Die „Iran-Villa“ – ein „Lost Place“ mitten in Marienburg

Verfallende Pracht in Marienburg: Die ehmalige Botschaft des Iran in der Parkstraße 5, Bild: Uli Kievernagel
Verfallende Pracht in Marienburg: Die ehemalige Residenz des Iran in der Parkstraße 5, Bild: Uli Kievernagel

Die Villa an der Parkstraße 5 in Köln-Marienburg, ein denkmalgeschütztes Anwesen mit mehr als 110 Jahren Geschichte, verfällt zunehmend. Einst Residenz wohlhabender Kölner Verleger, später Botschaftssitz und als „Iran-Haus“ oder „Iran-Villa“ bekannt, wirkt das Gebäude heute wie ein Geisterhaus zwischen Glanz vergangener Zeiten und sichtbarem Zerfall. Ein „Lost Place“ mitten im schicken Marienburg.

Die Fassade der Villa zeigt deutliche Spuren des Verfalls. Die Farbe blättert ab, zerborstene Fensterscheiben und verwitterte Rolladen prägen das Bild. Wer die Villa betritt, findet Räume mit großflächigem Wasserschaden, Schimmelbefall und ausgerissenen Sanitäranlagen. Der Kölner Stadt-Anzeiger1„Iran-Haus in Marienburg verfällt weiter“, Kölner Stadt-Anzeiger vom 3. Januar 2025 berichtet, dass ein Durchgangszimmer mit kuppelartiger Decke von grünem Schimmel überzogen sei, ein Büro verwüstet wäre und die Akten durcheinander auf dem Boden liegen würden.

Offensichtlich wurde das Anwesen geplündert, dennoch ist seine architektonische Formschönheit erhalten: Holzvertäfelungen, großzügige Räume mit Erkern, Kamine und große Fenster, die den Blick in den Garten mit Pool freigeben, zeugen von seiner einstigen Bedeutung.

Die Villa wurde 1913/1914 für den Kölner Verleger Josef Neven DuMont nach Plänen des Architekten Paul Pott erbaut. Nach dem Tod Neven DuMonts 1915 übernahm seine Familie das Anwesen. In den 1930er-Jahren nutzte die NSDAP-Ortsgruppe Bayenthal das Gebäude, es verblieb aber weiter im Besitz der Familie DuMont. Während des Zweiten Weltkriegs entstanden Schäden, die teilweise noch vor Kriegsende behoben wurden. Nach der Gründung der Bundesrepublik wurde Bonn Regierungssitz, und viele Staaten verlegten ihre Vertretungen nach Marienburg.

Prinzessin Soraya in der Villa

Ab 1958 zog die iranische Botschaft in die Villa ein, die sowohl Kanzlei als auch Residenz des Botschafters beherbergte. Zu dieser Zeit lebte dort auch für kurze Zeit Prinzessin Soraya, die zweite Frau des Schahs von Persien. Sie machte die Villa zu einem Ort internationaler Aufmerksamkeit.

Prinzessin Soraya bei einem Bankett im Jahr 1962, Bild: Wolfgang Fischer, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Prinzessin Soraya bei einem Bankett im Jahr 1962, Bild: Wolfgang Fischer, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Am 24. Februar 1958 kam Soraya zusammen mit ihrem Lieblingshund in Köln an. Die Klatschpresse berichtete ausführlich über ihre Ankunft und die kaiserlichen Freizeitbeschäftigungen: Spaziergänge durch die Stadt, Einkehr in Cafés und Kinobesuche zogen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich. Soraya bemühte sich zwar um Privatsphäre, doch Verfolgungsjagden von Fotografen bei Spazierfahrten von der Villa durch den Grüngürtel zeugen vom regen Medieninteresse.2„Eine Prinzessin verzauberte Köln“, Kölnische Rundschau vom 21. Juni 2016

Leerstand und gesellschaftliche Bedeutung

Die Villa, bekannt als „Iran-Haus“, diente nach dem Iran-Irak-Krieg zeitweise der Unterbringung und Behandlung von Verwundeten. Daneben nutzten verschiedene iranische Organisationen das Anwesen für Veranstaltungen, und es bestand lange eine Moschee, die bis in die 2010er Jahre betrieben wurde. Presseberichte aus den 1980er- und 1990er-Jahren machten zudem auf die Nutzung durch den iranischen Geheimdienst VEVAK aufmerksam. Heute ist die Villa vermutlich in privatem Besitz, doch sie steht leer und droht zunehmend zu verfallen.

Die Fenster nur notdürftig mit Holz zugeschlagen, wucherndes Unkraut und abblätternde Farbe - die "Iran-Villa" ist in befindet sich in einem äußerst schlechten Zustand. Bild: Uli Kievernagel
Die Fenster nur notdürftig mit Holz zugeschlagen, wucherndes Unkraut und abblätternde Farbe – die „Iran-Villa“ ist in befindet sich in einem äußerst schlechten Zustand. Bild: Uli Kievernagel

Ein Aktionsbündnis hat auf den Leerstand aufmerksam gemacht. Es steht ein Investor bereit, der das Anwesen übernehmen möchte, um es dem Wohnungsmarkt wieder zugänglich zu machen – das Gebäude bietet immerhin etwa 30 Zimmer.

Die Stadt Köln sieht sich jedoch außerstande, einzugreifen. Laut einer Sprecherin fällt die Villa nicht unter die Wohnraumschutzsatzung, da das Gebäude nie dem Wohnungsmarkt zur Verfügung stand. Bußgelder oder Ordnungsverfügungen gegen den Leerstand sind daher nicht möglich.

Architektur und Gestaltung

Die Architektur der Villa bleibt eindrucksvoll. Der renommierte Architekt Paul Pott, der zahlreiche repräsentative Villen in Marienburg entwarf, setzte hier auf eine Mischung aus englischem Landhausstil und Elementen der Renaissance, wie Giebel, Erker und Kamine. Das dreiflügelige Ensemble umfasst das zweigeschossige Herrenhaus, ein Gärtnerhaus inklusive Treibhaus, ein eingeschossiges Garagen- und Chauffeurshaus sowie einen Gartenpavillon und eine zentral gelegenen, reich mit Stuck verzierten Halle. Weitere Räume mit Parkettböden, Deckenvertäfelungen und Vitrinenschränken zeugen von dem ursprünglichen Luxus.

Der vom renommierten Gartenbauarchitekt Fritz Encke konzipierte Garten der Villa ist völlig verwildert. Bild :Uli Kievernagel
Der vom renommierten Gartenbauarchitekt Fritz Encke konzipierte Garten der Villa ist völlig verwildert. Bild :Uli Kievernagel

Die Lage der Villa in Marienburg, auf einem Gelände leicht erhöht über dem Oberländer Ufer mit freiem Blick auf den Rhein, war für den ersten Besitzer, den Verleger Neven DuMont, ideal. Ursprünglich befand sich hier die Maschinenfabrik P. Kyll, deren Werkhallen für die Villenbebauung abgerissen wurden.

Besonders schade: Der Garten wurden von dem renommierten Kölner Gartenbaudirektor Fritz Encke geplant. Doch von der ursprünglichen Planung ist heute nichts mehr zu sehen, der Garten ist vollkommen verwildert. Den ursprünglichen Plan von Encke zeigt das Architekturmuseum der TU Berlin.

Ungewisse Zukunft für ein historisches Anwesen

Die Zukunft der „Iran-Villa“ in der Parkstraße 5 bleibt ungewiss. Die Eigentumsverhältnisse sind kompliziert, der Eigentümer derzeit nicht erreichbar. Solange sich keine Lösung findet, droht das Anwesen, das einmal ein bedeutender Ort für Kultur, Diplomatie und Religion war, unaufhaltsam weiter zu verfallen. Für Marienburg bedeutet dies auch den Verlust eines geschichtsträchtigen Bauwerks.

Diese Villa steht damit exemplarisch für das Spannungsfeld zwischen Denkmalschutz, städtischer Wohnraumnot und internationaler Geschichte. Ihr Zustand zeigt, wie historische Gebäude ohne Nutzung und Pflege rapide zerfallen können – und wie schwierig es ist, private Interessen, städtische Verantwortung und kulturelles Erbe in Einklang zu bringen.


Ruhig, schick und gediegen: Die "Professorensiedlung" in Köln-Marienburg, Bild: Uli Kievernagel
Ruhig, schick und gediegen: Die Professorensiedlung in Köln-Marienburg, Bild: Uli Kievernagel

In direkter Nachbarschaft: Die „Professorensiedlung

In direkter Nachbarschaft der Iran-Villa befindet sich die wunderschöne
„Professorensiedlung“. In den 1920er Jahren drohten der renommierten Kölner Universität die Professoren auszugehen. Hintergrund war der (wie heute) schwierige Wohnungsmarkt: Die Hochschullehrer fanden keine angemessene Bleibe und gingen daher lieber in andere Universitätsstädte. 

Zur Lösung des Problems handelten die Professoren selbst und gründeten die „Baugenossenschaft Kölner Universität“. Ziel war es, attraktive Wohnmöglichkeiten für die Kölner Professoren zu schaffen. So entstand die Professorensiedlung in Marienburg.


E-Mail-Newsletter

Das "Köln-Ding der Woche" per E-Mail frei Haus. Jede Woche sonntags ein neues Detail zur schönsten Stadt der Welt. Zum Hören als Podcast oder zum Lesen im Blog.

Aber immer kurz & knackig, immer subjektiv & voreingenommen. Und immer kostenlos!
Datenschutz

Für den Fall, dass dich die standardisierte Anmeldeprozedur nervt, gibt es auch die kölsche Lösung: Schick mir einfach eine Mail an uli@koeln-lotse.de und ich trage dich in den Verteiler ein.


*Datenschutzerklärung