Kölsche Originale: De Läsche Nas – eine riesengroße Nase als Markenzeichen

Die Läsche Nas, Bild: Bild: rs-bierdeckel.de, Reinhold Schäfer
Die Läsche Nas, Bild: Bild: rs-bierdeckel.de, Reinhold Schäfer

Podcast Läsche Nas 19

Es muss ein unvorstellbarer Gestank gewesen: Auf der Aachener Straße, kurz vor Melaten, konnten die Menschen zeitweise nur mit einem Tuch vor der Nase am Haus von Andreas Leonard Lersch, genannt „Läsche Nas“, vorbeigehen. Selbst auf dem Friedhof herrschte noch ein unvorstellbarer Gestank.

Quelle allen Übels war der Ofen von Läsche Näs. Dort kochte der berühmt-berüchtigte städtische Hundefänger zuvor eingefangene und getötete Hunde aus. Das so produzierte Fett verkaufte er in seinem Laden mit dem hochtrabenden Namen „Diätisches Mineralwarengeschäft und Kurheilanstalt“ als probates Mittel zur Schwindsucht. Ironie der Geschichte: Ausgerechnet an dieser Krankheit verstarb Läsche Nas etwa zehn Jahre später. Vorher aber musste er sein Gewerbe wegen der massiven Geruchsbelästigung der Trauernden und der Besucher auf Melaten noch nach Ehrenfeld in die Nußbaumer Straße verlegen. Anscheinend war dort der Gestank eher geduldet.

Von der Bühne über den Deutsch-Französischen-Krieg zur Polizei

Als Andreas Leonard Lersch am 8. Januar 1840 geboren wurde, lag die Karriere als städtischer Hundefänger noch in weiter Ferne. Nach einer Lehre als Metzger zog es ihn im Alter von 19 Jahren auf die Theaterbühne. Der Mann mit der unübersehbar großen Nase wurde zu dieser Zeit bereits „Läsche Nas“ genannt, und die Theatermacher spekulierten darauf, den überdimensionierten Riechkolben zur Marke zu machen. Vielleicht wäre ja sogar ein großer Schauspieler aus ihm geworden. Doch die Einberufung zum Militär und die Schmähungen der Kritiker, die sich auf seine große Nase bezogen, beendeten die hoffnungsvolle Theaterkarriere bevor diese richtig starten konnte.

Nach dem Deutsch-Französischen-Krieg (1870–1871) kehrte Lersch zurück nach Köln. Seine militärische Erfahrung ebnete ihm den Weg zur Polizei. Doch auch hier stand ihm seine große Nase im Weg: Lersch sollte als verdeckter Ermittler für die Polizei arbeiten. Doch wie kommt man unerkannt an die Spitzbuben ran, wenn ein riesengroßes Riechorgan trotz aller denkbaren Verkleidungen unverwechselbar ist? Außerdem ging er wohl nicht gerade zimperlich mit Festgenommenen um. Folglich war auch dieses berufliche Kapitel schnell beendet. Als Läsche Nas seinen Dienst bei der Polizei quittierte, protokollierten die Beamten die Rückgabe folgender Gegenstände: „Zwei sechsläufige Revolver, Dolchmesser, Schlagring, Bleistock und Gummischlauch.“1Quelle: Reinhold Louis: „Kölner Originale“, Greven-Verlag

Es folgte ein kurzes Intermezzo als Wächter für die Bahn bis Lersch eine neue Aufgabe fand: Er wurde städtischer Bezirksabdecker. Es herrschten grauenvolle Zustände in der Domstadt: Die Kadaver verendeter Tiere wurden auf den Wiesen entlang des Rheins einfach vergraben. Und jedes Hochwasser spülte regelmäßig das Erdreich weg, und die halbverwesten Tiere wurden wieder freigelegt. Den Auftrag der Stadt, stattdessen ein geeignetes Gebäude für eine professionellere Tierkörperverwertung zu finden, konnte Lersch nicht erfüllen.

Wenig zimperliche Methoden als Hundefänger

Mehr Erfolg hatte er mit seiner zweiten Tätigkeit als städtischer Hundefänger. Unendlich viele Streuner verunreinigten die Stadt und brachten die Gefahr der Tollwut mit. Ab 1878 ist Andreas Leonard Lersch ausgerüstet mit Netz und einem vergitterten Karren unterwegs, um im Auftrag der Stadt Hunde einzufangen. Dabei fing er wohl – neben den Streunern, die keiner vermisste – auch manchen Haushund ein. Und dann war das Geschrei groß. Glücklich waren die Hundebesitzer, die noch rechtzeitig ihren Hund gegen ein ordentliches Trinkgeld auslösen konnten.

Läsche Nas war wenig feinfühlig mit den eingefangenen Hunden. Alle kamen in einen einzigen Käfig. Gerade die kleinen Hunde überlebten die gemeinsame Gefangenschaft mit größeren Tieren eher selten. Aber auch für die überlebenden Hunde war das Ende nah: Lersch brauchte deren ausgekochtes Fett für sein Wundermittel.

Sein rabiater Umgang mit den Tieren war stadtbekannt. Kinder verscheuchten die Streuner, wenn Läsche Nas mit seinem quietschendem Karren ankam, und auch die Erwachsenen waren mit den brutalen Methoden nicht einverstanden. Lersch trat daher regelmäßig mit zwei Polizisten auf, die ihn bei seiner Arbeit schützten. Aber zumindest die Stadt war zufrieden mit Lerschs Arbeit und übertrug ihm 1885 zusätzlich auch noch das Amt des Scharfrichters, welches er aber nie ausübte.

Mit großem Eifer energisch den Dienst versorgen

Schon zu Lebzeiten wurde Läsche Nas öfters für tot gehalten. Daran war er auch selbst schuld: Bereits zu Lebzeiten hatte er sich einen Sarg anfertigen lassen und alle Bedingungen seiner Beerdigung inklusive der Kleidung seiner Leiche festgelegt.

Am 3. Mai 1887 verstarb Läsche Nas – ausgerechnet an Schwindsucht, gegen die doch sein eigenes Mittel so vortrefflich helfen sollte. In seinem Totenzettel war zu lesen „… In ihm verliert die Stadt einen tüchtigen Beamten, welcher stets bemüht war, mit großem Eifer energisch seinen Dienst zu versorgen …“.

Wie auch immer: Die Hunde in der Stadt werden sich gefreut haben.


Der Nasenbrunnen zu Ehren des fleißigen städtischen Hundefängers Andreas Leonard Lersch, besser bekannt als "Läsche Nas", Bild: Horsch, Willy - HOWI, CC BY 3.0
Der Nasenbrunnen zu Ehren des fleißigen städtischen Hundefängers Andreas Leonard Lersch, besser bekannt als „Läsche Nas“, Bild: Horsch, Willy – HOWI, CC BY 3.0

Es passiert eher selten, dass Beamte von der Stadt ein eigenes Denkmal bekommen. Anders bei Läsche Nas: Vor dem Bezirksrathaus Ehrenfeld an der Venloer Straße steht der Nasenbrunnen zur Erinnerung an den eifrigen Beamten. Der Brunnen besteht aus zehn übereinanderliegenden Ringen mit zehn unterschiedlichen Nasen: Große, kleine, runde oder lange Nasen.


Tief im kollektiven Gedächtnis der Stadt verankert: Die "Kölschen Originale"
Tief im kollektiven Gedächtnis der Stadt verankert: Die „Kölschen Originale“

Weitere Geschichten zu den „Kölschen Originalen“ gibt es hier:


In dem Lied „Fastelovend im Himmel“ erinnert Karl Berbuer unter anderem auch an Andreas Leonard Lersch. Dort lautet es:

Un et Arnöldche fleut,
un dr Herrjott hät sing Freud,
un der Läsche Nas ehr Nas wed nass,
weil Kölle nit unger geiht.

Berbuer spielt mit dieser Zeile darauf an, dass selbst, wenn Läsche Nas unter einem Regenschirm stehen sollte, die riesengroße Nase trotzdem nass wird.


Michael Waßerfuhr von den Kölschgängern erzählt die Geschichte von Läsche Nas auf der Website der Kölschgänger in einem wunderschönen Kölsch. Schaut mal rein, lohnt sich!


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