1969 war es soweit: Der legendäre Klingelpütz in der Kölner Innenstadt wurde geschlossen und in Ossendorf die neue, damals sehr moderne, Justizvollzugsanstalt (JVA) eröffnet: Bei etwa gleicher Anzahl von Haftplätzen (ca. 1.100) fast hat die JVA Ossendorf eine etwa 10fach größere Grundfläche als der alte Klingelpütz in der Innenstadt. Und: Es gibt fast ausschließlich Einzelzellen.
Prominenz in der JVA Ossendorf
Im Laufe der Zeit haben etliche durchaus prominente Häftlinge in der JVA Ossendorf eingesessen, darunter:
- Iwan Herstatt, der mit der Herstatt-Bank im Jahr 1974 eine spektakuläre Bankenpleite zu verantworten hatte.
- Der „Kanzlerspion“ Günter Guillaume, der für die DDR im Bundeskanzleramt spionierte und im April 1974 enttarnt wurde.
- Die RAF-Terroristen Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin, Andreas Baader, Holger Meins, Jan-Carl Raspe waren in Ossendorf inhaftiert, bevor sie 1974 nach Stuttgart-Stammheim verlegt wurden.
- Von November 2011 bis März 2013 war Beate Zschäpe, Angeklagte im NSU-Prozess, in Ossendorf inhaftiert.
- Auch die Kölner Unterweltgröße Anton „Lange Tünn“ Claaßen hat zweieinhalb Jahre im Klingelpütz gesessen.
- Aktuell (Stand September 2021) sitzt auch der als Reemtsma-Entführer bekannt gewordene Thomas Drach in Ossendorf in Haft.
Mehr als nur „Verwahrung“
Häftlinge in Ossendorf haben die Möglichkeit, einen Schulabschluss einen Schulabschluss (Hauptschule, Mittlere Reife oder Fachabitur) nachzuholen oder eine Berufsausbildung abzuschließen. Aktuell stehen 73 Ausbildungsplätze zur Verfügung, ausgebildet wird in den folgenden Berufen:
- Friseurhandwerk
- Schneiderhandwerk
- Bürokommunikation
- Textilreinigung.
Geschichte wiederholt sich: JVA Ossendorf soll abgerissen werden
Genau wie auch der Klingelpütz in den 1960er Jahren ist mittlerweile auch die JVA Ossendorf in die Jahre gekommen. Es schimmelt in den Zellen, der Brandschutz ist veraltet und auch die Elektrik entspricht nicht mehr dem Stand der Technik. Außerdem sind die Zellen zu klein: Das Gesetz schreibt mindestens 10,5 Quadratmeter vor – die Einzelzellen in Ossendorf sind mit 8,5 Quadratmeter zu klein.
Nach ersten Planungen sollte der Spatenstich für den Neubau bereits 2020 erfolgen. Tatsächlich verzögert sich der Baubeginn, weil zunächst die Ausweichquartiere für die Häftlinge in Willich und Münster fertig sein sollten. Allerdings haben massive Anwohnerproteste in Münster dazu geführt, dass dort bis jetzt noch nicht gebaut werden konnte. Dies hat für die JVA Ossendorf zur Folge, dass sich auch dieser Bau um mehrere Jahre verzögert.
So bleibt den Kölnern der „neue Klingelpütz“ noch länger erhalten. Und egal, wie es auch immer mit dem kölschen Knast weitergeht: Für Kölner Spitzbuben gehörte eine Zeit im Klingelpütz – egal ob in Ossendorf oder im alten Klingelpütz in der Innenstadt – einfach zur Ganovenehre:
„Ein richtiger Kölscher aus dem Milieu,
der musste mal im Klingelpütz gewesen sein.
Das musste sein, um mitsprechen zu können.“
Hans-Jürgen „de Duv“ Kuhl, Geldfälscher
Die Geschichte und Geschichten zum Kölschen Knast
- Der kölsche Knast Teil I: Weckschnapp – Folterstätte am Rhein
- Der kölsche Knast Teil II: Die Hacht – ein Knast direkt am Dom
- Der kölsche Knast Teil III: Die „Bleche Botz“ in der Schildergasse
- Der kölsche Knast Teil IV: Der legendäre Klingelpütz
- Der kölsche Knast Teil V: Die JVA Ossendorf
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