Kölsche Originale: Fleuten-Arnöldche – gutmütiger Künstler mit einer ausgeprägten Schwäche für Alkohol

Der Musikant Arnold Wenger, bekannt als Fleuten-Arnöldche, auf dem Karl-Berbuer-Brunnen Bild: Uli Kievernagel
Der Musikant Arnold Wenger, bekannt als Fleuten-Arnöldche, auf dem Karl-Berbuer-Brunnen Bild: Uli Kievernagel

Eine Kölner Schankstube in den in 1860er Jahren: Eine ganze Schänke voller  fröhlicher Zecher, jeder einen vollen Becher Bier vor sich und in der Ecke steht ein kleingewachsener, pausbäckiger Mann und spielt auf seiner Flöte. Der kleine Mann mit der Flöte ist Arnold Wenger, in Köln aber als „Fleuten- Arnöldche“ bekannt: 

„In der Wirtsstube herrscht reges Leben und fast sämtliche Tische sind besetzt. Es sind nur Kölner in der Wirtsstube, Fremde sieht man nicht und man hört auch keinen fremden Dialekt; die Leute sprechen alle kölsch. … Die einzelnen Gruppen sind in lebhafter Unterhaltung begriffen, und es geht ziemlich laut dabei zu. … Doch plötzlich bemerkt man ein Getuschel an den Tischen, die Gäste stoßen sich an und aller Augen sind auf die Türe gerichtet, wo eben ein neuer Gast mit einer langen Flöte unter dem Arm hereingetreten war. Gleich am ersten Tisch wurde „Fleuten-Arnöldchen“, das war der neue Gast, festgehalten und herzlich begrüßt. Er bekam ein Glas Bier, das er in einem Zuge leerte, und dann blies er ein Stück auf seiner Flöte, während der Zappjung sein Glas wieder füllte.“1 Heinz Sartorius, ein Zeitzeuge, zitiert nach Reinhold Louis: Kölner Originale, Greven Verlag 1985, Seite 136

Gasthäuser, Flöte und der Alkohol bestimmen das Leben vom Flöten Arnöldche

Diese eindrucksvolle Schilderung beinhaltet fast alles, was das Leben von Arnold Wenger, genannt Fleuten-Arnöldche, auszeichnete: Geselligkeit, Gasthäuser, Flöte spielen und viel Alkohol. Wenger wurde am 12. Februar 1836 in Köln geboren. Sein Geburtshaus lag in der Sankt-Apern-Straße, unweit vom Römerturm. Und genau hier beginnt auch der Aufstieg und Fall des kölschen Musikanten.

Sein Vater betreibt eine Weinstube, so der frühe Zugang des jungen Arnold zum Alkohol. Außerdem ist der Vater ein talentierter Musiker, der Wert darauf legt, dass sein Sohn Noten lesen und ein Instrument, in diesem Fall Querflöte, zu spielen erlernt. Alkohol und Flöte – die Grundlagen des späteren Lebens vom Fleuten-Arnöldche wurden somit schon in frühester Kindheit gelegt.

Arnold Wenger, ermuntert vom Applaus der Zecher in der väterlichen Weinstube, beschließt, seinen Lebensunterhalt mit Musik zu bestreiten. Dabei hätte er auch die Begabung gehabt, in einem Orchester zu spielen. Allerdings entscheidet sich das Fleuten-Arnöldche dazu, als Straßenmusikant sein Geld zu verdienen. Eine fatale Entscheidung.

Er zieht mit seiner Flöte durch die kölschen Gaststuben. Der sanfte, gutmütige Flötenspieler war durchaus beliebt, und die Gäste in den Kneipen schätzten sein Flötenspiel. Seinen Lohn erhält er regelmäßig in flüssiger Form. Bis in die 1870er Jahre ging das auch noch halbwegs gut. Die Kölner Marktfrauen, eigentlich eher schroffe Naturen, schlossen den kleine Arnold ins Herz und versorgten ihn regelmäßig mit etwas zu essen – und auch zu oft mit Getränken.

Doch obwohl Fleuten-Arnöldche ein durchaus geübter Zecher war, kam es immer öfter zu „Totalausfällen“ und die Polizei musste den Trinker immer öfter von der Straße aufsammeln.

Ironie des Schicksals: Zwei Kölsche Originale begegnen sich – aber unfreiwillig

Ab 1875 eskalierte die Situation. Der völlig verwahrloste Wenger, übersät mit Eiterpusteln und gehüllt in schäbige, stinkende Kleidung, wurde in die Arbeitsanstalt Brauweiler eingewiesen. Er bekam keinen Alkohol und musste tatsächlich zum ersten Mal in seinem Leben körperlich arbeiten.

Genau hier kreuzen sich die Lebenswege zweier Kölscher Originale: Genau wie das Fleuten-Arnöldche ist auch das Kölsche Original Heinrich Peter Bock, besser bekannt als „Maler Bock“, in den 1870er Jahren ebenfalls unfreiwilliger Insasse in Brauweiler. Die beiden sind sich in ihrer tiefen, gegenseitigen Ablehnung einig: Der Bohémien Bock moniert, dass der eher einfältige Wenger ihm den Respekt verweigert und ihn mit „du“ anspricht. Arnold Wenger ist der abgehobene Lebemann Bock mit seiner oft gestelzten Sprache zuwider.

Et Fleuten-Arnöldche, Bild: rs-bierdeckel.de, Reinhold Schäfer
Et Fleuten-Arnöldche, Bild: rs-bierdeckel.de, Reinhold Schäfer

Unverhoffte Erbschaft von 6.000 Mark

Doch das Fleuten-Arnöldchen hatte Glück. Er erhielt eine unverhoffte Erbschaft in Höhe von 6.000 Mark. Dieses Geld versetzte ihn in die Lage, mit der Stadt Köln einen Vertrag auszuhandeln: Er zahlte die gesamte Erbschaft an die Stadt, diese verpflichtete sich im Gegenzug dazu, ihm zeitlebens eine Unterkunft zu bieten und ihn zu verpflegen.

So zog Fleuten-Arnöldche im November 1875 in das Bürgerhospital am Neumarkt. Doch auch hier konnte es der alkoholabhängige Wenger nicht lange aushalten. Sein geringes Taschengeld setzte er umgehend in Schnaps um. Mit den bekannten Auswirkungen. Daher wurde Arnold Wenger bereits ein Jahr später in die Krankenanstalt Lindenburg verlegt. Und hier gelang es den Ärzten und Therapeuten, den kranken Arnold Wenger wieder aufzubauen.

Und alle, die das Fleuten-Arnöldchen bereits abgeschrieben hatten, wurden eines Bessern belehrt. Der dank seiner Erbschaft als „Pensionär 1. Klasse“ geführte Wenger blühte regelrecht auf. Und auch seine Flöte kam wieder zu Ehren. Regelmäßig sonntags spielte das Fleuten-Arnöldche für alle in der Lindenburg. Und bekam dafür seinen verdienten Applaus.

So konnte Arnold Wenger seine letzten Lebensjahre zufrieden und – zumindest in der Lindenburg – geachtet verbringen, bis er am 25. Oktober 1902 dort an einem Kehlkopfleiden verstarb. Er wurde 66 Jahre alt – bei seinem Lebenswandel ein durchaus bemerkenswertes Alter.

Das "Fleuten-Arnöldche" als Sgraffito (Hauswand Alte Wallgasse 27-29), Bild: Sebastian Löder / CC BY 4.0
Das „Fleuten-Arnöldche“ als Sgraffito (Hauswand Alte Wallgasse 27-29), Bild: Sebastian Löder / CC BY 4.0

Flöte wird 2019 wiederentdeckt

Seine Flöte vermachte das Fleuten-Arnöldche dem Kölner Heimatverein. Von dort aus gelang das Instrument zum Kölnischen Stadtmuseum. Und geriet in Vergessenheit. Erst bei Aufräumarbeiten im Archiv im Jahr 2019 entdeckten Mitarbeiter des Museums die Flöte, die sich noch im Originalkarton befand.

Und die irgendwann, wenn das Museum in den am Roncalliplatz geplanten Neubau einzieht, erhält die Flöte des Kölner Originals Fleuten-Arnöldche mit Sicherheit einen Ehrenplatz.


Em Himmel es d´r Düvel loss

Da wäre ich auch gerne irgendwann mal mit dabei! In dem bekannten Schunkel-Walzer „Un et Arnöldche fleut“ von Karl Berbuer treffen sich die ganzen Kölner Originale im Himmel und feiern Karneval. Selbstverständlich mittendrin: Arnold Wenger mit seiner Flöte.

Un et Arnöldche fleut, un d´r Herrgott hät sing Freud,
und d´r Ostermanns Will dä sing so schön,
es quietschen däm Palm sing Urgelstön,
un et Arnöldche fleut, un dr Herrgott hät sing Freud,
un der Läsche Nas ehr as wed nass,
weil Kölle nit unger geiht.


Tief im kollektiven Gedächtnis der Stadt verankert: Die "Kölschen Originale"
Tief im kollektiven Gedächtnis der Stadt verankert: Die „Kölschen Originale“

Weitere Geschichten zu den „Kölschen Originalen“ gibt es hier:


Michael Waßerfuhr von den Kölschgängern erzählt die Geschichte vom Fleuten-Arnöldche in einem wunderschönen Kölsch. Schaut mal rein, lohnt sich!


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Ein paar Fragen an Christiane Rath – „Grabaneignung“ auf dem Kölner Südfriedhof

Christiane Rath am Grab von Heinz und Heinzchen Rausch, Bild: Uli Kievernagel
Christiane Rath am Grab von Heinz und Heinzchen Rausch, Bild: Uli Kievernagel

Ein scheinbar herrenloses Grab auf dem Südfriedhof pflegen. Ohne irgendeine Beziehung zu den dort bestatteten Menschen. Und dann darüber ein Buch veröffentlichen. Klingt nach einer erzählenswerten Geschichte.  Deswegen treffe ich Christiane Rath direkt dort, wo alles angefangen hat: Auf dem Südfriedhof, Flur 33, gegenüber der Bestattungsgärten.

Dr. Christiane Rath ist ein eine bemerkenswerte Frau. Sie ist eine nur zufällig in Oberhausen geborene und in Düren aufgewachsene Rheinländerin, hat in Bonn Romanistik studiert und auch dort promoviert. Sie lebt seit 1988 in Köln. Neben ihrer Tätigkeit als freischaffende Künstlerin, Autorin und Redakteurin des Kölner Straßenmagazins „Draussenseiter“ leitet sie gemeinsam mit agii gosse den Kölner Kunstverein „68elf e.V.“.

Bereits 2017 reift bei einem ihrer zahlreichen Spaziergänge über den Südfriedhof die Idee, sich eines der offensichtlich verlassenen Gräber „anzueignen“. Es dauerte aber noch bis Ende 2019, bis dieser Plan in die Realität umgesetzt wurde. Jetzt stehen wir vor dem Grab von Heinz und Heinzchen Rausch mit dem bemerkenswerten Grabstein aus drei verbundenen Kreuzen.

Christiane – du hast eine Jahreskarte vom Kölner Zoo. Anscheinend ist aber der Südfriedhof für dich interessanter als Giraffen, Löwen und Erdmännchen. Warum?

Ich kenne den Zoo in- und auswendig, ich habe auch bereits zwei Bücher über den Zoo geschrieben – über Friedhöfe noch keins. Ich liebe Friedhöfe und schaue mir diese überall an. Ich bin auch viel auf dem Melaten-Friedhof unterwegs. Aber der Südfriedhof ist für mich schöner als Melaten. Er ist verwinkelter, geheimnisvoller.

Christiane Rath: "Der Kölner Zoo" und "Die Elefanten zu Köln", beide bei Kiepenheuer & Witsch erschienen
Christiane Rath: „Der Kölner Zoo“ und „Die Elefanten zu Köln“, beide bei Kiepenheuer & Witsch erschienen

Wie kommt man auf die Idee, einfach ein Grab von wildfremden Menschen zu pflegen?

Es stört mich, wenn Gräber verlassen sind und nicht gepflegt werden. Das macht mich traurig. Eigentlich zupfe ich ständig an irgendwelchen Gräbern herum, wenn ich auf Friedhöfen unterwegs bin. Tatsächlich habe ich heute auch wieder Handschuhe dabei, um Gräber von Dornen zu befreien.

Moment mal – da könnte ja jeder kommen und einfach wildfremde Gräber pflegen. Wir sind doch schließlich in Deutschland! Hier ist alles geregelt. Ist das denn überhaupt erlaubt?

Eigentlich ist das nicht so außergewöhnlich, wie man denkt. Viele Menschen pflegen auch Nachbargräber. Juristisch ist das irgendwie eine Grauzone. Man zerstört ja nichts, sondern pflegt eine Grabstelle. Wieso sollte das also verboten sein? Eine „Temporäre Grabaneignung“, wie ich sie mit dem Rausch-Grab vorgenommen habe, ist natürlich nicht mit einem Patenschaftsgrab zu vergleichen.1Anmerkung: Patenschaftsgräber sind eine kölsche Erfindung: Menschen können Patenschaften an denkmalgeschützten Grabanlagen übernehmen. Sie erhalten damit das Recht dort beigesetzt zu werden und sind im Gegenzug dazu verpflichtet, die Anlage mit Übernahme der Patenschaft in Abstimmung mit der Denkmalbehörde instand zu setzen und zu unterhalten. Die Nutzungsgebühr wird erst im Beisetzungsfall erhoben.

Auf dem Südfriedhof gibt es insgesamt 47.400 Grabmäler. Ich schätze mal, 5% davon sind verwildert und werden nicht mehr gepflegt. Macht knapp 2.400 Gräber. Warum hast du dir gerade das Rausch-Grab „angeeignet“?

Ich habe gezielt auf dem Südfriedhof nach einem Grab gesucht, das mich persönlich anzieht und stand plötzlich vor dem Rausch-Grab.

Rausch klingt nach Fröhlichkeit, nach Ausschweifung. Und dann wurde Heinz Rausch ausgerechnet am 22.2.22 geboren – diese Schnapszahl passt zum Namen „Rausch“. Heinzchen wurde nur 17 Jahre alt. Der Grabstein besteht aus drei miteinander verbundenen Kreuzen – es wurden hier aber nur zwei Personen bestattet. Es bleibt eine Leerstelle: Was ist mit der Mutter? Dieses ganz spezielle und sehr verwilderte Grab hat direkt meine Phantasie spielen lassen.

Das Rausch-Grab noch vor der Grabaneignung, Bild: Christiane Rath, aus dem Buch "Unvergessen - Eine temporäre Grabaneignung" (76 Seiten, 30 Euro, Bestellung unter christiane@rath-art.de)
Das Rausch-Grab noch vor der Grabaneignung, Bild: Christiane Rath, aus dem Buch „Unvergessen – Eine temporäre Grabaneignung“ (76 Seiten, 30 Euro, Bestellung unter christiane@rath-art.de)

Ein befreundeter Biologe hat, bevor ich Anfang 2020 angefangen habe, das Rausch-Grab zu pflegen, mit mir eine Bestandsaufnahe gemacht und geht davon aus, dass sich mindestens drei Jahre lang niemand mehr um dieses Grab gekümmert hat.

In deinem Buch „Unvergessen – Eine temporäre Grabaneignung“ beschreibst du dein Projekt. Warum geht es in dem Buch nicht um Fakten oder Lebensläufe der verstorbenen Heinz und Heinzchen Rausch, sondern um mögliche Varianten, wie sich das Leben dieser beiden Menschen abgespielt haben könnte?

Ich habe tatsächlich, bevor ich angefangen habe, das Grab zu pflegen, kurz recherchiert, ob ich hier nicht ein „Wespennest“ stoße. Aber ich habe nichts gefunden. Also habe ich angefangen mir zu überlegen, wie das Leben von Heinz und Heinzchen gewesen sein könnte.

Dabei habe ich mir keine ganzen Lebensläufe ausgedacht, sondern immer nur mögliche Episoden aus dem Leben – so wie Puzzlestücke.  

In dem Buch verschmelzen deine eigenen Erlebnisse mit den fiktiven Lebensläufen von Heinz und Heinzchen Rausch. In einer Variante ziehst du eine Parallele zwischen Heinzchen und deinem ersten Freund. Einer der beiden kommt bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben. Offen bleibt, ob Heinzchen Rausch oder dein erster Freund gemeint ist.

Aus realen Lebensläufen kann man sich fiktive Lebensläufe – oder Episoden wie Puzzlestücke aus dem Leben – zusammensetzen. Wir alle haben ähnliche Puzzlestücke, zum Beispiel Geburt, Weihnachtsfeiern, erster Schultag. Es gibt aber auch große Unterschiede, zum Beispiel die erste Liebe oder Verlust durch Todesfälle.

Bei dem in dem Buch erwähnten Unfall habe ich Puzzlestücke aus dem Leben zweier Personen in einer Fiktion zusammengeführt: Ich hatte einen Freund, meine erste große Liebe. Ich war 14 Jahre alt, er 17. Ständig bastelte er an seinem Moped herum. Und dann gab es den Sohn von Freunden meiner Eltern, der bei einem Unfall ums Leben kam. Eine freie Straße, schnurgeradeaus und er fährt auf der linken Spur mit seinem Motorrad frontal in einen LKW. Ob es ein Selbstmord war, ist nie geklärt worden.

In der Fiktion zu „Heinzchen“ verschmelzen diese beiden Puzzlestücke.


Christiane Rath: Unvergessen - Eine temporäre Grabaneignung
Christiane Rath: Unvergessen – Eine temporäre Grabaneignung

Christiane Rath: Unvergessen – Eine temporäre Grabaneignung.
76 Seiten, 30 Euro, Bestellung unter christiane@rath-art.de


Du hast zwischenzeitlich in Erfahrung bringen können, wer Heinz und Heinzchen Rausch wirklich waren. Gab es Überraschungen?

Ich bin von Bekannten der Familie angesprochen worden. Es gibt tatsächlich Überraschungen. Hinter dem Grab steckt eine urkölsche und tragische Geschichte. Aber die verrate ich nur den Menschen, die mein Buch gelesen haben, und das auch nur persönlich.

Ich werde irgendwann, als Ergänzung zu dem bestehendem Buch, diese schicksalhafte Geschichte veröffentlichen. Nur kann ich heute noch nicht sagen, wie ich das machen werde.

Wie geht es jetzt weiter? Wirst du dich auch weiterhin um das Rausch-Grab kümmern oder zieht es dich dann doch irgendwann lieber wieder regelmäßig in den Zoo?

In den Zoo gehe ich regelmäßig mit meinem Patenkind. Das Projekt der Grabaneignung habe ich am 29. Dezember 2020 beendet. Trotzdem lässt mich das Rausch-Grab nicht los, ich bin oft hier, um das Grab zu pflegen.

Vielleicht ist es auch eine Projektionsfläche für mich: Auch mein Vater und mein Bruder sind in einem gemeinsamen Grab in Düren beigesetzt. Unter einer Marmorplatte. Dort kann man nichts pflegen.

So spiegelt das Grab von Heinz und Heinzchen Rausch auch irgendwie Puzzlestücke aus meinem Leben wider. Aber dies war auf keinen Fall die ursprüngliche Idee der Grabaneignung.


 

Christiane Rath, eine nur zufällig in Oberhausen geborene Rheinländerin, Bild: Christiane Rath, www.rath-art.de/
Christiane Rath, eine nur zufällig in Oberhausen geborene Rheinländerin, Bild: Christiane Rath, www.rath-art.de/

Genau wie alle anderen Menschen in meiner Rubrik „Ein paar Fragen an …“ hat auch Christiane Rath zu meinen „kölschen Fragen“ Rede und Antwort gestanden. 

Wenn nicht Köln – wo sonst könntest du leben? Und warum gerade dort?

Eigentlich nur in Köln. Aber wenn ich weg muss, dann gerne nach Ligurien. Dort gibt es das Meer und hervorragendes Essen. Und Genua ist irgendwie wie Köln: Nicht überall schön.

Was machst du zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch?

Fastelovend fiere.

Und was zwischen Aschermittwoch und Weiberfastnacht?

Sehnsüchtig auf den 11.11. warten.

Nenne ein/zwei/drei Gründe, warum man Köln morgen verlassen sollte.

Kenne keine. Ich will ja auch nicht weg.

Dein Lieblingsschimpfwort auf Kölsch?

Tütenüggel

Bitte vervollständige den Satz: Köln ist …

… mein zuhause! Ich fühle: Ich muss irgendwie in Köln sein.


Diese Menschen haben bisher meine Fragen beantwortet: 


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Kölsche Originale: Bolze Lott – gewiefte Schmugglerin mit losem Mundwerk

Ein " Cul de Paris", hier auf einem Bild von Renoir, ist ein extrem ausladender Reifrock, welcher sich hervorragend eignet, darunter Schmuggelgut zu verstecken.
Ein „Cul de Paris“, hier auf einem Bild von Renoir, ist ein extrem ausladender Reifrock, welcher sich hervorragend eignet, darunter Schmuggelgut zu verstecken.

Podcast Bolze Lott 18

Es muss ein ganz besonderer Anblick gewesen sein, der sich den Kölner Zöllnern etwa um das Jahr 1850 geboten hat: Eine Frau, kaum noch Zähne im Mund, aber gekleidet nach der neuesten Mode mit einem extrem ausladenden „Cul de Paris“, watschelt schwerfällig über die Deutzer Schiffsbrücke. Dabei verdeckt der ausladende Reifrock mit der starken Überbetonung des Hinterteils nicht nur den Frauenkörper, sondern auch mehrere Pfund Mehl und Speck, welche die Dame unter ihrem Rock versteckt an den Beamten vorbei in das linksrheinische Köln schmuggelt.

Die Zöllner hatten eindeutig Respekt vor dieser ganz besonderen Gestalt, die da über die Brücke kam. Handelte es sich doch um niemand geringeres als Scholastika Steinhausen, geb. Bolz. In Köln besser bekannt als „Bolze Lott“ und der Schrecken eines jeden Zollbeamten. Denn jede Leibesvisitation wird von der Dame lautstark und mit Worten, die selbst einen Bierkutscher rot werden lassen, als Grabscherei bezichtigt und die Zöllner als Föttchesföhler verunglimpft. Dabei wollten die Beamten nur ihrer Aufgabe nachgehen und die im Jahr 1856 neu eingeführte Mehl- und Schlachtsteuer einziehen.

Bolze Lott lebte in einer rauen Welt

Geboren wurde Scholastika Lott (lat. scholastica „die Lernende) am 8. Dezember 1825 in der Kostgasse am (heutigen) Breslauer Platz. Zu Zeiten der Bolze Lott wurde die Straße Kotsgasse (von „kut“ für Innereien) genannt, weil hier Metzger Eingeweide und Abfälle des Schlachtviehs verarbeiteten. Eine raue Gegend, in der sich Bolze Lott aber durch ihr vorlautes Mundwerk durchzusetzen wusste.

Ihr Eheglück – im Jahr 1846 heiratet sie den Rhingroller1Rhingroller waren billige Tagelöhner, die die Rheinschiffe mit reiner Muskelkraft be- und entladen mussten. Johann Friedrich Steinhausen – währte nur sehr kurz. Der bekannte Schläger und Raufbold Steinhausen muss noch während der Flitterwochen ins Gefängnis und stirbt kurz darauf. So ist Bolze Lott bereits mit 22 Jahren Witwe und muss alleine für ihren Lebensunterhalt sorgen.

Karriere als gewiefte Schmugglerin

Als „Käätzemöhn“ verkauft Bolze Lott vor den Kirchen Kerzen an Gläubige – inklusive dem Service, diese Kerzen auch aufzustellen und anzuzünden. Um das Geschäft etwas lukrativer zu machen, „vergisst“ sie regelmäßig, die Kerzen auch tatsächlich in der Kirche  aufzustellen. Als sich das herumspricht, bleiben die Kunden aus.

Wie gut für Bolze Lott, dass ab 1856 zwei Dinge zusammenkommen: Die neue Steuer für Produkte aus dem Rechtsrheinischen und die Mode der ausladenden Röcke. So verdient sie sich als Schmugglerin ihren Lebensunterhalt.

Die listige Lotte wurde so der Albtraum der Zöllner. Denn sie verstand es auch ohne Schmuggelgut unter dem Reifrock, so zu gehen, als ob sie einen Zentner Mehl und ein halbes Schwein darunter verstecken würde. Die dann fälligen Kontrollen der Zöllner konterte die Dame lautstark als unsittliche Berührung. So waren sich die Zöllner nie sicher, ob die als Schmugglerin bekannte Bolze Lott jetzt gerade tatsächlich schmuggelte oder die Zöllner nur aufs Glatteis führen wollte. Die Beamten wurden immer unsicherer: Manche vergebliche Leibesvisitation endete in einer wüsteten Schlägerei, immer aber in üblen Beschimpfungen durch Bolze Lott, die sich vor den herbeieilenden Bürgern, davon viele selber als Schmuggler unterwegs, als unschuldiges Opfer darstellte.  

Et Bolze Lott, Bild: rs-bierdeckel.de, Reinhold Schäfer
Et Bolze Lott, Bild: rs-bierdeckel.de, Reinhold Schäfer

Abschaffung der Steuer beendet Schmuggelei der Bolze Lott

1874 wurde die Mehl – und Schlachtsteuer abgeschafft. Und Bolze Lott musste sich ein neues Betätigungsfeld für ihren Lebensunterhalt suchen. So verkaufte sie in einem Bauchladen Kerzen, Heiligenbildchen und anderes Jedöns vor Kirchen, an Wallfahrtsorten oder auf den umliegenden Kirchweihfesten.

Doch auch hier stand ihr ihr loses Mundwerk oft im Weg. Kunden, die nicht sofort kaufen, sondern zunächst nur schauen wollen, werden übel beschimpft. Auf einer Kirmes beleidigt sie den örtlichen Geistlichen, der ebenfalls nichts für ihren Tand übrig hat, mit den Worten „Paafgott – Raafgott. Düvel. Halt der Sack op!“2„Pfaffengut – Raffgut, Teufel halt den Sack auf!“

Tod mit 76 Jahren im Jahr 1902

Erstaunlich, dass Bolze Lott das stolze Alter von 76 Jahren erreicht. Ihre letzten Jahre verbringt sie in einer Wohnung in der Große Spitzengasse, heute als Tel-Aviv-Straße ein Teil der Nord-Süd-Fahrt. Doch auch im hohen Alter sind ihre Schimpftiraden noch berüchtigt. Als sie einen herumziehenden Kesselflicker beleidigt, entgegnet dieser „Lott, ich krigge alles gefleck, nur ding Schnüß, do kann ich och nix mache.“

Scholastika Steinhausen, geborene Bolz, stirbt am 3. September 1902. Über ihren Tod schreibt der Arzt und Heimatschriftsteller Josef Bayer:

„Ob sie bis hart an der Pforte des Todes ihr wüstes Schimpfen fortgesetzt hat oder ob sie, als Freund Hein sie beim Schopfe nahm, zu guter Letzt doch noch Reu und Leid erweckte, ist nicht bekannt, denn man hat sie an dem genannten Tage entseelt im Bett gefunden.“


Tief im kollektiven Gedächtnis der Stadt verankert: Die "Kölschen Originale"
Tief im kollektiven Gedächtnis der Stadt verankert: Die „Kölschen Originale“

Weitere Geschichten zu den „Kölschen Originalen“ gibt es hier:


In einem wunderschönen Kölsch hat Michael Waßerfuhr von den Kölschgängern die Geschichte von Bolze Lott erzählt. Schaut mal rein, lohnt sich!


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Erzbischof Anno II. – ne janz fiese Möpp!

Anno II. mit seinen Stiftungen, ganz oben die Benediktinerabtei Siegburg, Bild: Public domain,
Anno II. mit seinen Stiftungen, ganz oben die Benediktinerabtei Siegburg, Bild: Public domain,

Egal, ob sie nun Woelki, Meissner, Ruprecht, Hildolf oder Anno hießen: Mit den jeweiligen Erzbischöfen hatten die Kölschen fast durchweg ihre Probleme. Eine Ausnahme stellte dabei der von den Kölnern noch heute verehrte Josef Kardinal Frings dar.

Ein ganz besonders fieser Vertreter in dieser Reihe der dunklen Gestalten war aber Anno II. Wobei selbst das noch umstritten ist – so soll es Fans des Bischofs geben, die ihn als fromm und freigiebig gegenüber den Armen bezeichnen.

Geboren in Schwaben

Geboren um 1010 wuchs Anno im tiefsten Schwaben, etwa 30 Kilometer entfernt von Ulm, auf. Obwohl er nur aus niederem Adel stammte, hatte er  recht gute Chancen auf den sozialen Aufstieg. Sein Bruder sollte später Erzbischof von Magdeburg werden, sein Neffe Bischof von Halberstadt – alles mit tatkräftiger Hilfe von Anno. Und er war entfernt mit Rainald von Dassel verwandt – immerhin der Bischof, der die Gebeine der Heiligen Drei Könige nach Köln brachte.

Anno schlug zunächst die klassische Laufbahn eines Adligen seiner Zeit ein: Eine Ritterausbildung mit Reiten und Fechten. Doch diese Karriere erlebte einen heftigen Bruch. Sein Onkel, ein Geistlicher in Bamberg, überredete ihn im Jahr 1021 in die Bamberger Stiftsschule St. Stephan einzutreten. Der Beginn eines bemerkenswerten Aufstiegs in der Kirche.

Anno studierte unter anderem in Paderborn und baute sich ein beeindruckendes Netzwerk auf. So wurde er von Kai­ser Hein­rich III. im Jahr 1046 an den kaiserlichen Hof berufen und 1054 zum Propst Stif­tes St. Si­mon und Ju­das in Goslar ernannt. Bereits zwei Jahre später kam der entscheidende Karriereschritt: Am 11.02.1056 starb Hermann II., Erzbischof von Köln. Anno wurde sein Nachfolger auf dem mächtigen Bischofsstuhl in Köln.

Kölner enttäuscht

Die Kölner waren mit diesem Bischof nicht einverstanden: Der Schwabe Anno war für sie ein „Fremder“. Die Patrizierfamilien rümpften über ihn die Nase:  Ein Bischof, der nicht dem Hochadel entstammt. Diese Skepsis war dem Erzbischof egal – er begann unmittelbar nach Amtsantritt seine Machtposition zu festigen.

Er drängte den Pfalz­gra­fen Hein­rich (nicht mit dem Kaiser Heinrich zu verwechseln!) zurück, nahm dessen Familie den be­fes­tig­ten Sieg­berg ab­ und gründete dort das Kloster Siegburg. Somit war ein wichtiger Konkurrent um die Macht am Rhein ausgeschaltet.

Der Staatsstreich von Kaiserswerth

Kaiser Heinrich III. starb 1056, sein Sohn Heinrich IV. war zu diesem Zeitpunkt erst sechs Jahre alt. Somit war der wichtigste Herrscherthron verwaist. Zwar übernahm Kaiserin Agnes, die Witwe Heinrichs III., die Regentschaft für Ihren Sohn, konnte sich aber in den machtpolitischen Ränken der Fürsten und Bischöfe nicht durchsetzen.

Anno II. setzte sich an die Spitze der Gegner von Agnes. So kam es zum „Staatsstreich von Kaiserswerth“. Kaiserin Agnes und der damals erst 12 Jahre alte Heinrich IV. waren auf dem Weg nach Nimwegen. Anno rüstete ein prächtiges Schiff aus und überredete den jungen Thronerben auf der Kaiserpfalz Kaiserswerth zu einer Besichtigung des Schiffs. Kaum war Heinrich IV. auf dem Schiff, legte dieses  plötzlich ab. Anno entführte den jungen Kaiser. Dieser versuchte zwar noch zu fliehen und sprang ins Wasser – doch vergebens. Er wurde aus dem Rhein gefischt und nach Köln gebracht.

Dort wurde Anno nicht nur Lehrer des jungen Thronfolgers, sondern auch sein Vormund. Kaiserin Agnes zog sich auf ein Kloster im Piemont zurück und Anno führte gemeinsam mit Erzbischof Siegfried I. von Mainz und Erzbischof Adalbert von Bremen faktisch die Regierungsgeschäfte.

Auch am Kölner Rathaus findet sich eine Figur von Anno II. (rechte Seite des Bildes), Bild: Raimond Spekking
Auch am Kölner Rathaus findet sich eine Figur von Anno II. (rechte Seite des Bildes), Bild: Raimond Spekking

Anno flieht durch das „Annoloch“

Kölns Bürger wurden immer unzufriedener mit dem selbstherrlichen und strengen Anno. Als dieser dann im Jahr 1074 im Hafen das Schiff eines Kaufmanns beschlagnahmen ließ, um dem Bischof von Münster eine Heimfahrtgelegenheit zu bieten, war das Maß voll: Die Bürger rebellierten gegen den ungeliebten Bischof.

Anno verschanzte sich und der tobende Mob tötete einen harmlosen Kleriker, den man für Anno hielt. Der Bischof hingegen konnte den aufgebrachten Bürgern entkommen. Dafür nutze er das „Annoloch“ – eine kleine Lücke in der römischen Stadtmauer. Anno brachte sich so vor den mordlustigen Kölnern in Sicherheit. Allerdings konnte der machthungrige Anno diese Schmach nicht ungesühnt stehen lassen.

Schon ein paar Tage später kam er mit schwer bewaffneten Truppen zurück und belagerte die Stadt. Die Kölner erkannten die Übermacht der Belagerer und öffneten die Stadttore. Der Bischof fackelte nicht lange und sprach grausame Strafen für die Aufrührer aus: Etliche Kölner wurden geblendet.1Dabei wird ein rotglühendes Stück Eisen, in der Regel ein Schwert, vor die Augen einer Verurteilten gehalten. Durch die Hitze wird die Netzhaut zerstört und die geblendete Person erblindet. Andere belegte er mit dem Kirchenbann. Viele der so nahezu rechtslosen Menschen wurden Opfer von Lynchjustiz. Ungefähr 600 Kaufleute verließen die Stadt und Köln war, so ein zeitgenössischer Bericht, „fast völlig verödet und schauriges Schweigen herrschte auf den leeren Straßen.“  

Anno zieht sich aus Köln zurück

Verständlich, dass sich Anno in Köln nicht mehr sicher fühlte. Er zog sich auf den Siegberg, der später zur Abtei Siegburg werden sollte, zurück. Er verfügte auch, dass er dort begraben werden wollte.

Anno starb am 4. Dezember 1075 in Köln. Sein Leichnam wurde in einer aufwändigen Pro­zes­si­on zu al­len Köl­ner Stifts- und Klos­ter­kir­chen ge­tra­gen und dort jeweils drei Tage auf­ge­bahrt. Seine letzte Ruhe hat er, entsprechend seines Wunschs, in der Abteikirche Michaelsberg gefunden. Noch heute steht der prächtige Annoschrein, geschaffen von Nikolaus von Verdun, der immerhin auch den Dreikönigenschrein im Kölner Dom erschaffen hat, dort in einer Seitenkapelle.

Der Annoschrein in der Abteikirche Michaelsberg, Bild: Amekrümel, CC BY-SA 3.0
Der Annoschrein in der Abteikirche Michaelsberg, Bild: Amekrümel, CC BY-SA 3.0

Kaum zu glauben, dass schnell nach seinem Tod eine regelrechte „Annoverehrung“ stattgefunden hat. So wurde er 1183 heilig gesprochen. Einer seiner Nachfolger auf dem Bischofsstuhl in Köln, Joseph Kardinal Höffner, sagte im Jahr 1975 über Anno „Anno war oft unbeherrscht, heftig, unbequem und unbeugsam, nicht selten bis zum Starrsinn. Er war ein Mann voller Spannungen und Widersprüche.“

Und jetzt werfen wir wieder ein Blick auf unseren aktuellen Bischof. „Starrsinn“, „unbeugsam“, „Widersprüche“ kommen einem sehr bekannt vor, wenn man an Kardinal Rainer Maria Woelki denkt.

Vielleicht sollten wir Kölner mal wieder einen Aufstand wagen und diesen unseligen Kirchenmann in die Wüste schicken.   


Bläck Fööss: Feschers Köbes

Die Bläck Fööss haben mit „Feschers Köbes“ dem Aufstand gegen Anno ein Gesicht gegeben. Das Lied handelt von dem fiktiven Charakter Jakob – auf Kölsch: Köbes – dessen Schiff Anno beschlagnahmen wollte und der, zumindest im Lied, zum Anführer der Aufständischen wurde. Zur Strafe wurde er von Annos Schergen geblendet.

De Fescher’s lävten em hellije Kölle
et wor’en Familich vun ech kölscher Art.
Mer schreff de Zick su kootvör Elfhundert
et Levve trof se hatt.

D’r Vatter dat wor d’r Fescher’s Bätes
hatt drei stolze Scheffe, wor Handelshär.
Hä fuhr vun Kölle bes Engeland un Holland,
sing Fuhre tonneschwer.

Singe ältste Son dat wor d’r Köbes,
für dä hatt dä Bätes e Frachscheff jebaut.
Domet wor dä Köbes en Holland jewäse
beim Keetje, dat wor sing Braut.

Hä wor jung un stolz, hatt e Hätz,
standhaff un nit bang,
hä wor ’ne kölsche Fetz.

Hä wor jrad doheim, do braat im d’r Stadtvogt
vum Erzbischof Anno e Schrieve vorbei.
Si Frachscheff sollt d’r Köbes im jewe,
su einfach, als wör nix dobei.

D’r Köbes saat: Su lang wie ich levve
kritt ehr et nit, dozo hat ehr kei Räch.
Un die Kölsche, die dovun hote, die saaten:
D’r Köbes dä hät Räch.

D’r Erzbischof Anno sprung faß us dem Wöbche,
hä bröllte: He driev d’r Düvel si Spill.
Hä dät vun d’r Kanzel janz Kölle usschänge,
dat wor dann denne Kölsche zo vill.

Em Nu hatt sich dat wie e Für römjesproche,
Kölle dä Kölsche heeß jetz die Parol.
Erus met däm Kradeföösch us Schwobe
schmießt en vum Bischofsstohl.

Doch als se de Dür vum Dom objebroche,
do wor dä Anno allt längs durch de Kood.
Hä hatt sich durch e Pözje verkroche,
die Kölsche, die kochten vor Wot.

Se däten ehr Wot an denne usloße
die jrad op Besök beim Anno jewäs.
D’r Fescher’s Köbes, dä wollt‘ se beruhije
un reef laut: Höt op met dam Dreß.

Hä wor jung un stolz, hatt e Hätz,
standhaff un nit bang,
hä wor ’ne kölsche Fetz.

D’r Köbes, dä die Kölsche jefoht hatt,
dä wod jetz en janz Kölle jefiert.
Doch üwer Naach, do kom d’r Anno
met Söldner anmarschiert.

Hä wollt zwar verjewe, doch sing Soldate
han einfach koote fuffzehn jemaat,
se han och dä Köbes zesammejeschlage
un han in dann en Kette jelat.

Sing Mamm die jing beim Anno dann bedde
un sat: Leeve Föösch, verschont minge Jung.
Ehr kritt unser Scheff un all unser Jrosche
doch jewt mer minge Jung.

Denn hä is jung un stolz, hätt e Hätz,
standhaff un nit bang,
hä is ’ne kölsche Fetz.

De Anklach wod vürjelese
un dann passeete wat keiner verstund,
se däten däm Köbes et Augeleech nemme,
en letzte Tron em Aug‘ im stund.

Dem Papp un d’r Mamm es et Hätz faß jebroche,
ehr Siel wod ze Stein vör Troor un vör Ping,
blotrut stund de Sonn üwer Kölle,
d’r Köbes, dä kunnt se nit sin.

Hä wor jung un stolz, hatt e Hätz,
standhaff un nit bang,
hä wor ’ne kölsche Fetz.


Seite 1 des Annoliedes in der Edition von Martin Opitz, Danzig 1639, Bild: Hochschule Augsburg
Seite 1 des Annoliedes in der Edition von Martin Opitz, Danzig 1639, Bild: Hochschule Augsburg

Das Annolied

Im Gegensatz zu dem Lied der Bläck Fööss wird Anno II. im sogenannten „Annolied“ verherrlicht. In 878 Versen wird sein Leben und Wirken gepriesen. Verfasser war des zwischen 1077 und 1081 entstanden Werks war wahrscheinlich ein Mönch im Kloster Siegburg.

Wer des frühmittelhochdeutschen mächtig ist, kann sich den kompletten Text auf der Website der Hochschule Augsburg ansehen.


Anno 1074 - Der Aufstand gegen den Kölner Erzbischof, Bild: Bastei-Lübbe
Anno 1074 – Der Aufstand gegen den Kölner Erzbischof, Bild: Bastei-Lübbe

Historischer Roman: Anno 1074.
Der Aufstand gegen den Kölner Erzbischof.  

Bei Bastei-Lübbe gibt es auch den passenden Roman von Jörg Kastner zum Aufstand gegen Anno.  (‎ Bastei Lübbe, ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3404141395, nur noch im Antiquariat erhältlich)

DANKE an meinen treuen Leser Chrisi aus der Eifel für diesen Hinweis.


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Hans Imhoff – ein Herz aus Schokolade

Imhoff vor seinem wahr gewordenen Traum: Der Schokoladenbrunnen in seinem Schokoladenmuseum, Bild: Schokoladenmuseum Köln
Imhoff vor seinem wahr gewordenen Traum: Der Schokoladenbrunnen in seinem Schokoladenmuseum, Bild: Schokoladenmuseum Köln

„Ich wiege 100 Kilogramm, davon sind 80% aus Schokolade“ – so der Kölner „Schokoladen-König“ Hans Imhoff in einem Interview. Ob das tatsächlich stimmt? Eindeutig aber: Der Vollblutunternehmer hatte auf jeden Fall ein Herz aus Schokolade.

Hans Imhoff wird am 12. März 1922 in Köln geboren. Nach dem Besuch der Handelsschule und einer kaufmännischen Lehre war er nur kurz im Kriegseinsatz. Wegen eines Augenleidens wurde er 1943 ausgemustert.

Seine unternehmerische Karriere begann im Oktober 1945. Imhoff erhielt von den Besatzungsmächten in Alf an der Mosel die Genehmigung, mit Lebensmittel zu handeln. Hart am Rande der Legalität maggelt1Mit „maggeln“ bezeichnet der Kölner Geschäfte, die mindestens fragwürdig, oft aber auch illegal sind. Imhoff mit Waren aller Art. Besonders lukrativ: Er tauscht Wein von der Mosel gegen Gebrauchsgegenstände aller Art, zum Beispiel Werkzeug, Rasierklingen, oder Lebensmittel.

Keine Maschinen, keine Experten, keine Rohwaren – aber eine Vision

Im Juni 1948 gründet er in Bullay eine Schokoladenfabrik. Der Beginn einer erstaunlichen Karriere. Imhoff hatte zum Start der Schokoladenproduktion nichts: Keine Maschinen, keine Experten – nur eine Vision: Imhoff will ein großer Schokoladenproduzent werden.

Doch dazu fehlt ihm vor allem die wichtigste Zutat: Kakao. Aber der findige Imhoff hat auch hier eine Lösung: Er tauscht Lebensmittel gegen Schokolade aus Care-Paketen und schmilzt diese ein. Mit einer auf dem Schwarzmarkt beschafften Maschine entstehen so seine ersten Pralinen. Das Unternehmen wächst, Mitte 1958 beschäftigt Imhoff bereits 400 Mitarbeiter. Er wird zu Deutschlands jüngstem Millionär. Sein offenes Geheimnis: Er war ein „Kostenkiller“. Er investierte viel Geld, um möglichst preiswert zu produzieren. Immer nach dem neuesten Stand der Technik.

Produziert wird Massenware, welche in den Discountern sehr günstig angeboten wird. Die etablierten Markenhersteller wie Stollwerck oder Sprengel rümpfen die Nase, wenn der, aus ihrer Sicht, „Parvenü“ Imhoff auf Messen oder Kongressen der Branche erscheint. So verweigert ihm Dr. Bernhard Sprengel, Inhaber der Sprengel-Werke in Hannover, sogar auf einem Branchentreffen den Handschlag. Diese Ablehnung kränkte auf der einen Seite den selbstbewussten Imhoff, spornte ihn aber auf der anderen Seite an, ein eigenes Schokoladenimperium zu erschaffen.

Hans Imhoff - Vollblutunternehmer mit einem "Herz aus Schokolade". Bild: Schokoladenmuseum Köln
Hans Imhoff – Vollblutunternehmer mit einem „Herz aus Schokolade“. Bild: Schokoladenmuseum Köln

Wegfall der Preisbindung für Schokolade wird zu Risiko und Chance für Imhoff

Der direkte Wettbewerb der Schokoladenhersteller untereinander wurde seit 1952 durch eine staatliche festgelegte Preisbindung nahezu unterbunden. Erst 1964 wird diese Regel aufgehoben. Für Imhoff war das zunächst negativ: Die Markenschokolade wurde deutlich günstiger, die Kunden griffen nach dem Wegfall der Preisbindung eher zur Markenschokolade statt zu den günstigen Produkten aus der Imhoff-Produktion. Aber auch hier erkannte der Unternehmer seine Chance: er produzierte in seinen Werken für die Tobler-Werke, die nicht über genügend eigene Produktionskapazitäten verfügten.

Obwohl der Vertrag mit Tobler lukrativ war, wusste Imhoff, dass er nur dann zu den ganz großen der Branche gehören konnte, wenn er über eine eigene, anerkannte Marke verfügen würde. Diese Chance ergab sich 1970. Und Imhoff griff zu. 

Imhoff übernimmt Stollwerck

Im Jahr 1970 geriet der Schokoladenkonzern Stollwerck in die Krise – die Gebrüder Stollwerck hatten sich übernommen. Die enorme Produktvielfalt, der Historiker Ulrich Soénius spricht von mehr als 1.400 Produkten, veraltete Maschinen und Fehlentscheidungen des Managements führten zu einem Verlust in Höhe von 7,8 Millionen DM. Das Wirtschaftsmagazin Capital bezeichnete die Stollwerck AG als die „Versager des Jahres“.

In dieser Krise steigt auch noch die Deutsche Bank, bis zu diesem Zeitpunkt Stollwerck-Großaktionär, aus. Hans Imhoff greift zu und erwirbt von der Deutschen Bank das Aktienpaket. Er wurde mit 46,5 % Großaktionär von Stollwerck. Bis 2002 sollte sein Anteil auf 96% der Aktien anwachsen.

Und Imhoff beginnt unmittelbar mit der Sanierung des Unternehmens. Er streicht das überbordende Stollwerck-Sortiment von 1.400 Produkten auf weniger als 100. Gleichzeitig entließ er etwa 25% der Belegschaft und verkaufte das Stollwerck-Areal in der Südstadt. Hans Imhoff dazu: „Das Ganze ist zu alt. Wir haben industrielle Anlagen und Versorgungsanlagen, die über 100 Jahre hier stehen und die Kosten sind einfach zu hoch. Man kann ein altes Auto nicht uneingeschränkt fahren, eines Tages muss das auf den Schrottplatz.“ Ein neues Werk in Porz wurde gebaut.

„Dat is keine Kölsche“

Mit diesen Methoden machte sich der Schokoladenfabrikant wenig Freunde in Köln. Und als er dann auch noch die Produktion von kostengünstigen Kamelle für den Rosenmontagszug aus dem Sortiment streicht, platzt den Honorationen der ehrwürdigen kölschen Karnevalsgesellschaften der Kragen. „Dä nemp uns die Kamelle fott. Dat is keine Kölsche.“ verlautete aus den Führungsetagen der Korps und Gesellschaften.

Das knallharte Verhalten des Geschäftsmanns Imhoff führte zu einer gesellschaftlichen Isolation. Seine zweite Ehefrau Gerburg Imhoff konstatierte: „So richtige Kölner Freunde hatten wir in dieser Zeit nicht.“ Doch das spornte den Unternehmer Immer weiter an. Neben Stollwerck werden auch die Werke von Eszet und Waldbaur Teile des Imhoff-Konzern.

Bieterstreit mit Peter Ludwig um Sprengel

Auch Sprengel aus Hannover schlittert in die Krise und soll verkauft werden. Der Aachener Unternehmer Peter Ludwig war die unbestrittene Nummer Eins im europäischen Schokoladengeschäft. Mit ihm lieferte sich Imhoff ein wahres Bietergefecht um die renommierte Marke Sprengel.

Schlussendlich kam Imhoff zum Zuge und Sprengel wurde Teil des Imhoff-Schokoladen-Imperiums. Ausgerechnet Sprengel, dessen Chef Bernhard Sprengel dem aufstrebenden Unternehmer Imhoff einst den Handschlag verweigerte. Eine große Genugtuung für Imhoff, der zeitlebens um Anerkennung und Respekt kämpfte.

Jahreshauptversammlungen werden zur „Hans-Imhoff-Show“

Das Unternehmen expandiert, Imhoff gründet die Wäsche-Leasingfirma Larosé und erwirbt eine Fleisch- und Wurstwarenfabrik. Auch im Ausland wächst das Unternehmen. So entstehen neue Schokoladen-Fabriken in Ungarn, Polen und Russland.

In dieser Zeit der nahezu unbegrenzten Euphorie werden die Jahreshauptversammlungen der Stollwerck AG zu einer wahren Hans-Imhoff-Show. Das Handelsblatt vergleicht diese Hauptversammlungen mit dem Karneval. In „der Bütt“ steht Hans Imhoff. Ohne Manuskript erzählt er Witzchen, zu finanziellen Kennzahlen des Konzerns veranstaltet er ein Ratespiel: Richtige Antworten zur Bilanz werden mit 100-DM-Scheinen belohnt. Die Aktionäre erhalten eine opulente Bewirtung und üppige Schokoladenpakete. Hans Imhoff ist auf dem Zenit seiner Karriere.

Hans Imhoffs Vermächtnis: Das Schokoladenmuseum, Bild: Raimond Spekking
Hans Imhoffs Vermächtnis: Das Schokoladenmuseum, Bild: Raimond Spekking

Schokoladenmuseum als Denkmal in Köln – Nachfolgefrage schwierig

In dem Multimillionär Imhoff reifen in dieser Zeit auch die Gedanken, wie er sich zum einen in Köln verewigen kann, zum anderen, wie eine mögliche Nachfolge aussehen könnte. Sein Denkmal wird das unübersehbare Schokoladenmuseum direkt am Rhein.

Allerdings ist die Nachfolgefrage ungeklärt. Imhoffs Tochter Annette traut sich zwar zu, ein Unternehmen zu leiten, aber nicht den gesamten Konzern. Anfang der 2000er Jahre zeigt der jahrelange Stress seine Folgen, Hans Imhoff leidet zunehmend an gesundheitlichen Problemen. Gleichzeitig erlebt das Unternehmen eine veritable Krise. Der Handel mit den Discountern macht immer weniger Gewinn, Sprengel in Hannover macht große Verluste. Das Werk wird 2001 geschlossen.

Im April 2002 verkauft Imhoff den gesamten Konzern für 175 Millionen Euro an den Schweizer Schokoladenkonzern Barry Callebaut AG. In Köln wird noch bis 2005 Schokolade produziert – dann endet die Ära der Stollwerck-Schokolade.

Hans Imhoff stirbt nach langer Krankheit am 21. Dezember 2007. Was aber bleibt ist sein Denkmal: Das Schokoladenmuseum.


Die Imhoff-Stiftung fördert Projekte in Köln

Die gemeinnützige Imhoff Stiftung

Das Museumsgebäude des Schokoladenmuseums gehört der Imhoff-Stiftung. Der Clou: Die Mieteinahmen fließen in die Stiftung, welche wiederum Projekte in Köln fördert. So sind seit 2001 etwa 19 Millionen Euro in unterschiedliche Projekte aus den Bereichen Kunst und Kultur, Bildung/Kulturpädagogik, Wissenschaft und Forschung, Therapeutisches Reiten, Denkmalpflege und Heimatkunde ausgeschüttet worden. Beispiele:2Weitere geförderte Projekte werden auf der Website der Imhoff-Stiftung vorgestellt.

  • Afina – Assoziation für interkulturelle und nachbarschaftliche Arbeit
    Hier geht es speziell für Kinder und deren Eltern mit Migrationshintergrund auf Spurensuche in der Kölner Stadtgeschichte.
  • Plant-for-the-Planet-Akademie
    Spezielle Veranstaltungen, auf denen Kinder zu Botschaftern für Klimagerechtigkeit ausgebildet werden.
  • SingPause: Musikalische Ausbildung von Grundschulkindern
    Ausgebildete Singleiter/innen besuchen regelmäßig die Klassen und arbeiten mittels der renommierten Ward-Methode mit den Kindern.
  • Zentrum für Therapeutisches Reiten Köln e.V.
    In diesem speziellen Reitstall wurden 240.000 Therapieeinheiten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit unterschiedlichsten Behinderungen und Förderbedarf angeboten.

Anträge auf Förderung können über die Website der Imhoff-Stiftung gestellt werden. Ein wichtiges Förderkriterium: Das Projekt muss innerhalb Kölns initiiert und realisiert werden.


 

Die Hans-Imhoff-Straße in Deutz, Bild: Uli Kievernagel
Die Hans-Imhoff-Straße in Deutz, Bild: Uli Kievernagel

Hans-Imhoff-Straße in Deutz

Direkt am Messeglände in Deutz erinnert die Hans-Imhoff-Straße an den Mann  mit dem „Herz aus Schokolade“.


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Kölsche Originale: Der Maler Bock – mehr Lebemann als Künstler

Heinrich Peter Bock, besser bekannt als "Maler Bock". Bitte beachten: Der Sporn am Stiefel weist ihn als Dragoner aus, auch wenn seine Dienstzeit nur wenige Wochen dauerte. Bild: Adolph Wallraf (1880)
Heinrich Peter Bock, besser bekannt als „Maler Bock“. Bitte beachten: Der Sporn am Stiefel weist ihn als Dragoner aus, auch wenn seine Dienstzeit nur wenige Wochen dauerte. Bild: Adolph Wallraf (1880)

Eines ist sicher: Gemalt hat der Maler Bock nie. Der nach eigenem Empfinden kunstsinnige Lebemann Heinrich Peter Bock hatte bereits in ganz jungen Jahren für die Kunst geschwärmt. Und sich auch als Künstler und Intellektueller selbst als Bohémien inszeniert. Doch als er im Alter von etwa 50 Jahren gebeten wurde, als selbsternannter großer Künstler die Wandmalereien in der Abtei Brauweiler zu restaurieren, lehnte er mit den Worten „Spätere Geschlechter werden sagen, welch vorzüglicher Restaurator hat diesen schlechten, primitiven Malereien so vorzüglich restauriert!“ entrüstet ab.

Geboren am 30. Juli 1822 sollte der hochgewachsene Heinrich Peter nach dem Willen seines Vaters Metzger werden. Doch Knochen sägen und Würste kochen war nicht nach dem Willen des selbsternannten Kunstexperten, der von einem Zeitgenossen wie folgt beschreiben wurde. „Eine Kunstnatur mit langen Haaren, wallend bis auf die Schultern, mit ledernem Käpplein aus dem vorigen Jahrhundert, mit einem Rocke, dessen Schnitt aus der Zeit vor der Restauration zu sein scheint. Sein Gilet1Weste dagegen ist höchst dandymäßig, weite Pluderhosen gestalten ihn zum Türken …“.

Extrem kurze militärische Karriere

Klar, dass so ein Typ nicht zu den preußischen Dragonern passt. Warum Bock sich mit 19 Jahren ausgerechnet dieser berittenen Infanterie angeschlossen hat, lässt sich heute nicht mehr klären. Aber klar ist, dass seine militärische Karriere bereits nach wenigen Wochen ihr unrühmliches Ende fand. Die Preußen befürchteten, so Reinhold Louis2„Kölsche Originale“, Greven Verlag 1985 dass „Dragoner Bock die ganze Schwadron närrisch machen würde, sollte er noch länger bleiben“. Was Bock aber trotz dieser sehr kurzen Dienstzeit nicht davon abhielt, für den Rest seines Lebens einen Sporn am Stiefel zu tragen, welcher ihn als ehemaligen Dragoner kennzeichnet.

Einen echten festen Wohnsitz hatte Bock nicht. Sein bevorzugtes Domizil war ein alter, nicht mehr genutzter eisernen Dampfkessel in Bayenthal, welchen er als „sein Hotel“ bezeichnete und sich wahrscheinlich fühlte wie der Philosoph Diogenes in seiner Tonne. Bei gutem Wetter hingegen machte er sich in den Bögen der damals noch nicht abgerissenen Stadtmauer gemütlich.

Der Maler Bock in der Bierdeckel-Serie "Kölsche Originale", Bild: Bild: rs-bierdeckel.de, Reinhold Schäfer
Der Maler Bock in der Bierdeckel-Serie „Kölsche Originale“, Bild: Bild: rs-bierdeckel.de, Reinhold Schäfer

Wechselhafter Erfolg bei den Damen

Zunächst hatte der mittellose Bock wenig Erfolg, eine Frau an sich zu binden. Lang hing ihm nach, dass einmal eine Frau, die er in ein von einem Gönner überlassenes Haus mitnahm, auf das Dach floh und um Hilfe rief. Und das puddelrüh.

Auch mit den Marktfrauen auf den Alter Markt gab es regelmäßig Streit. Als eines Tages eine der Marktfrauen ihn ein kleines Stückchen Käse schenken wollte, wahrscheinlich um ihn endlich loszuwerden, zeterte Bock „Sie elende Person wagen es, einem Künstler einen solchen Bettel anzubieten!“ Gleichzeitig griff er nach dem Geschenk: „Doch her damit – Großmut gegen geringe Leute war stets mein Prinzip.“

Legendär waren seine Auftritte zu den Namenstagen ausgewählter Damen, bevorzugt Wirtinnen. Als Kavalier alter Schule pflegte er, mit einem Strauß selbstgepflückter Blumen und gestelzter Sprache zu gratulieren, um die anschließende Einladung zu Wein, Bier und Essen dankend anzunehmen. Sobald er satt war, schnappte er sich die ursprünglich geschenkten Blumen und verabschiedete er sich mit den Worten „Schöne Frau, ich wiederhole meinen Glückwunsch, ich muß aber noch einer anderen Dame zum Geburtstag gratulieren.“ Kurios: Die Wirtinnen erwarteten zu den Namenstagen regelrecht seinen Besuch – er war wie ein Maskottchen für die Damen.

Fake News zum Tode Bocks

Michael Wasserfuhr von den Kölschgängern schreibt, dass ein solcher Typ nicht so recht in das preußische Köln passt.3Michal Wasserfuhr: Der Maler Bock, https://koelschgaenger.net/maler-bock-2/ So wurde der große Künstler unfreiwillig aber nicht ganz unwillig (es war Winter!) in die Arbeitsanstalt Brauweiler einquartiert. Dass er dort mit einem anderen Original, dem Fleuten-Arnöldchen, zusammenarbeiten musste, gefiel Bock so nicht, weil das Arnöldche bei der Ansprache des Künstlers das respektlose “Du“ verwendete.

Während er in Brauweiler festsitzt, vermissen in Köln nicht nur die Wirtinnen den Maler Bock. Und dann machen auch noch „Fake-News“ über den Tod von Heinrich Peter Bock die Runde. Den Kölnern ist schnell klar, dass hier etwas nicht stimmen kann, wird doch auch sein Testament veröffentlicht. Der auf seinem Landgut in Brauweiler verstorbene „Professor Bock“ soll viele Tausend Taler für wohltätige Zwecke vermacht haben. Geld, welches der stadtbekannte Maler Bock selbstverständlich nie hatte.

„Meine Kunst – mein Genie, das vergisst die Nachwelt nie!“

Doch Bock überlebt seinen vermeintlichen Todestag um mehrere Jahre. Nach mehreren Krankenhausaufenthalten stirbt der Maler Bock tatsächlich am 3. Dezember 1878 in einer Irrenanstalt in Düren und wird auch dort im Rahmen eines Armenbegräbnisses beigesetzt. Keiner in Düren ahnt, dass dort ein echtes Kölsches Original in einem schmucklosen, anonymen Grab ruht.

In Köln wird sein Tod im Karneval des Jahres 1879 verarbeitet. So lautete es in dem Karnevalslied „De Zünfte em Zog“ von Peter Prior:

„Zoletz trick dann de Künstlerschar,
doher met Glanz und Praach.
Dä Größte fählt, hä mäht sich rar,
es jenseits unger Daach!
Dat wor im selgen he vergunnt,
un doch met Stolz Bock sage kunnt:
„Meine Kunst – mein Genie,
das vergisst die Nachwelt nie!“

Besondere Ehre für einen Lebemann: Das Maler-Bock-Gäßchen im Schatten der Severinsbrücke, Bild: Uli Kievernagel
Besondere Ehre für einen Lebemann: Das Maler-Bock-Gäßchen im Schatten der Severinsbrücke, Bild: Uli Kievernagel

Ehrung durch eine Straße

Und tatsächlich wurde der Maler Bock bis heute nicht vergessen. Dafür sorgt auch eine Ehrung der Stadt Köln: Das Maler-Bock-Gäßchen in der Südstadt.

So wurde dem, „der nie einen Pfennig Steuer entrichtet hat, der in keinem ihrer Adreßbücher verzeichnet ist, weil er nie und nirgendwo amtlich gemeldet war, eine späte Ehrung zuteil“, so Reinhold Louis4„Kölsche Originale“, Greven Verlag 1985.


Tief im kollektiven Gedächtnis der Stadt verankert: Die "Kölschen Originale"
Tief im kollektiven Gedächtnis der Stadt verankert: Die „Kölschen Originale“

Weitere Geschichten zu den „Kölschen Originalen“ gibt es hier:


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Ein paar Fragen an Ronald Füllbrandt – 24 Stunden am Tag ein „Kölschgänger“

Der Kölschgänger Ronald Füllbrandt (1961 - 2021), Bild: www.koelschgaenger.de
Der Kölschgänger Ronald Füllbrandt (1961 – 2021), Bild: www.koelschgaenger.net

Es gibt unendlich viele Menschen, die sich mit Köln beschäftigen. Eine kreative Truppe ragt allerdings heraus: Die Kölschgänger. Die Kölschgänger sagen über sich selbst, dass sie Geschichte und Geschichten über unsere Stadt und ihre Menschen schreiben. Tatsächlich aber bieten die Kölschgänger noch viel mehr: Spannende Details zu unserer Stadt, mit viel Liebe geschrieben und immer sehr gut recherchiert. Übrigens alles aus Spaß an d´r Freud – die Kölschgänger haben keinerlei kommerzielles Interesse.  

Dahinter steht eine kleine Truppe von Menschen, deren Kopf und Antreiber Ronald Füllbrandt war. Ich durfte Ronald kennenlernen. Er hatte etwas ansteckendes Positives – et hät Freud jemaht, mit ihm über Gott und die Welt und ganz besonders über Kölle zu sprechen. Ronald brachte ein beeindruckendes Wissen über unsere Stadt mit – alles persönlich „erlaufen“ auf seinen Spaziergängen durch die Stadt und anschließend sauber recherchiert und pointiert aufgeschrieben.

Die Kölschgänger bieten spannende Details zu unserer Stadt, mit viel Liebe geschrieben und immer sehr gut recherchiert.
Die Kölschgänger bieten spannende Details zu unserer Stadt, mit viel Liebe geschrieben und immer sehr gut recherchiert.

Eine letzte Ehre

Am 3. April 2021 ist Ronald vollkommen überraschend gestorben. Ronald, Jahrgang 1961, war ´ne echte kölsche Jung und hatte mit seinen Kölschgängern noch so viel vor. Um Ronald auch beim Köln-Lotsen die letzte Ehre zu erweisen, haben mir die Kölschgänger erlaubt, ein kurzes Interview mit ihm hier zu veröffentlichen, welches aus dem April 2020 stammt und bereits auf der Seite der Kölschgänger veröffentlicht wurde.
Dafür ein großes DANKE.

Und wenn dä Ronald vom Himmelspötzje op uns luurt, denk hä bestemmp: 
Maht wigger! Et jitt noch su vill övver Kölle ze verzälle.


11 Fragen an Ronald Füllbrandt

Wie bist du zu Kölschgänger gekommen?

Aus Heimweh. Ich wohnte damals nicht in Köln, schaute immer wieder im Netz nach Kölner Seiten. Leider stellte ich fest, es gab nur sehr wenig über unsere Stadtgeschichte zu lesen. Und was macht man, wenn man eine grobe Vorstellung hat, wie so eine Seite aussehen sollte und es sie nicht gibt? Richtig, man baut sie selber auf. Gesagt, getan. Mittlerweile gibt es Kölschgänger rund 3 Jahre. Etwa 370 (dreihundertsiebzig !!!!) Beiträge sind erschienen und ein Ende ist nicht in Sicht. Und, ganz nebenbei bin ich auch ein wenig stolz auf das Erreichte. Knapp 11.000 Follower sind eine klare Ansage. So in etwa war der Plan.1Diese Angaben stammen aus dem April 2020. Bis heute, Stand April 2021, haben die  Kölschgänger über 600 Beiträge veröffentlicht und mehr als 12.700 Follower bei Facebook.

Wie schaffst du es, einmal die Woche einen neuen Beitrag zu schreiben?

Einen? Oftmals sind es ja zwei, da ich die Serie „Kölschgänger zwischendurch“ ebenfalls schreibe und hin und wieder auch noch ein Interview einstreue. Unsere Homepage pflege ich auch. Kölschgänger ist halt „mein Kind“ und ich hänge mit meinem ganzen Herzen an dieser Seite. Köln ist meine Heimat, diese Stadt und ihre wunderbar verrückten Menschen geben mir sehr viel und wer nimmt, der sollte auch zurückgeben. Mit dieser Seite versuche ich meinen Teil beizutragen, damit unsere Stadtgeschichte, die Legenden und selbst der kleinste Brunnen nicht untergehen, sondern das Wissen weitergegeben wird, und das möglichst verständlich und unterhaltsam.

Hat sich dein Leben verändert, seitdem du für Kölschgänger schreibst?

Auf jeden Fall. Es ist Lebensinhalt geworden. Bei Kölschgänger hat jeder so seine Art zu schreiben und zu recherchieren. Ich liebe es, durch die Stadt zu streifen, genau hinzuschauen und gerade die „Kleinigkeiten“ sind mein Steckenpferd. Wer kennt schon jedes Veedel (und die Veedel in den Veedeln). Ich lerne die Stadt immer besser kennen, komme in Ecken, die ich wohl sonst nie gesehen hätte. Jede Geschichte ist ein Erlebnis, will entdeckt werden, jedes Gefühl gelebt werden. Böse Zungen behaupten, ich stehe mit den Gedanken an Kölschgänger auf, lebe es den ganzen Tag und gehe mit den Gedanken an Kölschgänger schlafen. Na ja, ganz so schlimm ist es nicht…oder?

Bist du auch an anderer Stelle im Netz oder im richtigen Leben zu finden?

Eigentlich nicht. Früher habe ich mich um Wildkräuter gekümmert, auch einige kleine Bücher geschrieben, aber das ist lange her. Ich gehöre sicherlich nicht zu den Leuten, die ohne Handy nicht leben können. Oft genug stelle ich unterwegs fest, Handy vergessen, Mist. Wie komme ich jetzt an die Fotos, die ich brauche? Ich fürchte, ohne Kölschgänger hätte ich kein Facebook und den anderen Kram. Es ist Mittel zum Zweck für mich. Nicht mehr.

Was verbindet dich mit Köln?

Heimat. Ich bin viel „rumgekommen“ in meinem Leben. Aber wie singen die Klüngelköpp so schön „… irgendwann packe ich ein und komme heim.“. Letztes Jahr war es soweit. Und ja, in einigen Beiträgen wird es bei mir sehr persönlich, dann reise ich in die Vergangenheit. Der Worringer Bahnhof, morgens um 5, mein Hauptbahnhof – das sind diese ganz persönlichen Momente, da kann es passieren, dass ich beim Schreiben eine Träne vergieße und es sehr tief geht. Dann weiß ich, endlich zohus.

Welcher Ort gefällt dir in Köln am besten?

Mein neues Veedel. Niehl. Ich bin glücklich hier. Super aufgenommen worden, hier gibt es alles, was man braucht. Ich bin in 2 Minuten im Nordpark, in 5 Minuten an der Bahn, in einer Viertelstunde am Rhein (der hier in Niehl einfach wunderschön ist) und in 10 Minuten mit der Bahn in der City, oder in knapp 30 wenn ich laufe. Und, was gaaanz wichtig ist: Ich genieße von meiner Wohnung aus den Blick auf den Dom.

Hast du ein Lieblingslokal?

Ja, ganz klar. Das Gaffel im Linkewitz. Mein zweites Wohnzimmer, im Sommer auch gerne auf der Terrasse. Lecker Kölsch, den Rhein im Blick, nette Menschen um mich herum und die Inhaber Kalle und Karo sind einfach herzlich. Ansonsten trinke ich gerne mal einen Kaffee am Wallrafplatz im Funkhaus-Cafe.

Wer ist für dich eine „echte“ kölsche Persönlichkeit?

Jeder, der sich als Kölner fühlt, Weltoffenheit lebt und sich für unsere Stadtgeschichte interessiert. Es kommt nicht darauf an, ob die Person „weltbekannt in Köln“ ist, herzlich und offen muss sie sein und gerne auch etwas „kölnpatriotisch chaotisch“.

Wo würdest du leben wollen, wenn nicht in Köln?

Nirgends, hier kriegt mich keiner mehr weg.

Wenn du einen Tag Oberbürgermeister wärst, was würdest du ändern?

Meinen Mitarbeitern erklären, dass wir Dienstleister sind, dass es nicht schadet, freundlich zu seinem Gegenüber zu sein und seine Sorgen und Probleme ernst zu nehmen.

Und was mir ganz besonders auf den Sa… geht, dieser Bau-Wahn. Unsere Architekten sollten sich mal anschauen, wie schön es früher aussah. Heute werden nur noch hässliche Klötze gebaut. Schrecklich. Nachhaltigkeit ist auch so ein Thema, bei dem ich aus der Hose springen könnte. Haltet lieber die alten Sachen in Ehren und in Ordnung. Egal ob Stadtmauer, Brunnen etc., ein Trauerspiel.

Was ist für dich das kölsche Jeföhl?

Kein Fernweh zu kennen. Bauchweh zu bekommen, wenn ich ein paar Tage weg muss. Im Veedel ein Kölsch zu trinken, den Leuten zuzuhören, feststellen, dass wir bekloppt sind und Köln ein Dorf ist.

Und was noch?

Ein ganz herzliches Dankeschön an meine verrückten Mitstreiter, die meinen Traum mit leben, mich und meine verrückten Ideen ertragen, unsagbar viel Arbeit in dieses Projekt stecken ohne jemals einen Euro Lohn zu sehen für ihre Mühe. Ohne euch wäre dieses Projekt nicht möglich gewesen. Dankeschön dafür.


Diese Menschen haben bisher meine Fragen beantwortet: 


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Ne janz hätzlische Jlöckwonsch, leev Bläck Fööss

Die Bläck Fööss im Jahr 2020, Bild: Leonie Handrick
Die Bläck Fööss im Jahr 2020, Bild: Leonie Handrick

Leck mich en dä Täsch – jetzt feiern die Fööss bereits ihr 50jähriges Bandjubiläum. Dazu auch vom Köln-Lotsen ne janz hätzlische Jlöckwonsch. Un: Et deit mir leid, dat die Party wejen däm bedrissenen Corona erst nächstes Jahr stattfindet.

Die Fööss als konstanter Bestandteil im Leben

Wenn man in den 1970er Jahren hier aufgewachsen ist, ist man automatisch auch mit den Bläck Fööss aufgewachsen. Das ging bereits beim Fastelovend im Kindergarten los. Wir tanzten ausgelassen zu „Pänz, Pänz, Pänz“ oder „De Mama kritt schon widder e Kind“. In der Schule später wurde eher „Ming eetste Fründin“ interessant. Als Teenager war man natürlich viel zu cool um zuzugeben, dass man bei „Huusmeister Kaczmarek“ gerne leise mitrappt:

Hammer keine Hammer, jo wo hammer en dann,
hammer keine Hammer, jo dann nemme mer de Zang,
hammer keine Hammer un finge mer kein Zang,
jo, dann nemme mer su lang de Iesestang.
Hibbe di Hipp Hipp, de Hibbe di Hopp,
do haue mer de Näl met d’r Stang op d’r Kopp.

So haben die Fööss für jede Gemütslage den passenden Song bereit. Zum Beispiel für Exil-Kölsche die melancholische Heimweh-Ballade „Ich han ’nen Deckel“

Ich hätt niemols, niemols
jedaach, dat ich su oft
an Kölle denke muss.

Und auch die älteren Titel der Fööss sind top aktuell. Immer mehr zahlungskräftige Menschen ziehen in die Veedel, die alteingesessenen Bewohner werden „wegsaniert“. So werden ganze Bevölkerungsgruppen einfach ausgetauscht. Das Schlagwort dafür ist  „Gentrifizierung“. Dieses Wort war in den 70ern noch nicht bekannt. Aber der Vorgang sehr wohl. Und wird von den Fööss in dem Lied „Mer losse d´r Dom in Kölle“ aufgegriffen.

Das schönste Geburtstagsgeschenk haben sich die Fööss selbst gemacht

Heute sind die Fööss fester Bestandteil des kölschen Kulturguts. Und das ist gut so, denn ohne die neue Art der Bläck Fööss, kölsche Lieder zu interpretieren, gäbe es heute weder Brings noch Kasalla, Cat Ballou oder Miljö.

Bömmel Lückerath, Bild: Bläck Föös
Fööss-Gründungsmitglied Bömmel Lückerath, Bild: Bläck Föös

Mit dem flammneuen Lied „50 Johr (met Musik em Bloot)“ haben sich die Fööss selber ein wunderbares Geburtstagsgeschenk gemacht. Der Song greift viele der Fööss-Klassiker auf und holt diese wunderbar in unsere aktuelle Zeit. Da steht im „Bickendorfer Büdche“ auf einmal „ene Hermes Shop“ und „En de Weetschaff op d’r Eck es hück en Wettbüro.“. Selbst der Buur, der einst in Berkesdörp op d’r Huhzick ausgelassen üvver Desch un Bänk un Stöhl jedanz hät, feiert in dem Lied bereits seine joldene Huhzick.

Die schönste Liedzeile in „50 Johr“ aber betrifft eine gewisse Katharina Meier:

„Un ich laach mim Meiers Kättche
weil et zo schwer es für mi Rädsche.“

Und jeder Kölsche erinnert sich an et Kättche, den Webers Mattes und an die wunderbaren Ereignisse, die man mit in den letzten 50 Jahren mit den Fööss-Songs erlebt hat.

Junge, dat hat ühr esch jood jemaht. Vielen Dank.


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Carola Rackete wird mit dem Karl-Küpper-Preis ausgezeichnet

Verleihung Karl-Küpper-Preis an Carola Rackete, Bild: Raimond Spekking
Verleihung Karl-Küpper-Preis an Carola Rackete, Bild: Raimond Spekking

Am 19. Oktober 2020 hat Carola Rackete den Karl-Küpper-Preis erhalten. Und ich bin extrem stolz auf unseren Karneval und diese Entscheidung.

Dieser Preis erinnert an den unbeugsamen Büttenredner Karl-Küpper und wird an Menschen vergeben, die sich für den Schutz der Demokratie und gegen Rassismus, Antisemitismus und jede Form der Diskriminierung engagieren. Im Jahr 2020 wurde der Preis an Carola Rackete vergeben.

Carola Rackete hat als Kapitänin mit dem Seenotrettungsschiff „SeaWatch 3“ Geflüchtete auf dem Mittelmeer vor dem Tod gerettet. Doch kein Hafen wollte das Schiff mit den 52 Geflüchteten aufnehmen. So fuhr Rackete, trotz Verbot, in den Hafen von Lampedusa ein, um das Elend der Geflüchteten an Bord zu beenden. Sie wurde noch im Hafen festgenommen.

Zur Feier dieses Preises veröffentliche ich im „Köln-Ding der Woche“ heute zwei offene Briefe:

  1. Einen offenen Brief mit herzlichen Glückwünschen an die Preisträgerin
  2. Ein offenen Brief an die Menschen, die, insbesondere in den sogenannten „Sozialen Medien“, die Vergabe dieses Preises kritisieren.

Offener Brief an Carola Rackete

Liebe Carola Rackete,

Karl-Küpper wäre am Montag sehr stolz gewesen. Der nach ihm benannte Preis hat mit Ihnen eine würdige Preisträgerin gefunden. Genau wie Karl-Küpper haben Sie Ihre eigene Person zurückgestellt und ohne Rücksicht auf negative Konsequenzen gehandelt. Sie haben Menschlichkeit bewiesen, wo andere Menschlichkeit heucheln. Oder – um es mit Ihren eigenen Worten zu sagen: Danebenstehen reicht nicht aus. 

Unsere Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat nicht umsonst in ihrer Rede zur Preisverleihung Wert darauf gelegt, den Begriff „Zivilcourage“ exakt zu definieren: „Ein Risiko eingehen, die eigene Unversehrtheit, die eigene Existenz nötigenfalls gefährden, um für den zivilisatorisch höchsten Wert einzustehen: Die Menschenfreundlichkeit. Und was kann noch höher eingeschätzt werden als die Rettung von Menschen?“ Sie haben angepackt und Menschenleben gerettet. Gegen alle Widerstände. Wie Christoph Kuckelkorn sehr richtig gesagt hat, haben Sie „ … die Sicherheit anderer über ihre eigene gestellt“.

Die Sea Watch 3, Bild: Chris Grodotzki / Sea-Watch.org, CC BY-SA 4.0
Die Sea Watch 3, Bild: Chris Grodotzki / Sea-Watch.org, CC BY-SA 4.0

Sie gehen geradlinig Ihren Weg – genau wie Küpper es getan hat. Auch er hat sich nicht verbiegen lassen und hat auf der Bühne Haltung bewiesen. In einem Interview haben Sie Ihre moralische Verpflichtung beschrieben: „Ich habe eine weiße Hautfarbe, ich bin in ein reiches Land geboren worden, ich habe den richtigen Reisepass, ich durfte drei Universitäten besuchen und hatte mit 23 Jahren meinen Abschluss. Ich spüre eine moralische Verpflichtung, denjenigen Menschen zu helfen, die nicht meine Voraussetzungen hatten.“1La scelta di Carola. In: repubblica.it. 26. Juni 2019 Und weil Sie, genau wie Karl Küpper, Ihre ganz besonderen Fähigkeiten und Ihren Mut einsetzen, sind Sie eine würdige Preisträgerin.

Leeven Frau Rackete, ne janz hätzlische Jlöckwonsch.

Viele liebe Grüße aus Köln

Uli Kievernagel


Offener Brief an die Gegner dieser Preisverleihung

Abscheu. Faschistische Gedanken. Blanker Hass. Als ich eure Facebook-Kommentare zur Verleihung des Karl-Küpper-Preises gelesen habe, hat sich mir der Magen umgedreht. Habt ihr denn nichts verstanden?

„Es gibt wieder Faschisten, die Angst und Hass predigen.“ so Gerhard Küpper, Sohn von Karl-Küpper bei der Preisverleihung. „Und wieder laufen die Leute ihnen nach wie die Lemminge“. Na – fühlt ihr euch ertappt?

Nur zur Klarstellung – falls ihr das nicht mitbekommen haben solltet: Hier wird völlig zu Recht eine Frau ausgezeichnet, die Menschenleben gerettet hat. Mit dem Karl-Küpper-Preis, welcher an Menschen vergeben wird, die sich für den Schutz der Demokratie und gegen Rassismus, Antisemitismus und jede Form der Diskriminierung engagieren. Passt also und Karl-Küpper wäre stolz gewesen. 

Und dann wäre da noch der falsche verstandene Lokalpatriotismus in euren Kommentaren „Ävver dä Preis hätte doch ene Kölsche kräje müsse“. Warum? Nehmt mal eure kölsche Scheuklappen ab! Dann werdet ihr feststellen, dat et uch woanders Lück met Jewesse und Kurasch jit.

Vell Jrööööß

Uli

PS Und NEIN – Carola Rackete ist durch den Preis nicht reicher geworden. Sie hat das Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro an Flüchtlingsorganisationen in Libyen gespendet. Auch das ist vorbildlich.


Was in der ganzen Diskussion etwas untergegangen ist: Die Gestaltung des Preises ist sensationell. Der Preis ist einer Bütt nachempfunden und mit unserem Stadtwappen geschmückt. Dabei steht aber eine der Kronen schräg – als Erinnerung an den unangepassten Karnevalisten Karl Küpper.

Die Gestaltung stammt von Werner Blum. Blum konzeptioniert und gestaltet Awards, Skulpturen und Grossplastiken und gehört zum Wagenbauer-Team des Festkomitees.

Weitere Informationen: Werner Blum, Gestalteratelier


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Albert Richter: Radsportidol und Gegner der Nationalsozialisten

Der Kölner Radsportler Albert Richter (1912-1940), Bild: Nicola54
Der Kölner Radsportler Albert Richter (1912-1940), Bild: Nicola54

Es war typischer Nazi-Jargon, den die Fachzeitschrift „Illustrierter Rad-Rennsport“ im Juli 1934 veröffentlichte:

„Was sich vor unseren Augen abspielt ist das Emporfliegen eines Adlers zum Licht des Erfolgs. Auf seinen Flügeln trägt er Ruf und Ruhm des Landes, das er sein Vaterland nennt, der Stadt, die er Vaterstadt heißt.“

Adler – Vaterland – Ruhm. So etwas gefällt den braunen Machthabern. Was ihnen nicht gefallen haben dürfte: Der in diesem Text geehrte Albert Richter trägt kein Hakenkreuz auf seinem Trikot, verweigert bei Siegerehrungen den Hitlergruß und lässt sich von einem Juden managen.

Ein Ausnahmetalent im Radsport

Albert Richter war ein extrem erfolgreicher Kölner Radrennsportler. Geboren am 14. Oktober 1912 im proletarischen Ehrenfeld gewann Richter mehrfach den „Grand Prix de Paris“, wurde Amateur-Weltmeister, mehrfacher Deutscher Meister und gewann den „Großen Preis der Nationen“ sowie den „Großen Preis von Berlin“.

Dabei war seine Begeisterung für den Radsport dem Vater ein Dorn im Auge. Kein Wunder: Kaum ein Sport war so verletzungsanfällig. Daher trainierte Richter heimlich und versteckte die ersten Pokale im heimischen Elternhaus in der Sömmeringstraße 72 unter dem Bett.

Den sportlichen Durchbruch schafft er mit gerade mal 19 Jahren und wird Weltmeister der Amateur-Sprinter – der Beginn einer großen Radsport-Karriere. Noch im Jahr 1932 wechselt der talentierte Radrennfahrer in den Profi-Bereich und fährt auch hier in die Weltspitze.

Der Antifaschist Richter verweigert den Hitlergruß

Nach der Machtergreifung Hitlers spürte Richter den wachsenden Gegenwind. Sein Wechsel in den Profibereich wurde kritisiert. Sport hatte, nach nationalsozialistischer Ideologie, zur Wehrertüchtigung zu dienen. Das Idol der Nazis war ein Amateur, der seinen Sport zum Wohle des Vaterlands und nicht gegen Geld ausübte.

Noch kritischer aber war seine offensichtliche judenfreundliche Gesinnung. Sein Trainer, Manager und väterlicher Freund Ernst Berliner war Jude. Aber Richter hielt an seinem Trainer fest, auch als dieser 1937 in die Niederlande flüchtete. So trat Albert Richter gemeinsam mit seinem ­jüdischen Trainer 1938 bei der Bahn-Weltmeisterschaft in Amsterdam auf.

Trotzdem – oder gerade deswegen – versuchte die Gestapo mehrfach, Richter als Spitzel zu gewinnen. Dieser lehnte ab: „Ich habe im Ausland nur Freunde. Ich kann derartiges nicht tun.“ Tatsächlich lebte Richter lange in Paris. In der internationalen Radsport-Szene hatte er enge Freunde, darunter den Belgier Jef Scherens und den Franzosen Louis Gérardin. Gemeinsam mit Richter traten diese als „Die drei Musketiere“ bei den Radrennen auf.

Der Sportpark Müngersdorf, im Vordergrund die Albert-Richter-Radrennbahn, Bild: Raimond Spekking
Der Sportpark Müngersdorf, im Vordergrund die Albert-Richter-Radrennbahn, Bild: Raimond Spekking

Richter will aus Nazi-Deutschland fliehen

Als im September 1939 der Krieg ausbricht, will Albert Richter emigrieren. Es ist für ihn unmöglich, gegen Franzosen zu kämpfen: „Ich bin ein Deut­scher, aber für Deutsch­land kann ich nicht kämp­fen, wenn es sich ge­gen Frank­reich wen­det. Ich ge­he nach Frank­reich, nicht um mich der Wehr­pflicht zu ent­zie­hen, son­dern um nicht auf Men­schen schie­ßen zu müs­sen, die ich lie­be, die mich lie­ben und de­nen ich so­ viel zu ver­dan­ken ha­be.“ 

Sein letztes Rennen fährt der Ausnahmesportler am 9. September 1939 – er gewinnt den „Großen Preis von Berlin“. Danach will er nur noch weg aus Nazi-Deutschland. Mit seinem Rad steigt er Silvester 1939 in einem Zug nach Basel. Fatal: Richter schmuggelt in den Reifen des Fahrrads versteckt 12.700 Reichsmark. Dabei handelt es sich nicht um sein eigenes Geld, sondern um Geld eines jüdischen Textilhändlers, welches Richter diesem in der Schweiz übergeben will. Doch dazu kommt es nicht mehr.

Bei einer vermeintlichen Routinekontrolle in Weil am Rhein wird das versteckte Geld gefunden. Es ist davon auszugehen, dass die Gestapo einen Tipp aus dem näheren Umfeld Richters erhalten hat. Richter wird verhaftet und in Lörrach inhaftiert.

Zwei Tage später erfährt die Familie von der Verhaftung. Sein Bruder Josef macht sich schnellstmöglich auf dem Weg nach Lörrach. Zu spät: In der Zelle findet Josef Richter nur noch die Leiche des Bruders. Offiziell heißt es zunächst „Selbstmord“, dann „Skiunfall“ und dann „auf der Flucht erschossen“. Es kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass nichts davon stimmt und Albert Richter von der Gestapo ermordet wurde.

Sonderbriefmarke der DDR zu Ehren Albert Richters (1965)
Sonderbriefmarke der DDR zu Ehren Albert Richters (1965)

Nazis wollen vergeblich Gedenken an Richter verhindern

Dem Nazi-Hetzblatt „Der Völkische ­Beobachter“ war der Tod des Radsportidols nur die Meldung „Heute rot – morgen tot.“ wert.  Auch der gleichgeschaltete Radsport reagierte im Magazin „Deutsche Radfahrer“ prompt: „Sein Name ist für alle Zeiten in unseren Reihen gelöscht.“. Doch hier irrte die braune Propaganda.

In der DDR wurde ein Kinderheim nach ihm benannt, zwei Radrennbahnen trugen seinen Namen und 1965 gab es eine Albert-Richter-Sonderbriefmarke.

Die Bundesrepublik tat sich wesentlich schwerer mit dem Gedenken. Im Jahr 1966 erstatte Ernst Berliner, der Trainer und Freund Richters, Anzeige gegen unbekannt im Zusammenhang mit Richters Tod. Das Verfahren wurde allerdings bereits 1967 ohne Ergebnis eingestellt.

Stolperstein vor dem Elternhaus Albert Richters, Bild: Nicola
Stolperstein für Albert Richter, Bild: Nicola

Erst mit ihren Recherchen zu ihrer 1998 veröffentlichten Richter-Biografie „Der vergessene Weltmeister“ sorgte die Historikerin und Journalistin Renate Franz dafür, dass Richter als Sportler wieder wahrgenommen wurde. Bereits seit 1996 trägt die Radrennbahn am Stadion seine Namen. Dort findet sich eine Bron­ze­ta­fel mit der In­schrift „Zum Ge­den­ken an Al­bert Rich­ter – Op­fer na­tio­nal­so­zia­lis­ti­scher Un­mensch­lich­keit“. 

Die lebendigste Erinnerung an den Ausnahmesportler ist aber das jährliche Radrennen ihm zu Ehren. Start ist an der Sömmeringstraße in Ehrenfeld, wo Albert Richter aufwuchs.


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