Die Hand aufhalten: kötten gehen

Jemand hält die Hand auf - der Kölsche nennt das kötten
Jemand hält die Hand auf – der Kölsche nennt das kötten

Sogar die Roten Funken haben es getan: Fastelovend 2019 sind die Mitglieder der stolzen Garde mit der Kötterbüchs1Spendensammeldose rumgelaufen und haben Geld für obdachlose Frauen in Köln gesammelt. Die Herren sind kötten gegangen. Sehr lobenswert.

Mit „kötten gehen“ bezeichnet der Kölsche schlichtweg, jemanden um etwas zu bitten. Somit ist kötten eigentlich ein Begriff für betteln, allerdings – das hat die übliche Umfrage in meiner Stammkneipe ergeben – ein etwas feinerer Begriff. Die einhellige Meinung der Kölschen in meiner Nachbarschaft: Wer köttet, der ist nicht so penetrant. Erst wenn jemand aggressiv köttet, wir es zum Betteln.

Vielleicht ist das Wort auf den Cut zurückzuführen

Die Herkunft des Wortes ist tatsächlich unbekannt. Im schon öfters von mir zitiertem „Mitmachwörterbuch der rheinischen Umgangssprache“ gehen die Spekulationen vom Gehrock über Hausierer bis hin zur einfachen Bauernhütte:

  • Der Sprachforscher Peter Honnen weist darauf hin, dass man im Sauerland Hausierer und Korbflechter Kötter nennt. Möglicherweise ist das der Ursprung für das „kötten“
  • Eine andere Erklärung besagt, dass Kötter arme Menschen sind, die in sehr einfachen kleinen Kotten, als Synonym für „Kate“, also in einfachen Häusern leben.
Ein klassischer Cut - damit kann man kötten gehen, Bild: Rogi.Official, CC BY-SA 3.0
Ein klassischer Cut – damit kann man kötten gehen, Bild: Rogi.Official, CC BY-SA 3.0
  • Die schönste Erklärung für mich ist allerdings die Herleitung über den Gehrock, also einen Cutaway oder kurz Cut. Dieser wird bei uns „Kött“ ausgesprochen. Der Vorteil des Kött: Der vergleichsweise große und weit geschnittene Gehrock hat sehr viele Taschen. Wenn nun ein Fest anstand und der Gehrock dabei getragen wurde, konnte der Träger die Taschen nutzen, um Essensreste für die Daheimgebliebenen mitzubringen – es wurde geköttet.

Setzt ein Zeichen der Solidarität

Gerade in den aktuell schwierigen Zeiten müssen leider viele Menschen wieder kötten gehen. War in normalen Zeiten schon der Monat länger als das Geld reichte, wird es jetzt mit Kurzarbeitergeld in vielen Haushalten kritisch. Daher haben die Tafeln momentan auch einen großen Zulauf.

Der Gabenzaun des Bürgervereins RADERBERG und -THAL e.V., Bild: Ulla Giesen
Der Gabenzaun des Bürgervereins RADERBERG und -THAL e.V., Bild: Ulla Giesen

Sehr lobenswert sind daher Initiativen wie zum Beispiel der „Gabenzaun“ des Bürgervereins RADERBERG und -THAL in meiner Nachbarschaft. Unter dem Motto „Wenn jeder gibt, was er hat, dann werden alle satt!“ können haltbare Lebensmittel für Menschen gespendet werden, die sich diese aus den bereitgestellten Beuteln nehmen können.

Schaut euch bitte mal bei nächster Gelegenheit in eurer Nachbarschaft um. Dort gibt es bestimmt auch Menschen, die kötten gehen müssen. Und wenn jeder nur ein eine Kleinigkeit gibt, dann kommen alle Menschen über die Runden.


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Kölsche Sisyphusarbeit: Sich zum Schänzchen arbeiten

Sisyphos müht sich mit dem Stein ab - er arbeitet sich zum Schänzchen. Hier ein Darstellung von Tizian
Sisyphos müht sich mit dem Stein ab – er arbeitet sich zum Schänzchen. Hier ein Darstellung von Tizian

In der griechischen Mythologie wurde Sisyphus vom Gott Hermes dazu gezwungen, immer wieder einen schweren Stein einen Berg hinaufzurollen. Und wenn Sisyphus fast oben angekommen ist, rollt der Stein hinunter und er muss wieder vor vorne anfangen. Man spricht deswegen von einer Sisyphusaufgabe. Das bedeutet, einer schweren oder anstrengenden Tätigkeit nachzugehen ohne ein Ende abzusehen.

Der Kölner braucht für die Beschreibung von solchen Tätigkeiten keine Gottheiten. Der Kölner spricht einfach vom Schänzchen oder Schänzjen. Jetzt rollen Kölsche bekanntlich keine Steine irgendwelche Berge rauf. Das würde der Kölsche, auch mangels geeigneter Berge, nie machen. Deswegen hier ein anderes Beispiel: Nehmen wir mal an, ein Kölner wird dazu verdonnert, Laub aufzufegen. Eigentlich ist klar, dass die nächste Windböe direkt wieder weitere Blätter heranbläst. Doch der Kölsche fegt unermüdlich (nun ja, so unermüdlich wie es einem Kölner halt möglich ist) die Blätter. Dann arbeitet er sich zum Schänzchen. Er erledigt also eine niemals endende Aufgabe.

Ein Begriff aus dem Festungsbau

Tatsächlich handelt es sich bei einem Schänzchen um ein Bündel Anfeuerholz, also kleingeschnittenes Brennholz oder Reisig zum Anzünden eines Herdfeuers. So hielt meine Oma immer neben ihrem Herd aus Gusseisen die entsprechenden Klütten (Briketts) zur Befeuerung, ein paar Scheite Holz und eben das Schänzchen zum Anfeuern bereit.

Der Kölsche nennt sie Schänzchen: Reisigbündel zum Anzünden.
Der Kölsche nennt sie Schänzchen: Reisigbündel zum Anzünden.

Jetzt stellt sich die Frage, wie der Begriff für das Anfeuerholz zur Sisyphusaufgabe werden konnte. Die Erklärung stammt aus dem Festungsbau. Eine Schanze ist eine militärische Befestigungsanlage. Das bekannteste Beispiel dürfte Hitlers Führerhauptquartier Wolfsschanze im heutigen Polen sein. Eine Schanze im engeren Sinne ist ein Befestigungswerk, welches nicht dauerhaft angelegt ist. Gebildet wurden diese Anlagen aus Schanzkörben. Das sind runde Geflechte aus Reisig, die mit Erde gefüllt waren. Der Bau dieser Anlagen war sehr beschwerlich und eigentlich wurde die Anlage auch nie wirklich fertig. Eine echte Sisyphusaufgabe, bei der man sich zum Schänzchen arbeitet. Nur am Rande: Wenn sich jemand heute hinter etwas verschanzt, hat das die gleiche Wortherkunft.

Schanzkörbe: Mit Erde gefüllte Reisigkörbe als militärische Befestigung im 16. Jahrhundert
Schanzkörbe: Mit Erde gefüllte Reisigkörbe als militärische Befestigung im 16. Jahrhundert

Am Bonner Rheinufer gibt es noch heute das Schänzchen. Das als Biergarten genutzte Gelände war ursprünglich ein Teil des römischen Militärlagers Castra Bonnensia. Auch hier dürften sich etliche Römer und Bonner zum Schänzchen gearbeitet haben.

Sich zum Schänzchen suchen

Heute wird das Schänzchen in vielen Bedeutungen genutzt. So kann man sich an einem leckeren Essen ein Schänzchen dran essen oder ein Schänzchen anfressen. Wenn etwas sehr lustig ist, lacht sich der Kölner zum Schänzchen. Und wenn man etwas nicht findet, sucht man sich zum Schänzchen. Und fängt wieder von vorne an zu suchen. Immer wieder. Genau wie Sisyphus, der immer wieder seinen Stein den Berg raufrollt.


In dem Lied „Dann gom’mer nom Königsfors“ von Karl Berbuer lautet es im Refrain „… de Schänzcher injepack wie Wandervögel“. Hier sind mit Schänzcher allerdings keine Reisigbündel oder Anfeuerholz gemeint, sondern es geht um Wegzehrung wie zum Beispiel Butterbrote. Der Sprachforscher Peter Honnen bestätigt dies im Mitmachwörterbuch der rheinischen Umgangssprache: „Schänzchen als scherzhafte Bezeichnung für ein Butterbrot gibt es tatsächlich im westlichen Köln bis hin nach Frechen. Diese Bedeutung ist jedoch nur sehr kleinräumig verbreitet.“


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Et ärme Dier han – Melancholie auf kölsche Art

Leere Kneipen. Da bekommt nicht nur der Stammgast et ärme Dier.
Leere Kneipen. Da bekommt nicht nur der Stammgast et ärme Dier.

Die Corona-Krise hat uns alle fest um Griff. Weder der EffZeh noch Fortuna Köln spielen, alle Theater haben zu, Konzerte werden abgsagt. Das öffentliche Leben kommt zum Stillstand. Selbst unser geliebtes Kölsch sollen wir nicht mehr in unserer Stamkneipe sondern lieber alleine zu Hause trinken. 

Da bekommt der Kölsche schnell „et ärme Dier“. Wortwörtlich übersetzt bedeutet das „Das arme Tier haben.“. Eigentlich kein wirklich sinnvoller Satz. Der Kölsche jedoch versteht direkt, was damit gemeint ist: Eine allgemein trübsinnige Stimmung. Gepaart mit etwas Melancholie und Traurigkeit.

Et ärme Dier tritt mit oder ohne konkreten Auslöser auf

Es gibt weder eine Erklärung, wo diese Redewendung herkommt noch welches Tier denn nun genau mitleidenswert ist. Klar ist nur, dass et ärme Dier nicht unbedingt einen konkreten Auslöser haben muss. So kann zwar eine Krankheit oder Umstände wie ein gerade erlebtes Unglück zum ärme Dier führen: „Däm Jupp singe Onkel ist dut. Dä Jupp hät jetz schwer et ärme Dier.“ (Übersetzung: Josefs Onkel ist gestorben, der Josef ist jetzt ganz traurig.). In diesem Fall ist es ein besonders gravierender Fall von Traurigkeit, weil dä Jupp ja schwer et ärme Dier hat.

Aber dat ärme Dier kann auch völlig ohne nachvollziehbaren Anlass auftreten. Dann handelt es sich eher um Weltschmerz und der Trübsinn wie ins diesem Fall: „Dat Billa kütt nit mieh uss däm Huus eruss. Et hät wohl et ärme Dier.“ (Übersetzung: Sibylle verlässt das Haus nicht mehr. Sie hat wohl eine melancholische Phase.).

Muuzich oder jömelisch sind ähnliche Gemütszustände

Bei uns zu Hause wurde für eine allgemeines  Stimmungstief auch der Begriff jömelisch verwendet. Bei meiner üblichen Theken-Umfrage in meiner Stammkneipe war dieser Begriff aber nicht geläufig. Gängige Umschreibungen waren hier trorich (traurig) oder muuzich (mürrisch).

Besonders schön ist der Ausspruch des kölschen Musikers Gerd Köster „Lackier dat ärme Dier vür d`r Düür.“ Wortwörtlich bedeuet das „Lackier dein armes Tier vor der Tür“ und bedeutet: Lass deine schlechte Laune draußen, die hat hier nix zu suchen.

Alle Fälle vom ärme Dier sind aber immer von einer echten Depression zu unterscheiden. So weit geht et ärme Dier dann nicht. Irgendwann scheint wieder die Sonne un däm Jupp un dä Billa geht es dann auch besser. Corona ist dann Geschichte und die Kneipen sind wieder voll.

So ist das ärme Dier eher nur ein zeitweilige Erscheinung. Was für ein Glück!


Meine Nachbarin Juliane Poloczek hatte wegen der aktuellen Corona-Krise schwer et ärme Dier.  Am 20. März 2020 hat sie ihre Gedanken in dieses Gedicht gepackt:

Et ärme Dier
(Juliane Poloczek)

Wesst ihr, wat dat es, et ärme Dier?
Dat hat ich hück. Doch! Jläuvt et mir.
Jeschlofe hat ich och ald schlääch.
Wie ich opstunnt, wor mir janix rääch.
Aan einem Stöck hät ich kriesche könne.
Dä Zostand dunn ich keinem jönne.
De janze Zick wor ich muuzisch bloß
Un hat för övverhaup nix Los‘.
Ich wollt nit erus, un  dat wor joot!
Denn em Momang, do hält mr uns koot.
Mir Ahle, mir sollen nit mieh erus.
Dr janze Daach soll mr blieve ze Hus.
Hück fung ich dat richtisch, do passten et mir.
Denn hück hat ich wirklich et ärme Dier.

Ein großes DANKE an Juliane, dass ich ihr Gedicht hier veröffentlichen darf. Ein anderes (fröhlicheres) Gedicht von Juliane hatte ich bereits Weihnachten veröffentlicht.


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Un wer is dat schuld? Dä Nubbel!

Ein typischer Nubbel am Eingang einer kölschen Kneipe, Bild: Superbass / CC-BY-SA-3.0 (via Wikimedia Commons)
Ein typischer Nubbel am Eingang einer kölschen Kneipe, Bild: Superbass / CC-BY-SA-3.0 (via Wikimedia Commons)

Jetzt hängen Sie wieder über den Kneipen: Die bemitleidenswerten Nubbel. Das sind Strohpuppen, die in der Nacht zu Aschermittwoch verbrannt werden, um uns von allen (Karnevals-)Sünden zu befreien. Zugegeben: Das ist recht praktisch! Wir feiern heftig Karneval, schlagen über die Stränge und schuld ist immer nur dä Nubbel.

Die ersten Nubbel wurden im Rheinland ab etwa Anfang des 19. Jahrhunderts verbrannt. Allerdings ist der Begriff „Nubbel“ recht neu und stammt aus den 1950er Jahren. Bis dahin war der Begriff „Zachaies“ geläufig. Gleiches Prinzip, nur anderer Begriff: Eine Figur muss für die Verfehlungen einstehen. Dabei steht der Nubbel jedes Jahr wieder neu auf, er entsteht also aus seiner eigenen Asche.

Der Nubbel trägt die Schuld – an allem!

Der Ablauf der Nubbel-Verbrennung ist immer weitesgehend gleich: Die bereits vor Weiberfastnacht aufgehängte Puppe wird in der Nacht zu Aschermittwoch abgenommen. Ein als Geistlicher oder Bestatter kostümierter Jeck liest dann die Anklageschrift mit den Sünden des Nubbels vor. Mit jeder Verfehlung wird das anwesende Volk gefragt: „Un wer is dat schuld?“ Die Antwort ist – na klar – der Nubbel. Klassische Anklagen des Nubbels sind:

  • Wer is et schuld, dat mer noh Fastelovend all malad und blank sin?
    (Wer ist es schuld, dass wir nach Karneval alle krank und pleite sind?)
  • Wer is et schuld, dat dä Eff Zeh alt widder su schläch jespillt hät?
    (Wer ist es schuld, dass der ruhmreiche 1. FC Köln schon so bescheiden gespielt hat?)
  • Wer ist et schuld, dat die bedrissene Autobahnbröck immer noch kapott es?
    (Wer ist et schuld, dass die Autobahnbrücke der A1 über der Rhein immer noch defekt ist?)

Das anwesende Volk antwortet auf jede Anklage immer lauthals mit „Dä Nubbel“. Am Ende der Anklage wird der Nubbel angezündet und verbrannt. Durch das Feuer werden alle Jecken, die Stadt, der FC und wer auch immer von ihren Sünden befreit. So lässt sich anschließend hervorragend weiterfeien – bis zum Morgen des Aschermittwochs. Erst dann ist wirklich Schluss.

Auch dieser Nubbel von einer Kneipe auf Severinsstraße wird Karnevalsdienstag brennen, Bild: Dstern at German Wikipedia [Public domain]
Auch dieser Nubbel, von einer Kneipe auf der Severinsstraße, wird Karnevalsdienstag brennen, Bild: Dstern at German Wikipedia [Public domain]

In der Südstadt wird der Nubbel zum Rebell

Kölns größte Nubbelverbrennung ist im Quartier Latin, im Studentenviertel an der Zülpicher Straße. Dort fährt eine alte Leichenwagen-Kutsche durch die Straßen und sammelt die Nubbel der verschiedenen Kneipen ein. Die eigentliche Verbrennung ist dann vor Hellers Brauhaus auf der Roonstraße. Mehrere Tausend Jecken beschuldigen den Nubbel aller Sünden und singen nach der Verbrennung gemeinsam „In unserem Veedel“ bevor es zurück in die vielen Kneipen des Viertels geht.

Auf der Merowinger Straße in der Südstadt wird der Nubbel vor der Kneipe/Restaurant Filos verbrannt. Der Pfarrer der nahegelegenen Lutherkirche, Hans Mörtter, leitet diese Verbrennung. Hier steht der Nubbel aber nicht für die begangenen Sünden, sondern für das letzte Stück Rebellion in uns allen: Rebellion gegen Intoleranz, Rassismus und Hass. Folgerichtig wird die Asche des verbrannten Nubbels in kleine, durchlöcherte Säcke gefüllt und an mit Helium gefüllte Ballons gebunden. Beim Aufstieg in den Himmel soll dann die Asche des Nubbels auf uns niederrieseln und den Geist der Rebellion anfachen. Daher hofft man auch, dass Südwind herrscht. So kann sich die Asche vorrangig über die Nobelviertel Marienburg und Hahnwald verteilen.

Sündenverbrennung in Raderberg

Einen ganz anderen Weg geht der Bürgerverein RADERBERG und -THAL im Kölner Süden: Bereits weit vor Karneval verteilt der Verein im ganzen Viertel „Sündenkarten“. Hier können die Jecken ihre individuellen Sünden eintragen und an die Pinnwand „Beichtstuhl“ im Brauhaus am Kloster hängen.

RADERBERG und -THAL, Sündenkarte 2020
RADERBERG und -THAL, Sündenkarte 2020

An Karnevalsdienstag kommen dann mit Klaus Eberhard, dem evangelischen Pfarrer der Gemeinde, und Thomas Frings, einem katholischen Geistlichen, zwei echte Profis, die gemeinsam die „schönsten“ Sündenkarten zitieren, die Sünden einordnen und dann verbrennen. Auch hier ist der Sünder somit befreit von der Sündenlast und kann unbeschwert weiterfeiern. Dies ist Kölns schönster Karnevalsabschluss. Vorbeikommen lohnt sich unbedingt.
Übrigens: Ich werde auch dort sein.


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Warum rufen wir „Kölle Alaaf“?

ALAAF-Schriftzug
ALAAF-Schriftzug, Bild: Uli Kievernagel

Podcast Alaaf + Zahl 11, 24

Wir Kölner sind mit unserem Ruf „Alaaf“ zu Fastelovend nicht alleine. Quer durch Deutschland rufen alle Jecken viele unterschiedliche karnevalistische Schlachtrufe. Zu meinen persönlichen Lieblingsrufen gehören:

Hoorig, hoorig – isch dia Katz lautet der Ruf der Narrenzunft Zell am Harmersbach.

Der Ruf in Westernhausen (Hohenlohekreis) wird spätestens nach dem achten Bier auch für geübte Zungen kritisch: Houlzschlaichel ferschi.

Ha-Tschi ruft der Fellbacher Carneval Club 1981 e.V.

Im Dietfurter Chinesenfasching ruft man Kille-Wau.

Wer mal Karneval in Würzburg-Unterdürrbach gefeiert hat, kennt auch „Schnüdel Klar“.

Nicht alle Düsseldorfer rufen „Helau“: In Unterbach lautet der Ruf „I-a“

Mein persönlicher Favorit ist aber Öleme Öwwäh aus dem wunderschönen Dorf Ulmen in der Vulkaneifel. Das geht eindeutig nur nach dem zehnten Bier.

Zweigeteilter Narrenruf

Der klassische Narrenruf besteht aus zwei Teilen: Zunächst etwas, was gewürdigt werden soll, meistens ein Ort, eine Person oder ein Karnevalsverein und dann der der eigentliche Ruf. Ganz klassisch ruft ein Redner den ersten Teil und die Jecken im Saal oder auf der Straße antworten mit dem Narrenruf. Der Ruf wird in de Regel dreimal wiederholt. In Köln bedeutet das regelmäßig: Der Vorrufer ruft „Kölle“ und alle antworten „Alaaf“.

Unzählige viele falsche Herleitungen von Alaaf

Aber woher kommt dieses schöne Wort „Alaaf“? Der Kölner Philologe Heribert Augustinus Hilgers (1935-2012) hat in seinem Buch „Alaaf! Ein Kölner Hochruf“ mit allerhand Fehlinterpretationen aufgeräumt. So schön die Geschichten auch sein mögen, sie sind leider alle falsch:

  • Nicht richtig ist zum Beispiel, dass Alaaf vom keltischen Wort „alef“ („Glück“) abstammt.
  • Schön, aber ebenso falsch, ist die Geschichte, dass sich Alaaf auf das Tarotspiel bezieht, weil der jüdische Buchstabe „aleph“ der Karte des Narren zugeordnet sei.
  • Auch die Herleitungen aus dem alemannischen „A Laaf´n“, dem spanischen „alaber“ oder dem syrischen „hadegel“, sind alle, so Hilgers in seinem Buch, nicht haltbar.
  • Und auch wenn wir aus der französischen Besatzungszeit viele Wörter in die kölsche Sprache übernommen haben, stimmt es auch nicht, dass sich Alaaf von „eleve-toi, cologne“, also „Erhebe dich, Köln“ ableitet.

Alaaf ist viel älter als der institutionalisierte Karneval

Im Rheinland gab es den Begriff „Alaaf“ bereits seit Mitte des 16. Jahrhunderts. Und damit knapp 300 Jahre vor dem institutionalisierten Karneval. Tatsächlich wurde ein Krug mit der Inschrift „Allaf für einen goden Druingk“ also „Nichts geht über einen guten Trank“ gefunden. Dieser Krug stammt ungefähr aus dem Jahr 1550. Und Alaaf war ein durchaus üblicher Ruf, nicht nur als Trinkspruch.

Also – liebe Karnevalisten: Ruft gerne oft und laut Alaaf, denkt aber daran, dass dieser Ruf älter als euer wunderschönes Fest ist. Und es ist durchaus erlaubt, auch mal andere schöne Narrenrufe zu benutzen.

Darauf ein dreifaches „Öleme Öwwäh“


Eine andere Geschichte versucht, die Entstehung von „Alaaf“ und „Helau“ gleichzeitig zu erklären. Diese Legende bezieht sich auf das Stapelrecht, also die Pflicht für alle Kaufleute, alle über den Rhein transportierten Güter in Köln zu einem festgelegten Preis anzubieten. Dabei galt immer der Befehl: Alaaf – also „Alles abladen!“

Ein Kaufmann aus Mainz wollte sich mit den Worten „Ik will he lau fahrn“ dem Stapelrecht nicht unterwerfen. Der arme Mann wurde, so die Legende, bei dem Versuch, das Stapelrecht zu umgehen, tödlich verwundet und im Düsseldorfer Stadtteil Kaiserswerth beerdigt. Von ihm sei heute nur noch der Ruf „Helau“ übriggeblieben.


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Kölsche Wörter: „hösch“

"Maat ens höösch" ist die Aufforderung, leise zu sein. Bild: Paulwip / pixelio.de
„Maat ens höösch“ ist die Aufforderung, leise zu sein. Bild: Paulwip / pixelio.de

„Maat ens hösch“ ist die Aufforderung, ruhig zu sein. Egal, ob es sich z.B. um laute Störer eines Konzerts oder um schreiende Kinder auf dem Spielplatz handelt. In jedem Fall geht es darum, Stille zu bewahren und es einfach mal etwas ruhiger angehen zu lassen.

Wie bei so vielen kölschen Wörtern ist auch bei „hösch“ eine eindeutige Übersetzung schwierig. Im Mitmachwörterbuch der rheinischen Umgangssprache wird „hösch“ als „zart, leise, still, geräuschlos“ übersetzt. Das trifft es schon recht gut. Doch die beliebte Thekenumfrage in meiner Stammkneipe bei den Urkölschen hat noch weitere Bedeutungen ergeben. So wird „hösch“ auch in der Bedeutung „langsam“ oder „vorsichtig“ verwendet. Etwa als „Jetz ävver hösch.“ was so viel bedeutet wie „Jetzt mal ganz langsam.“

Klang entspricht der Bedeutung

Das Besondere an diesem Wort ist, dass der Klang auch dem Inhalt entspricht: „hösch“ hört sich ruhig und still an. Onomatopoesie, also Lautmalerei, nennt man es, wenn Wörter dem Klang eines Vorgangs entsprechen, wie zum Beispiel „klirren“ oder „zischen“. Oder eben „hösch“. Das ist fast schon wie flüstern oder hauchen.

Kurios ist, dass das lautmalerische Wort „hösch“ tatsächlich sprachliche Wurzeln im mittelhochdeutschen hat. Das Wort „hövesch“ bedeutet „höfisch“, also „bei Hofe“. Und dass man sich dort gesittet, ruhig zurückhaltend verhält, versteht sich von selbst.

„hösch“ als Gegenbewegung

Im Zuge der „Ballermanisierung“ des kölschen Karnevals ist das Wort „hösch“ auch schon wieder zu Ehren gekommen. So gibt es „Hösch – die kölsche Miljösitzung“ bei der eben nicht die lauten Töne sondern eher die Redner und leisere Vorträge im Vordergrund stehen. Und ein unplugged (also ussjestöpselt) Album der Höhner trägt passenderweise auch den Titel “Janz höösch”. In diesem Fall steht „hösch“ für gefühlvoll und entspannt.

Sehr schön ist auch die Verwendung von „hösch“ bei dem kölschen Musiker Gerd Köster: Eine Konzertreihe im Jahr 2011 trug den Titel „Hösch Bloot“. Und das bedeutet frei übersetzt einfach „Ruhig Blut bewahren“.


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Kölsche Wörter: Fimpschig – Übersetzung unmöglich

Ein fimpschiger Kerl mit der tödlichen Männergrippe, Bild: vschlichting, Zoonar
Ein fimpschiger Kerl mit der tödlichen Männergrippe, Bild: vschlichting, Zoonar

Es wird kälter und grauer – und prompt sieht man sie wieder:
Fimpschige Kääls, die tirek die Pips han.
Also die typische, lebensbedrohende Männergrippe. Wichtig ist, dass die Kääls, also die Kerle, anders als die Frauen, fimpschig sind. Womit in diesem Fall so etwas wie „wehleidig“  gemeint ist.

Als kleiner Trost für uns Männer gilt aber dabei, dass alles mögliche fimpschig sein kann. Egal, ob es sich um Menschen oder Dinge handelt. Sobald etwas nicht perfekt ist, nennt es der Kölsche „fimpschig“. So kann auch ein wackeliges Möbelstück fimpschig sein. Oder ein Buch, welches nicht wirklich lesenswert ist, wird als fimpschig bezeichnet, ebenso wie ein Essen, welches nicht schmeckt. Auch ein empfindlicher Mensch kann fimpschig sein. Bei Brings klingt das in „Jeck Yeah“ so:
„Ich bin fimpschig un neidig
un vill zo schnell beleidigt.“

Eindeutige Übersetzung unmöglich

Daher ist eine eindeutige Übersetzung von fimpschig ins Hochdeutsche unmöglich. Klar ist nur, dass fimpschig negativ belegt ist. Allerdings auch nicht so negativ, dass zum Beispiel ein fimpschiges Brötchen direkt weggeschmissen werden muss. Essen kann man es noch – aber eben nicht mit Genuss. Oder ein Kind kann auch mit einem fimpschigen Spielzeug spielen – nur eben nicht lang, weil jedem klar ist, dass so etwa schnell kaputt geht. 

Nach dem Rheinischen Mitmachwörterbuch stammt fimpschig von „fimpen“  ab, welches „übel, faulig riechend“ bedeutet. Also nix Gutes. Der Kölsche bezeichnet daher auch wehleidige Menschen, in der Regel Männer, als Fimpsch. Womit wir wieder bei der tödlichen Männergrippe wären. Gute Besserung! 


Es gibt noch weitere kölsche Wörter, die sich nicht eindeutig übersetzen lassen wie zum Beispiel „Jedöns“.  


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Köperteile auf Kölsch

Körperteile auf Kölsch, Bild: Zoonar, Walter G. Allgöwer,
Körperteile auf Kölsch, Bild: Zoonar, Walter G. Allgöwer,

Wenn der Kölsche „Buch“ sagt, meint er damit nicht unbedingt etwas zu lesen. Und „Uhr“ muss nicht zwingend die Zeit anzeigen. Hier eine Übersicht der wichtigsten kölschen Bezeichnungen für Körperteile:

Äugelche
… verniedlichend für die Augen. Wenn die nicht mehr so gut funktionieren, braucht man eine Luurmaschine (Brille).

Bross
… ist die Brust oder der Busen. Umgangssprachlich wird aus der weiblichen Brust Memme oder Vürbau.

Buch
… ist nicht zum Lesen, sondern meint den Bauch. Wenn dieser schmerzt, nennt man das Buchping.

Bläcke Fööss können in Köln so oder so aussehen, Bilder: S.. Hofschlaeger / pixelio.de, Bläck Fööss
Bläck Fööss können in Köln so oder so aussehen, Bilder: S.. Hofschlaeger / pixelio.de, Bläck Fööss

Foß
… ist der Fuss. Wenn man keine Schuhe und Strümpfe trägt, hat man „Bläck Fööss“. Und macht vielleicht kölsche Musik.

Fott
.. ist das Gesäß, Dort kann man wahlweise eren kruffe (reinkriechen) oder eren tredde (treten). Blöd ist nur, wenn man op de Fott jefalle is. Das bedeutet, man ist betrogen oder reingelegt worden. Sehr schön ist auch die Beschreibung für ein ausladendes Gesäß: „Dat hät e Fott wie Brauereipääd“. Die kleine Variante ist dat Föttche.

Janz vill Hänk, Bild: Markuks Jürgens / pixelio.de
Janz vill Hänk, Bild: Markuks Jürgens / pixelio.de

Hang oder Hänk
… ist die Hand bzw. sind die Hände.

Hoor
… damit sind die Haare gemeint, hat jemand keine Haare mehr, nennt man das Pläät oder Plaat.

Knee
… nennt man das Knie.

Küüles, oder Kopp
… ist der Kopf. Wenn dieser schmerzt, hat der Kölsche Kopping.

Maue
… jemand, der jet in de Maue hät ist stark, Maue sind die Arme.

Rögge
… isch han Rögge beschreibt Rückenschmerzen. Vorsicht: Das Röggelchen hat damit nichts zu tun, das ist ein Roggenbrötchen.

Schnüss
.. der Mund, jemand der tratscht, der „schwaad de Schnüss“.

Der Kölsche spricht von "Bein bess ahn de Ääd" und meint sehr lange, schöne Beine, Bild: Edeltraud Woydeck / pixelio.de
Der Kölsche spricht von „Bein bess ahn de Ääd“ und meint sehr lange, schöne Beine, Bild: Edeltraud Woydeck / pixelio.de

Schoche oder Schrage
… hört man nur noch ganz selten, so nennt der Ur-Kölsche ein Bein.

Seiverlappe
Seiver ist Speichel, Lappe ist der Lappen und zusammen ist das die Zunge.

Stross
… ist die Kehle. Und mit Kölsch lässt sich hervorragend der Stross öle.


Habt ihr selber noch Vorschläge für kölsche Bezeichnungen von Körperteilen? Dann immer rüber damit (uli@koeln-lotse.de) , gerne ergänze ich diesen Beitrag.


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Das Pittermännchen – 10 Liter köstliches Kölsch

Jede Menge Fässer, die kleinen 10-Liter-Fässer sind die Pittermännchen, Bild: Superbass
Jede Menge Fässer, die kleinen 10-Liter-Fässer sind die Pittermännchen, Bild: Superbass

VORSICHT!  Bitte nicht verwechseln:
Der „Drüje Pitter“ ist ein Brunnen, der „Decke Pitter“ ist die Petrusglocke und das „Pittermännchen“ ist ein 10-Liter-Fass


Viel trinken ist gesund! Doch die in Köln so geliebten Kölsch-Stangen sind (zugegeben) recht klein und bei richtig großem Durst auch schnell immer wieder leer. Wie gut, dass es das beliebte Pittermännchen gibt: Zehn Liter Kölsch, gut gekühlt in einem handlichen Faß. Gerne auch für zu Hause. Ein Traum. Und die Kölsch-Stange lässt sich immer wieder mit frisch gezapftem Kölsch auffüllen.

Bleibt aber die Frage, wie das Pittermännchen zu seinem Namen gekommen ist. Vorab: Die exakte Namensherkunft lässt sich nicht eindeutig klären. Allerdings können mittlerweile einige Legenden über diesen Namen widerlegt werden.

Legende I: Vatertagsumzüge

Angeblich hat es früher zu Peter und Paul am 29. Juni Vatertagsumzüge gegeben. Und – wie praktisch – im Bollerwagen konnten die feierwütigen Väter kleine Fässer mitnehmen. Und zu Ehren des Heiligen an diesem Tag haben diese Fässer den Namen Pittermännchen bekommen.

Allerdings hat es die Umzüge an Peter und Paul nie gegeben, sondern am Vatertag, also Christi Himmelfahrt. Und diese Vatertagsumzüge sind erst seit etwa 100 Jahren bekannt. Also – keine Erklärung für das Pittermännchen.

Das Relief des Petrus vom Mailand am Brauhaus Früh. Besonders auffällig: Das Schwert im Kopf, welches mit seiner Hinrichtung und nicht mit dem Konsum von Kölsch zusammenhängt. Bild: Raimond Spekking
Das Relief des Petrus vom Mailand am Brauhaus Früh. Besonders auffällig: Das Schwert im Kopf, welches mit seiner Hinrichtung und nicht mit dem Konsum von Kölsch zusammenhängt. Bild: Raimond Spekking

Legende II: Petrus von Mailand

Bereits seit 1396 gibt es die St. Peter-von-Mailand-Bruderschaft. In dieser Handwerkergemeinschaft haben sich die kölschen Brauer zusammengetan. Der Heilige Peter (oder Petrus) von Mailand ist der Schutzheilige der Brauer.

Und so könnte es sein, dass das Pittermännchen an genau diesen Peter erinnern soll. Aber: Bewiesen ist auch diese Legende nicht. 

 Legende III: Französisch „petit“

Wir haben in Köln viele französische Begriffe eingekölscht. Zum Beispiel „plümerant“ für schwindelig, „Plümmo“ für das Federbett oder „Paraplü“ für den Regenschirm.

Daher könnte es ja auch sein, dass sich aus dem französischen Wort „petit“ für klein auch der Begriff „Pittermännchen“ für ein kleines Fass Kölsch ableitet. Doch leider findet sich für diese Herleitung kein belastbarer Beleg.

Das 10 Liter-Fass von Früh trägt den Namen "Pitter", Bild: Früh Kölsch
Das 10 Liter-Fass von Früh trägt stolz den Namen „Pitter“, Bild: Früh Kölsch

Legende IV: Flämische Mönche und „Petrus“

Eine wunderschöne, aber vermutlich falsche, Erklärung liefert das Mitmachwörterbuch der rheinischen Umgangssprache. Demnach sollen Mönche in Belgien Bier in kleinen Fässern verkauft haben. Doch die Käufer brachten die Fässer nur sehr unzuverlässig zum Kloster zurück, daraufhin kennzeichneten die Mönchen die Fässer mit „Petrus“ – dem Patron der Brauer. Und aus Petrus wurde dann der Pitter und das Pittermännchen. Allerdings, so der Sprachforscher Peter Honnen, haben die Mönche früher das Bier nicht verkauft und außerdem ist das Wort „Pittermännchen“ im Niederländischen nicht bekannt.

Fazit

Auch wenn wir bis heute die genaue Herkunft dieses wunderschönen Wortes nicht kennen, schmeckt das Kölsch aus diesen kleinen Fässern ganz besonders gut. Prost!


In der „Kölsch-Konvention“ haben sich die Kölner Brauer auf die wesentlichen Bestimmungen zu Kölsch festgelegt.


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Die „Kölsche Fooderkaat“, Teil IV: Muuzemändelcher bis Soorbrode

Zum Abschluss der Reihe „Kölsche Fooderkaat“ gibt es heute Köstlichkeiten wie Muuzelmändelcher oder – für die, die es deftiger mögen – Soorbrode.

Podcast Fooderkaat, 23


Alle Teile der Reihe „Die Kölsche Fooderkaat“ findet ihr hier:


Muuzemändelcher mit ordentlich Zucker, Bild: siepmanH / pixelio.de
Muuzemändelcher mit ordentlich Zucker, Bild: siepmanH / pixelio.de

Muuzemändelcher

Fastelovend ohne Muuzelmändelcher ist kein echter Fastelovend! Gerade zur Karnevalszeit gibt es in jeder kölschen Bäckerei diese in heißem Fett gebackene süße Leckerei.


Nonnenfürchen, Bild: Mufi69
Nonnenfürzchen, Bild: Mufi69

Nonnenfürzchen

Der aus Wasser, Butter, Zucker, Mehl und Backpulver hergestellte Teig wird in heißem Fett schwimmend gebacken. Mit Puderzucker bestäubt sind die Nonnenfürzchen äußerst gehaltvoll und sättigend.
So verlockend es sein mag, den Namen für das luftige Gebäck vom Begriff „Furz“ abzuleiten, so falsch ist das auch. Nach dem Wörterbuch der Gebrüder Grimm stammt der Wort vom französischen „farce“ (Füllung).


Prumme, hier als Prummetaat. Was fehlt: reichlich Schlagsahne. Bild: Annamartha / pixelio
Prumme, hier als Prummetaat. Was fehlt: reichlich Schlagsahne. Bild: Annamartha / pixelio

Prummetaat

Wie schon im Kapitel „Kölsche Wörter für Obs un Jemös“ erklärt, handelt es sich bei „Prummen“ um Pflaumen. Eine „Taat“ ist ein Kuchen, übrigens vom französischen „tarte“ abgeleitet. Die klassische Prummetaat ist ein Hefeboden, belegt mit reichlich Pflaumen. Darauf kommt Zimt & Zucker sowie viel (!) Sahne.
Rezept: http://www.pruemmchen.de/PkuBlK.htm


Rievkooche, Klaus Steves / pixelio.de
Rievkooche, Klaus Steves / pixelio.de
Rievkooche

Die Bläck Fööss haben diesem kölschen Grundnahrungsmittel mit dem Rievkooche-Walzer ein Denkmal gesetzt. Denn: „Wat solle mir met Austern un Schnecke? Wat solle mir met Spaghetti un Schlot? – Mamm, Mamm, schnapp d’r de Pann, Fuffzehn Stück pack op d’r Mann. Rievkooche, dat es en Delikatess.“. Weitere Infos findet ihr hier.


Soorbrode, hier in der Variante MIT Rosinen, Bild: nimkenja / pixelio.de
Soorbrode, hier in der Variante MIT Rosinen, Bild: nimkenja / pixelio.de

Soorbrode

„Dat Päd is dud und dä Brode is suur.“1„Das Pferd ist tot und der Braten ist sauer.“
Echter rheinischer Sauerbraten ist tatsächlich aus Pferdefleisch. Findet man heute aber nur noch sehr selten, daher wird dieser meistens aus Rindfleisch hergestellt. Das Fleisch wird roh in einer Essigmarinade über mehrere Tage, bei manchen Rezepten auch bis zu drei Wochen, eingelegt. Dann scharf anbraten und mehrere Stunden schmoren. Die Sauce muss dabei einen süßsauren Geschmack erhalten. Dies erreicht man durch Zuckerrübensirup oder auch zerbröselte Aachener Printen.

Eine Glaubensfrage sind jetzt die Rosinen. Hier teilt sich die Menschheit in zwei Glaubensrichtungen auf: Während die eine Hälfte auf die Rosinen im Sauerbraten schwört, rennt die andere Hälfte schreiend weg oder popelt aufwändig die Rosinen aus der Sauce raus. Ich gehöre übrigens auch zur „Geh-mir-weg-mit-den-Rosinen“-Gruppe.


Alle Teile der Reihe „Die Kölsche Fooderkaat“ findet ihr hier:


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