Das ist tatsächlich ein ideales Weihnachtsgeschenk: Ein flammneues Buch über den lange völlig unterschätzten Stadtteil Deutz. Der Autor Michael Kriegel ist Stadtführer in Köln und hat sein Herz an Deutz verloren, seit er Mitte der 1970er Jahre auf der „Schäl Sick“ studiert hat.
Lange war Deutz für viel Kölner so etwas wie Ausland – es lag ja auf der vermeintlich „falschen Seite“ des Rheins. Und damit lag man nicht ganz falsch, denn Deutz war bis zur Eingemeindung eine selbstständige Stadt. Kriegel beschreibt den Weg des von den Kölschen liebevoll „Düx“ genannten Stadtteils von der Gründung des Kastells Divitia im Jahr 310 bis hin zum heute angesagten Viertel mit Messe, Köln-Arena und Rheinboulevard.
Wendepunkt: Eingemeindung im Jahr 1888
Im Zuge der Kölner Stadterweiterung wurden im Jahr 1888 zahlreiche zuvor eigenständige Städte eingemeindet. Dazu gehörten unter anderem Ehrenfeld, Longerich, Nippes und auch Deutz. Dabei war gerade Deutz eine – im Vergleich zu Köln – liberale und freie Stadt. Kriegel schreibt dazu:
„Deutz ist nicht der einzige (oft mit Stadtrechten ausgestattete) Vorort Kölns, der 1888 „aufhört“ eigenständig zu existieren. Aufgrund seiner geostrategischen Lage ist der rechtsrheinische Ort aber schon seit Römerzeiten von zentraler Bedeutung – allerdings nicht immer zum Wohl seiner Bevölkerung. Leid und Zerstörung ziehen sich wie ein roter Faden durch die Deutzer Geschichte. Die Ortschaft ist über viele Jahrhunderte hinweg kriegerischen Auseinandersetzungen ausgesetzt, nicht zuletzt bedingt durch die vom Kölner Konkurrenzdenken herbeigeführte Wehrlosigkeit. Deutz ist Spielball politischer und strategischer Rangeleien und wird mehr als einmal von Naturkatastrophen wie Hochwasser und Eisgang heimgesucht. Die Deutzer lassen sich aber nicht unterkriegen. Deutz bleibt über viele Jahrhunderte autonom, wenngleich auch immer unter argwöhnischer Beobachtung der linksrheinischen Metropole. Als Schmelztiegel unterschiedlicher Glaubensrichtungen (Katholiken, Protestanten, Juden) sowie verschiedener Bevölkerungsgruppen und Berufe wird Deutz ein lebendiges urbanes Quartier. Es gibt Epochen (insbesondere im Spätmittelalter), da kann Deutz sogar mit Fug und Recht von sich behaupten, aufgeschlossener, freier und fremdenfreundlicher zu sein als das gegenüberliegende Köln.“
Ein Stadtteil zwischen Historie und Moderne
Heute ist Deutz ein aufstrebender, spannender Stadtteil. Eingebettet zwischen historischen Bauwerken boomt Deutz: Messe, RTL, Köln-Arena und Rheinboulevard ziehen Touristen und Kölner gleichermaßen an.
Diesen ganz besonderen Spagat zwischen Historie und Moderne trägt das Buch von Michael Kriegel Rechnung: Es gibt, durch eingebettete QR-Codes, den „Blick über das Buch hinaus“. So kommt zum Beispiel der Kölner Publizist und Kabarettist Martin Stankowski in mehreren Videos zu Wort, und wir können von den Bläck Fööss das Lied über die „Kölsche Bröck“ hören. Zahlreiche weitere intermediale Verknüpfungen führen zu spannenden Bildern, Interviews und viel Musik.
Dadurch nimmt Kriegel uns mit auf einen Rundgang durch Deutz. Er erzählt, dass Deutz durch das Wasser unterhalb des Rheinparks sogar über eine Heilquelle verfügt, deckt auf, wo der berühmte „Kölner Keller“ mit seinen Videoschiedsrichtern zu finden ist und erklärt, dass man die „Deutzer Platte“ nicht essen kann.
Luur ens vun Düx noh Kölle
Egal wie man zu Deutz steht: Ludwig Sebus wusste schon vor 50 Jahren, dass der Ausblick von Deutz auf den Dom mit Rhein und Altstadtpanorama die schönste Perspektive ist:
„Luur ens vun Düx noh Kölle,
vum Zauber bes do platt,
luur ens vun Düx noh Kölle,
wie schön es doch uns Stadt!“
Michael Kriegel: Deutz – Vom römischen Kastell zur Köln Arena
Emons Verlag Köln
ISBN 978-3-7408-1565-3
12,00 Euro, erhältlich in jeder Buchhandlung, auch außerhalb Kölns
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