Berüchtigte Bordellmeile: Dä Stüverhoff (Im Stavenhof)

Enge Gasse mit bewegter Geschichte: Im Stavenhof, von den Kölner "Stüverhoff" genannt, Bild :Uli Kievernagel
Enge Gasse mit bewegter Geschichte: Im Stavenhof, von den Kölner „Stüverhoff“ genannt, Bild :Uli Kievernagel

Podcast Eigelstein-Stüverhoff 14

Den Schülerinnen der nahgelegen Ursulinenschule, bis 2012 noch eine reine Mädchenschule, war es verboten, über den Eigelstein zur Schule zu laufen. Und erst recht, einen Blick in den Stüverhoff zu werfen. Denn: Neben der Nächelsgasse in der Südstadt und der Brinkgasse im Friesenviertel war der Stavenhof, von den Kölner „Stüverhoff“ genannt, bis in die 1970er Jahre eine Hochburg der Prostitution. Dabei wäre es für die Schülerinnen natürlich äußerst spannend gewesen, zu sehen, was da alles so getrieben wurde.

Kinder spielen zwischen Prostituierten

Wenn man heute durch den Stavenhof läuft, kann man sich gut vorstellen, dass die hohen Mauern und die enge Gasse gute Voraussetzungen für einen Rotlichtbezirk geboten haben.

Dabei war der Stüverhoff anders als die anderen Rotlichtbezirke: Bis 1964 galt hier ein Mindestalter von 30 Jahren, um am Stüverhoff als Prostituierte arbeiten zu dürfen. Und ganz anders als in den anderen Kölner Prostitutions-Hotspots wohnten die Prostituierten tatsächlich zusammen mit der Nachbarschaft in dieser Straße. So berichtete eine Zeitzeugin: „Hier han doch fröher so vill Privatlück jewonnt, do han de Pänz jespillt, un mir stunde nevven der Kinder. Do hätt sich kei Minsch dran jestört!“1Quelle: Arne Dreßler: Stüverhoff, Animierkneipen und Anwohner: Rotlicht am Eigelstein.

Chicago am Rhein

Allerdings sollte diese vermeintliche Idylle nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch bis in die 1970er Jahre das kriminelle Milieu die Stadt fest im Griff hatte.

Frischse Pitter, Abels Män, Karate Jacky und nicht zuletzt Schäfers Nas und Dummse Tünn – die Namen der Protagonisten aus dieser Zeit klingen zwar wie kölsche Folklore, doch diese Männer waren brutale Schläger, Geldeintreiber und Zuhälter.

Im Buch "Chicago am Rhein" werden die Protagonisten des Kölner Milieus beschrieben (KiWi, Taschenbuch ,168 Seiten, 14,99 Euro)
Im Buch „Chicago am Rhein“ werden die Protagonisten des Kölner Milieus beschrieben (KiWi, Taschenbuch, 168 Seiten, 14,99 Euro)

Der ehemaligen Polizist Josef „Jupp“ Menth, vielen als „Der Kölsche Schutzmann“ im Karneval bekannt, war in dieser Zeit für die Kriminalpolizei tätig. Über „Schäfers Nas“ sagt Menth: „Die „Nas“ sei nicht etwa „ne Joode“ gewesen, wie viele Kölner sich heute einreden wollten, sondern ein ganz brutaler, menschenverachtender Zuhälter in Großausführung“.2Rheinische Post: Zuhälter und Zocker in Köln, 22.11.2011

So hat sich Köln den Ruf als „Chicago am Rhein“ redlich verdient. Mitte der 1960er Jahre wurden in der Domstadt jährlich knapp 50.000 Straftaten registriert – ein Spitzenwert im bundesdeutschen Vergleich.

Daran, dass der Stüverhoff ein Zentrum des kriminellen Milieus war, erinnert auch das Lied „Zoff em Stüverhoff“ der kölschen Band „Kragenknöpp“:

„Em Stüverhoff es Zoff …
Die Schmier is do
un schängt se uss … na na na“

Im Stavenhof, von den Kölnern "Stüverhoff" genannt, Bild: Uli Kievernagel

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Im Stavenhof, von den Kölnern "Stüverhoff" genannt, Bild: Uli Kievernagel

Die Entscheidung: Stadtpatronin oder Großbordell

Um das Milieu „auszutrocknen“ und die Prostitution besser zu kontrollieren, sollte 1964 ein Großbordell am Stüverhoff errichtet werden. Der ganze Eigelstein war entsetzt und machte mobil gegen dieses Vorhaben. Niemand geringerer als der damalige Pfarrer von St. Ursula, Paul Fetten, setzte sich an die Spitze dieser Bewegung und drohte damit, dass er von der Stadt verlangen würde, die Heilige Ursula als Stadtpatronin abzusetzen, sollte dieses Bordell tatsächlich gebaut werden. Die Stadt knickte ein.

Erst mit der Eröffnung des „Eros Centers“ im Jahr 1972 (später in „Pascha“ umbenannt) in der Hornstraße wurde die Prostitution in der gesamten Innenstadt und somit auch im Stavenhof untersagt. Zwar kamen Ende der 1970er einzelne Prostituierte zurück, doch die wilden Zeiten waren da schon längst vorbei.

Als Anfang der 1990er Jahre die Grenzen insbesondere zu den osteuropäischen Ländern geöffnet wurden, nahmen Banden aus diesen Regionen das Geschäft in die Hand – mitsamt ausländischen Prostituierten. Als dann noch vermehrt drogenabhängige Frauen am Eigelstein und drumherum anschafften, kippte die Stimmung endgültig, die offene Prostitution wurde nicht länger geduldet.

Das mit einem Architekturpreis prämierte Haus Stavenhof 20, Bild: Uli Kievernagel
Das mit einem Architekturpreis prämierte Haus Stavenhof 20, Bild: Uli Kievernagel

Bevorzugte Wohngegend und beliebter Drehort

Heute ist der Stavenhof eine reine Wohnstraße und mittlerweile eine bevorzugte sowie teure Ecke. Das Haus Stavenhof 20 hat sogar einen Architekturpreis gewonnen. Rund um den Eigelstein existieren zwar noch einzelne Stundenhotels und Wohnungen, in denen noch angeschafft wird. Allerdings spielt sich diese Prostitution eher im Verborgenen ab.

Tatsächlich ist die idyllische Gasse ein beliebter Drehort geworden. So haben bereits die Tatort-Kommissare aus Münster sowie Wilsberg und die „Kommissar Klefisch“ alias Willy Millowitsch hier ermittelt.

Und der Musiker Jürgen Zeltinger erinnert sich in seinem Lied Stüverhoff mit Wehmut an die alten Zeiten. Zu den Klängen von Lou Reeds „Walk On The Wild Side“ singt der Kölschrocker:

Mer troffe uns um zehn im Stüverhoff.
Do sachst zo mir, Mensch wat han ich neu dann drup.
Jon mer doch in dat dat ahle Appartement erin
un ich sach dir wie düür ich bin.
Ich jon wieder op dä Stüverhoff,
mache mir de nächste Freier op.
Un die Nutte singe: däp dä däp …


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