Die Hand aufhalten: kötten gehen

Jemand hält die Hand auf - der Kölsche nennt das kötten
Jemand hält die Hand auf – der Kölsche nennt das kötten

Sogar die Roten Funken haben es getan: Fastelovend 2019 sind die Mitglieder der stolzen Garde mit der Kötterbüchs1Spendensammeldose rumgelaufen und haben Geld für obdachlose Frauen in Köln gesammelt. Die Herren sind kötten gegangen. Sehr lobenswert.

Mit „kötten gehen“ bezeichnet der Kölsche schlichtweg, jemanden um etwas zu bitten. Somit ist kötten eigentlich ein Begriff für betteln, allerdings – das hat die übliche Umfrage in meiner Stammkneipe ergeben – ein etwas feinerer Begriff. Die einhellige Meinung der Kölschen in meiner Nachbarschaft: Wer köttet, der ist nicht so penetrant. Erst wenn jemand aggressiv köttet, wir es zum Betteln.

Vielleicht ist das Wort auf den Cut zurückzuführen

Die Herkunft des Wortes ist tatsächlich unbekannt. Im schon öfters von mir zitiertem „Mitmachwörterbuch der rheinischen Umgangssprache“ gehen die Spekulationen vom Gehrock über Hausierer bis hin zur einfachen Bauernhütte:

  • Der Sprachforscher Peter Honnen weist darauf hin, dass man im Sauerland Hausierer und Korbflechter Kötter nennt. Möglicherweise ist das der Ursprung für das „kötten“
  • Eine andere Erklärung besagt, dass Kötter arme Menschen sind, die in sehr einfachen kleinen Kotten, als Synonym für „Kate“, also in einfachen Häusern leben.
Ein klassischer Cut - damit kann man kötten gehen, Bild: Rogi.Official, CC BY-SA 3.0
Ein klassischer Cut – damit kann man kötten gehen, Bild: Rogi.Official, CC BY-SA 3.0
  • Die schönste Erklärung für mich ist allerdings die Herleitung über den Gehrock, also einen Cutaway oder kurz Cut. Dieser wird bei uns „Kött“ ausgesprochen. Der Vorteil des Kött: Der vergleichsweise große und weit geschnittene Gehrock hat sehr viele Taschen. Wenn nun ein Fest anstand und der Gehrock dabei getragen wurde, konnte der Träger die Taschen nutzen, um Essensreste für die Daheimgebliebenen mitzubringen – es wurde geköttet.

Setzt ein Zeichen der Solidarität

Gerade in den aktuell schwierigen Zeiten müssen leider viele Menschen wieder kötten gehen. War in normalen Zeiten schon der Monat länger als das Geld reichte, wird es jetzt mit Kurzarbeitergeld in vielen Haushalten kritisch. Daher haben die Tafeln momentan auch einen großen Zulauf.

Der Gabenzaun des Bürgervereins RADERBERG und -THAL e.V., Bild: Ulla Giesen
Der Gabenzaun des Bürgervereins RADERBERG und -THAL e.V., Bild: Ulla Giesen

Sehr lobenswert sind daher Initiativen wie zum Beispiel der „Gabenzaun“ des Bürgervereins RADERBERG und -THAL in meiner Nachbarschaft. Unter dem Motto „Wenn jeder gibt, was er hat, dann werden alle satt!“ können haltbare Lebensmittel für Menschen gespendet werden, die sich diese aus den bereitgestellten Beuteln nehmen können.

Schaut euch bitte mal bei nächster Gelegenheit in eurer Nachbarschaft um. Dort gibt es bestimmt auch Menschen, die kötten gehen müssen. Und wenn jeder nur ein eine Kleinigkeit gibt, dann kommen alle Menschen über die Runden.


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