Stiftungen fördern kulturelle Bildung oder die Denkmalpflege, es geht um den Zugang zur Musik für Grundschulkinder, interkulturelle Verständigung, therapeutisches Reiten oder auch den Karneval. Sie unterstützen die Erhaltung der Kölner Grünanlagen, Selbstbestimmung im Alter oder auch die Vermittlung US-amerikanischer Comic-Kultur und vieles mehr.
Von den Stiftungen in und um Köln profitieren jedes Jahr 1,3 Millionen Menschen. Etwa 300 Millionen Euro im Jahr werden von diesen gemeinnützigen Stiftungen1Im Gegensatz zu den „Gemeinnützigen Stiftungen“, die in diesem Artikel betrachtet werden, dienen „Privatnützige Stiftungen“ überwiegend dem Interesse eines abgeschlossenen Personenkreises. Dies können zum Beispiel Mitarbeitern eines bestimmten Unternehmens oder Mitglieder einer Familie sein. für die vielfältigen Projekte ausgeschüttet.
Beispiel: Imhoff Stiftung
Alleine 22 Millionen Euro hat seit 2001 die Imhoff Stiftung für gemeinnützige Zwecke ausgeschüttet. Diese Stiftung wurde im Dezember 2000 von Hans Imhoff gegründet. Imhoff hatte den Stollwerck-Konzern verkauft und wollte seiner Heimatstadt Köln zusätzlich zum Schokoladenmuseum etwas Gutes tun. Bis zu seinem Tod führte er die Stiftung, heute ist seine Tochter Susanne Imhoff Vorsitzende des Stiftungsvorstandes.
Der Clou: Das Museumsgebäude des Schokoladenmuseums gehört der Imhoff Stiftung. Die Mieteinnahmen werden genutzt, um Projekte im Sinne von Hans Imhoff in Köln zu unterstützen, wie etwa Kultur für Menschen mit Demenz, dem Ausbau des EL-DE-Hauses oder „Der Elfte Elf“, ein Theaterprojekt für Kinder.
Stiftungen gehören sich selbst
Regelmäßig wird Susanne Imhoff vorgehalten, dass Stiftungen ja nur dafür da wären, Steuern zu sparen. „Ja – eine Stiftung spart tatsächlich Steuern.“ entgegnet sie dann. „Aber das Geld ist einem damit ja auch aus der Hand genommen. Der Stifter oder seine Familie kommen nie wieder an das Stiftungskapital und die daraus erwirtschafteten Erträge heran.“
Das besondere an einer solchen gemeinnützigen Stiftung ist, dass eine Stiftung weder aus Mitgliedern besteht noch existieren Gesellschafter. Eine Stiftung hat somit auch keinen Eigentümer, sondern gehört sich selbst.
Susanne Imhoff vergleicht eine Stiftung mit einem Apfelbaum: „Ich stifte Geld für einen Apfelbaum. Jedes Jahr trägt dieser Baum neue Früchte, die allen zugute kommen. Die Verantwortlichen der Stiftung sind dabei die Gärtner, die dafür sorgen, dass dieser Baum auch regelmäßig reichlich Früchte trägt.“
Köln ist die Hauptstadt der Stiftungen
Die Imhoff-Stiftung ist eine der etwa 500 Stiftungen in Köln, die sich der Förderung des Gemeinwohls verschrieben haben. Zählt man das Umland hinzu, steigt die Zahl der Stiftungen auf ca. 1.150. Viele dieser Stiftungen sind Mitglieder des Vereins „Kölner Stiftungen e.V.“ Der Vorsitzende des Vereins Dr. Ulrich Soénius ist stolz: „Von der Anzahl her ist Köln die Hauptstadt der Stiftungen in NRW.“
Seit 2006 feiern die Stiftungen alle drei Jahre den Kölner Stiftungstag. Zum 7. Kölner Stiftungstag hatte im Oktober 2024 Oberbürgermeisterin Henriette Reker ins Rathaus eingeladen.
Die Bedeutung der Stiftungen kann nicht hoch genug einschätzt werden, so Henriette Reker: „Ohne das Stiften wäre unsere Stadt nicht nur ärmer, sondern in dieser Form überhaupt nicht denkbar.“ Reker machte auch deutlich, dass in Zeiter knapper Kassen nicht jede gesellschaftliche Aufgabe vom Staat übernommen werden könne.
Poetry-Slam zu Stiftungsprojekten
Höhepunkt des Stiftungstags war ein Poetry-Slam. Die Slam-Poeten Luca Swieter, Nils Frenzel und Katinka Buddenkotte stellten jeweils drei Projekte vor. Bei diesem „Dichterwettstreit“ ging es darum, mit geschliffenen Worten für ausgewählte Stiftungsprojekte zu werben, der Sieger wurde per Applaus vom Publikum gewählt.
Gewonnen hat Luca Swieter. Sie stellte unter anderem das Projekt „KalkKunst“ vor. Und stiftete auch gleich ihr Preisgeld in Höhe von 1.500 Euro diesem Projekt. Und Sie hat mir erlaubt, ihren Text hier zu veröffentlichen. Ein großes DANKE an Luca und viel Vergnügen bei der Lektüre.
Kölner Stiftungstag
Von Luca Swieter
Stiftungsprojekte:
- KalkKunst
- Eselsohr
- Zukunftsquartier Wahn
Das Möglichkeitsspektrum in einer Stadt ist sehr breit. Man kann die Liebe seines Lebens kennenlernen, seine Träume verwirklichen, man kann aber auch nachts in einer Kneipe seine Jacke und mit Pech einen kleinen Finger verlieren, wenn man ganz ungünstig in ein zerbrochenes Kölsch Glas greift. Man kann dermaßen über seine Möglichkeiten nachgrübeln, dass man auf der Rückfahrt die Haltestelle verpasst und die einzige Möglichkeit dann wäre, umzukehren oder bis ans Ende seiner Tage auf einem Parkplatz in Weidenpesch zu leben. Vielleicht hat man sich auch nie von der Kneipe wegbewegt, weil der gesamten Stadtverkehr durch einen Bombenfund lahmgelegt wurde. In der Zwischenzeit hat man die Liebe seines Lebens wieder verloren, muss seine Träume begraben, aber entdeckt seine Jacke mitsamt kleinem Finger plötzlich auf Kleinanzeigen. Oder in einem der Zu Verschenken Kartons, die an der Straße stehen. Zumindest passiert mir das gerade, als ich im Morgengrauen unter dem orchestralen Taubengurren die Straße in Richtung Zuhause langlaufe.
Neben dem Zu Verschenken Karton steht ein Bücherschrank. Dort entdecke ich ein Buch über Drogenaufklärung, das mir meine Mutter damals verboten hat, aus Angst, dass man mich so gut über Drogen aufklärt, dass ich drogenabhängig werde.
Bücherschränke sind die intimsten Tauschbörsen, die ich mir vorstellen kann. All die Eselsohren, ein freundlicher Vermerk für alle Nachleser*innen, ein Knick für die Ewigkeit. All diese Flecken, von denen ich unter keinen Umständen wissen möchte, woher sie stammen. All die rührenden Widmungen gänzlich Unbekannter, all das Erstaunen darüber, was für absurde Dinge manche Menschen als Lesezeichen benutzen und in ihren Büchern vergessen, vielen Dank für die Kreditkarte an der Stelle. Diese unvorhergesehenen Kombinationen alle in einem Schrank, nie kamen sich „Bier brauen für Dummies“ und Tolstoi so nah.
Eine Person nähert sich dem Schrank von der anderen Seite und stellt ein Buch in eins der Regalbretter. Über die Bücherreihen hinweg treffen sich kurz unsere Blicke bevor sie sich beschämt abwendet und mit großen Schritten entfernt. Ich gehe um den Schrank herum, neugierig, welche reichhaltige Gabe dem Bücherschrank dieses Mal dargeboten wurde: „Gesund mit Eigenurin“ lese ich, während die Person gerade in eine Gasse verschwindet. Mittlerweile rennt sie sehr schnell und sieht dabei äußerst vital aus, von daher scheint es zu funktionieren.
Ein Bücherschrank ist ein Solidarsystem im Kleinen, ein Solidarsystem aus Seiten, ein Geben und Nehmen, wobei ich zugeben muss, dass ich immer viel genommen und nur gegeben habe, was ich selber scheiße fand. Jetzt schäme ich mich dafür. Ich eile nach Hause, packe alle meine Lieblingsbücher in einen Rucksack und folge den Spuren der Schränke wie Brotkrumen, von einer Seite auf die andere.
Meine Stadt hat zwei Hälften. Eine davon wird schmerzlich oft übersehen. Ich habe von Leuten in Köln gehört, die von Leuten in Köln gehört haben, die denken das einzige Mülheim, das es gibt, liegt im Ruhrgebiet. Ich habe von Leuten in Köln gehört, die von Leuten in Köln gehört haben, die sagen das Mülheim hierzustadte wird mit zwei h geschrieben und Kalk sei das, was sie überdosiert im Leitungswasser trinken.
Gerade greife ich nach dem nächsten Buch in meinem Rucksack, um es im Bücherschrank einzusortieren, als ich plötzlich merke, dass in diesem Viertel irgendwas anders ist. Ich sehe Kunstwerke in Schaufenstern, Cafés, Installationen in Parks, pulsierende Farbflecken auf Hauptstraßen, Gassen und Hinterhöfen, da liest, bewegt und spielt etwas, da ist ein Aufbegehren gegen die oftmals subtile Geringschätzung der anderen Seite, da ist die herzliche Solidarität, die ich von hier kenne.
Kunst im öffentlichen Raum ist so wie ich mir Kinder machen und sie glücklich aufwachsen sehen vorstelle. Das ist, jemandem Freiheit, Zuspruch und Vertrauen zu schenken und in all den Ergebnissen Schönheit, Freude und Trost zu finden. Und mein Gott, manchmal guckt man sich was an und denkt sich: Okay ich weiß jetzt auch nicht ob das ein überfahrener Hund oder die Oma sein soll, aber ich häng das jetzt trotzdem mal an den Kühlschrank. Und das ist doch auch das Schöne daran. Was hier passiert, begeistert mich!
„Der Zugang zu Kunst darf nicht vom Geld abhängig sein! Man sollte Kunst und die Leute, die sie schaffen, nicht vor Barrieren und verschlossene Türen stellen, sollte sie nicht ausschließlich vor Champagner und Austern platzieren, sondern bitteschön vor Kaffee aus dem Pappbecher und Apfeltaschen von Backwerk.“, skandiere ich mit erhobener Faust und da kackt mir eine Taube öffentlich und künstlerisch auf die Jacke und ich merke, es ist Zeit, weiterzuziehen. Ich nehme eine Bahn und grübele so dermaßen intensiv über Möglichkeiten nach, dass ich meine Haltestelle verpasse und als ich aussteige weiß ich plötzlich nicht mehr, wo ich bin. „Porz Wahn“ verkündet ein Wegweiser.
Es gibt Ecken, die werden schmerzlich oft übersehen. Da entsprach es lange der Wahrheit, dass das Gras woanders grüner ist, zumindest wenn man es am Süden auf der anderen Seite misst. Vielen Dinge im Leben sind wir eben so ausgeliefert. Zum Beispiel, in welche Umstände wir geboren werden. Wenn du etwas in deinem Viertel ändern könntest, was wäre das? Ich würde sagen, der erste wichtige Schritt ist, genau das überhaupt mal gefragt zu werden.
Ein wichtiger Schritt ist die Mitbestimmung, die das Fundament dafür bildet, Räume zu ergründen, Probleme zu bearbeiten und einen guten Plan zu machen, bevor man sich in das Auenland Kölns verwandelt. Porz Wahn, ihr könntet das neue belgische Viertel werden. Aber ihr wollt es nicht. Und das ist auch gut so. Spart euch den Aperol Spritz für 15 Euro und die vegane glutenfreie Pizza für 30 Euro. Man merkt mal, wie wenig Probleme ein Stadtteil hat, wenn in einer Straße gerade das fünfte Yoga Studio eröffnet.
Denn an diesem Ort sehe ich mehr Potential für gelebte Utopien als fünf Yoga Studios sich jemals aus der Energie ihres geballten Shavasanas ziehen könnten. Und wenn die ganzen Hipster aus Ehrenfeld irgendwann alle nach Porz Wahn ziehen wollen, dann lasst sie nicht rein!!
Aber wenn hier der erste Bücherschrank Hass- und Lieblingsbücher beherbergt, ein zu Verschenken Karton meine durchnässten Kleider aufbewahrt, wenn der öffentliche Kunstspaziergang fest datiert ist, dann wird das ein Grund zum Feiern.
Ich greife tief in meinen Rucksack und hole das Buch „Gesund durch Eigenurin“ hervor. Ich vergrabe es als Grundstein und Taufgeschenk für diese neue Welt, auf dass das, was kommt, fruchtbar und segensreich werde. Auf dem Rückweg konzentriere ich mich ganz fest darauf, meine Haltestelle nicht zu verpassen aber ich verliere mich dann doch in Möglichkeiten, nämlich darin, dass all das, was mir auf meinem heutigen Streifzug begegnet ist, einmal welche waren und zu Realitäten gemacht werden konnten. Sie brauchten lediglich solche, die ihr Potential erkannten. Solche, die bereit waren, zu glauben und zu geben und solche, die nah genug dran sind um die Notwendigkeiten zu sehen und sie umzusetzen.
Es gehört sich nicht, Texte mit Plattitüden zu beenden, es sei denn sie sind wahr: Ich glaube daran, dass diese Dinge das Leben in der Stadt für die Menschen besser machen. Ich glaube, dass nicht über die Köpfe der Menschen hinweg entschieden werden sollte, sondern vor Ort und gemeinsam. Und dass man in einer Zeit, in der es beunruhigend starke Kräfte gibt, die die kulturelle Vielfalt bedrohen, daran besonders festhalten muss. Mit Entschlossenheit, Kreativität und allen verbliebenen Fingern.
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