Kölsche Tön & ihre Geschichte: „Der Trizonesien-Song“

Die Besatzungszonen nach dem 2. Weltkrieg, Bildquelle: Elymnus
Die Besatzungszonen nach dem 2. Weltkrieg, Bildquelle: Elymnus

Podcast Trizonesien 7

Mit dem Klassiker „Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien“ von Karl Berbuer setze ich heute die Mini-Reihe „Kölsche Tön & ihre Geschichte“ fort. Ziel ist, dass ihr an Karneval textsicher mitsingen könnt und auch die Hintergründe der Lieder kennt.

Als Karl Berbuer das Lied 1948 schrieb, sollte es eigentlich der „Bizonesien-Song“ werden. Damit war die Amerikanisch-Britische-Besatzungszone nach dem 2. Weltkrieg gemeint. Tatsächlich trat aber Frankreich auch der Bizone bei – und so wurde es eine Trizone. Berbuer änderte den Refrain noch vor der Veröffentlichung und sorgte mit dem Lied schnell für Ärger bei den Alliierten.

Verhöhnung der Nazis, kein Revanchismus

„Die Deutschen werden wieder frech“ titelte die britische „Times“ und witterte Revanchismus gegenüber den Siegermächten. Gemeint war die Textzeile „Ein kleines Häuflein Diplomaten macht heut die große Politik, sie schaffen Zonen, ändern Staaten“.

Gewiss war hier eine Kritik an den Besatzungsmächten enthalten, aber das Lied ist nicht als deutsche Kraftmeierei zu verstehen. Vielmehr verhöhnt Berbuer mit dem Reim „Wir haben Mägdelein mit feurig wildem Wesien“  das nationalsozialistische Schlagwort vom „Deutschen Wesen“.

Heimliche Nationalhymne

Auch die Briten akzeptierten irgendwann den Trizonesien-Song, und so konnte sich dieses Lied zur mehr oder weniger heimlichen Nationalhymne entwickeln.  So erklang das Lied bei einem Fußballspiel zwischen Engländern und deutschen Kriegsgefangenen, direkt nach „God save the King“. Auch in Köln wurde diese Ersatzhymne bei der Siegerehrung nach einem Radrennen gespielt.

Konrad Adenauer, Kölner Oberbürgermeister, Bild: Bundesarchiv, Katherine Young, CC BY-SA 3.0 DE
Konrad Adenauer erinnert sich gut daran, dass „Trizonesien“ statt einer Nationalhymne gespielt wurde. Bild: Bundesarchiv, Katherine Young, CC BY-SA 3.0 DE

Konrad Adenauer erinnerte sich sehr gut daran: „Es war auch manches belgische Militär in Uniform da vertreten, und schließlich wurden die Nationalhymnen angestimmt, und die Musikkapelle, … hat ohne besonderen Auftrag, als die deutsche Nationalhymne angestimmt werden sollte, das schöne Karnevalslied „Ich bin ein Einwohner von Trizonesien“ angestimmt. … Da sind zahlreiche belgische Soldaten aufgestanden und haben salutiert, weil sie glaubten, das wäre die Nationalhymne.“

Doch Adenauer wollte eine „echte“ Nationalhymne und setzte das „Lied der Deutschen“, und zwar nur die dritte Strophe, als Hymne durch. Doch das war erst 1952.

Nur am Rande: Ich persönlich hätte nichts gegen den Trizonesien-Song als Hymne gehabt. Ganz im Gegenteil: Etwas mehr Humor hätte vielleicht schon manche diplomatische Krise entschärft.


Auf der Lotsentour Südfriedhof besuchen wir das Grab von Karl Berbuer.


Karl Berbuer: Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien

Anhören unter: https://youtu.be/JqIr3Ffgz7Q

Mein lieber Freund, mein lieber Freund,
die alten Zeiten sind vorbei,
ob man da lacht, ob man da weint,
die Welt geht weiter, eins, zwei, drei.

Ein kleines Häuflein Diplomaten
macht heut die große Politik,
sie schaffen Zonen, ändern Staaten.
Und was ist hier mit uns im Augenblick?

Refrain:
Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien,
Hei-di-tschimmela-tschimmela-tschimmela-tschimmela-bumm!
Wir haben Mägdelein mit feurig wildem Wesien,
Hei-di-tschimmela-tschimmela-tschimmela-tschimmela-bumm!
Wir sind zwar keine Menschenfresser,
doch wir küssen um so besser.
Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien,
Hei-di-tschimmela-tschimmela-tschimmela-tschimmela-bumm!

Doch fremder Mann, damit du’s weißt,
ein Trizonesier hat Humor
er hat Kultur, er hat auch Geist,
darin macht keiner ihm was vor.

Selbst Goethe stammt aus Trizonesien,
Beethovens Wiege ist bekannt.
Nein, sowas gibt’s nicht in Chinesien,
darum sind wir auch stolz auf unser Land.

Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien …


Dokumentation des WDR 

Der WDR hat zum 11.11.2022 den sehenswerten Beitrag „Die Geschichte des Songs: Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien“ gesendet (Dauer: etwa fünf Minuten).

Der ausgewiesene Karnevalsexperte und Brauchtumsforscher Reinold Louis erklärt Entstehung und Rezeption dieses Lieds.


v

E-Mail-Newsletter

Das "Köln-Ding der Woche" per E-Mail frei Haus. Jede Woche sonntags ein neues Detail zur schönsten Stadt der Welt. Zum Hören als Podcast oder zum Lesen im Blog.

Aber immer kurz & knackig, immer subjektiv & voreingenommen. Und immer kostenlos!
Datenschutz

Für den Fall, dass dich die standardisierte Anmeldeprozedur nervt, gibt es auch die kölsche Lösung: Schick mir einfach eine Mail an uli@koeln-lotse.de und ich trage dich in den Verteiler ein.


*Datenschutzerklärung