wirtsleute in seinem Lied, dafür warfen diese die nicht bezahlten Deckel in den Papierkorb. Wachter: „Das war quasi ein Tauschgeschäft.“
„Schleß“ bedeutet Heißhunger
Die dritte Strophe beschreibt, dass das Tanzvergnügen von so großer Bedeutung war, dass man lieber sein Geld vertanzte und deswegen „Schleß“ hatte. „Schleß“ bedeutet Heißhunger, ist also die Steigerung von normalem Hunger.
Die Kavaliere leete mit sich handele,
wann mer als Mädche Schleß un Kohldamp hatt,
trok hä e Dösje met jebrannte Mandele,
die wohte dann jelötsch, bes dat mer satt.7Die Kavaliere lassen mit sich handeln,
wenn man als Mädchen Heißhunger und Kohldampf hatte,
zog er ein Döschen mit gebrannten Mandeln,
die wurden dann gelutscht, bis dass man satt war.
Tatsächlich dienten die gebrannte Mandeln, die gelutscht wurden, als Ersatz für ein echtes Essen.
Lagerarbeiter oder Soldat?
Bis heute herrscht Uneinigkeit, ob es sich bei dem im Lied besungenen „Kommis“ um einen Soldaten oder um einen „Kommissionierer“, also einen Lagerarbeiter, handelt:
Met sechs mol zweiunzwanzig bare Penninge,
dat wor d’r Wocheluhn vun nem Kommis.
Dä wood verdanz, mer fohlt sich wie de Künninge,8Die sechsmal zweiundzwanzig baren Pfennige, das war der Wochenlohn von einem Kommis. Der wurde vertanzt, man fühlte sich wie die Könige.
Der Kölner Brauchtumsforscher Reinhold Louis (1940 – 2024) war der Meinung, bei dem „Kommis“ handelte es sich um einen Lagerarbeiter. Der Fehler wäre auf eine falsche Interpretation des Illustrators Willi Key (1900 – 1973) zurückzuführen. Und tatsächlich: Auf dem Plakat zur „Fastelovendsprinzessin“ sieht man einen Mann in Uniform, der mit einer Frau in einem Kleid Arm in Arm die Straße entlang schlendert.
Aber ob es sich nun um einen Soldaten oder Lagerarbeiter handelte, ist auch völlig unerheblich: Das Lied „Och wat wor dat fröher schön doch en Colonia“ beschreibt das Gefühl jeder Generation, dass früher alles besser war.
Auch wenn dabei oft vieles verklärt wird. Selbst von Willi Ostermann.
Wie wor ze Kölle doch he noch vür Johre,
op manche Aat un Wies et Levve nett,
hück es mer selver sich nit rääch em Klore,
ovv mer ne Fimmel oder keine hät.
Dä fremde Krom, et es doch ze beduure,
als ahle Kölsche schöddelt mer d’r Kopp,
deit mer sich nur de Dänz vun hück beluure,
stüß einem jedes Mol de Heimat op.
Och, wat wor dat fröher schön doch en Colonia wenn d’r Franz me’m Nies noh’m »Ahle Kohberg« gingk, wenn d’r Pitter Ärm en Ärm me’m Appolonia stillverjnööch o’m Heimwäch ahn ze Knutsche fingk.
Wä hatt dann fröher jet vun »Jazz« und »Steppe«,
jet vun däm huhmoderne »Blues« jekannt?
Die »Blus«, die mir jekannt, dren soch mer höppe
et Bill em Walzertempo lans d’r Wand.
»Ich küsse ihre Hand«, wie hück se kruffe,
dat hätt mer fröher ze sage sich geneet,
do heeß et einfach, »liehn mer ens ding Schluffe,
ich ben zom nächste Schottisch engascheet«.
Och, wat wor dat fröher schön doch en Colonia wenn d’r Franz me’m Nies noh’m »Ahle Kohberg« gingk, wenn d’r Pitter Ärm en Ärm me’m Appolonia stillverjnööch o’m Heimwäch ahn ze Knutsche fingk.
Met sechs mol zweiunzwanzig bare Penninge,
dat wor d’r Wocheluhn vun nem Kommis,
dä wood verdanz, mer fohlt sich wie de Künninge,
de Zech bezahlten meischtendeils et Liss.
Die Kavaliere leete mit sich handele,
wann mer als Mädche Schleß un Kohldamp hatt,
trok hä e Dösje met jebrannte Mandele,
die wohte dann jelötsch, bes dat mer satt.
Och, wat wor dat fröher schön doch en Colonia wenn d’r Franz me’m Nies noh’m »Ahle Kohberg« gingk, wenn d’r Pitter Ärm en Ärm me’m Appolonia stillverjnööch o’m Heimwäch ahn ze Knutsche fingk.
Hochdeutsche Übersetzung:
Ach was war das früher schön in Colonia
Was hat doch Köln seine Eigenart verloren, wie war das Leben hier am Rhein so nett. Man ist sich selber nicht mehr recht im Klaren,
ob man ’nen Fimmel oder keinen hat.
Der fremde Kram, es ist doch zu bedauern,
als alter Kölner schüttelt man den Kopf.
Besieht man sich bloß die Tänze von heute,
stößt einem jedes Mal die Heimat auf:
Ach wie war das früher schön doch in Colonia, Wenn Franz mit Agnes zum alten Kohberg ging,
Wenn Peter Arm in Arm mit Appolonia
still vergnügt auf dem Heimweg an zu knutschen fing!
Wer hat denn früher etwas vom Jazz und Steppen,
etwas von dem hochmodernen ‚Blues‘ gekannt?
Die Bluse, die wir gekannt, drin sah man hüpfen
Sybille im Walzertempo entlang der Wand.
Ich küsse Ihre Hand, wie heute sie kriechen,
das hat man früher zu sagen sich geniert.
Da hieß es einfach: „Leih mir mal deine Pantoffeln,
ich bin zum nächsten Schottisch-Walzer engagiert.“
Ach wie war das früher schön doch in Colonia, Wenn Franz mit Agnes zum alten Kohberg ging,
Wenn Peter Arm in Arm mit Appolonia
still vergnügt auf dem Heimweg an zu knutschen fing!
Die sechsmal zweiundzwanzig bare Pfennige,
das war ein Wochenlohn von einem Soldaten.
Der wurde vertanzt, man fühlte sich wie die Könige.
Die Zeche bezahlte dann meistens Lisa.
Die Kavaliere lassen mit sich handeln,
wenn man als Mädchen Hunger und Kohldampf hatte,
zog er ein Döschen mit gebrannten Mandeln,
die wurden dann gelutscht, bis dass man satt.
Ach wie war das früher schön doch in Colonia, Wenn Franz mit Agnes zum alten Kohberg ging,
Wenn Peter Arm in Arm mit Appolonia
still vergnügt auf dem Heimweg an zu knutschen fing!
Weitere Ostermann Lieder in der Rubrik „Kölsche Tön“
Stets makellos gekleidet, in der Tasche immer ein feines Tuch, um jederzeit die Schuhe polieren zu können, ausgesprochen freundlich – ein Typ, über den Nachbarn immer sagen „aber er hat doch immer so freundlich gegrüßt“.
Peter Kürten spielte tagsüber den netten und unauffälligen Menschen. Nachts jedoch verwandelte er sich in einen perversen Serienmörder, der mindestens neun Menschen ermordete und es bei rund 40 weiteren Menschen versuchte.
In Mülheim geboren
Peter Kürten wurde am 26. Mai 1883 im damals noch von Köln unabhängigem Mülheim geboren. Sein Vater, ein gewalttätiger Alkoholiker, schlug regelmäßig die Mutter sowie die zwölf Geschwister von Peter Kürten und missbrauchte nachweislich eine Tochter sexuell, wofür er später zu einer 15monatigen Zuchthausstrafe verurteilt wurde.
In früher Kindheit traten beim späteren Serienmörder Kürten bereits erste abartige Neigungen auf: Mit Vorliebe verbrachte er seine Freizeit bei einem Abdecker. Nach eigener Aussage hatte Kürten schon damals seine Lust am Töten gespürt. So will er angeblich als Kind zwei andere Kinder in den Rhein gestoßen haben, um diesen beim Ertrinken zuzusehen. Es ist jedoch unklar, ob diese Aussage der Wahrheit entspricht. Gesichert ist aber, dass Kürten bereits im Alter von neun Jahre mehrere Brände gelegt hatte.
Polizeibekannt durch Unterschlagungen, Diebstähle und auch Körperverletzungen
Im Jahr 1894 zog die Familie nach Düsseldorf um. Peter Kürten begann im Jahr 1897 eine Lehre in der Gießerei, in der auch sein Vater beschäftigt war. Kürten war bereits durch verschiedene Unterschlagungen, Diebstähle und auch Körperverletzungen polizeibekannt und wurde 1899 zu seiner ersten Haftstrafe verurteilt.
Nach seiner Entlassung ging der 16jährige Kürten eine Beziehung mit einer wesentlich älteren Frau ein und zog zu ihr und deren 16-jähriger Tochter in eine Wohnung in Düsseldorf. Diese durchaus seltsame Kombination wurde noch dadurch getoppt, dass die speziellen sexuellen Praktiken von Kürten und der älteren Frau – er würgte und schlug die Frau mit ihrem Einverständnis – die Nachbarn alarmierte. Trotz anschließender Trennung brach Kürten später in die Wohnung ein, was eine weitere Haftstrafe zur Folge hatte.
Erster nachgewiesener Mord im Jahr 1913
Danach lebte Kürten von Einbrüchen, Handtaschenraub oder Unterschlagungen. Insgesamt saß er mehr als 20 Jahre im Gefängnis. Glück für ihn: Weil er auch verschiedene Haftstrafen während des Ersten Weltkriegs verbüßte, entging er der Einberufung.
Bereits vorher, am 25. Mai 1913, kann ihm der erste Mord eindeutig nachgewiesen werden. Er brach in die Wohnung des Mülheimer Gastwirts Klein in der Wolfstraße (heute Keupstraße) ein und schnitt der schlafenden neunjährigen Tochter Christine die Kehle durch.
Besonders abartig: In den darauffolgenden Tagen war er regelmäßig in der Gaststätte und genoss die Schilderungen des Mordes. Da er am Tatort bewusst oder fahrlässig sein blutbeschmiertes Taschentuch mit den Initialen „P.K.“ zurückgelassen hatte, wurde zunächst der Vater des Kindes, Peter Klein und später der Onkel des Kindes, verdächtigt. Nur auf Peter Kürten fiel keinerlei Verdacht.
Nach weiteren Gewalttaten, Brandstiftungen und Haftstrafen lebte Kürten ab 1921 in Thüringen. Dort heiratete er im August 1923 Auguste Scharf.
Auch hier beweist er wieder seine durchaus seltsame Art: Seine Ehefrau war wegen Totschlags vorbestraft. Und Kürten war durchaus stolz, eine Frau mit dieser Vorgeschichte zu heiraten. Sie wusste bereits vor der Hochzeit, dass Kürten weder treu noch unbescholten war. Allerdings war ihr nicht klar, dass sie einen Mörder heiratete. Im Jahr 1925 zog das Paar nach Düsseldorf.
Eine nie zuvor dagewesene Mordserie
Hier gab sich Peter Kürten als der galante, zuvorkommende Ehemann. Doch sobald sich die Gelegenheit ergab, wurde er zur gewalttätigen Bestie. Etliche Vergewaltigungen und Mordversuche gehen auf sein Konto. Seine Frau deckte ihn dabei sogar noch, indem sie in persönlichen Gesprächen einige der Opfer davon abhielt, eine Anzeige zu erstatten. So blieben seine Überfälle auf Frauen unerkannt. Allerdings wurde er mehrfach wegen Nötigung und Bedrohung zu Haftstrafen verurteilt.
Völlig außer Kontrolle gerät Kürten in den Jahren 1929 und 1930. Acht brutale Morde und mehr als 20 Mordversuche werden ihm später in diesem Zeitraum nachgewiesen. Bei der Wahl seiner Tatwerkzeuge ist er wenig zimperlich: Er nutzt Scheren, Messer und auch einen Hammer. Und immer sind die Taten extrem blutig. Angeblich saugt Kürten auch einigen Opfern das Blut aus. So wird er von den Medien als „Vampir von Düsseldorf“ bezeichnet.
In späteren Vernehmungen äußerte Kürten: „Ich hatte eigentlich dauernd die Stimmung, Sie werden es Drang nennen, zum Umbringen. Ich wollte das Blut der Opfer rauschen hören. Wenn ich die Mittel dazu gehabt hätte, hätte ich ganze Massen umgebracht. Jeden Abend, wenn meine Frau Spätdienst hatte, bin ich herumgestreift nach einem Opfer.“ Ein weiteres Opfer ist ein Schwan, dem Kürten tatsächlich das Blut aussaugt.
„Helft den Düsseldorfer Massenmörder unschädlich zu machen!“
Die Polizei ermittelte erfolglos in alle Richtungen. Es wurde ein erstes Täterprofil angefertigt – das erste Täterprofil der deutschen Kriminalgeschichte. Zusätzlich wurden Broschüren verteilt, und tatsächlich geriet Kürten auch kurzzeitig ins Visier der Polizei.
Da aber die Nachbarn versichern, dass der nette, adrette Herr Kürten niemals ein perverser Serienmörder sein könnte, verläuft auch diese Spur im Sand. Aus heutiger Sicht unglaublich, da Kürten wohl im Glauben, dass er nie gefasst werden könnte, der Polizei Briefe schrieb, in welcher er Verstecke der Leichen exakt mithilfe von selbstgezeichneten Karten beschrieb. Auch mischte er sich regemäßig an den Tatorten unter die Schaulustigen und sprach sogar die ermittelnden Polizisten an.
Erschwerend kam hinzu, dass sich der geisteskranke Johann Stausberg als Mörder bei verschiedenen, von Kürten begannen Taten, bezichtigte. Für die Polizei galten diese Taten somit als aufgeklärt.
15.000 Mark Belohnung
Währenddessen bereitet sich in der Düsseldorfer Bevölkerung eine wahre Hysterie aus. Polizei und private Bürgerwehren richten nächtliche Patrouillen ein, es wird eine Belohnung von 15.000 Mark1Ein extrem hoher Betrag. 1929 betrug das durchschnittliche Jahreseinkommen etwa 2.500 Mark., für Hinweise ausgesetzt, die zur Ergreifung des Täters führen. Zwar gehen Tausende von Hinweisen ein, doch erst ein Zufall führt zur Ergreifung Kürtens.
Maria Butlies ist dem Mörder entkommen und beschreibt den Täter in einem Brief an eine Freundin. Dieser Brief wird jedoch falsch zugestellt und landet schließlich bei der Polizei. Die eindeutigen Hinweise von Butlies führen die Polizei zu Peter Kürten.
Doch anstatt den Mörder direkt zu verhaften, begeht die Polizei einen Fehler. Kürten erhält per Post eine Vorladung zur Vernehmung. So gewarnt kann der Gesuchte fliehen.
Daher wird seine Frau vernommen, die im Verhör der Polizei gesteht, dass Kürten ihr von den Taten erzählt hatte. Sie hatte ihm daraufhin einen gemeinsamen Suizid vorgeschlagen, doch er lehnte ab. Allerdings war sie mit ihm ein paar Tage später vor der Düsseldorfer Rochuskirche verabredet.
Bei diesem Treffen wird Kürten verhaftet. Zwei Opfer identifizieren ihn eindeutig, danach war der Serienmörder geständig.
Kürten wird neun Mal zum Tode verurteilt
Im folgenden Prozess brüstet sich Peter Kürten mit seinen Taten. Er genoss die große Beachtung des Prozesses regelrecht und schilderte detailliert die einzelnen Taten.
Seine Erklärung „Manche meiner Opfer haben es mir sehr leicht gemacht. Sie waren sofort bereit, mit mir zu gehen, wenn ich sie auch in das tiefste Dunkel führte.“ erzürnte den Vorsitzenden Richter Rose dermaßen, dass sich dieser nicht mehr zurückhalten konnte: „Schenken Sie sich solche Geschichten. Sie verscherzen sich sonst so manches, das kann ich Ihnen offen sagen.“
Kürten wurde am 22. April 1931 neun Mal zum Tode verurteilt, zusätzlich erhält er eine 15jährige Zuchthausstrafe. Kürten richtete noch erfolglos ein Gnadengesuch an die preußische Regierung. Am 2. Juli 1931 wird Peter Kürten im Kölner Klingelpütz mit dem Fallbeil hingerichtet.
Die Leiche von Peter Kürten wird anschließend untersucht und ohne den Kopf bestattet. Sein Verhalten war so verstörend, dass Ärzte glaubten, sein Gehirn müsse sich physisch von dem eines durchschnittlichen Menschen unterscheiden. Sein Kopf wurde in zwei Hälften geteilt, um an das Gehirn zu gelangen. Doch die Untersuchung des Gehirns nach kranklhaften Veränderungen blieb ohne Ergebnis.
Der Kopf des Mörders gelangte nach dem Zweiten Weltkrieg über Umwege in die Vereinigten Staaten und wird heute im Museum „Ripley’s Believe It or Not!“ in Wisconsin ausgestellt. Dort kann man den geöffneten Schädel noch heute in einer Vitrine sehen.
Peter Kürtens letzte Worte vor seiner Hinrichtung am 2. Juli 1931 waren:
„Sag, wenn mein Kopf abgeschlagen wurde, bin ich dann noch in der Lage zu hören, wie das Blut aus meinem Hals strömt? Das wäre eine große Freude.“
Vorbild für „M – eine Stadt sucht einen Mörder“
Der Fall des Peter Kürten inspirierte Regisseur Fritz Lang zu seinem ersten Tonfilm „M – eine Stadt sucht einen Mörder.“ mit Peter Lorre in der Hauptrolle.
In diesem Krimi aus dem Jahr 1931 geht es um einem Kindermörder, dessen Morde zu Angst bei Eltern und zu Misstrauen unter den Einwohnern führen. Gleichzeitig jagen auch die Kriminellen der Stadt den Mörder. Das Lexikon des Internationen Films schreibt dazu:
„Langs erster Tonfilm gehört zu den Meisterwerken des deutschen Vorkriegskinos. Verweise auf das gesellschaftliche Klima der Weimarer Republik am Vorabend des Nationalsozialismus sind augenfällig: Obrigkeit und Unterwelt erscheinen als gleichartige Organisationen, die den ‚Abartigen‘ im Namen des ‚gesunden Volksempfindens‘ gemeinsam zur Strecke bringen. Langs sarkastische Schilderungen von Menschenjagd und Massenhysterie sowie Peter Lorres geniale Interpretation des Mörders als Täter und Opfer zugleich wurden von den Nationalsozialisten später nicht ohne Grund als subversiv empfunden.“
Stiftungen fördern kulturelle Bildung oder die Denkmalpflege, es geht um den Zugang zur Musik für Grundschulkinder, interkulturelle Verständigung, therapeutisches Reiten oder auch den Karneval. Sie unterstützen die Erhaltung der Kölner Grünanlagen, Selbstbestimmung im Alter oder auch die Vermittlung US-amerikanischer Comic-Kultur und vieles mehr.
Von den Stiftungen in und um Köln profitieren jedes Jahr 1,3 Millionen Menschen. Etwa 300 Millionen Euro im Jahr werden von diesen gemeinnützigen Stiftungen1Im Gegensatz zu den „Gemeinnützigen Stiftungen“, die in diesem Artikel betrachtet werden, dienen „Privatnützige Stiftungen“ überwiegend dem Interesse eines abgeschlossenen Personenkreises. Dies können zum Beispiel Mitarbeitern eines bestimmten Unternehmens oder Mitglieder einer Familie sein. für die vielfältigen Projekte ausgeschüttet.
Alleine 22 Millionen Euro hat seit 2001 die Imhoff Stiftung für gemeinnützige Zwecke ausgeschüttet. Diese Stiftung wurde im Dezember 2000 von Hans Imhoff gegründet. Imhoff hatte den Stollwerck-Konzern verkauft und wollte seiner Heimatstadt Köln zusätzlich zum Schokoladenmuseum etwas Gutes tun. Bis zu seinem Tod führte er die Stiftung, heute ist seine Tochter Susanne Imhoff Vorsitzende des Stiftungsvorstandes.
Der Clou: Das Museumsgebäude des Schokoladenmuseums gehört der Imhoff Stiftung. Die Mieteinnahmen werden genutzt, um Projekte im Sinne von Hans Imhoff in Köln zu unterstützen, wie etwa Kultur für Menschen mit Demenz, dem Ausbau des EL-DE-Hauses oder „Der Elfte Elf“, ein Theaterprojekt für Kinder.
Stiftungen gehören sich selbst
Regelmäßig wird Susanne Imhoff vorgehalten, dass Stiftungen ja nur dafür da wären, Steuern zu sparen. „Ja – eine Stiftung spart tatsächlich Steuern.“ entgegnet sie dann. „Aber das Geld ist einem damit ja auch aus der Hand genommen. Der Stifter oder seine Familie kommen nie wieder an das Stiftungskapital und die daraus erwirtschafteten Erträge heran.“
Das besondere an einer solchen gemeinnützigen Stiftung ist, dass eine Stiftung weder aus Mitgliedern besteht noch existieren Gesellschafter. Eine Stiftung hat somit auch keinen Eigentümer, sondern gehört sich selbst.
Susanne Imhoff vergleicht eine Stiftung mit einem Apfelbaum: „Ich stifte Geld für einen Apfelbaum. Jedes Jahr trägt dieser Baum neue Früchte, die allen zugute kommen. Die Verantwortlichen der Stiftung sind dabei die Gärtner, die dafür sorgen, dass dieser Baum auch regelmäßig reichlich Früchte trägt.“
Köln ist die Hauptstadt der Stiftungen
Die Imhoff-Stiftung ist eine der etwa 500 Stiftungen in Köln, die sich der Förderung des Gemeinwohls verschrieben haben. Zählt man das Umland hinzu, steigt die Zahl der Stiftungen auf ca. 1.150. Viele dieser Stiftungen sind Mitglieder des Vereins „Kölner Stiftungen e.V.“ Der Vorsitzende des Vereins Dr. Ulrich Soénius ist stolz: „Von der Anzahl her ist Köln die Hauptstadt der Stiftungen in NRW.“
Seit 2006 feiern die Stiftungen alle drei Jahre den Kölner Stiftungstag. Zum 7. Kölner Stiftungstag hatte im Oktober 2024 Oberbürgermeisterin Henriette Reker ins Rathaus eingeladen.
Die Bedeutung der Stiftungen kann nicht hoch genug einschätzt werden, so Henriette Reker: „Ohne das Stiften wäre unsere Stadt nicht nur ärmer, sondern in dieser Form überhaupt nicht denkbar.“ Reker machte auch deutlich, dass in Zeiter knapper Kassen nicht jede gesellschaftliche Aufgabe vom Staat übernommen werden könne.
Poetry-Slam zu Stiftungsprojekten
Höhepunkt des Stiftungstags war ein Poetry-Slam. Die Slam-Poeten Luca Swieter, Nils Frenzel und Katinka Buddenkotte stellten jeweils drei Projekte vor. Bei diesem „Dichterwettstreit“ ging es darum, mit geschliffenen Worten für ausgewählte Stiftungsprojekte zu werben, der Sieger wurde per Applaus vom Publikum gewählt.
Gewonnen hat Luca Swieter. Sie stellte unter anderem das Projekt „KalkKunst“ vor. Und stiftete auch gleich ihr Preisgeld in Höhe von 1.500 Euro diesem Projekt. Und Sie hat mir erlaubt, ihren Text hier zu veröffentlichen. Ein großes DANKE an Luca und viel Vergnügen bei der Lektüre.
Das Möglichkeitsspektrum in einer Stadt ist sehr breit. Man kann die Liebe seines Lebens kennenlernen, seine Träume verwirklichen, man kann aber auch nachts in einer Kneipe seine Jacke und mit Pech einen kleinen Finger verlieren, wenn man ganz ungünstig in ein zerbrochenes Kölsch Glas greift. Man kann dermaßen über seine Möglichkeiten nachgrübeln, dass man auf der Rückfahrt die Haltestelle verpasst und die einzige Möglichkeit dann wäre, umzukehren oder bis ans Ende seiner Tage auf einem Parkplatz in Weidenpesch zu leben. Vielleicht hat man sich auch nie von der Kneipe wegbewegt, weil der gesamten Stadtverkehr durch einen Bombenfund lahmgelegt wurde. In der Zwischenzeit hat man die Liebe seines Lebens wieder verloren, muss seine Träume begraben, aber entdeckt seine Jacke mitsamt kleinem Finger plötzlich auf Kleinanzeigen. Oder in einem der Zu Verschenken Kartons, die an der Straße stehen. Zumindest passiert mir das gerade, als ich im Morgengrauen unter dem orchestralen Taubengurren die Straße in Richtung Zuhause langlaufe.
Neben dem Zu Verschenken Karton steht ein Bücherschrank. Dort entdecke ich ein Buch über Drogenaufklärung, das mir meine Mutter damals verboten hat, aus Angst, dass man mich so gut über Drogen aufklärt, dass ich drogenabhängig werde.
Bücherschränke sind die intimsten Tauschbörsen, die ich mir vorstellen kann. All die Eselsohren, ein freundlicher Vermerk für alle Nachleser*innen, ein Knick für die Ewigkeit. All diese Flecken, von denen ich unter keinen Umständen wissen möchte, woher sie stammen. All die rührenden Widmungen gänzlich Unbekannter, all das Erstaunen darüber, was für absurde Dinge manche Menschen als Lesezeichen benutzen und in ihren Büchern vergessen, vielen Dank für die Kreditkarte an der Stelle. Diese unvorhergesehenen Kombinationen alle in einem Schrank, nie kamen sich „Bier brauen für Dummies“ und Tolstoi so nah.
Eine Person nähert sich dem Schrank von der anderen Seite und stellt ein Buch in eins der Regalbretter. Über die Bücherreihen hinweg treffen sich kurz unsere Blicke bevor sie sich beschämt abwendet und mit großen Schritten entfernt. Ich gehe um den Schrank herum, neugierig, welche reichhaltige Gabe dem Bücherschrank dieses Mal dargeboten wurde: „Gesund mit Eigenurin“ lese ich, während die Person gerade in eine Gasse verschwindet. Mittlerweile rennt sie sehr schnell und sieht dabei äußerst vital aus, von daher scheint es zu funktionieren.
Ein Bücherschrank ist ein Solidarsystem im Kleinen, ein Solidarsystem aus Seiten, ein Geben und Nehmen, wobei ich zugeben muss, dass ich immer viel genommen und nur gegeben habe, was ich selber scheiße fand. Jetzt schäme ich mich dafür. Ich eile nach Hause, packe alle meine Lieblingsbücher in einen Rucksack und folge den Spuren der Schränke wie Brotkrumen, von einer Seite auf die andere.
Meine Stadt hat zwei Hälften. Eine davon wird schmerzlich oft übersehen. Ich habe von Leuten in Köln gehört, die von Leuten in Köln gehört haben, die denken das einzige Mülheim, das es gibt, liegt im Ruhrgebiet. Ich habe von Leuten in Köln gehört, die von Leuten in Köln gehört haben, die sagen das Mülheim hierzustadte wird mit zwei h geschrieben und Kalk sei das, was sie überdosiert im Leitungswasser trinken.
Gerade greife ich nach dem nächsten Buch in meinem Rucksack, um es im Bücherschrank einzusortieren, als ich plötzlich merke, dass in diesem Viertel irgendwas anders ist. Ich sehe Kunstwerke in Schaufenstern, Cafés, Installationen in Parks, pulsierende Farbflecken auf Hauptstraßen, Gassen und Hinterhöfen, da liest, bewegt und spielt etwas, da ist ein Aufbegehren gegen die oftmals subtile Geringschätzung der anderen Seite, da ist die herzliche Solidarität, die ich von hier kenne.
Kunst im öffentlichen Raum ist so wie ich mir Kinder machen und sie glücklich aufwachsen sehen vorstelle. Das ist, jemandem Freiheit, Zuspruch und Vertrauen zu schenken und in all den Ergebnissen Schönheit, Freude und Trost zu finden. Und mein Gott, manchmal guckt man sich was an und denkt sich: Okay ich weiß jetzt auch nicht ob das ein überfahrener Hund oder die Oma sein soll, aber ich häng das jetzt trotzdem mal an den Kühlschrank. Und das ist doch auch das Schöne daran. Was hier passiert, begeistert mich!
„Der Zugang zu Kunst darf nicht vom Geld abhängig sein! Man sollte Kunst und die Leute, die sie schaffen, nicht vor Barrieren und verschlossene Türen stellen, sollte sie nicht ausschließlich vor Champagner und Austern platzieren, sondern bitteschön vor Kaffee aus dem Pappbecher und Apfeltaschen von Backwerk.“, skandiere ich mit erhobener Faust und da kackt mir eine Taube öffentlich und künstlerisch auf die Jacke und ich merke, es ist Zeit, weiterzuziehen. Ich nehme eine Bahn und grübele so dermaßen intensiv über Möglichkeiten nach, dass ich meine Haltestelle verpasse und als ich aussteige weiß ich plötzlich nicht mehr, wo ich bin. „Porz Wahn“ verkündet ein Wegweiser.
Es gibt Ecken, die werden schmerzlich oft übersehen. Da entsprach es lange der Wahrheit, dass das Gras woanders grüner ist, zumindest wenn man es am Süden auf der anderen Seite misst. Vielen Dinge im Leben sind wir eben so ausgeliefert. Zum Beispiel, in welche Umstände wir geboren werden. Wenn du etwas in deinem Viertel ändern könntest, was wäre das? Ich würde sagen, der erste wichtige Schritt ist, genau das überhaupt mal gefragt zu werden.
Ein wichtiger Schritt ist die Mitbestimmung, die das Fundament dafür bildet, Räume zu ergründen, Probleme zu bearbeiten und einen guten Plan zu machen, bevor man sich in das Auenland Kölns verwandelt. Porz Wahn, ihr könntet das neue belgische Viertel werden. Aber ihr wollt es nicht. Und das ist auch gut so. Spart euch den Aperol Spritz für 15 Euro und die vegane glutenfreie Pizza für 30 Euro. Man merkt mal, wie wenig Probleme ein Stadtteil hat, wenn in einer Straße gerade das fünfte Yoga Studio eröffnet.
Denn an diesem Ort sehe ich mehr Potential für gelebte Utopien als fünf Yoga Studios sich jemals aus der Energie ihres geballten Shavasanas ziehen könnten. Und wenn die ganzen Hipster aus Ehrenfeld irgendwann alle nach Porz Wahn ziehen wollen, dann lasst sie nicht rein!!
Aber wenn hier der erste Bücherschrank Hass- und Lieblingsbücher beherbergt, ein zu Verschenken Karton meine durchnässten Kleider aufbewahrt, wenn der öffentliche Kunstspaziergang fest datiert ist, dann wird das ein Grund zum Feiern.
Ich greife tief in meinen Rucksack und hole das Buch „Gesund durch Eigenurin“ hervor. Ich vergrabe es als Grundstein und Taufgeschenk für diese neue Welt, auf dass das, was kommt, fruchtbar und segensreich werde. Auf dem Rückweg konzentriere ich mich ganz fest darauf, meine Haltestelle nicht zu verpassen aber ich verliere mich dann doch in Möglichkeiten, nämlich darin, dass all das, was mir auf meinem heutigen Streifzug begegnet ist, einmal welche waren und zu Realitäten gemacht werden konnten. Sie brauchten lediglich solche, die ihr Potential erkannten. Solche, die bereit waren, zu glauben und zu geben und solche, die nah genug dran sind um die Notwendigkeiten zu sehen und sie umzusetzen.
Es gehört sich nicht, Texte mit Plattitüden zu beenden, es sei denn sie sind wahr: Ich glaube daran, dass diese Dinge das Leben in der Stadt für die Menschen besser machen. Ich glaube, dass nicht über die Köpfe der Menschen hinweg entschieden werden sollte, sondern vor Ort und gemeinsam. Und dass man in einer Zeit, in der es beunruhigend starke Kräfte gibt, die die kulturelle Vielfalt bedrohen, daran besonders festhalten muss. Mit Entschlossenheit, Kreativität und allen verbliebenen Fingern.
Ich bin zu Gast bei Emmi von „Emmi kocht einfach“. Das ist ein Blog für einfache Rezepte, die gelingen. Immer wenn man irgendein Rezept googelt, landet man bei Emmi. Bei mir waren es die Rinderrouladen. Und sie sind gelungen. Dank Emmis Rezept!
Emmi kommt zwar eigentlich aus Franken, lebt, arbeitet und kocht in Köln. Ihr Blog ist eine Quelle für Rezepte, auf die man sich verlassen kann. Auch ohne große Kocherfahrung.
Während wir uns unterhalten, fällt ganz oft das Wort „gelingsicher“. Das gefällt mir: Emmi veröffentlicht Rezepte, für die man weder Profikoch sein muss, nicht erst ein halbes Monatsgehalt in einem speziellen Laden investieren muss und auch keine Küche mit allem schnick-schnack braucht.
Genau so wie für das Hühnerfrikassee, welches Emmi so ganz nebenbei, während wir miteinander sprechen, zubereitet. Erstaunlich: Emmi bekommt die Mehlschwitze ganz ohne Klümpchen hin – daran scheitere ich regelmäßig. Aber sie nimmt mir die Angst und meint „Es ist doch völlig egal, wenn sich in der Soße noch das ein oder andere kleine Klümpchen befindet, sie wird ganz bestimmt auch so schmecken.“ Und das scheint schon das nicht ganz so geheime Geheim-Rezept von Emmi Prolic zu sein: Einfach machen! Habt Spaß beim Kochen und keinen Stress.
Auch Emmi macht sich keinen Stress. Während wir uns unterhalten, zerläuft die Butter im Topf und sie rührt das Mehl für die Mehlschwitze unter – so ganz nebenbei. Und ohne Klümpchen.
Ich hatte noch Hähnchen übrig. Und so ein Frikassee ist eine prima Resteverwertung von Hähnchenfleisch. Egal ob gekocht oder gebraten, es passt und gelingt immer. Und auch mein Sohn liebt dieses Essen.
Seit einiger Zeit wird viel über Lebensmittelverschwendung und Resteverwertung diskutiert und ich frage mich deshalb oft, wie es früher eigentlich war. Meine Oma zum Beispiel hat mit den Lebensmitteln gekocht, die im Vorrat waren. Frisches Gemüse kam saisonal dazu und Fleisch je nach dem auch. Aus vielen Zutaten, die vom Essen übrig waren, hat sie wieder etwas gezaubert. In diese Kategorie fällt auch mein klassisches Hühnerfrikassee Rezept.
Ist das dein Lieblingsgericht? Oder womit kann man dich – zumindest beim Essen – richtig glücklich machen?
Mein absolutes Lieblingsgericht ist und bleibt Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat. Dafür lasse ich alles stehen und liegen. Wahlweise kann es auch Schnitzel Wiener Art mit Putenfleisch sein und ja, manchmal esse ich gerne auch Pommes dazu.
Ist das auch das Lieblingsgericht der Leser deines Blogs?
Mich kann man mit Muschelgerichten bis nach Düsseldorf jagen. Gibt es auch Dinge, die du absolut nicht magst?
Mich kannst du mit Innereien-Gerichten jagen, ich würde dafür noch weiter flüchten als Düsseldorf, zum Beispiel passenderweise nach Essen in meine alte Wahlheimat. Doppeldeutig, du verstehst 😉!?
Weil du andere mit Essen glücklich machen willst, betreibst du seit 2017 den Blog „Emmi kocht einfach“. Was unterscheidet deinen Blog von den vielen Rezept-Seiten im Internet?
Ehrlich gesagt will ich sie nicht nur glücklich machen, sondern sie vor allem unterstützen, wenn sie täglich aufs Neue den Alltagsspagat zwischen Beruf und Haushalt meistern müssen. Ich habe das selbst jahrelang zwischen Zeitnot und Familienküche durchlebt. Diese Unterstützung war von Beginn an mein Ansinnen und Antrieb bei der Arbeit rund um den Blog, nämlich eine zuverlässige Rezept-Quelle zu sein, auf die man sich „in der Not“, wenn einem die Ideen ausgehen, verlassen kann. Ich stecke deshalb viel Herzblut und Gewissenhaftigkeit in die Rezeptentwicklung. Sie sind im Ablauf durchdacht und ich versuche keine Fragen offen zu lassen, sie sind von mir selbst mehrfach erprobt, damit sie für jeden gelingsicher sind und oft verpasse ich ihnen noch ein iTüpfelchen.
Für dich ist „Saisonalität“ beim Essen ganz wichtig. Warum sollte ich im Oktober keinen Spargel essen oder keine Erdbeeren im Januar? Steht doch alles im Supermarkt im Regal!
Ja, mir ist das wahnsinnig wichtig immer wieder darüber zu sprechen, denn dieses ständig verfügbare Schlaraffenland, in dem wir leben hat sehr viele negative Auswirkungen auf unsere Umwelt und uns selbst. Außerhalb der heimischen Saison haben wir es immer mit Importware zu tun. Ein Irrsinn ist der Transport, oft sind es bis zu 10.000 Flugkilometer, die das Gemüse im Winter zurücklegt, dazu kommt manche Sorten werden unreif geerntet und dafür nicht mit guten Mittelchen behandelt. Erdbeeren oder Tomaten im frühen oder späten Winter werden übrigens auch zum Beispiel in Spanien in riesigen Gewächshäusern angebaut. Dort wird mit Pflanzenschutzmitteln gearbeitet, damit in dem vorherrschend feuchten Klima der Gewächshäuser sich keine Pilze und andere Schädlinge vermehren. Auch der Energieaufwand dieser Gewächshäuser ist nicht zu verachten und auch, was sie an Wassermengen für die Bewässerung benötigen.
In meiner idealen Welt würden sich die Menschen viel mehr damit beschäftigen, was unsere heimischen Felder, Bäume und Sträucher aus der eigenen Region in der jeweiligen Jahreszeit bereitstellen, dann wenn sie mit der Kraft des Klimas bzw. der Sonne wachsen und gedeihen können. Man kann nichts Besseres für sich selbst und die Umwelt tun… Ein wirklich abendfüllendes Thema.
Wenn man in deinen Blog reinschaut, sieht immer alles perfekt gelungen aus. Bei mir sehen meine Kochergebnisse nie so aus wie auf den wunderschönen Bildern. Hand aufs Herz: Schummelst du? Oder geht bei dir nie etwas schief?
Selbstverständlich geht auch bei mir beim Kochen manchmal was daneben. Wenn ich aber das Rezept für die Fotoproduktion koche und fotografiere, was ich übrigens beides selbst mache, geht glücklicherweise sehr selten etwas schief. Fürs Foto muss ich manchmal mit ein paar Tricks arbeiten, um das Gericht von seiner besten Seite zu zeigen, aber die verrate ich natürlich nicht 😉 .
Dein Blog ist in deiner heimischen Küche gestartet – heute treffen wir uns in Räumen, die fast schon wie ein Studio wirken. War es von vornherein der Plan, den Blog professionell zu betreiben?
Nein das hatte ich nicht im Sinn. Du musst wissen, ich hatte mehr als ein Jahr zuvor meine Vollzeit-Tätigkeit als leitende Angestellte an den Nagel gehängt, um ganz für meinen damals 6jährigen Sohn da sein zu können… um nichts mehr in seinem Leben zu verpassen. Ich habe meine Leidenschaft am Kochen wiederentdeckt und natürlich täglich frisch für ihn bzw. uns alle drei gekocht. Dann kam der Wunsch in mir auf, diese Rezepte zu veröffentlichen, auf eine besondere Weise, gut erklärt, absolut verlässlich und gelingsicher, für alle gestressten Menschen da draußen wie ich es auch einer war. Ich hatte damit einen Nerv getroffen und meine Community wurde immer größer und auch die Wahrnehmung von Kooperationspartner, die bei mir anklopften. So nahm alles einen Lauf.
Bist du ganz alleine? Oder hast du ein Team, welches dich unterstützt?
Mein Mann ist seit einigen Jahren mein Geschäftspartner. Wir betreiben den Blog gemeinsam. Er ist unter anderem für die Vermarktung und den ganzen technischen Teil verantwortlich. Bei unseren zahlreichen Aufgaben rund um den Blog unterstützen uns sehr viele externe Partner aber mittlerweile haben wir in der Tat auch intern ein kleines Team an Mitarbeitern. Anders wäre es nicht mehr zu stemmen.
Bei so viel Aufwand entstehen auch Kosten. Wie refinanzierst du deinen Blog?
Das ist schnell erklärt, wenn du auf meine Seite „Emmi kocht einfach“ gehst, siehst du einige Werbeplatzierungen, so wie du ja zum Beispiel auch Werbung auf anderen Webseiten siehst oder im Privatfernsehen. So finanzieren wir uns heute hauptsächlich.
Dazu kommen noch die Einnahmen für meine Kochbücher, die ich schreibe und die Einnahmen aus unserem Shop,
Sind irgendwann mal alle Rezepte gekocht? Wie sind deine Pläne für die Zukunft?
Nein, das wird nie der Fall sein. So wie die Menschheit sich verändert, verändert sich auch die Kulinarik und es wird immer wieder neue Facetten geben. Wie in der Musik oder der Kunst, Bereiche die ebenfalls nie zum Stillstand kommen..
Genau wie alle anderen Menschen in meiner Rubrik „Ein paar Fragen an …“ hat auch Emmi zu meinen „kölschen Fragen“ Rede und Antwort gestanden.
Du kommst ursprünglich aus Franken. Schäufele, „Drei im Weggla“ und die Biere aus der Region sind sensationell. Zieht es dich ab und zu zurück dorthin?
Ja regelmäßig, mein Bruder mit Familie lebt noch dort, aber auch Tanten und Onkels. Auch eine meiner besten Freundinnen aus Jugendtagen lebt dort, wir haben uns nie aus den Augen verloren und ich besuche sie immer, wenn ich kann.
Wenn nicht Köln – wo sonst könntest du wohnen? Und warum gerade dort?
Ich würde im Münchner Umland leben. Das ist meine Herzensgegend, weil ich die Berge so sehr liebe. Von dort könnte ich sie in der Ferne sehen, wäre schnell dort, hätte aber auch die Großstadt München in Reichweite, in der auch Freunde von uns leben.
Welche kölsche Eigenschaft zeichnet dich aus?
„Bodenständig“ und „kommunikativ“. Gehört das überhaupt dazu?
Was würdest du morgen in unserer Stadt ändern?
Putzkolonnen losschicken, die die Straßen reinigen und die verschmierten Wände übermalen und das täglich. Im Vergleich zu anderen Großstädten auf den vorderen Plätzen hat Köln meines Erachtens viel Nachholbedarf und könnte in einem ganz anderen Licht erstrahlen. Das Stadtbild ist streckenweise echt schmuddelig und dreckig.
Nenne ein/zwei/drei Gründe, warum man Köln morgen verlassen sollte.
Da fällt mir ehrlicherweise kein Grund ein. Wie gesagt, Köln ist keine Schönheit, packt einen aber emotional. Die Toleranz der Kölner ist außergewöhnlich und das macht doch eine Stadt am Ende wirklich lebenswert.
Wo ist dein Lieblingsplatz in Köln?
Die Besucherplattform im Triangle-Tower in Deutz, es gibt meiner Ansicht nach keine schönere Aussicht auf die Stadt.
Was machst du zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch?
Ich gehöre zu denjenigen die mittlerweile am liebsten flüchten, wenn es meine Zeit erlaubt. Ich finde das, was aus dem Straßenkarneval geworden ist schrecklich, das hat für mich nicht mehr viel mit Brauchtum zu tun.
Wo drüber laachs de dich kapott?
Wenn jemand Grimassen zieht und extremes Talent dafür hat, da kann ich nicht anders, da liege ich unter dem Tisch vor Lachen.
Jetzt kommt für eine Köchin die wichtigste Frage: Was ist dein kölsches Lieblingsgericht?
Wenn Köln tatsächlich die nördlichste Stadt Italiens sein sollte, dann ist der Zugweg in der Südstadt so etwas wie die Via Appia: Italienisches Lebensgefühl pur. Wesentlich verantwortlich dafür ist Carmelo Bennardo. Er führt das italienische Kultcafé „Formula Uno“ und ermöglicht damit der Südstadt „La dolce vita“.
„Ich habe zwei Präsidenten.“
Dass es im Formula Uno den besten Espresso Kölns gibt, hat sich anscheinend schon bis nach Berlin rumgesprochen. Denn nur so ist es zu erklären, dass Carmelo beim Staatsbesuch des italienischen Präsidenten Sergio Mattarella Ende September 2024 Kaffee servieren durfte.
Bundespräsident Steinmeier hatte den italienischen Präsidenten im Rahmen seines Staatsbesuchs eingeladen, mit dem Schiff von Bonn nach Köln zu fahren, um in der Domstadt die prächtige Kathedrale zu besichtigen. Den Kaffee auf dem Schiff durfte der Kölner Carmelo Bennardo servieren. Für ihn Herzensangelegenheit: „Ich habe zwei Präsidenten. Einmal den deutschen, Herrn Steinmeier, und einmal den Herrn Mattarella.“
Einfaches Leben – auf hohem Niveau
Das Carmelo sogar Staatsoberhäuptern Kaffee servieren darf hätte er selber vor 56 Jahren nicht gedacht. Er kam, als sechsjähriger Junge, zusammen mit seinem Vater im März 1968 nach Köln.
Für den Sizilianer war in Köln alles anders. Er erinnert sich an die großen Häuser und daran, dass es kalt war. Prompt fiel ein paar Wochen nach seiner Ankunft Schnee. Bernardo: „Das war das erste Mal, dass ich in meinem Leben Schnee gesehen habe.“1: „Mit einem guten Kaffee ist es wie mit einer Formel in der Chemie – alles muss stimmen.“ Ein Interview mit Carmelo Bennardo, dem Inhaber des italienischen Kultcafés „Formula Uno“ von Daniel Zakharov, https://www.danielzakharov.de/project/interview-camelo-bennardo
Damals gab es bereits die italienischen Gemeinschaften in der Südstadt, in Kalk oder auch in Ehrenfeld, daher wurde Carmelo in Köln schnell heimisch. Es sollte allerdings noch lange dauern, bis er das „Formula Uno“ übernehmen konnte. Vorher war in dem Ladenlokal ein Gemüseladen, bis Anfang der 1970er Jahre der in der Südstadt bekannte italienische Gastronom Franco di Pirra dort ein Café eröffnete. In diesem Café gab es zwar auch schon Kleinigkeiten zu essen, aber es war, wie Bernardo sagt, ein „Männercafé“.
Im Jahr 1999 übernahm Carmelo Bernardo das Café von einem Freund. Der Beginn einer kölsch-italienischen Erfolgsgeschichte. Der neue Gastronom ändert Interieur und Angebot – das „Formula Uno“ wird zum Kultcafé. Stammgast Freddy aus der Kölner Südstadt beschreibt das Café wie folgt: „Hier ist einfaches Leben, aber auf sehr hohem Niveau. Auch weil es hier den besten Espresso Kölns gibt.“
Der beste Espresso Kölns
In einem Interview aus dem Jahr 2018 beschreibt Carmelo das Geheimnis eines richtig guten Kaffees wie folgt:
„Um einen guten Kaffee zu machen, muss die Maschine gut eingestellt sein und auch ein guter Kaffee verwendet werden. Es ist sehr ähnlich wie bei einer Formel in der Chemie. Alles muss stimmen. Wenn nur ein Detail nicht stimmt, dann wird nichts stimmen. Heute macht die Qualität sehr viel aus, denn man kann das nicht wie vor 30 Jahren machen. Die Leute hatten damals einen Espresso bestellt, aber das, was sie bekommen haben, konntest du nicht Espresso nennen – das war schwarzes Wasser. Heute achten sehr, sehr viele darauf, wie der Espresso in der Tasse ist, wie man den Zucker rein kippt, wie der Kaffee schmeckt. Heute verstehen einfach sehr viele Leute, was ein Espresso ist und wie er schmecken muss und nicht nur der Italiener, der das aus Italien schon kennt.“2„Mit einem guten Kaffee ist es wie mit einer Formel in der Chemie – alles muss stimmen.“ Ein Interview mit Carmelo Bennardo, dem Inhaber des italienischen Kultcafés „Formula Uno“ von Daniel Zakharov, https://www.danielzakharov.de/project/interview-camelo-bennardo
Der Zugweg wird zum Fußballstadion
Doch nicht nur der Espresso macht das Formula Uno bekannt. Während Fußballwelt- oder Europameisterschaften herrscht im Zugweg regelmäßig der Ausnahmezustand: Waren es zunächst nur zwei Fernseher draußen vor dem Café wurde die Straße mehr und mehr zur Fußball-Feiermeile. Girlanden und Wimpel, quer über die Straßen gespannt, Menschenmassen auf der Straße, kein Durchkommen mehr. Klar, dass so etwas sofort das Ordnungsamt der Stadt auf den Plan ruft, so bei der WM 2006.
Doch auch hier wusste sich Carmelo Bennardo zu helfen: Er ließ den Zugweg auf eigene Kosten sperren. Trotz hoher Kosten war der Wirt begeistert: „Es war ja wunderbar und einfach sehr, sehr, sehr schön!“3„Mit einem guten Kaffee ist es wie mit einer Formel in der Chemie – alles muss stimmen.“ Ein Interview mit Carmelo Bennardo, dem Inhaber des italienischen Kultcafés „Formula Uno“ von Daniel Zakharov, https://www.danielzakharov.de/project/interview-camelo-bennardo
Der mittlerweile eingekölschte Italiener liebt Deutschland, Köln und die Südstadt. Nur wenn es beim Fußball zum direkten Aufeinandertreffen der Squadra Azzurra und der deutschen Nationalmannschaft kommt schlägt sein Herz für Italien: „Köln ist meine Heimat. Ich bin im Jahr 11,5 Monate hier und vielleicht zwei Wochen da unten. Nichtsdestotrotz werde ich immer ein Sizilianer bleiben.“4„Mit einem guten Kaffee ist es wie mit einer Formel in der Chemie – alles muss stimmen.“ Ein Interview mit Carmelo Bennardo, dem Inhaber des italienischen Kultcafés „Formula Uno“ von Daniel Zakharov, https://www.danielzakharov.de/project/interview-camelo-bennardo
In diesem Video beschreibt Carmelo, wie er den beiden Präsidenten Kaffee servieren durfte. Quelle: Carmelo Bennardo
Wie ein Präsident Kaffee trinken ist täglich möglich!
Als er am 28. September 2024 dann dir große Ehre hatte, sowohl dem italienischen als auch dem deutschen Präsidenten auf dem Schiff Kaffee servieren zu dürfen, erfüllte sich ein Traum. „Es ist mir eine Ehre, meinen zwei Präsidenten zu servieren.“
Und beiden Präsidenten hat es sichtlich geschmeckt.
Wer auch mal wie ein Präsident Kaffee trinken will, sollte unbedingt das Café besuchen: Formula Uno, Zugweg 2, 50677 Köln Geöffnet ist das Café täglich von 7 – 22 Uhr, Samstag ab 8 Uhr, Sonntag ab 9 Uhr
… und am 24. Dezember ist wie jedes Jahr urplötzlich wieder Heiligabend!
Habt ihr schon alle Geschenke? Falls nicht, kommt hier ein Vorschlag:
Verschenkt eine Gruppen-Tour –
und ihr habt den Köln-Lotsen ganz für euch allein
Ein besonders schönes Geschenk ist es immer, wenn man etwas zusammen unternimmt. Egal ob mit der Familie, Freunden, dem Kegelclub oder der Nachbarschaft. Und dabei begleite ich euch gerne: Verschenkt eine Lotsen-Tour mit dem Köln-Lotsen.
Du willst lieber drinnen feiern? Dann komme ich meiner Veranstaltung „Kölsche Weihnacht“ zu dir. Mit kölschem Verzäll, Anekdötchen, Musik und Geschichten aus dem weihnachtlichen Köln – für et Hätz un für die Freud. Ich bringe alles (Beamer, Leinwand, Lautsprecher und weihnachtlicher Stimmung) mit. Und gemeinsam lernen wir kennen, was Weihnachten in Köln so besonders macht.
Ein Geschenk für nette Menschen: Gutscheine für einzelne Personen
Selbstverständlich könnt ihr auch Gutscheine für einzelne Personen verschenken. Die Gutscheine dazu gibt es zum Preis von 14 Euro/Kopf. Mögliche Termine für die Touren findet ihr im Kalender der Lotsen-Touren.
Individuelle Gestaltung – und keine Arbeit für euch
Falls ihr eine Lotsen-Tour oder einen Gutschein für einzelne Personen verschenken wollt, meldet euch bei mir. Wir sprechen einen Termin und die Details ab und ihr bekommt dann euren individuell gestalteten Gutschein zugeschickt – das perfekte Geschenk.
So habt ihr keine Arbeit mehr.
Und ein schönes, individuelles Weihnachtsgeschenk.