Eine Krake schwimmt im Rhein: Die Müllfalle an der Zoobrücke

Die RHEINKRAKE - eine schwimmende Müllfalle, Bild: Simon Taal / KRAKE e.V.
Die RHEINKRAKE – eine schwimmende Müllfalle, Bild: Simon Taal / KRAKE e.V.

Der Rhein ist – nach den Umweltskandalen der 80er und 90er Jahre – mittlerweile wieder relativ sauber. So gilt der Rhein nur als „mäßig belastet“.1In Deutschland wird Wasserqualität von Gewässern in die Güteklassen I – IV eingeteilt, wobei „Güteklasse I“ als „gering bis unbelastet“ und „Güteklasse IV“ als „Abwasserzone“ eingestuft wird. Der Rhein ist als „mäßig belastetes Gewässer“ in der Güteklasse II. Trotzdem schwimmen jede Stunde etwa 42 Kilogramm Müll im Rhein an Köln vorbei. Das summiert sich auf sagenhafte 365 Tonnen im Jahr. Schlussendlich landet dieser Müll im Meer und verschärft damit die Situation für alles, was dort lebt.

K.R.A.K.E. e.V. - die Kölner Rhein-Aufräum-Kommando-Einheit, Quelle: K.R.A.K.E. e.V.
K.R.A.K.E. e.V. – die Kölner Rhein-Aufräum-Kommando-Einheit, Quelle: K.R.A.K.E. e.V.

Kraklinge räumen auf – Müllsammeln mit Spaß

Christian Stock stört diese Verschmutzung am und im Rhein. Der Wahlkölner Stock ist ein praktischer Mensch: Anstatt zu lamentieren packt er einfach an und sammelt den Müll am Ufer auf.2Genau so macht es auch Eva Pollmeier – sie sammelt Müll an den Stränden Europas ein. Doch schnell erkennt er, dass viele Hände einfach mehr schaffen. Er gründet 2016 die K.R.A.K.E. – Kölner Rhein-Aufräum-Kommando-Einheit mit dem Ziel, das Müllproblem in Köln zu reduzieren. Dabei steht der gemeinsame Spaß im Vordergrund. Das klingt seltsam, doch es funktioniert. Die K.R.A.K.E. schreibt dazu:

Das allerwichtigste ist und bleibt aber, dass wir Spaß am Müllsammeln verbreiten möchten. Für viele klingt es vielleicht erst mal seltsam, aber Müllsammeln ist sexy! Die meisten Menschen, die einmal mit uns Sammeln waren, kommen auch wieder. Müllsammeln ist nicht nur eine gute Tat fürs Gewissen, es ist in der Gruppe eine gesellige Aktivität, für die es viel positives Feedback von Passanten gibt und die ein sofortiges Erfolgserlebnis in Form eines sauberen Uferabschnitts liefert.
(Quelle: K.R.A.K.E. e.V. )

Und dieses Konzept geht auf. Was zunächst als Facebook-Gruppe beginnt, wächst rasant. Bereits zum ersten „Rhine CleanUp Day“ im September 2018 packen 300 fleißige Helfer, Kraklinge genannt, mit an und sammeln knapp eine Tonne Müll. Nur ein Jahr später wird die Arbeit der Müllsammler und des „Krakenpapas“ Christian Stock mit dem Ehrenamtspreis der Stadt Köln und dem Stiftungspreis der Kölner Grün Stiftung ausgezeichnet, im Jahr 2022 folgt der Umweltschutzpreis der Stadt Köln.  

Erfolgreiche Bergung von E-Scootern aus dem Rhein, v.l.n.r.: Jan Odenthal, Christian Stock, Franz Roling, Bild: K.R.A.K.E. e.V.
Erfolgreiche Bergung von E-Scootern aus dem Rhein, v.l.n.r.: Jan Odenthal, Christian Stock, Franz Roling, Bild: K.R.A.K.E. e.V.

Die Kraklinge sind regelmäßig im Stadtgebiet unterwegs und sammeln den Müll ein, den andere Kölner wegwerfen. Aufsehenerregend war die Aktion im August 2022: Die K.R.A.K.E. sammelte im Rhein liegende E-Roller. Eine Aktion, an der die Betreiberfirmen der E-Scooter vorher grandios gescheitert waren. In den Fangarmen der Kraklinge landeten so insgesamt 150 Roller.

Die Rheinkrake, eine schwimmende Müllfalle

Mit der Müllfalle im Rhein geht die K.R.A.K.E. noch einen Schritt weiter: Wieso, so Krakling Nico, fischen wir nicht den Müll direkt aus dem Rhein? Er hatte solche Müllfallen bereits in London gesehen: Ein schwimmender Fangkorb, an einer günstigen Stelle im Fluss platziert, sammelt den Müll ein.

Fast drei Jahre wird an der Idee gefeilt, mit der Verwaltung verhandelt und Sponsoren eingeworben – immerhin liegt das Projektbudget bei 160.000 Euro. Am 15. September 2022 ist es endlich soweit: Die „Rheinkrake“ wird eingeweiht.

Die Verankerung der Rheinkrake in Höhe der Zoobrücke, Bild: Simon Taal / K.R.A.K.E. e.V.
Die Verankerung der Rheinkrake in Höhe der Zoobrücke, Bild: Simon Taal / K.R.A.K.E. e.V.

Dabei handelt es sich um einen zehn mal fünf Meter großen Ponton aus Stahl. Mit einer entgegen die Fließrichtung gelegenen Öffnung wird der an der Wasseroberfläche treibende Müll eingesammelt. Um möglichst viel Abfall einzufangen, ist die Müllfalle etwa in Höhe der Zoobrücke, am Rheinkilometer 690,3 aufgestellt. Diese Stelle ist ideal, weil dort, durch die Rheinbiegung, die fast perfekte Strömung für die Rheinkrake herrscht. Allerdings kann die Müllfalle auch an anderen Stellen und bei unterschiedlichen Wasserständen eingesetzt werden.

Die K.R.A.K.E. weist ausdrücklich darauf hin, dass die Müllfalle so konstruiert wurde, dass sie weder Fische noch Vögel und auch den Schiffsverkehr nicht gefährdet. Sogar die regelmäßigen Routen der Ruderer auf dem Rhein wurden berücksichtigt.

Der erste Müll in der Müllfalle - bereits nach 24 Stunden! Bild: Nico Schweigert / K.R.A.K.E. e.V.
Der erste Müll in der Müllfalle – bereits nach 24 Stunden! Bild: Nico Schweigert / K.R.A.K.E. e.V.

Studie „Welcher Müll schwimmt im Rhein?“

Die Müllkrake soll selbstverständlich den im Rhein treibenden Müll einsammeln. Allerdings geht die K.R.A.K.E. noch einen wichtigen Schritt weiter: Der Müll wird dokumentiert und wissenschaftlich ausgewertet. Durch eine Kooperation mit der Universität Bonn wurde ein Müll-Klassifikationsschema erstellt. So soll eine Langzeitstudie zum Plastikmüll im Rhein später Handlungsempfehlungen für die Politik, die Verwaltung und auch die Zivilgesellschaft geben. Für diese Müll-Klassifikationwerden noch Helfer gesucht, die K.R.A.K.E. freut sich über Unterstützung.

Übrigens: In den fünf Minuten, die du jetzt gebraucht hast, diesen Artikel zu lesen, sind weitere 3,5 Kilogramm Müll durch den Rhein an Köln vorbeigeströmt. Und einen Teil davon hat die Müllkrake eingesammelt.


 

Ein ganz besonderes Museum: Das MÜLLseum

Seitdem die K.R.A.K.E. in Köln aufräumt, ist eine Menge Müll gefunden worden. Die kuriosesten Fundstücke werden im MÜLLseum ausgestellt. Dort wird neben einem Mammutzahn auch ein Vogelnest ausgestellt, in dem Plastikteile verbaut sind. Auch eine 30 Jahre alte Raider-Verpackung ist in dem MÜLLseum zu finden.

Der Eintritt ist frei, die K.R.A.K.E. freuet sich über Spenden. Es gibt auch, außerhalb der regulären Öffnungszeiten, kostenlose Gruppenführungen für Schulklassen und andere Interessierte an. Termine können individuell vereinbart werden.

MÜLLseum  
Öffnungszeiten: Donnerstag, 15 – 19 Uhr (am 22.12. geschlossen)
Adresse:  Burgenlandstraße 3a, 51105 Köln


E-Mail-Newsletter

Das "Köln-Ding der Woche" per E-Mail frei Haus. Jede Woche sonntags ein neues Detail zur schönsten Stadt der Welt. Zum Hören als Podcast oder zum Lesen im Blog.

Aber immer kurz & knackig, immer subjektiv & voreingenommen. Und immer kostenlos!
Datenschutz *

Für den Fall, dass dich die standardisierte Anmeldeprozedur nervt, gibt es auch die kölsche Lösung: Schick mir einfach eine Mail an uli@koeln-lotse.de und ich trage dich in den Verteiler ein.


*Datenschutzerklärung