„Für alles jitt et e Woot, nur für die Liebe nit.“ 1Für alles gibt es ein Wort, nur für die Liebe nicht.
ist ein Songtitel der kölschen Band Lupo. In diesem Lied wird eingängig erklärt, dass es in der kölschen Sprache für viele hochdeutsche Wörter spezielle eigene kölsche Wörter gibt. So nennt der Kölner
- ein Käsebrötchen „Halve Hahn“,
- Stachelbeeren „Krönzele“ oder
- die Polizei „Schmier“.
ABER: Es gibt tatsächlich kein spezielles kölsches Wort für die Liebe. Und das ist äußerst erstaunlich.
Warum gibt es in der kölschen Sprache kein Wort für die Liebe?
Für den Satz „Ich liebe Dich“ gibt es tatsächlich keine kölsche Übersetzung. Mangels eigener kölscher Worte für die Liebe nutzt der Kölner hilfsweise Umschreibungen. Das klingt dann ungefähr so: „Isch han dich jän“ oder „Ich maach dich“.2Nur am Rande: Der Kölner hat zwar kein eigenes Wort für die Liebe, dafür aber ein eigenes Wort für ein (außereheliches) Verhältnis: „Fisternöllchen“. Und das lässt eindeutige Rückschlüsse auf das kölsche Gemüt zu!
Stephan Grünewald ist ein bekannter Psychologe. Er meint, die Kölner hätten deswegen ein Problem mit dem Begriff „Liebe“, weil sie sich mit einem so endgültigen Bekenntnis sehr schwer tun. Grünewald sagt: „Der Kölner liebt das Flirtspiel: Bützen ja, aber bitte nicht festlegen! Lieber gekonnt alles offen halten, sonst kommt man wieder in die Bredouille.“3Stephan Grünewald im Kölner Express vom 10. August 2011
Ein anderer echter Experte für die kölsche Sprache und auch das kölsche Gemüt war der im Jahr 2011 verstorbene Komponist Hans Knipp. Er hat so wunderschöne Lieder wie „Mer losse d’r Dom en Kölle“, „Ene Besuch im Zoo“ oder „Unsere Stammbaum“ geschrieben. Und auch „Ming etzte Fründin“. Der Mann kannte sich also mit der Liebe aus.
Auch er wurde gefragt: Herr Knipp, wieso gibt es kein kölsches Wort für Liebe? Seine Antwort: „Die kölsche Sprache ist herzlich, aber ihr fehlt das Pathos. Dadurch gibt es aber auch in den Liedern diese gewisse Schnulzigkeit nicht, die man sonst in Schlagern findet.“4Hans Knipp im Kölner Express vom 10. August 2011
Das Wort „Leevde“ ist in Vergessenheit geraten – eine Spurensuche
Der kölsche „Sprach-Papst“ Adam Wrede5Neuer Kölnischer Wortschatz, Greven Verlag Köln 1976 übersetzt „Liebe“ tatsächlich mit „Leev“ oder „Leevde“ und führt auch die kölschen Sprichwörter „Kahl Häng, wärm Leev.“6„Kalte Hände, warme Liebe.“ oder „Hät einer nit Leev noch Juns, dann helfe nit Red noch Kuns.“7„Hat einer keine Liebe und keine Gunst, dann helfen weder Rede noch Kunst.“ auf, weist aber ausdrücklich darauf hin, dass dieser Begriff nur noch selten gebraucht wird und meist durch „jän han“ umschrieben wird.
Rolly Brings ist ein kölscher Autor und Liedermacher und wurde 2022 mit dem Karl-Küpper-Preis geehrt. Er hat das Lukasevangelium auf Kölsch übersetzt – man kann ihn also als echten Kölsch-Experten bezeichnen. Rolly Brings begründet das Verschwinden des Worts „Leevde“ damit, dass man in der Domstadt lieber Bilder und Beschreibungen wie „Ich han dich zum fresse jän.“ nutzt. Er führt das darauf zurück, dass die kölsche Sprache keine abstrakten Begriffe kennt.
Mit „abstrakt“ wird der induktive Denkprozess des erforderlichen Weglassens von Einzelheiten und des Überführens auf etwas Allgemeineres oder Einfacheres bezeichnet. Einfacher formuliert: Mit Abstraktion wird nichts Gegenständliches bezeichnet. Und „Liebe“ ist eindeutig nicht „gegenständlich“. Demnach werden in der kölschen Sprache Begriffe eher „handfest“ und weniger abstrakt verwendet.
Und somit ist klar:
„Für alles jitt et e Woot, nur für die Liebe nit.“
Et jitt kei Wood, dat sage künnt
wat ich föhl, wenn ich an Kölle denk!
Offensichtlich fällt es den Kölschen auch schwer, ihre Liebe zu ihrer Heimatstadt in Worte zu verpacken. Zumindest wenn man der prominenten Band Cat Ballou glaubt.
Die Musiker singen, dass es kein Wort gibt, welches ihre Gefühle für Köln ausdrücken könnte. Andere Bands tun sich damit aber leichter, wie die unzähligen gesungenen Liebeserklärungen an die Stadt beweisen:
- „Du bes Kölle“
- „Du … ( bess die Stadt )“
- „Ävver et Hätz bliev he in Kölle“
- „Us der Stadt met K“
- „Kölsche Jung“
- „Viva Colonia“
und viele, viele mehr!
Erklärungen für viele weitere kölsche Wörter wie „kötten„, „maggeln“ oder „knüsselich“ gibt es in der Rubrik Kölsche Wörter.
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