
Die Idee ist bestechend: Graue Straßenzüge in unserer (zugegeben) nicht immer schönen Stadt werden kurzzeitig zu Alleen. So können Nachbarn erleben, wie schön es im Veedel wäre, wenn statt Autos auf einmal Bäume auf den Straßen stehen.
Geht nicht? Geht doch!
Die Wanderbaumallee macht es möglich: Bäume, angepflanzt in speziellen beweglichen Modulen, können den Standort wechseln. Ganz anders als ein fest eingepflanzter Baum. Und die Module bieten noch viel mehr: Durch Sitzgelegenheiten rundherum werden die Wanderbäume zu Treffpunkten für die Nachbarschaft.

Platziert werden die wandernden Bäume auf Parkbuchten, ein ähnliches Prinzip wie letzten Sommer, als Parkplätze von den Gastronomen genutzt wurden. Statt parkender Autos gab es Pizza und Kölsch. Mitten in der Stadt. Bei den Wanderbäumen gibt es den Klaaf1Kölsch für Klatsch aus der Nachbarschaft, denn diese werden zu gerne genutzten Treffpunkten im Veedel.

Melani Lauven vom Verkehrsclub Deutschland e. V. engagiert sich für die Wanderbäume: „Da entstehen auf einmal völlig neue Möglichkeiten. Nachbarn haben die Gelegenheit, sich ungezwungen vor ihrer Tür zu treffen.“ Lauven betont, dass insbesondere die neu gewonnene Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum die Menschen begeistert.
Pionierarbeit vor knapp 30 Jahren in München
In München sind bereits seit dem Anfang der 1990er Jahre die Wanderbäume in der Stadt unterwegs: Mittlerweile mehr als 150 Exemplare begrünen dort graue Straßenschluchten. Ganz so weit ist man in Köln noch nicht: Seit dem Start im September 2019 sind aktuell zehn Bäume in Köln auf Wanderschaft. Und diese haben bereits unter anderem Straßenzüge in Nippes, Ehrenfeld, am Eigelstein, am Rathenauplatz oder in Raderberg verschönt.

Bizarr anmutende Diskussionen
Ganz unumstritten sind die Bäume nicht: Für viele Kölner ist der Parkplatz vor der Tür wichtiger als die Lebensqualität in der Nachbarschaft. Bei den ersten Stellplätzen in Ehrenfeld schritt sogar das Ordnungsamt ein, weil „Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ vermutet wurde. Zwischenzeitlich gibt es klare Vereinbarungen mit der Stadt.
Und trotzdem führen ein paar harmlose Bäumchen öfters zu teilweise bizarr anmutenden Diskussionen. So unterstellte ein CDU-Kommunalpolitiker aus dem Kölner Süden auf Facebook, dass die Aufstellung der Wanderbäume „ideologische Gründe“ habe. Ganz so weit will Uli Kievernagel vom Bürgerverein RADERBERG und -THAL dann doch nicht gehen: „Ein paar Bäume, die über vier Wochen den Platz nutzen, auf welchem sonst ein Auto stehen könnte, sind keine Ideologie sondern einfach nur nett für die Nachbarschaft.“ Der Bürgerverein hatte im Dezember 2020 die Bäume zu Gast im Veedel. „Viele Nachbarn haben bereits gefragt, wann uns denn die Bäume mal wieder besuchen.“, so Kievernagel.
Schön, wenn Bäume auf Wanderschaft gehen können.

Wanderbäume vor deiner Haustür? Na klar!
Die Wanderbäume bleiben für jeweils vier bis acht Wochen an einem Standort. Wer Interesse hat, auch seine Straße zumindest zeitweilig zu begrünen, kann sich direkt an den VCD wenden. Alle Informationen finden sich auf der Website der Wanderbaumallee Köln.
Die Wanderbäume im Radio
Die Journalistin Elin Hinrichsen hat für DeutschlandFunk Kultur den Umzug der Wanderbäume von Raderberg nach Zollstock mit dem Mikro begleitet und einen sehr schönen Radiobeitrag von etwa fünf Minuten dazu erstellt. Hört da mal rein!
Das Kölner Baumkataster
In einem öffentlichen Verzeichnis sind alle 132.321 Bäume in unserer Stadt verzeichnet. So gibt es 367 Gingkobäume, 1.762 Kirschbäume oder 1.211 Eichen in Köln.
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