Jupp Schmitz – Der Mann, der den Frohsinn komponierte

Der kölsche Musiker Jupp Schmitz (1901 - 1991), Bild: Uli Kievernagel
Der kölsche Musiker Jupp Schmitz (1901 – 1991), hier auf dem ihm gewidmeten Denkmal, Bild: Uli Kievernagel

Man liest die Titel und hat sofort die Melodie im Kopf: „Ich fahr mit meiner Lisa zum schiefen Turm von Pisa“, „Wer soll das bezahlen?“, „Am Aschermittwoch ist alles vorbei“ und selbstverständlich „Es ist noch Suppe da“.

Diese Lieder stammen alle aus der Feder von Jupp Schmitz – ein Mann, der ganz maßgeblich den musikalischen Tonfall des rheinischen Liedgutes und des Karnevals mitgeprägt hat. Seine Lieder sind bis heute fester Bestandteil jeder Session, seine Texte oft unterschätzt. Sein Werk ist ein Archiv kölscher Zeitgeschichte – heiter, doppeldeutig und nie ganz ohne Tiefgang.

Ein Musiker aus dem Veedel

Jupp Schmitz wird am 15. Februar 1901 im Kölner Severinsviertel geboren. Sein Vater Philipp Schmitz ist Trompeter, die Mutter will, dass ihr Sohn Pianist werden soll. Während andere Kinder draußen spielen, erhält Jupp Schmitz mit sieben Jahren Klavierunterricht und muss viel üben. Später besucht er das Kölner Konservatorium und wird tatsächlich als Konzertpianist ausgebildet.

In den 1920er-Jahren leitet er eigene Kapellen und tritt in renommierten Kölner Häusern wie dem Dom-Hotel und dem Monopol auf. Auch bei der letzten Tournee von Willi Ostermann im Jahr 1936 sitzt Schmitz am Klavier.

Bereits 1934 beginnt seine Zusammenarbeit mit dem Reichssender Köln. In dieser Zeit entstehen erste Kompositionen für das damals neue Medium Rundfunk. Mit dem Tango „Gib acht auf dein Herz, Margarethe“ kann Jupp Schmitz in die lukrative Unterhaltungsmusik einsteigen. Besonders hilfreich war es, dass dieses Lied von dem prominenten Sänger Rudi Schuricke gesungen wurde. 

Die Lieder von Jupp Schmitz sind vielseitig, stets eingängig, dabei aber nie anbiedernd und werden auch außerhalb des Rheinlands geschätzt.

Krieg, Heimkehr in das zerstörte Köln

1940 wird Schmitz zum Kriegsdienst eingezogen. Er ist für die Truppenunterhaltung zuständig und singt erstmals auch selber. Seine Stücke schreibt er auf Kölsch und Hochdeutsch.

Köln im April 1945, mehr als 90% der Innenstadt sind zerstört, Bild: U.S. Department of Defense
Das zerstörte Köln am Ende des Zweiten Weltkriegs. Ein Anblick, der auch Jupp Schmitz  tief erschütterte. Bild: gemeinfrei / U.S. Department of Defense, Fotograf: Jack Clemmer

Erst 1946 kommen Jupp Schmitz und seine Ehefrau Bärbel wieder nach Köln. Der Künstler ist angesichts der Zerstörung der Domstadt tief erschüttert. So entsteht sein bewegendes Lied „Ming herrlich Kölle“. Darin beschreibt er aber auch die Zuversicht:

Ming herrlich Kölle, wie sühs do us?
Wo sin ding Stroße, wo stund ming Huus?
Un beß do och zerschlage, dat ändert janix dran,
dat mir met heißem Hätze vun neuem fange ahn.

Nach dem Krieg arbeitet Schmitz weiter für den Rundfunk, tritt in Karnevalssitzungen auf und wird zu einer festen Größe im kölschen Karneval.

Der Hit, der ein Land bewegte

Der endgültige Durchbruch gelingt ihm 1949 mit „Wer soll das bezahlen?“ Ursprünglich als satirischer Kommentar zur Währungsreform gedacht, entwickelt sich das Lied zu einem bundesweiten Hit – ironisch, ohrwurmverdächtig und überraschend aktuell:

Wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt,
wer hat soviel Pinke-Pinke, wer hat soviel Geld?

Der Titel bleibt nicht ohne juristisches Nachspiel: Der Berliner Komponist Wilhelm Gabriel erkennt in dieser Melodie eine Variante seines eigenen Werkes und klagt. Schmitz gewinnt – unter anderem, weil er beweisen kann, dass er die Melodie schon Jahre zuvor verwendet hatte.

Der als Satire gedachte Hit „Wer soll das bezahlen?“ war einer der ganz großen Hits von Jupp Schmitz. Bild: © 1971markus@wikipedia.de, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons
Der als Satire gedachte Hit „Wer soll das bezahlen?“ war einer der ganz großen Hits von Jupp Schmitz. Bild: © 1971markus@wikipedia.de, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

„Es ist noch Suppe da“

Mit den 1950er-Jahren beginnt die produktivste Phase von Jupp Schmitz. Mit Liedern wie „Am Aschermittwoch ist alles vorbei“ und „Wir kommen alle in den Himmel“ schreibt er Hymnen, die über den Karneval hinauswirken. Ende der 1960er Jahre erscheint sein Hit „Es ist noch Suppe da“. Es sind die erfolgreichsten Jahre des Künstlers. Zwischen 1969 und 1987 tritt er insgesamt 18 mal in der beliebten Fernsehshow „Zum Blauen Bock“ auf.

Der Liedtext von "Em Winter, dann schneit et“ ist auch Teil des Denkmals für Jupp Schmitz in der Kölner Innenstadt, Bild: Uli Kievernagel
Der Liedtext von „Em Winter, dann schneit et“ ist auch Teil des Denkmals für Jupp Schmitz in der Kölner Innenstadt, Bild: Uli Kievernagel

Jupp Schmitz nimmt sich selbst nicht zu ernst, aber seine Zuhörer ernst genug, um sie zum Lachen zu bringen. So feiert er mit Liedern wie „Em Winter, dann schneit et“ große Erfolge:

Wenn dr Summer kütt eran, jommer in dr Wald,
feste weed jewandert dann, jesunge, dat et schallt.
Ävver is dr Winter do, jommer nit mie hin,
weil mir von Natur us jo – jet ärch empfindlich sin.

Em Winter, dann schneit et, im Winter is et kalt,
immer kalt, immer kalt, immer kalt.
Dröm jommer em Winter och jarnit in dr Wald,
in dr Wald, in dr Wald, in dr Wald.

Ävver em Mai, dann weed et widder jrön, –
dann blöhe de Böum, dann is et schön.

Der Skandal um den „Hirtenknaben von St. Kathrein“

Ein ungewöhnlicher Tiefpunkt seiner Karriere war der Auftritt 1964 bei der Prinzenproklamation. Normalerweise trat Jupp Schmitz immer mit Smoking, mindestens aber im Anzug, und oft mit einer edlen Narrenkappe auf.

Bei der Fernsehübertragung der Prinzenproklamation steht er, auf ausdrücklichem Wunsche des Veranstalters, in kurzer Lederhose und einem lächerlichen Filzhut auf der Bühne. Er spielt zunächst das Lied „Der Hirtenknabe von St. Kathrein“ und danach den eher einfachen Titel „Risotto-Otto und Spaghetti-Betty“.

Jupp Schmitz wollte mit dem „Hirtenjungen“ die zu dieser Zeit im Fernsehen überaus erfolgreichen Heimatschnulzen persiflieren. Doch dieser Plan ging gründlich schief. Das Publikum reagiert mit Buhrufen und Pfiffen. Und bei der TV-Übertragung des WDR sagt der Kommentator wörtlich: „Bleiben Sie noch ein bißchen am Apparat, es wird gleich wie­der ganz nett.“ Die Persiflage wurde nicht verstanden.

Diese Demütigung hinterließ tiefe Spuren bei Jupp Schmitz: „Wenn es der Bestie Volk nicht gefällt, pfeifen sie einen von der Bühne herunter – han ich dat noch nüdig?“ fragte er danach öffentlich. Zu seiner Genugtuung verarbeitet er später diesen Tiefpunkt seiner Karriere in einem seiner Lieder:

Der Hirtenknabe von Sankt Kathrein,
der denkt noch heute an Köln am Rhein.
Er sang seine Lieder,
da pfiffen die Brüder,
drum singt er nur noch in Sankt Kathrein.

Das Grab von Jupp Schmitz auf dem Melatenfriedhof mit seinen unvergesslichen Zeilen: „Am Aschermittwoch ist alles vorbei.“ Bild: MSchnitzler2000, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons
Das Grab von Jupp Schmitz auf dem Melatenfriedhof mit seinen unvergesslichen Zeilen: „Am Aschermittwoch ist alles vorbei.“ Bild: MSchnitzler2000, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

Ein Leben für die Musik

Bis ins hohe Alter bleibt Schmitz künstlerisch aktiv. Zwar kündigte er zu seinem 80. Geburtstag im Jahr 1981 seinen Rückzug an, doch bei ganz besonderen Anlässen kann man den Künstler noch auf der Bühne erleben. So wurde sein Auftritt auf der Prinzenproklamation im Jahr 1983 zu einem überragenden Erfolg – eine späte Genugtuung für Jupp Schmitz nach der „Hirtenknaben-Demütigung“ im Jahr 1964.

Auch sein Auftritt mit den Bläck Fööss im Jahr 1988 bei deren Konzertreihe im Millowitsch-Theater war ein großer Erfolg. . Am 15. Februar 1991 feiert er seinen 90. Geburtstag mit einem Auftritt im Senftöpfchen-Theater. Dort zeigte er noch einmal sein ganzes Talent und nahm das Publikum mit auf eine musikalische Reise durch seine Karriere.

Nur sechs Wochen später, am 26. März 1991, stirbt Jupp Schmitz in Köln. Er wird auf dem Melaten-Friedhof bestattet. Auf seinem Grabstein steht

„Am Aschermittwoch ist alles vorbei.“


Krätzjer-Fest „Krätzjer lijje op d´r Stroß“
 

Stadtführung: „Krätzjer lijje op d´r Stroß“

Selbstverständlich ist Jupp Schmitz auch Bestandteil meiner speziell für das Kölner Krätzjer Fest konzipierten Stadtführung „Krätzjer lijje op d´r Stroß“.


Das Jupp-Schmitz-.Plätzchen in der Kölner Innenstadt, Bild: Uli Kievernagel
Das Jupp-Schmitz-Plätzchen in der Kölner Innenstadt, Bild: Uli Kievernagel

Jupp-Schmitz-Plätzchen

1994 erhält Jupp Schmitz posthum sein Denkmal: Am Salomonsgäßchen in der Innenstadt wird ein Platz nach ihm benannt: Das Jupp-Schmitz-Plätzchen. Ein kleines Piano aus Bronze und Bronzeplatten, auf denen Liedtexte von Jupp Schmitz eingraviert sind, erinnert heute an einen Mann, der mit großem Taktgefühl den Frohsinn komponierte.

Das Denkmal für Jupp Schmitz auf dem Jupp-Schmitz-Plätzchen, Bild: Uli Kievernagel

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Das Denkmal für Jupp Schmitz auf dem Jupp-Schmitz-Plätzchen, Bild: Uli Kievernagel


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