Mildred Scheel: Ärztin und Gründerin der Deutschen Krebshilfe

Mildred Scheel, Bild: Bundesarchiv
Mildred Scheel, Bild: Bundesarchiv

Wann ist sie denn nun wirklich geboren? Der 31. Dezember stimmt. Aber welches Jahr?

Je nach Quelle wird der 31. Dezember 1931 oder der 31. Dezember 1932 als Geburtsdatum angegeben. Grund dieser Konfusion ist ein kurioser Fehler auf dem Kölner Standesamt: Der Standesbeamte war wohl bei der Eintragung wegen des gerade erfolgten Jahreswechsels verwirrt und hat das falsche Jahr eingetragen. Dieser Fehler wurde erst 1970 entdeckt, denn die Geburtsurkunde mit dem Ausstellungsdatum vom Januar 1932 konnte unmöglich eine Geburt vom Dezember 1932 bescheinigen. Ihre Tochter Cornelia Scheel schreibt in Ihrem Buch „Erinnerungen an meine Mutter“ dazu: „Fortan fand sich dieses Datum auf allen Papieren und Dokumenten wieder, und meine Mutter sah keinen Grund, daran zu zweifeln. … Meine Mutter war also bis zum Sommer 1970 sicher, dass sie zu diesem Zeitpunkt siebenunddreißig war, und sie tat einen Teufel, das jetzt noch richtigzustellen.“

Ein kölsches Mädchen

Mildred Scheel wurde als Mildred Wirtz in Köln-Ma­ri­en­burg geboren. Ihre Mutter war die gebürtige Amerikanerin Anna Elsie Brown, ihr Vater der Röntgenarzt Hans-Hu­bert Wirtz. Schon als Kind zeigte Mildred Interesse an der Medizin und begleitete ihren Vater oft in die Praxis. Wegen der zunehmenden Bombenangriffe verließ die Familie im Jahr 1944 Köln und zog in die Ober­pfalz, wo die Schwes­ter des Va­ters lebte. Eine glückliche Entscheidung, denn das Haus der Familie wurde bei einem Bombenangriff im März 1945 zerstört. Der weiterhin in Köln lebende Vater überlebte den Angriff in einem Luftschutzkeller.

Mild­red Wirtz studierte Medizin, promovierte und ab­sol­vier­te die Facharztausbil­dung als Röntgenolo­gin. Ihr Plan, die Praxis ihres Vaters zu übernehmen, scheiterte, da der Vater 1962 überraschend verstarb und die Praxis verkauft wurde. Mildred Scheel wurde schwanger und bekam 1963 ihre Tochter Cornelia. Der Vater war ein verheirateter Mann und Mildred wurde so zu einer alleinerziehenden Mutter. Und das in den 1960er Jahren. Eine Frau. Ohne Mann. Aber mit Kind. Einfach unerhört.

Ihr Geld verdiente sie als Ärztin in verschiedenen Kran­ken­häu­sern. Und das rettete dem späteren Außenminister und Bundespräsidenten Walter Scheel das Leben. Der Politiker erholte sich in einem Sanatorium in Bad Wiessee von einer Nierenoperation. Die als Urlaubsvertretung dort tätige Mildred Wirtz erkannte als einzige, dass nach einer Nierensteinoperation bei Walter Scheel Komplikationen auftraten. Die Ärztin und der Politiker wurden ein Paar und heirateten im Sommer 1969, kurz bevor Walter Schee­l im Herbst Au­ßen­mi­nis­ter und Vi­ze­kanz­ler un­ter Wil­ly Brandt wurde.

Mildred und Walter Scheel im Jahr 1976, Bild: Bundesarchiv
Mildred und Walter Scheel im Jahr 1976, Bild: Bundesarchiv

Mit den politischen Ämtern ihres Mannes veränderte sich das Leben von Mildred Scheel. Sie gab ihren Beruf als Ärztin auf und nahm zunehmend Re­prä­sen­ta­ti­ons­auf­ga­ben wahr. So ganz nebenbei absolvierte sie aber an der Bon­ner Uni­ver­si­täts­kli­nik ei­ne Aus­bil­dung zur Spe­zia­lis­tin für Mam­mo­gra­phie.

Mehr als nur „nebst Gattin“

Bis weit in die 1980er Jahre waren die Ehefrauen der Politiker nur das schmückende Beiwerk. „Petersilie“ nennt das die Bonner Gesellschaftskolumnistin Almut Metzner-Hauenschild. Die Politikerfrau als schmückende Beilage – mehr nicht. So auch die damals übliche Begrüßung „Wir begrüßen den Herrn Minister nebst Gattin“. Eine solche „nebst Gattin“ war Mildred Scheel sicherlich nicht. Sie hasste den Small Talk zu Lachshäppchen. 1974, Walter Scheel war gerade zum Bundespräsidenten gewählt, warnte Sie die Journalisten beim Einzug in die Villa Hammerschmidt: „Nennen Sie mich bloß nicht Landesmutter!“.

Mit der Familie Scheel zog auch die erste Patchworkfamilie in den Dienstsitz des Bundespräsidenten. Neben Cornelia Scheel hatte das Ehepaar noch die ge­mein­sa­me Toch­ter Gwen­d­o­lyn und den Adoptivsohn Si­mon Mar­tin, einen in­dia­ni­schen Wai­sen­jun­gen aus Bolivien.

Deutsche Krebshilfe e.V.

Ihre Popularität als First Lady nutzte Sie, um im September 1974 die Deut­sche Krebs­hil­fe zu gründen – eine Zeit, in der Krebserkrankungen oft noch tabuisiert wurden. Das Geld für die Krebshilfe sammelte sie persönlich und  regelmäßig bei Empfängen in der Villa Hammerschmidt. So wurden ausdrücklich spendierfreudige Wirtschaftsbosse eingeladen, um möglichst viele Spenden zu sammeln. Sie sprach diese Gäste persönlich an. Bei einem Staatsbesuch in Moskau bat sie Leonid Breschnew um unterschriebene Autogrammkarten, die später zugunsten der Krebshilfe versteigert wurden.

Ihre Arbeit für die Krebshilfe war erfolgreich. Nicht zuletzt auf Initiative der Krebshilfe gehören heute re­gel­mä­ßi­ge Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen zum Stan­dard.

Im Jahr 1984 wurde bei Mildred Scheel Darmkrebs diagnostiziert. Die Presse sollte von dieser Erkrankung nichts erfahren, daher wurde Sie als „Frau Meyer“ in der Kölner Uniklinik behandelt. Der Besuch kam über die Tiefgarage ins Krankenhaus, um die Diskretion zu wahren. Am 13. Mai 1985 starb Mild­red Scheel in Köln. Sie wurde in einem Ehrengrab auf dem Alten Friedhof in Bonn bestattet.

Ihr Verdienst bleibt die Gründung der Deutschen Krebshilfe. Bis heute hat diese Stiftung weit mehr als zwei Milliarden Euro an Spenden eingenommen. Ohne Mildred Scheel wären Krebserkrankungen heute noch ein Tabu.


Rose "Mildred Scheel", Bild: Kurt Stüber, CC BY-SA 3.0
Rose „Mildred Scheel“, Bild: Kurt Stüber, CC BY-SA 3.0

Eine besondere Ehrung war, dass 1976 eine Rosensorte nach ihr benannt wurde. Die Rose „Mildred Scheel“ hat dunkelrote, sehr lange haltbare Blüten mit starkem Duft.


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