Josef Stübben – Der Stadtbaumeister der Kölner Moderne

Auszug aus dem Plan zur Kölner Stadterweiterung inkl. Portrait des Stadtbaumeisters Josef Stübben (1845 - 1936)
Auszug aus dem Plan zur Kölner Stadterweiterung inkl. Portrait des Stadtbaumeisters Josef Stübben (1845 – 1936)

Als Josef Stübben im Jahr 1881 seinen Dienst in Köln antrat, standen Stadt und Verwaltung vor einer Jahrhundertaufgabe. Der Abriss der mittelalterlichen  Stadtmauer war im vollen Gange. Die Domstadt brauchte Platz zum Wachsen, Luft zum Atmen und Straßen, auf denen sich die Zukunft bewegen konnte. Stübbens Aufgabe war die Gestaltung der Kölner Neustadt – ein Werk, das bis heute das Gesicht der Stadt prägt.

Geboren wurde Hermann Josef Stübben am 10. Februar 1845 in Hülchrath (heute Stadt Grevenbroich). Er war das älteste von zehn Kindern, wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Nach dem Abitur in Düsseldorf absolvierte er sein Studium an der Bauakademie in Berlin. Bereits früh zeigte sich seine Affinität zum technischen, zugleich aber auch zum gestalterisch-gesellschaftlichen Anspruch der Stadtentwicklung. Er legte 1871 das Staatsexamen ab und wurde mit einem Stipendium ausgezeichnet – ein erster Fingerzeig für seine steile Karriere, die folgen sollte.

Köln: Stadterweiterung mit System

Nach ersten Jahren als Bauingenieur bei der Eisenbahn begann Stübbens Karriere als Stadtbaumeister in Aachen, wo er mit gerade einmal 31 Jahren die Verantwortung für den städtischen Hoch- und Tiefbau übernahm. Seine städtebaulichen Entwürfe, etwa für neue Wohngebiete und die Gesamtentwicklung Aachens, folgten einem damals revolutionären Denken: Nicht einzelne Häuser sollten geplant werden, sondern ganze Stadtteile im Zusammenhang – langfristig, mit Flexibilität für spätere Anpassungen. Diese Methodik begründete den modernen Städtebau. Wegen seiner außerordentlichen Verdienste ließ der Ruf aus Köln nicht lange auf sich warten.

Als Josef Stübben 1881 nach Köln kam, hatte die Stadt gerade einen folgenschweren Entschluss gefasst: Die mittelalterliche Befestigung, lange ein Hemmnis für jede Entwicklung, war gefallen. Die Stadt durfte sich nun über die alten Wälle hinaus entfalten. Die Vision: eine moderne Großstadt – offen, gesund, lebenswert. Den Wettbewerb zur Planung der Stadterweiterung gewann Stübben gemeinsam mit dem Architekten Karl Henrici. Doch es war Stübben, der das Projekt federführend umsetzte.

Dieses Bild, um 1881, aus der Vogelperspektive zeigt, welche Dimensionen die von Stübben geplante Kölner Neustadt hatte. Bild: Jakob Scheiner, gemeinfrei
Dieses Bild, um 1881, aus der Vogelperspektive zeigt, welche Dimensionen die von Stübben geplante Kölner Neustadt hatte. Bild: Jakob Scheiner, gemeinfrei

Das Zentrum seiner Planung: die Kölner Neustadt – ein Gürtel, der sich hufeisenförmig um das alte Stadtzentrum legte, gegliedert durch breite Alleen, großzügige Platzanlagen und eine klare funktionale Trennung von Wohn-, Verwaltungs- und Verkehrsbereichen. Es entstand die charakteristische Kölner Ringstraße, die zwischen 1886 und 1891 etappenweise eröffnet wurde. Stübbens Entwurf verband Repräsentation mit Funktionalität, Militärgeschichte mit urbaner Moderne: Aus dem einstigen Festungsring wurde ein Prachtboulevard.

Der Hohenzollernring um 1900 - ein Prachtbelouvard
Der Hohenzollernring um 1900 – ein Prachtbelouvard

Stübben berücksichtigte in seinen Planungen das zukünftige Wachstum Kölns und legte systematisch die Grundstruktur der neuen Viertel fest. Das war nicht nur vorausschauend – es war revolutionär.

Durchmischte Bebauung als soziale Innovation

Die Neustadt wurde in zwei große Bereiche unterteilt: Neustadt-Nord und Neustadt-Süd, flankiert von neuen Verkehrstrassen, durchzogen von grünen Promenaden. Das städtebauliche Raster folgte klaren Linien, jedoch aufgelockert durch Plätze wie den Zülpicher Platz, Rudolfplatz oder Ebertplatz.

Nä - wat doch fröher schön: Der Barbarossaplatz um 1900
Einst ein stadtbauliches Idyll, heute Kölns hässlichster Platz: Der Barbarossaplatz, hier auf einer Darstellung um 1900

Stübben plädierte für eine durchmischte Bebauung, in der Mietskasernen, Wohnhäuser für das gehobene Bürgertum und Einrichtungen der Daseinsvorsorge wie Schulen, Kirchen oder Krankenhäuser nebeneinander Platz fanden. Auch die Idee einer durchgehenden Straßenbeleuchtung, breiten Gehwegen und moderner Entwässerung wurde von ihm mitgedacht.

Ein Mann mit Weitblick

Stübbens Konzept für Köln war geprägt von Pragmatismus und Idealismus gleichermaßen. Er wollte keine „Traumstadt“, sondern eine funktionierende Metropole – gesund, sozial durchmischt, anpassbar. 1890 erschien sein Buch „Der Städtebau“, das zum Standardwerk wurde und internationale Aufmerksamkeit fand. Bis 1924 erlebte es drei Auflagen. Das Buch war weit mehr als ein Fachbuch – es war ein Manifest für den Städtebau als umfassende, gesellschaftlich relevante Disziplin.

Das Stübben-Buch „Der Städtebau", erschienen 1890, ist ein Standardwerk des Städtebaus
Das Stübben-Buch „Der Städtebau“, erschienen 1890, ist ein Standardwerk des Städtebaus

In Köln wurde er 1889 zum Stadtbaurat, 1892 zum Beigeordneten ernannt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war er nicht mehr nur Fachmann, sondern auch Entscheider – ein Architekt, der Politik machen konnte. 

Städtebau im Rheinland – und darüber hinaus

Neben Köln plante Stübben die Stadterweiterungen von Düsseldorf, Heerdt-Oberkassel, Saarlouis und Aachen. In Koblenz sah mab ebenfalls die Entwicklung der Stadt auf dem Gelände der geschleiften Festungsanlagen vor – dank der Erfahrungen aus Köln für Stübben eine vertraute Aufgabe. Auch in Belgien, etwa in Brügge, Antwerpen oder Brüssel, wurde Stübben als Planer tätig. Dass König Leopold II. von Belgien persönlich mit ihm über Städtebau sprach, zeigt die internationale Anerkennung seiner Arbeit.

Neben seiner Planungstätigkeit war Stübben auch in sozialen Fragen engagiert. Er trat für den Bau von Arbeiterwohnungen ein und gründete 1899 mit anderen den „Rheinischen Verein zur Förderung des Arbeiterwohnungswesens“. Als einer der Ersten erkannte er die Notwendigkeit gemeinnütziger Baugesellschaften, die auch ärmeren Bevölkerungsschichten menschenwürdiges Wohnen ermöglichten.

Die Figur von Hermann Josef Stübben auf dem Rathausturm Koeln, Bild: Raimond Spekking
Die Figur von Hermann Josef Stübben auf dem Kölner Rathausturm, die Figur rechts stellt den Erfinder und Unternehmer Eugen Langen dar. Bild: Raimond Spekking

1904 verließ er Köln und ging nach Berlin. Dort arbeitete er als Oberbaurat im Preußischen Finanzministerium an der Umgestaltung der ehemaligen Festungsstadt Posen. Auch in seiner späten Karriere blieb er aktiv: Er gewann Städtebau-Wettbewerbe für Bilbao (1926) und Madrid (1930) und beriet sogar 1929 beim Ausbau der Vatikanstadt.

Seine Planung lebt im Stadtbild weiter

Stübben starb am 8. Dezember 1936 im Alter von 91 Jahren, beigesetzt wurde er in Berlin. Er war kein Theoretiker am Schreibtisch, sondern ein Mann der Umsetzung.

Für ihn war klar: Eine Stadt kann nur dann schön und lebenswert sein, wenn sie auch den praktischen Anforderungen entspricht – Verkehr, Hygiene, soziale Infrastruktur. Genau das hatte Köln zur Zeit seiner größten Expansion dringend gebraucht – und genau das lieferte Josef Stübben.

Gedenkplakette für Joseph Stübben an der Hahnentorburg, Rudolfplatz, Bild: Uli Kievernagel
Gedenkplakette für Josef Stübben an der Hahnentorburg, Rudolfplatz, Bild: Uli Kievernagel

Ohne Stübben keine Kölner Neustadt. Ohne Neustadt kein modernes Köln. Was Josef Stübben für die Stadt am Rhein geleistet hat, reicht weit über das Ziehen von Straßenzügen hinaus. Er hat Köln auf ein neues Fundament gestellt – technisch, sozial, ästhetisch.

Ein Stadtbaumeister, der wusste, wie Städte wirklich funktionieren. Und dessen Planungsgeist bis heute im Stadtbild weiterlebt.


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Jupp Schmitz – Der Mann, der den Frohsinn komponierte

Der kölsche Musiker Jupp Schmitz (1901 - 1991), Bild: Uli Kievernagel
Der kölsche Musiker Jupp Schmitz (1901 – 1991), hier auf dem ihm gewidmeten Denkmal, Bild: Uli Kievernagel

Man liest die Titel und hat sofort die Melodie im Kopf: „Ich fahr mit meiner Lisa zum schiefen Turm von Pisa“, „Wer soll das bezahlen?“, „Am Aschermittwoch ist alles vorbei“ und selbstverständlich „Es ist noch Suppe da“.

Diese Lieder stammen alle aus der Feder von Jupp Schmitz – ein Mann, der ganz maßgeblich den musikalischen Tonfall des rheinischen Liedgutes und des Karnevals mitgeprägt hat. Seine Lieder sind bis heute fester Bestandteil jeder Session, seine Texte oft unterschätzt. Sein Werk ist ein Archiv kölscher Zeitgeschichte – heiter, doppeldeutig und nie ganz ohne Tiefgang.

Ein Musiker aus dem Veedel

Jupp Schmitz wird am 15. Februar 1901 im Kölner Severinsviertel geboren. Sein Vater Philipp Schmitz ist Trompeter, die Mutter will, dass ihr Sohn Pianist werden soll. Während andere Kinder draußen spielen, erhält Jupp Schmitz mit sieben Jahren Klavierunterricht und muss viel üben. Später besucht er das Kölner Konservatorium und wird tatsächlich als Konzertpianist ausgebildet.

In den 1920er-Jahren leitet er eigene Kapellen und tritt in renommierten Kölner Häusern wie dem Dom-Hotel und dem Monopol auf. Auch bei der letzten Tournee von Willi Ostermann im Jahr 1936 sitzt Schmitz am Klavier.

Bereits 1934 beginnt seine Zusammenarbeit mit dem Reichssender Köln. In dieser Zeit entstehen erste Kompositionen für das damals neue Medium Rundfunk. Mit dem Tango „Gib acht auf dein Herz, Margarethe“ kann Jupp Schmitz in die lukrative Unterhaltungsmusik einsteigen. Besonders hilfreich war es, dass dieses Lied von dem prominenten Sänger Rudi Schuricke gesungen wurde. 

Die Lieder von Jupp Schmitz sind vielseitig, stets eingängig, dabei aber nie anbiedernd und werden auch außerhalb des Rheinlands geschätzt.

Krieg, Heimkehr in das zerstörte Köln

1940 wird Schmitz zum Kriegsdienst eingezogen. Er ist für die Truppenunterhaltung zuständig und singt erstmals auch selber. Seine Stücke schreibt er auf Kölsch und Hochdeutsch.

Köln im April 1945, mehr als 90% der Innenstadt sind zerstört, Bild: U.S. Department of Defense
Das zerstörte Köln am Ende des Zweiten Weltkriegs. Ein Anblick, der auch Jupp Schmitz  tief erschütterte. Bild: gemeinfrei / U.S. Department of Defense, Fotograf: Jack Clemmer

Erst 1946 kommen Jupp Schmitz und seine Ehefrau Bärbel wieder nach Köln. Der Künstler ist angesichts der Zerstörung der Domstadt tief erschüttert. So entsteht sein bewegendes Lied „Ming herrlich Kölle“. Darin beschreibt er aber auch die Zuversicht:

Ming herrlich Kölle, wie sühs do us?
Wo sin ding Stroße, wo stund ming Huus?
Un beß do och zerschlage, dat ändert janix dran,
dat mir met heißem Hätze vun neuem fange ahn.

Nach dem Krieg arbeitet Schmitz weiter für den Rundfunk, tritt in Karnevalssitzungen auf und wird zu einer festen Größe im kölschen Karneval.

Der Hit, der ein Land bewegte

Der endgültige Durchbruch gelingt ihm 1949 mit „Wer soll das bezahlen?“ Ursprünglich als satirischer Kommentar zur Währungsreform gedacht, entwickelt sich das Lied zu einem bundesweiten Hit – ironisch, ohrwurmverdächtig und überraschend aktuell:

Wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt,
wer hat soviel Pinke-Pinke, wer hat soviel Geld?

Der Titel bleibt nicht ohne juristisches Nachspiel: Der Berliner Komponist Wilhelm Gabriel erkennt in dieser Melodie eine Variante seines eigenen Werkes und klagt. Schmitz gewinnt – unter anderem, weil er beweisen kann, dass er die Melodie schon Jahre zuvor verwendet hatte.

Der als Satire gedachte Hit „Wer soll das bezahlen?“ war einer der ganz großen Hits von Jupp Schmitz. Bild: © 1971markus@wikipedia.de, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons
Der als Satire gedachte Hit „Wer soll das bezahlen?“ war einer der ganz großen Hits von Jupp Schmitz. Bild: © 1971markus@wikipedia.de, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

„Es ist noch Suppe da“

Mit den 1950er-Jahren beginnt die produktivste Phase von Jupp Schmitz. Mit Liedern wie „Am Aschermittwoch ist alles vorbei“ und „Wir kommen alle in den Himmel“ schreibt er Hymnen, die über den Karneval hinauswirken. Ende der 1960er Jahre erscheint sein Hit „Es ist noch Suppe da“. Es sind die erfolgreichsten Jahre des Künstlers. Zwischen 1969 und 1987 tritt er insgesamt 18 mal in der beliebten Fernsehshow „Zum Blauen Bock“ auf.

Der Liedtext von "Em Winter, dann schneit et“ ist auch Teil des Denkmals für Jupp Schmitz in der Kölner Innenstadt, Bild: Uli Kievernagel
Der Liedtext von „Em Winter, dann schneit et“ ist auch Teil des Denkmals für Jupp Schmitz in der Kölner Innenstadt, Bild: Uli Kievernagel

Jupp Schmitz nimmt sich selbst nicht zu ernst, aber seine Zuhörer ernst genug, um sie zum Lachen zu bringen. So feiert er mit Liedern wie „Em Winter, dann schneit et“ große Erfolge:

Wenn dr Summer kütt eran, jommer in dr Wald,
feste weed jewandert dann, jesunge, dat et schallt.
Ävver is dr Winter do, jommer nit mie hin,
weil mir von Natur us jo – jet ärch empfindlich sin.

Em Winter, dann schneit et, im Winter is et kalt,
immer kalt, immer kalt, immer kalt.
Dröm jommer em Winter och jarnit in dr Wald,
in dr Wald, in dr Wald, in dr Wald.

Ävver em Mai, dann weed et widder jrön, –
dann blöhe de Böum, dann is et schön.

Der Skandal um den „Hirtenknaben von St. Kathrein“

Ein ungewöhnlicher Tiefpunkt seiner Karriere war der Auftritt 1964 bei der Prinzenproklamation. Normalerweise trat Jupp Schmitz immer mit Smoking, mindestens aber im Anzug, und oft mit einer edlen Narrenkappe auf.

Bei der Fernsehübertragung der Prinzenproklamation steht er, auf ausdrücklichem Wunsche des Veranstalters, in kurzer Lederhose und einem lächerlichen Filzhut auf der Bühne. Er spielt zunächst das Lied „Der Hirtenknabe von St. Kathrein“ und danach den eher einfachen Titel „Risotto-Otto und Spaghetti-Betty“.

Jupp Schmitz wollte mit dem „Hirtenjungen“ die zu dieser Zeit im Fernsehen überaus erfolgreichen Heimatschnulzen persiflieren. Doch dieser Plan ging gründlich schief. Das Publikum reagiert mit Buhrufen und Pfiffen. Und bei der TV-Übertragung des WDR sagt der Kommentator wörtlich: „Bleiben Sie noch ein bißchen am Apparat, es wird gleich wie­der ganz nett.“ Die Persiflage wurde nicht verstanden.

Diese Demütigung hinterließ tiefe Spuren bei Jupp Schmitz: „Wenn es der Bestie Volk nicht gefällt, pfeifen sie einen von der Bühne herunter – han ich dat noch nüdig?“ fragte er danach öffentlich. Zu seiner Genugtuung verarbeitet er später diesen Tiefpunkt seiner Karriere in einem seiner Lieder:

Der Hirtenknabe von Sankt Kathrein,
der denkt noch heute an Köln am Rhein.
Er sang seine Lieder,
da pfiffen die Brüder,
drum singt er nur noch in Sankt Kathrein.

Das Grab von Jupp Schmitz auf dem Melatenfriedhof mit seinen unvergesslichen Zeilen: „Am Aschermittwoch ist alles vorbei.“ Bild: MSchnitzler2000, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons
Das Grab von Jupp Schmitz auf dem Melatenfriedhof mit seinen unvergesslichen Zeilen: „Am Aschermittwoch ist alles vorbei.“ Bild: MSchnitzler2000, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

Ein Leben für die Musik

Bis ins hohe Alter bleibt Schmitz künstlerisch aktiv. Zwar kündigte er zu seinem 80. Geburtstag im Jahr 1981 seinen Rückzug an, doch bei ganz besonderen Anlässen kann man den Künstler noch auf der Bühne erleben. So wurde sein Auftritt auf der Prinzenproklamation im Jahr 1983 zu einem überragenden Erfolg – eine späte Genugtuung für Jupp Schmitz nach der „Hirtenknaben-Demütigung“ im Jahr 1964.

Auch sein Auftritt mit den Bläck Fööss im Jahr 1989 bei deren Konzertreihe im Millowitsch-Theater war ein großer Erfolg . Am 15. Februar 1991 feiert er seinen 90. Geburtstag mit einem Auftritt im Senftöpfchen-Theater. Dort zeigte er noch einmal sein ganzes Talent und nahm das Publikum mit auf eine musikalische Reise durch seine Karriere.

Nur sechs Wochen später, am 26. März 1991, stirbt Jupp Schmitz in Köln. Er wird auf dem Melaten-Friedhof bestattet. Auf seinem Grabstein steht

„Am Aschermittwoch ist alles vorbei.“


Collage Krätzjer-Tour
 

Stadtführung: „Krätzjer lijje op d´r Stroß“

Selbstverständlich ist Jupp Schmitz auch Bestandteil meiner Stadtführung „Krätzjer lijje op d´r Stroß“.


Das Jupp-Schmitz-.Plätzchen in der Kölner Innenstadt, Bild: Uli Kievernagel
Das Jupp-Schmitz-Plätzchen in der Kölner Innenstadt, Bild: Uli Kievernagel

Jupp-Schmitz-Plätzchen

1994 erhält Jupp Schmitz posthum sein Denkmal: Am Salomonsgäßchen in der Innenstadt wird ein Platz nach ihm benannt: Das Jupp-Schmitz-Plätzchen. Ein kleines Piano aus Bronze und Bronzeplatten, auf denen Liedtexte von Jupp Schmitz eingraviert sind, erinnert heute an einen Mann, der mit großem Taktgefühl den Frohsinn komponierte.

Das Denkmal für Jupp Schmitz auf dem Jupp-Schmitz-Plätzchen, Bild: Uli Kievernagel

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Das Denkmal für Jupp Schmitz auf dem Jupp-Schmitz-Plätzchen, Bild: Uli Kievernagel


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Kölsche Originale: Orjels-Palm – ein vornehmer Straßenmusikant

Johann Joseph Palm, in Köln als "Orjels-Palm" bekannt, verdiente sich sein Geld mit einer Drehorgel und später mit einem „Romantische Panorama“. Bild: KI-generiert
Johann Joseph Palm, in Köln als „Orjels-Palm“ bekannt, verdiente sich sein Geld mit einer Drehorgel und später mit einem „Romantische Panorama“. Bild: KI-generiert

Am Ende seines Lebens war Johann Joseph Palm – genannt Orjels-Palm oder Urjels-Palm – schlichtweg zu schwach, um weiterhin die schwere Drehorgel zu tragen und zu bedienen. Um trotzdem noch ein paar Groschen zu verdienen, hing sich Orjels-Palm noch ein „Romantisches Panorama“ um – ein Schaukasten mit einer Bergszene – und flanierte damit auf der Straße und bei seinen Gönnern.

Geld war zeitlebens knapp bei einem Mann wie Orjels-Palm. In einer Zeit, in der an soziale Leistungen wie Kindergeld oder Renten noch nicht zu denken war, musste der Drehorgelspieler ein Dutzend eigener Kinder und dazu auch noch mindestens zwei Enkelkinder ernähren. Die einzige Unterstützung des Staates bestand darin, dem kriegsversehrten Orjels-Palm eine Konzession zum Drehorgelspielen zu erteilen.

Palm als Soldat bei den „Schwarzen Husaren“

Johann Joseph Palm wird am 28. April 1801 in der Kleinen Neugasse (heute Tunisstraße) geboren. Mit 14 Jahren beginnt er eine Lehre als Maler und Vergolder. Als Geselle will er eigentlich auf die „Walz“ gehen. Mit Walz, Wanderjahre, Tippelei oder Gesellenwanderung werden die Jahre der Wanderschaft eines Gesellen als Voraussetzungen zur Meisterprüfung bezeichnet. Doch da macht ihm das preußische Wehrgesetz einen Strich durch die Rechnung: Die Walz ist nur mit einem „Kundschaftsbüchlein“ zulässig. Und dieses Büchlein erhält man erst nach Ableistung des Wehrdiensts. Palm wird daher im Herbst 1820 in Danzig Rekrut bei den „Schwarzen Husaren“.

Johann Joseph Palm, genannt Orjels Palm, in Husarenuniform an seiner Drehorgel, Bild: unbekannter Fotograf
Johann Joseph Palm, genannt Orjels Palm, in Husarenuniform an seiner Drehorgel, Bild: unbekannter Fotograf

Zuhause in Köln nimmt währenddessen sein persönliches Schicksal eine unglückliche Wendung: Cäcilie Hack, seine Liebe seit früher Kindheit, hat sich mit einem anderen verlobt. Palm reist nach Köln, um Cäcilie umzustimmen. Vergeblich. Enttäuscht reist er schnell wieder ab, um in der Türkei, Russland und in Griechenland zu kämpfen.

Nur kurzes Glück mit der Jugendliebe

Nach einer Schussverletzung am Knie, die ihn zeitlebens quälen wird, kommt Palm im Jahr 1830 nach Köln zurück und holt sein Glück nach: Er heiratet die zwischenzeitlich verwitwete Cäcilie Hack. Zunächst ist das Familienglück groß, bis 1838 bekommen die beiden vier Kinder. Palm betreibt eine Werkstatt in seinem ursprünglich erlernten Beruf als Maler und Vergolder.

Doch das Familienglück des Johann Joseph Palm findet durch den Tod seiner Frau Cäcilie im August 1839 ein jähes Ende. Als alleinstehender Vater ist Palm überfordert und heiratet bereits im April 1840 Sophia Kollgraff. Mit ihr zeugt er bis 1847 weitere neun Kinder. Die stetig wachsende Familie erfordert ständig mehr Platz. Die Folge sind 15 Umzüge in 34 Jahren, davon achtmal innerhalb der Straße „Unter Krahnenbäumen“.

Johann Joseph Palm, genannt Orjels-Palm, auf dem Karl-Berbuer-Brunnen Bild: Uli Kievernagel
Johann Joseph Palm, genannt Orjels-Palm, auf dem Karl-Berbuer-Brunnen Bild: Uli Kievernagel

In den 1840er Jahren verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage der Familie dramatisch. Aufträge als Maler findet er kaum noch, zu vergolden gibt es nichts mehr. Zwei Kinder sterben an Unterernährung. Er stellt einen Rentenantrag – dieser wird jedoch postwendend abgelehnt. Allerdings erhält er die Konzession als Drehorgelspieler und eine kleine Beihilfe zur Anschaffung einer solchen Orgel.

Tadellos gekleidet und gepflegt

Palm machte sich in Köln als Drehorgelspieler schnell einen Namen. Er war immer tadellos gekleidet: Blitzsaubere Husaren-Uniform, auf Hochglanz polierte Stiefeln und eine hohe, schwarze Mütze auf dem Kopf. Das hat sich anscheinend sogar bis nach Berlin herumgesprochen, denn dort stand in der Zeitung: „Das ganze Gegenteil vom Maler Bock war der Orgels-Palm, ein vornehmer Straßenmusikant.“

Urjels-Palm in der Bierdeckel-Serie "Kölsche Originale", Bild: Bild: rs-bierdeckel.de, Reinhold Schäfer
Urjels-Palm in der Bierdeckel-Serie „Kölsche Originale“, Bild: Bild: rs-bierdeckel.de, Reinhold Schäfer

Und anders als seine Wettbewerber, die nur die üblichen Drehorgel-Stücke spielten, hatte Orjels-Palm auch eigene Stücke und Stücke seines Freundes Joseph Roesberg, der bereits mit dem Lied vom „Schnüsse Tring“ einen Karnevalshit gelandet hatte, im Repertoire.

Wo ist dann der Schwengel?

Eben dieser Joseph Roesberg erlaubte sich angeblich einen Scherz mit dem gutmütigen und stets heiteren Orjels-Palm. In Absprache mit dem Kirchenvorstand von Remagen sollte Palm sich dort als Organist vorstellen. Roesberg und seine Freunde spendierten Palm einen neuen Anzug und gaukelten ihm vor, dass er in der vollbesetzten Kirche am Kirmessonntag eine Probe seines Könnens als Orgelspieler abliefern sollte. Palm untersuchte fachmännisch die Orgel und soll dann gefragt haben „Wo is dann he dä Schwengel?“.

So schön diese Anekdote ist – sie kann aber leider nicht ganz der Wahrheit entsprechen. In der Remagener Pfarrkirche wurde nachweislich erst 1904 eine Orgel eingebaut. Und der gläubige Katholik Roesberg hätte wohl kaum einen Scherz mit der Kirche getrieben. Wahrscheinlicher ist es, dass der Freundeskreis um Roesberg dem Orjels-Palm nur etwas Gutes tun wollte und ihm unter einem Vorwand den neuen Anzug schenkte.

Fählen im och mänche Tön

Palm gehörte mit seiner Orgel bald zum Stadtbild. Johann Franz Weber, ein erfolgreicher Komponist kölscher Karnevalsmusik verewigt Orjels-Palm sogar in seinem Lied „Do deis meer leid“:

Met der Urgel trock erus
Künstler Palm von Hus ze Hus,
Fählen im och mänche Tön,
Schnüsse Tring spilt hä doch schön.
Doch sing Urgel manchmal brump
We en al, rostige Pump:
„Saht ens Palm“ su sähte Lück,
„Hät die Buchping hück?
Se deit uns leid,
Se deit uns leid,
Hat Ehr denn kei Gefühl?“1Übersetzung:
Mit der Orgel zieht er herum,
Künstler Palm, von Haus zu Haus.
Fehlen ihm auch manche Töne,
das Lied der „Schnüsse Tring“ spielt er doch schön.
Doch seien Orgel manchmal brummt
Wie eine rostige, alte Pumpe.
„Sagt mal, Palm“ so sagten die Leute,
„Hat die Bauchschmerzen heute?
Sie tut uns leid,
Sie tut uns leid,
Habt ihr denn kein Gefühl?“

Harte Arbeit für geringes Entgelt

Und Palm drehte fast 30 Jahre unermüdlich seine Orgel, um das notwendige Auskommen für die Familie zu verdienen. Dabei, so Reinhold Louis2 in seinem Buch „Kölner Originale“, Greven Verlag „… war er in der Tat harmlos: Palm lag nicht betrunken in der Gosse, er kam nicht in Konflikt mit den Gesetzeshütern, er war nicht verkommen, er borgte und schnorrte nicht, sondern leistete harte Arbeit für mehr oder weniger geringes Entgelt.“

Orjels-Palm kann in späteren Jahren die schwere Drehorgel nicht mehr bedienen und trägt stattdessen ein „Romantisches Panorama", Bild: unbekannter Fotograf
Orjels-Palm kann in späteren Jahren die schwere Drehorgel nicht mehr bedienen und trägt stattdessen ein „Romantisches Panorama“, Bild: unbekannter Fotograf

Und als die Orgel für den mittlerweile fast achtzigjährigen Palm schlichtweg zu schwer wird, sattelt er um und trägt das „Romantische Panorama“ um den Hals. Immer, um noch ein paar Groschen zu verdienen – die Kinder und Enkel haben schließlich Hunger.

Am 29. Januar 1882 stirbt Johann Joseph Palm. Und Köln verliert mit dem Straßenmusiker eines seiner Originale. Andere, die ihm als Straßenmusiker in Köln nachfolgen, werden weder so bekannt, noch als Original verehrt.

Ausnahmen: Klaus der Geiger und die Kelly-Family.
Aber das sind andere Geschichten.


Urenkel Emil Palm schreibt Musik für Ostermann

Es bleibt in der Familie: Der Urenkel von Orjels-Palm war Emil Palm (1890 – 1963). Und Emil Palm schrieb für Willi Ostermann, der selber kein Noten, lesen konnte, die von Ostermann vorgesungene Musik. 


Tief im kollektiven Gedächtnis der Stadt verankert: Die "Kölschen Originale"
Tief im kollektiven Gedächtnis der Stadt verankert: Die „Kölschen Originale“

Weitere Geschichten zu den „Kölschen Originalen“ gibt es hier:


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Kölsche Originale: Der Maler Bock – mehr Lebemann als Künstler

Heinrich Peter Bock, besser bekannt als "Maler Bock". Bitte beachten: Der Sporn am Stiefel weist ihn als Dragoner aus, auch wenn seine Dienstzeit nur wenige Wochen dauerte. Bild: Adolph Wallraf (1880)
Heinrich Peter Bock, besser bekannt als „Maler Bock“. Bitte beachten: Der Sporn am Stiefel weist ihn als Dragoner aus, auch wenn seine Dienstzeit nur wenige Wochen dauerte. Bild: Adolph Wallraf (1880)

Eines ist sicher: Gemalt hat der Maler Bock nie. Der nach eigenem Empfinden kunstsinnige Lebemann Heinrich Peter Bock hatte bereits in ganz jungen Jahren für die Kunst geschwärmt. Und sich auch als Künstler und Intellektueller selbst als Bohémien inszeniert. Doch als er im Alter von etwa 50 Jahren gebeten wurde, als selbsternannter großer Künstler die Wandmalereien in der Abtei Brauweiler zu restaurieren, lehnte er mit den Worten „Spätere Geschlechter werden sagen, welch vorzüglicher Restaurator hat diesen schlechten, primitiven Malereien so vorzüglich restauriert!“ entrüstet ab.

Geboren am 30. Juli 1822 sollte der hochgewachsene Heinrich Peter nach dem Willen seines Vaters Metzger werden. Doch Knochen sägen und Würste kochen war nicht nach dem Willen des selbsternannten Kunstexperten, der von einem Zeitgenossen wie folgt beschrieben wurde. „Eine Kunstnatur mit langen Haaren, wallend bis auf die Schultern, mit ledernem Käpplein aus dem vorigen Jahrhundert, mit einem Rocke, dessen Schnitt aus der Zeit vor der Restauration zu sein scheint. Sein Gilet1Weste dagegen ist höchst dandymäßig, weite Pluderhosen gestalten ihn zum Türken …“.

Extrem kurze militärische Karriere

Klar, dass so ein Typ nicht zu den preußischen Dragonern passt. Warum Bock sich mit 19 Jahren ausgerechnet dieser berittenen Infanterie angeschlossen hat, lässt sich heute nicht mehr klären. Aber klar ist, dass seine militärische Karriere bereits nach wenigen Wochen ihr unrühmliches Ende fand. Die Preußen befürchteten, so Reinhold Louis2„Kölsche Originale“, Greven Verlag 1985 dass „Dragoner Bock die ganze Schwadron närrisch machen würde, sollte er noch länger bleiben“. Was Bock aber trotz dieser sehr kurzen Dienstzeit nicht davon abhielt, für den Rest seines Lebens einen Sporn am Stiefel zu tragen, welcher ihn als ehemaligen Dragoner kennzeichnet.

Einen echten festen Wohnsitz hatte Bock nicht. Sein bevorzugtes Domizil war ein alter, nicht mehr genutzter eisernen Dampfkessel in Bayenthal, welchen er als „sein Hotel“ bezeichnete und sich wahrscheinlich fühlte wie der Philosoph Diogenes in seiner Tonne. Bei gutem Wetter hingegen machte er sich in den Bögen der damals noch nicht abgerissenen Stadtmauer gemütlich.

Der Maler Bock in der Bierdeckel-Serie "Kölsche Originale", Bild: Bild: rs-bierdeckel.de, Reinhold Schäfer
Der Maler Bock in der Bierdeckel-Serie „Kölsche Originale“, Bild: Bild: rs-bierdeckel.de, Reinhold Schäfer

Wechselhafter Erfolg bei den Damen

Zunächst hatte der mittellose Bock wenig Erfolg, eine Frau an sich zu binden. Lang hing ihm nach, dass einmal eine Frau, die er in ein von einem Gönner überlassenes Haus mitnahm, auf das Dach floh und um Hilfe rief. Und das puddelrüh.

Auch mit den Marktfrauen auf den Alter Markt gab es regelmäßig Streit. Als eines Tages eine der Marktfrauen ihn ein kleines Stückchen Käse schenken wollte, wahrscheinlich um ihn endlich loszuwerden, zeterte Bock „Sie elende Person wagen es, einem Künstler einen solchen Bettel anzubieten!“ Gleichzeitig griff er nach dem Geschenk: „Doch her damit – Großmut gegen geringe Leute war stets mein Prinzip.“

Legendär waren seine Auftritte zu den Namenstagen ausgewählter Damen, bevorzugt Wirtinnen. Als Kavalier alter Schule pflegte er, mit einem Strauß selbstgepflückter Blumen und gestelzter Sprache zu gratulieren, um die anschließende Einladung zu Wein, Bier und Essen dankend anzunehmen. Sobald er satt war, schnappte er sich die ursprünglich geschenkten Blumen und verabschiedete er sich mit den Worten „Schöne Frau, ich wiederhole meinen Glückwunsch, ich muß aber noch einer anderen Dame zum Geburtstag gratulieren.“ Kurios: Die Wirtinnen erwarteten zu den Namenstagen regelrecht seinen Besuch – er war wie ein Maskottchen für die Damen.

Das digital massiv nachbearbeitete Bild des Maler Bocks von Adolph Wallraf (1880)
Das digital massiv nachbearbeitete Bild des Maler Bocks von Adolph Wallraf (1880)

Fake News zum Tode Bocks

Michael Wasserfuhr von den Kölschgängern schreibt, dass ein solcher Typ nicht so recht in das preußische Köln passt.3Michal Wasserfuhr: Der Maler Bock, https://koelschgaenger.net/maler-bock-2/ So wurde der große Künstler unfreiwillig aber nicht ganz unwillig (es war Winter!) in die Arbeitsanstalt Brauweiler einquartiert. Dass er dort mit einem anderen Original, dem Fleuten-Arnöldchen, zusammenarbeiten musste, gefiel Bock so nicht, weil das Arnöldche bei der Ansprache des Künstlers das respektlose “Du“ verwendete.

Während er in Brauweiler festsitzt, vermissen in Köln nicht nur die Wirtinnen den Maler Bock. Und dann machen auch noch „Fake-News“ über den Tod von Heinrich Peter Bock die Runde. Den Kölnern ist schnell klar, dass hier etwas nicht stimmen kann, wird doch auch sein Testament veröffentlicht. Der auf seinem Landgut in Brauweiler verstorbene „Professor Bock“ soll viele Tausend Taler für wohltätige Zwecke vermacht haben. Geld, welches der stadtbekannte Maler Bock selbstverständlich nie hatte.

Heribert aus Köln hat den Maler Bock als Figur auf dem Fensterbrett. Vielen Dank für dieses Bild! 
Heribert aus Köln hat den Maler Bock als Figur auf dem Fensterbrett. Vielen Dank für dieses Bild!

„Meine Kunst – mein Genie, das vergisst die Nachwelt nie!“

Doch Bock überlebt seinen vermeintlichen Todestag um mehrere Jahre. Nach mehreren Krankenhausaufenthalten stirbt der Maler Bock tatsächlich am 3. Dezember 1878 in einer Irrenanstalt in Düren und wird auch dort im Rahmen eines Armenbegräbnisses beigesetzt. Keiner in Düren ahnt, dass dort ein echtes Kölsches Original in einem schmucklosen, anonymen Grab ruht.

In Köln wird sein Tod im Karneval des Jahres 1879 verarbeitet. So lautete es in dem Karnevalslied „De Zünfte em Zog“ von Peter Prior:

„Zoletz trick dann de Künstlerschar,
doher met Glanz und Praach.
Dä Größte fählt, hä mäht sich rar,
es jenseits unger Daach!
Dat wor im selgen he vergunnt,
un doch met Stolz Bock sage kunnt:
„Meine Kunst – mein Genie,
das vergisst die Nachwelt nie!“

Besondere Ehre für einen Lebemann: Das Maler-Bock-Gäßchen im Schatten der Severinsbrücke, Bild: Uli Kievernagel
Besondere Ehre für einen Lebemann: Das Maler-Bock-Gäßchen im Schatten der Severinsbrücke, Bild: Uli Kievernagel

Ehrung durch eine Straße

Und tatsächlich wurde der Maler Bock bis heute nicht vergessen. Dafür sorgt auch eine Ehrung der Stadt Köln: Das Maler-Bock-Gäßchen in der Südstadt.

So wurde dem, „der nie einen Pfennig Steuer entrichtet hat, der in keinem ihrer Adreßbücher verzeichnet ist, weil er nie und nirgendwo amtlich gemeldet war, eine späte Ehrung zuteil“, so Reinhold Louis4„Kölsche Originale“, Greven Verlag 1985.


Tief im kollektiven Gedächtnis der Stadt verankert: Die "Kölschen Originale"
Tief im kollektiven Gedächtnis der Stadt verankert: Die „Kölschen Originale“

Weitere Geschichten zu den „Kölschen Originalen“ gibt es hier:


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Hans Imhoff – ein Herz aus Schokolade

Imhoff vor seinem wahr gewordenen Traum: Der Schokoladenbrunnen in seinem Schokoladenmuseum, Bild: Schokoladenmuseum Köln
Imhoff vor seinem wahr gewordenen Traum: Der Schokoladenbrunnen in seinem Schokoladenmuseum, Bild: Schokoladenmuseum Köln

„Ich wiege 100 Kilogramm, davon sind 80% aus Schokolade“ – so der Kölner „Schokoladen-König“ Hans Imhoff in einem Interview. Ob das tatsächlich stimmt? Eindeutig aber: Der Vollblutunternehmer hatte auf jeden Fall ein Herz aus Schokolade.

Hans Imhoff wurde am 12. März 1922 in Köln geboren. Nach dem Besuch der Handelsschule und einer kaufmännischen Lehre war er nur kurz im Kriegseinsatz. Wegen eines Augenleidens wurde er 1943 ausgemustert.

Seine unternehmerische Karriere begann im Oktober 1945. Imhoff erhielt von den Besatzungsmächten in Alf an der Mosel die Genehmigung, mit Lebensmittel zu handeln. Hart am Rande der Legalität maggelt1Mit „maggeln“ bezeichnet der Kölner Geschäfte, die mindestens fragwürdig, oft aber auch illegal sind. Imhoff mit Waren aller Art. Besonders lukrativ: Er tauschte Wein von der Mosel gegen Gebrauchsgegenstände aller Art, zum Beispiel Werkzeug, Rasierklingen, oder Lebensmittel.

Keine Maschinen, keine Experten, keine Rohwaren – aber eine Vision

Im Juni 1948 gründete er in Bullay eine Schokoladenfabrik. Der Beginn einer erstaunlichen Karriere. Imhoff hatte zum Start der Schokoladenproduktion nichts: Keine Maschinen, keine Experten – nur eine Vision: Imhoff will ein großer Schokoladenproduzent werden.

Doch dazu fehlte ihm vor allem die wichtigste Zutat: Kakao. Aber der findige Imhoff hat auch hier eine Lösung: Er tauschte Lebensmittel gegen Schokolade aus Care-Paketen und schmilzt diese ein. Mit einer auf dem Schwarzmarkt beschafften Maschine entstanden so seine ersten Pralinen. Das Unternehmen wächst, Mitte 1958 beschäftigt Imhoff bereits 400 Mitarbeiter. Er wird zu Deutschlands jüngstem Millionär. Sein offenes Geheimnis: Er war ein „Kostenkiller“. Er investierte viel Geld, um möglichst preiswert zu produzieren. Immer nach dem neuesten Stand der Technik.

Produziert wurde Massenware, welche in den Discountern sehr günstig angeboten wird. Die etablierten Markenhersteller wie Stollwerck oder Sprengel rümpfen die Nase, wenn der, aus ihrer Sicht, „Parvenü“ Imhoff auf Messen oder Kongressen der Branche erscheint. So verweigert ihm Dr. Bernhard Sprengel, Inhaber der Sprengel-Werke in Hannover, sogar auf einem Branchentreffen den Handschlag. Diese Ablehnung kränkte auf der einen Seite den selbstbewussten Imhoff, spornte ihn aber auf der anderen Seite an, ein eigenes Schokoladenimperium zu erschaffen.

Hans Imhoff - Vollblutunternehmer mit einem "Herz aus Schokolade". Bild: Schokoladenmuseum Köln
Hans Imhoff – Vollblutunternehmer mit einem „Herz aus Schokolade“. Bild: Schokoladenmuseum Köln

Wegfall der Preisbindung für Schokolade wird zu Risiko und Chance für Imhoff

Der direkte Wettbewerb der Schokoladenhersteller untereinander wurde seit 1952 durch eine staatliche festgelegte Preisbindung nahezu unterbunden. Erst 1964 wurde diese Regel aufgehoben. Für Imhoff war das zunächst negativ: Die Markenschokolade wurde deutlich günstiger, die Kunden griffen nach dem Wegfall der Preisbindung eher zur Markenschokolade statt zu den günstigen Produkten aus der Imhoff-Produktion. Aber auch hier erkannte der Unternehmer Imhoff seine Chance: Er produzierte in seinen Werken für die Tobler-Werke, die nicht über genügend eigene Produktionskapazitäten verfügten.

Obwohl der Vertrag mit Tobler lukrativ war, wusste Imhoff, dass er nur dann zu den ganz großen der Branche gehören konnte, wenn er über eine eigene, anerkannte Marke verfügen würde. Diese Chance ergab sich 1970. Und Imhoff griff zu. 

Imhoff übernimmt Stollwerck

Im Jahr 1970 geriet der Schokoladenkonzern Stollwerck in die Krise – die Gebrüder Stollwerck hatten sich übernommen. Die enorme Produktvielfalt, der Historiker Ulrich Soénius spricht von mehr als 1.400 Produkten, veraltete Maschinen und Fehlentscheidungen des Managements führten zu einem Verlust in Höhe von 7,8 Millionen DM. Das Wirtschaftsmagazin Capital bezeichnete die Stollwerck AG als die „Versager des Jahres“.

In dieser Krise steigt auch noch die Deutsche Bank, bis zu diesem Zeitpunkt Stollwerck-Großaktionär, aus. Hans Imhoff griff zu und erwarb von der Deutschen Bank das Aktienpaket. Er wurde mit 46,5 % Großaktionär von Stollwerck. Bis 2002 sollte sein Anteil auf 96% der Aktien anwachsen.

Und Imhoff begann unmittelbar mit der Sanierung des Unternehmens. Er streicht das überbordende Stollwerck-Sortiment von 1.400 Produkten auf weniger als 100. Gleichzeitig entließ er etwa 25% der Belegschaft und verkaufte das Stollwerck-Areal in der Südstadt. Hans Imhoff dazu: „Das Ganze ist zu alt. Wir haben industrielle Anlagen und Versorgungsanlagen, die über 100 Jahre hier stehen und die Kosten sind einfach zu hoch. Man kann ein altes Auto nicht uneingeschränkt fahren, eines Tages muss das auf den Schrottplatz.“ Ein neues Werk in Porz wurde gebaut.

„Dat is keine Kölsche“

Mit diesen Methoden machte sich der Schokoladenfabrikant wenig Freunde in Köln. Und als er dann auch noch die Produktion von kostengünstigen Kamelle für den Rosenmontagszug aus dem Sortiment strich, platzte den Honorationen der ehrwürdigen kölschen Karnevalsgesellschaften der Kragen. „Dä nemp uns die Kamelle fott. Dat is keine Kölsche.“ verlautete aus den Führungsetagen der Korps und Gesellschaften.

Das knallharte Verhalten des Geschäftsmanns Imhoff führte zu einer gesellschaftlichen Isolation. Seine zweite Ehefrau Gerburg Imhoff konstatierte: „So richtige Kölner Freunde hatten wir in dieser Zeit nicht.“ Doch das spornte den Unternehmer immer weiter an. Neben Stollwerck werden auch die Werke von Eszet und Waldbaur Teile des Imhoff-Konzern.

Bieterstreit mit Peter Ludwig um Sprengel

Auch Sprengel aus Hannover schlitterte in die Krise und sollte verkauft werden. Der Aachener Unternehmer Peter Ludwig war die unbestrittene Nummer Eins im europäischen Schokoladengeschäft. Mit ihm lieferte sich Imhoff ein wahres Bietergefecht um die renommierte Marke Sprengel.

Schlussendlich kam Imhoff zum Zuge und Sprengel wurde Teil des Imhoff-Schokoladen-Imperiums. Ausgerechnet Sprengel, dessen Chef Bernhard Sprengel dem aufstrebenden Unternehmer Imhoff einst den Handschlag verweigerte. Eine große Genugtuung für Imhoff, der zeitlebens um Anerkennung und Respekt kämpfte.

Jahreshauptversammlungen werden zur „Hans-Imhoff-Show“

Das Unternehmen expandierte, Imhoff gründet die Wäsche-Leasingfirma Larosé und erwirbt eine Fleisch- und Wurstwarenfabrik. Auch im Ausland wächst das Unternehmen. So entstanden neue Schokoladen-Fabriken in Ungarn, Polen und Russland.

In dieser Zeit der nahezu unbegrenzten Euphorie werden die Jahreshauptversammlungen der Stollwerck AG zu einer wahren Hans-Imhoff-Show. Das Handelsblatt vergleicht diese Hauptversammlungen mit dem Karneval. In „der Bütt“ steht Hans Imhoff. Ohne Manuskript erzählt er Witzchen, zu finanziellen Kennzahlen des Konzerns veranstaltet er ein Ratespiel: Richtige Antworten zur Bilanz werden mit 100-DM-Scheinen belohnt. Die Aktionäre erhalten eine opulente Bewirtung und üppige Schokoladenpakete. Hans Imhoff ist auf dem Zenit seiner Karriere.

Hans Imhoffs Vermächtnis: Das Schokoladenmuseum, Bild: Raimond Spekking
Hans Imhoffs Vermächtnis: Das Schokoladenmuseum, Bild: Raimond Spekking

Schokoladenmuseum als Denkmal in Köln – Nachfolgefrage schwierig

In dem Multimillionär Imhoff reifen in dieser Zeit auch die Gedanken, wie er sich zum einen in Köln verewigen kann, zum anderen, wie eine mögliche Nachfolge aussehen könnte. Sein Denkmal wird das unübersehbare Schokoladenmuseum direkt am Rhein. Allerdings ist die Nachfolgefrage ungeklärt. Imhoffs Tochter Annette traut sich zwar zu, ein Unternehmen zu leiten, aber nicht den gesamten Konzern.

Anfang der 2000er Jahre zeigt der jahrelange Stress seine Folgen, Hans Imhoff leidet zunehmend an gesundheitlichen Problemen. Gleichzeitig erlebte das Unternehmen eine veritable Krise. Der Handel mit den Discountern machte immer weniger Gewinn, Sprengel in Hannover machte große Verluste. Das Werk dort wurde 2001 geschlossen.

Im April 2002 verkauft Imhoff den gesamten Konzern für 175 Millionen Euro an den Schweizer Schokoladenkonzern Barry Callebaut AG. In Köln wird noch bis 2005 Schokolade produziert – dann endet die Ära der Stollwerck-Schokolade.

Das Grab der Familie Imhoff auf Melaten, Bild: MSchnitzler2000, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Das Grab der Familie Imhoff auf Melaten, Bild: MSchnitzler2000, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Hans Imhoff stirbt nach langer Krankheit am 21. Dezember 2007 und wird Im Familiengrab auf Melaten beigesetzt.

Was aber bleibt ist sein Denkmal: Das Schokoladenmuseum.


Die Imhoff-Stiftung fördert Projekte in Köln

Die gemeinnützige Imhoff Stiftung

Die gemeinnützige Imhoff Stiftung wurde im Dezember 2000 von Hans Imhoff nach dem Verkauf des Stollwerck-Konzerns gegründet. Sein Wunsch war es, seiner Heimatstadt Gutes zu tun. Er saß der Stiftung gemeinsam mit seiner Ehefrau Gerburg Klara Imhoff bis zu seinem Tod im Dezember 2007 vor.

Bis Februar 2018 war Gerburg Klara Imhoff Vorstandsvorsitzende; seitdem ist sie Ehrenmitglied des Beirates. Seit Februar 2018 ist Susanne Imhoff Vorsitzende des Stiftungsvorstandes.

Das Museumsgebäude des Schokoladenmuseums gehört der Imhoff-Stiftung. Der Clou: Die Mieteinahmen fließen in die Stiftung, welche wiederum Projekte in Köln fördert. So sind seit 2001 etwa 19 Millionen Euro in unterschiedliche Projekte ausgeschüttet worden. Beispiele:2Weitere geförderte Projekte werden auf der Website der Imhoff-Stiftung vorgestellt.

  • Afina – Assoziation für interkulturelle und nachbarschaftliche Arbeit
    Hier geht es speziell für Kinder und deren Eltern mit Migrationshintergrund auf Spurensuche in der Kölner Stadtgeschichte.
  • Plant-for-the-Planet-Akademie
    Spezielle Veranstaltungen, auf denen Kinder zu Botschaftern für Klimagerechtigkeit ausgebildet werden.
  • SingPause: Musikalische Ausbildung von Grundschulkindern
    Ausgebildete Singleiter/innen besuchen regelmäßig die Klassen und arbeiten mittels der renommierten Ward-Methode mit den Kindern.
  • Zentrum für Therapeutisches Reiten Köln e.V.
    In diesem speziellen Reitstall wurden 240.000 Therapieeinheiten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit unterschiedlichsten Behinderungen und Förderbedarf angeboten.
Die Gaea II von Gerhard Marcks in der Kölner Stollwerckpassage, Bild: © Raimond Spekking
Die Gaea II von Gerhard Marcks in der Kölner Stollwerckpassage, Bild: Raimond Spekking

Die Imhoff-Stiftung hat auch dafür gesorgt, dass den Kölnern die Marcks-Skulptur „Gaea“ von Gerhard Marcks in der Kölner Stollwerckpassage erhalten geblieben ist.

Anträge auf Förderung können über die Website der Imhoff-Stiftung gestellt werden. Gefördert werden Projekte aus den Bereichen :

  • Kunst und Kultur
  • Bildung
  • Kulturpädagogik
  • Wissenschaft und Forschung
  • Therapeutisches Reiten
  • Öffentliche Gesundheitspflege
  • Denkmalpflege
  • Heimatkunde

Ein wichtiges Förderkriterium: Das Projekt muss innerhalb Kölns initiiert und realisiert werden. Außerdem können Anträge nur von einer steuerbegünstigten Körperschaft oder einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gestellt werden, in deren Freistellungsbescheid mindestens ein Stiftungszweck der Stiftung erfüllt ist. In jedem Fall muss das Projekt bzw. das Ergebnis des Projektes ist der Öffentlichkeit zugänglich oder zu ihrem Nutzen sein.


Die Hans-Imhoff-Straße in Deutz, Bild: Uli Kievernagel
Die Hans-Imhoff-Straße in Deutz, Bild: Uli Kievernagel

Hans-Imhoff-Straße in Deutz

Direkt am Messeglände in Deutz erinnert die Hans-Imhoff-Straße an den Mann  mit dem „Herz aus Schokolade“.


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Bläck Fööss – Zeitreise durch mehr als 50 Jahre kölsche Musikgeschichte

Die Bläck Föös in ihrer aktuellen (Anfang 2025) Besetzung, Bild: Kay-Uwe Fischer
Die Bläck Föös in ihrer aktuellen (Anfang 2025) Besetzung, Bild: Kay-Uwe Fischer


In den 1970er Jahren war der Sitzungskarneval sehr angestaubt. Langweilige Sitzungen mit nichtssagender Musik, Abendgarderobe und eher steifen als  lustigen Karnevalisten waren die Regel.

Und dann kamen auf einmal ein paar langhaarige Jungs auf die Bühne, am Anfang noch met bläcke Fööss1barfuß, mit Gitarre und Schlagzeug und fingen an, kölsche Lieder zu spielen, wo vorher noch eher festlich hochdeutsche Lieder vorgetragen wurden.

Die Bläck Fööss in den 1970er Jahren, Bild: Bläck Fööss
Die Bläck Fööss in den 1970er Jahren, Bild: Bläck Fööss

Der Versuch der etablierten, offiziellen Kappenträger, diese Band einfach zu ignorieren, ging gehörig daneben.2Ein Muster übrigens, was sich etwa 30 Jahre später bei Brings wiederholen sollte. Die Menschen wollten genau diese Musik hören. 

Das war die Geburtsstunde einer kölschen Erfolgsgeschichte:
Die Bläck Fööss eroberten die Bühnen.

Examen an der „Akademie för uns kölsche Sproch“

Wie so viele aus den Jahrgängen ab etwa Mitte 1960 sind auch Jörg Hauschild und Ekkehard „Ekki“ Hoffmann mit der Musik der Fööss aufgewachsen. Und als die beiden dann ihr Examen an der „Akademie för uns kölsche Sproch“ gemacht haben, wurde aus einer Idee Realität: Ihre Abschlussarbeit an der Akademie haben beide zusammen über die “Mutter aller kölschen Bands” – die Bläck Fööss – geschrieben.

Ekkehard „Ekki“ Hoffmann (links) und Jörg Hauschild mit ihrer Diplomarbeit über dei Bläck Fööss, Bild: Ekki Hoffmann
Ekkehard „Ekki“ Hoffmann (links) und Jörg Hauschild mit ihrer Diplomarbeit über dei Bläck Fööss, Bild: Ekki Hoffmann

Die beiden haben sich äußerst akribisch in die Geschichte der Fööss eingearbeitet und auch mit den Musikern aus der Band direkt gesprochen.

Einzigartig ist, dass diese Arbeit die erste Diplomarbeit an der „Akademie för uns kölsche Sproch“ ist, die bilingual erscheint: Auf Kölsch und Hochdeutsch. Ein absolutes Novum in der Geschichte der Akademie.

Diplomarbeit hier zum Download

Ich freue mich SEHR, dass die beiden mir erlaubt haben, diese sehr lesenswerte Diplomarbeit hier zum Download anzubieten.

Die Diplomarbeit von Jörg Hauschild & Ekkehard Hoffmann: "Heimatflimmern Bläck Fööss - Zeitreise durch mehr als 50 Jahre Musikgeschichte", Quelle: Hauschild & Hoffmann
Die Diplomarbeit von Jörg Hauschild & Ekkehard Hoffmann: „Heimatflimmern
Bläck Fööss – Zeitreise durch mehr als 50 Jahre Musikgeschichte“, Quelle: Hauschild & Hoffmann (Der Download startet bei klick auf die Darstellung.)

Interview mit den Bläck Fööss-Experten

Frank und ich durften mit den beiden sprechen. Gemeinsam haben wir eine Zeitreise zu 50 Jahren Bläck Fööss unternommen.

Die beiden Bläck Fööss-Experten Ekki und Jörg bei der Podcast-Aufnahme, Bild: Uli Kievernagel
Die beiden Bläck Fööss-Experten Ekki und Jörg bei der Podcast-Aufnahme, Bild: Uli Kievernagel

Teil I: Die Anfänge bis 1994

Wir haben über die Anfänge mit Graham Bonney und dem „Rievkooche-Walzer“ gesprochen, über das durchaus zwiespältige Gefühl der Fööss zum Karneval und über den ersten großen Umbruch mit dem Ausstieg von Tommy Engel im Jahr 1994.

Teil II: Die Geschichte der Fööss von den 1990ern bis heute

Im zweiten Teil geht es um die Meilensteine der Bandgeschichte und den langsamen Ausstieg der Ur-Fööss aus der Band. Außerdem wagen die beiden Fööss-Experten einen Blick in die Zukunft.


Genau wie alle anderen Menschen in meiner Rubrik „Ein paar Fragen an …“ haben auch Ekki Hoffmann und Jörg Hauschild den „kölschen Fragen“ Rede und Antwort gestanden.

  1. Wenn nicht Köln – wo sonst könntest du wohnen? Und warum gerade dort?

Ekki: Kopenhagen, die Dänen haben uns viel voraus

Jörg: Da, wo ich jetzt wohne, in Bergisch Gladbach – Schildgen

  1. Welche kölsche Eigenschaft zeichnet dich aus?

Ekki: Toleranz

Jörg: Hätzlich un bodenständich

  1. Was würdest du morgen in unserer Stadt ändern?

Ekki: Autofreie Innenstadt

Jörg: Die zielgerichtete Zusammenarbeit

  1. Nenne ein/zwei/drei Gründe, warum man Köln morgen verlassen sollte.

Ekki: Die Oper wird nie fertig / Entscheidungs-/Umsetzungsstau / Parken in zweiter Reihe ohne Konsequenzen

Jörg: Häh?

  1. Wo ist dein Lieblingsplatz in Köln?

Ekki: Rheinufer mit Blick auf den Dom

Das Millowitsch-Denkmal. Einfach mal neben Willi Platz nehmen, Bild: Ruth Rudolph / pixelio.de
Willi Millowitsch hat Ekki und auch Jörg inspiriert, hier das Millowitsch-Denkmal. Bild: Ruth Rudolph / pixelio.de
  1. Welche KölnerInnen haben dich beeinflusst / beeindruckt?

Ekki: Willy Millowitsch, Wolfgang Overath

Jörg: Jupp Menth, Willi Millowitsch und Wolfgang Niedecken

Wolfgang Niedecken mit Background-Sängerin Karen Schweitzer-Faust bei einem BAP-Konzert in der Sporthalle (1991) , Bild: Achim Scheidemann
Wolfgang Niedecken, hier mit Sängerin Karen Schweitzer-Faust, hat Jörg beinflusst. Bild: Achim Scheidemann
  1. Was machst du zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch?

Ekki: Mit netten Menschen Karneval feiern

Jörg: Fasteloovend fiere

  1. Wat hät für dich noch immer jood jejange?

Ekki: Trotz allem kritischen liebe ich diese Stadt

Jörg: Meiner Berufung nachgehen, ich arbeite in der touristischen IT und bin ein Schützenjunge

  1. Wo drüber laachs de dich kapott?

Ekki: Über die Sicht von außen auf Köln

Jörg: Alberner Humor und immer Situationskomik

  1. Dein Kölsche Lieblingskneipe?

Ekki: In der Jugend das Piranha

Jörg: Et Höttche oder Max Stark

  1. Dein Lieblingskölsch?

Ekki: Sünner Malz

Jörg: Ratet mal (siehe oben)3Sowohl im Max Stark als auch im Höttche wird Päffgen-Kölsch ausgeschenkt.

Halve Hahn, Bild: Superbass / CC-BY-SA-4.0 (via Wikimedia Commons)
Ekkis Lieblingsgericht: Ne Halve Hahn, Bild: Superbass / CC-BY-SA-4.0 (via Wikimedia Commons)
  1. Was ist dein kölsches Lieblingsgericht?

Ekki: Halver Hahn

Jörg: Himmel un Ääd

  1. Dein Lieblingsschimpfwort auf Kölsch?

Ekki: Lällbeck

Jörg: Sackjeseech … da gibt es auch ein  schönes Lied zu

  1. Bitte vervollständige den Satz: Köln ist …

Ekki: … Heimat

Jörg: … e Jeföhl


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Ein paar Fragen an Philipp Godart: „Ein Kölle Alaaf“

Philipp Godart - moderne Popmusik op kölsche Art. Bild: Philipp Godart
Philipp Godart – moderne Popmusik op kölsche Art. Bild: Philipp Godart

 

Er wird als der „kölsche Ed Sheeran“ bezeichnet: Der Musiker und Produzent Philipp Godart. Er steht bereits seit seinem elften Lebensjahr auf der Bühne und ist auch seit ein paar Jahren im kölschen Fastelovend unterwegs.

Damit der Imi auch die richtigen kölschen Worte trifft, hat er bei der Akademie för uns kölsche Sproch studiert und schreibt seine Songs heute im perfekten Kölsch. Pünktlich zum 11.11.2020 erschien seine erster kölscher Song „Iwig“. Es folgten unter anderem “Et bliev esu” und „Su wie Jana“.

„Ein Kölle Alaaf”

In der Session 2024/25 hat er gleich zwei neue Lieder veröffentlicht „Souvenir“ und „Ein Kölle Alaaf”. In diesem Song stecken zahlreiche kölsche Hits – eine kleine Zeitreise durch den Kölner Karneval. So lautet es:

Katrin, Meyers Kättche, un dat Leev Marie
Dann Bye Bye my love, su wie met dir wor et nie
MIr sin eins, echte Fründe, mir han de Musik bestellt
Mer fiere et Levve, em jeilste Land der Welt
 

Beginn der Karnevalskarriere bei der KAJUJA

Wie für so viele Künstler im Karneval begann es auch für Philipp bei einem Vorstellabend. Diese Vorstellabende finden vor Beginn der Karnevalszeit statt. Dort präsentieren sich Musiker, Redner und Tanzgruppen vor den Literaten.1Literaten sind die heimliche Macht im Sitzungskarneval. Ein Literat stellt das Programm der Sitzungen zusammen und bucht die Redner, Bands und Tanzgruppen. Und danach hoffen die Künstler auf viele, viele Buchungen.

Philipp Godart durfte sich 2019 beim Vorstellabend der KAJUJA2Die KAJUJA Köln wurde bereits 1949 gegründet und ist eine Karnevalistenvereinigung, die aktiven Bühnen-Nachwuchs für den Kölner Karneval ausbildet. präsentieren. Danach ging es für ihn auf Kölns Bühnen richtig los.

Flexibilität gefordert

Heute spielt er weit über 50 Auftritte in der Session – Tendenz steigend. Der Anspruch und Stresslevel für die Künstler auf den Sitzungsbühnen ist hoch: In der Regel haben die Tontechniker etwa 30 Sekunden Zeit, die Technik auf der Bühne aufzubauen, bevor der Sitzungspräsident den jeweiligen Künstler aufruft. 

Und dann gilt es in ungefähr 20 Minuten abzuliefern. Egal, ob Seniorensitzung in Sürth oder Mädchensitzung in Mauenheim um 23 Uhr. Phlipp Godart hat deswegen kein fixes Programm: „Man muss sich auf die jeweilige Situation einstellen. Spätestens nach 22 Uhr entfallen lange Ansprachen auf der Bühne – da geht es sofort zu Sache.“ 

Studio „Wunderland“ und Label „schanzenART“

Phlipp Godart lebt von der Musik – nicht nur im Karneval. In seinem eigenem Studio „Wunderland“ bietet er von Songwriting über Aufnahme und Produktion bis zu Vocalcoaching das komplette Programm für alle Künstler. 

Veröffentlichungen der Songs können auch auf Wunsch über sein eigenes Label schanzenART erfolgen. Das „Kölner Musiklabel für kölsche Musik und deutsche Popmusik“ ist auf den den digitalen Vertrieb spezialisiert. Die Zeiten haben sich verändert, und Musik wird heute völlig anders produziert und konsumiert als noch in den 2000er Jahren. Diese Veränderung ist in den Tonstudios und bei den Künstler:innen angekommen, bei den Fans sowieso. Leider aber noch nicht bei den Musiklabels und den Wegen des überwiegend digitalen Vertriebes.“ so Phillipp über sein Label. Für ihn stehen die Selbstbestimmung der Künstler und Vertragsmodelle auf Augenhöhe im Mittelpunkt. 

Ehrenamtliches Engagement „Pänz-Große-Pause“ 

Philipp Godart will das kölsche Brauchtum auch den nächsten Generationen nahe bringen. So ist er, zusammen mit den Bands Kempes Finest, Lupo und ALUIS, Teil des Projekts „Pänz-Große-Pause“.

Die beteiligten Künstler besuchen ehrenamtlich ausgewählte Schulen und feiern mit den Kindern den kölschen Karneval. Philipps Schwerpunkt liegt in diesem Projekt auf den Förderschulen.

Das Kölner Kinderdreigestirn 2025: Kinderprinz Ole I., Kinderbauer Anton, Kinderjungfrau Philippa, Bild: Festkomitee Kölner Karneval
Das Kölner Kinderdreigestirn 2025: Kinderprinz Ole I., Kinderbauer Anton, Kinderjungfrau Philippa, Bild: Festkomitee Kölner Karneval

Ein Lied für das Kölner Kinderdreigestirn

Im Jahr 2025 gab es den „kölschen Ritterschlag“ für Philipp Godart. Er hat das Sessionslied: „FasteLOVEnd“ für das Kinderdreigestirn geschrieben. Bei jedem Auftritt präsentieren die drei Pänz dieses Lied.

Eingesungen wurde das Lied gemeinsam mit dem integrativen Chor „Belve-Pänz“ der Förderschule Belvederstraße.

 

Das ganze Interview im Podcast – mit LIVE-Musik! 

In unserem Interview im Podcast spricht Philipp über seinen Werdegang im Karneval, er spielt LIVE seine neuen Lieder „Souvenir“ und „Ein Kölle Alaaf”. Außerdem erzählt er äußerst interessante Details aus der kölschen Musikszene. Reinhören lohnt sich! 


 

Philipp Godart

Genau wie alle anderen Menschen in meiner Rubrik „Ein paar Fragen an …“ hat auch Philipp Godart zu meinen „kölschen Fragen“ Rede und Antwort gestanden.

Wenn nicht Köln – wo sonst könntest du leben? Und warum gerade dort?

Als echte kölsche Imi natürlich nirgendwo anders. Aber wenn ich müsste, dann hätte ich zwei Orte zur Auswahl: Zum einen Berlin, denn da leben meine Mutter und mein Bruder, und ich bin sehr oft dort. Und zum anderen London. Diese Stadt wäre eine Alternative – aber London ist ja noch teurer als Köln.

Wo ist dein Lieblingsplatz in Kölle?

Zollstock. Eindeutig. Ich bin meinem Veedel wirklich sehr verbunden, und da ist es auch wirklich nett – für manche vielleicht erst auf den zweiten Blick. In Zollstock gibt es einen kleinen netten Park, da bin ich eigentlich täglich um ein Runde zu drehen.

Die Linie 12, im Hintergrund die typischen Zollstocker Genossenschaftsbauten, Bild: Qualle, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Philipp fühlkt sich Zollstock sehr verbunden, Bild: Qualle, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Und ich bin sehr gerne bei mir im Tonstudio in Mülheim. Das ist ein sehr kreativer Ort. In Mülheim gibt es einen sehr schönen kleinen Streifen am Rhein, da kann man richtig schön in Ruhe spazieren – das ist ja nicht überall am Rhein so gegeben.

Welche kölsche Eigenschaft zeichnet dich aus?

Das ist in jedem Fall Optimismus: „Et hät noch immer jood jejange“. Selbst wenn ich mal einen Rückschlag erlebe ,bin ich nur zehn Minuten niedergeschlagen –  dann kommt schon wieder irgendwas Positives .

Welche Kölner haben dich beeinflusst?

Das sind – wenn man die Musik betrachtet – einige. Und manche davon sind sogar sogar Kollegen geworden. So finde es zum Beispiel toll, was die Höhner so alles gemacht haben. Henning Krautmacher hat mich definitiv beeinflusst. Wir haben mittlerweile ein sehr enges Verhältnis, er ist so etwas wie ein Mentor für mich.

Aber ich danke auch Leuten wie Karl Berbuer, Fritz Weber oder Willi Ostermann dafür, dass sie vor vielen Jahren auf den Bühnen als Solisten waren wo ich jetzt wieder als Solist hin möchte.

Was machst du zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch?

Weiberfastnacht ist der Höhepunkt. Dann geht es für uns Musiker gefühlt 24 Stunden rund. Auch am Freitag und am Samstag wird noch gearbeitet. Am Sonntag bin ich bei den Schul- und Veedelszöch dabei. Rosenmontag habe ich frei, da werde ich von einer Tribüne aus den Zug sehen.

Dienstag bin ich mit der Europaschule beim Zollstocker Dienstagszug dabei. Ein Ehrenamt und ein sehr großer Spaß, ordentlich Rabatz mit den Pänz zu machen.

Und was zwischen Aschermittwoch und Weiberfastnacht?

Schlafen! Wir Karnevalisten sind ein bisschen wie Bären nur umgekehrt: Wir haben einen langen Sommerschlaf und im Winter werden wieder aktiv.

Im Ernst: Nach Aschermittwoch gönne ich mir wie alle Karnevalisten ein paar Tage Urlaub. Und dann geht es direkt schon wieder ins Studio. Ich schreibe und produziere ja nicht nur für mich, sondern für mehrere Künstler in Köln und in ganz Deutschland. Und im April geht es dann auch schon wieder mit meinen eigenen Konzerten los.

Rievkooche, Klaus Steves / pixelio.de
Rievkooche, für Philipp mit Apfemus und Schwarzbrot, Bild: Klaus Steves / pixelio.de

Dein kölsches Lieblingsessen?

Eindeutig Rievkooche. Gerne mit Apfelmus und Schwarzbrot.

Wat hät für dich noch immer jood jejange?

Im Prinzip alles. Denn: Am Ende ist alles auch immer nur halb so schlimm. Wobei: Im Hinblick auf die Wahlergebnisse der AfD im Osten fällt mir diese Aussage dann doch etwas schwer. Deswegen unbedingt am 23. Februar wählen gehen!

Nenne ein/zwei/drei Gründe, warum man Köln morgen verlassen sollte.

Oh – das ja fast schon eine Fangfrage! Ich finde, man sollte Köln auf jeden Fall verlassen, wenn die AfD hier weit über 40%  holt. Das wäre eine absolute Vollkatastrophe und  ein absolut legitimer Grund, hier wegzugehen. Deswegen: Geht schön alle am 23. Februar wählen! Grund Nummer zwei wäre die KVB. Das lässt durchaus zu wünschen übrig, das bekommen andere Städte definitiv besser hin. Ein dritter Grund fällt mir echt nicht ein.

Worüber laachste dich kapott?

Bestimmt nicht über Camping! Denn meine Schwiegereltern sind fanatische Camper, das ist wie eine Religion.

Worüber ich aber sehr lachen kann, sind einige Kollegen hier in Köln. Ganz toll finde ich zum Beispiel Martin Schopps, Volker Weininger oder den „Tuppes vom Land“, einen der letzten Vertreter der traditionellen Reim-Rede. Aber auch Marc Metzger ist sensationell lustig.

Dein Lieblingsschimpfwort auf Kölsch?

Der Schmecklecker. Der hat es sogar in eine Songtext von mir geschafft.

Bitte vervollständige den Satz: Köln ist …

Köln ist eine Stadt, die auf den ersten Blick nicht verliebt macht – aber auf den zweiten Blick definitiv.


Ein Kölle Alaaf

Musik und Text: Philipp Godart und Jörg Bracht
 
Met Heimwieh noh Kölle, wenn et sin muss zo Foß
För die Ahl e paar Blömcher, en unserem Veedel Zohus
Mir wore Pirate als Pänz dofür jitt et kein Wood
Hück steiht de Welt still, denn et jeiht widder loss
 
Su lang mer all noch am Lääve sin
ne kölsche Jung steck in jedem drin
mh mh
 
Du bes die Stadt, du bes jeck
wenn’t Trömmelche jeiht
dann stonn mir parat
 
Viva Colonia, Alaaf
jo Minsche wie mir
Us der Stadt Met K
Die singe immer
 
oh oh oh oh oh oh oh
ein Kölle Alaaf
mir singe immer
oh oh oh oh oh oh oh
ein Kölle Alaaf
 
Katrin, Meyers Kättche, un dat Leev Marie
Dann Bye Bye my love, su wie met dir wor et nie
MIr sin eins, echte Fründe, mir han de Musik bestellt
Mer fiere et Levve, em jeilste Land der Welt
 
Su lang beim Lommi et Leech noch brennt
un jeder Jeck noch die Leeder kennt
mh mh
 
Du bes die Stadt, du bes jeck
wenn’t Trömmelche jeiht
dann stonn mir parat
 
Viva Colonia, Alaaf
jo Minsche wie mir
Us der Stadt Met K
Die singe immer
 
oh oh oh oh oh oh oh
ein Kölle Alaaf
mir singe immer
oh oh oh oh oh oh oh
ein Kölle Alaaf
 
Du bes die Stadt, du bes jeck
wenn’t Trömmelche jeiht
dann stonn mir parat
 
Viva Colonia, Alaaf
jo Minsche wie mir
Us der Stadt Met K
Die singe immer
 
oh oh oh oh oh oh oh
ein Kölle Alaaf
mir singe immer
oh oh oh oh oh oh oh
ein Kölle Alaaf
 
oh oh oh oh oh oh oh
ein Kölle Alaaf
mir singe immer
oh oh oh oh oh oh oh
ein Kölle Alaaf

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Elo Wilhelm Sambo: Der Blaue Funke an d´r Spetz vum Rusemondachszoch

Elo Wilhelm Sambo als Kesselpauker der Blauen Funken führt den Kölner Rosenmontagszug an
Elo Wilhelm Sambo als Kesselpauker der Blauen Funken führt den Kölner Rosenmontagszug an

Ganz Köln kannte ihn, die Pänz haben ihn geliebt,: Elo Wilhelm Sambo, der Kesselpauker der Blauen Funken. Ein Mann mit schwarzer Hautfarbe im Karneval. Und das nicht irgendwo, sondern ganz vorne im Rosenmontagszug.

Die Blauen Funken haben seit 1870 „de Spetz vum Rusemondachszoch“. Das bedeutet, dass sie mit ihrer Kapelle den Rosenmontagszug anführen. Und vor der Kapelle ritten immer vorneweg die Kesselpauker. Somit hatte Sambo ab Ende der 1920er Jahre bis 1933 faktisch den Kölner Rosenmontagszug eröffnet.

Geboren in einer Kolonie des Deutschen Reichs

Bis es zu seiner Karriere im Kölner Karneval kam, hatte Elo Wilhelm Sambo bereits viel erlebt. Er wurde 1885 in Yaoundé in Kamerun geboren. Ob der 1. April sein tatsächliches Geburtsdatum ist, lässt sich bis heute nicht zweifelsfrei nachweisen.

Im Jahr seiner Geburt wurde Kamerun zum „Schutzgebiet“ des Deutschen Reichs, die europäischen Mächte hatten Afrika unter sich aufgeteilt. Neben der wirtschaftlichen Ausplünderung der Kolonien wurden auch Menschen als Exoten mit nach Europa genommen – schwarze Dienstboten galten als schick.

Dieses Schicksal trifft auch den angeblichen Waisen Elo Sambo. Der kaiserliche Rittmeister Stolzenberg brachte den sechsjährigen Jungen im Jahr 1891 mit ins Deutsche Reich. Da Kaiser Wilhelm II. sein Patenonkel wurde, erhielt der Junge den zweiten Vornamen „Wilhelm“.

Karriere im kaiserlichen Militär

Über seine schulische Ausbildung und Werdegang ist nichts bekannt, vermutlich wurde er in einem Militär-Waisenhaus in Potsdam erzogen und soll auch dort eine Ausbildung zum Pferdeknecht gemacht haben. Erst ab 1905 ist der weitere Lebensweg dokumentiert. Sambo trat als Freiwilliger am 1. Oktober 1905 in die 4. Kompanie des Eisenbahner-Regiments Nr. 1 ein.

Ob die militärische Karriere tatsächlich freiwillig war, darf durchaus bezweifelt werden. Vermutliche Gründe waren wahrscheinlich eher der Mangel an Alternativen für einen Afrikaner im Kaiserreich.

Nach zwei Jahren wechselte er in das „Leib-Gardehusaren-Regiment“ und wurde dort zum Kesselpauker ausgebildet. Auch schon sein Vorgänger als Kesselpauker in diesem Regiment war afrikanischer Herkunft. Diese schwarzen Kesselpauker ritten regelmäßig in roter Uniform auf einem Schimmel vor der Kapelle. Durch diese schwarz-rot-weiße Farbkombination wurden die Farben des Deutschen Kaiserreiches repräsentiert.

Eine Postkarte von 1928 zeigt Elo Wilhelm Sambo in der Uniform des Leib-Gardehursaren-Regiments, Bild: Digitale Sammlungen der Universität zu Köln
Eine Postkarte von 1928 zeigt Elo Wilhelm Sambo in der Uniform des Leib-Gardehursaren-Regiments, Bild: Digitale Sammlungen der Universität zu Köln

Als einer der wenigen Personen afrikanischer Herkunft kämpfte Sambo im Ersten Weltkrieg auf Seiten des Deutschen Reichs. Er wurde an der Westfront und im Osten eingesetzt und dort schwer verwundet.

Sein damaliger Regimentsadjudant schrieb über Elo Wilhem, Sambo:

„Als ich im Frühjahr 1915 zur Infanterie versetzt wurde, kam Sambo zu mir und meinte: „Nehmen der Rittmeister mich mit, ich lasse mich auch für ihn totschießen.“1Quelle: Höxtersche Zeitung vom 9. Dezember 1933

Für seinen Einsätze erhielt der das Verwundetenabzeichen und das „Eiserne Kreuz 2. Klasse“. Nach seiner Genesung kämpfte er – unbestätigten Quellen zufolge – in Palästina. Dort soll er im Jahr 1918 in englische Gefangenschaft geraten sein.

Sambo kehrte 1919 aus der Kriegsgefangenschaft zurück und wurde wieder als Kesselpauker im 4. Reiter-Regiment in Potsdam eingesetzt. 1923 wurde er aus der Armee entlassen.

Ende 1920er zieht Sambo nach Köln

Während sein Militäreinsatz relativ gut dokumentiert wurde, ist über sein Privatleben sehr wenig bekannt. Er arbeitete kurze Zeit als Fremdenführer in Potsdam, zog dann aber nach Münster und wurde dort „Kaffee-Koch“ in der Konditorei seines ehemaligen Kriegskameraden Albin Middendorp.

Ganz uneigennützig wird die Einstellung Sambos durch Middendorp nicht gewesen sein. Der „Exot“ Sambo wurde als Werbefigur für das exotische Getränk Kaffee eingesetzt. Für die Münsteraner der 1920er Jahre war ein schwarzer Mann durchaus besonders und so hatte der „Kaffee-Koch“ Sambo den Kaffee-Absatz in Middendorps Konditorei mit Sicherheit steigern können.

Wie lange genau Sambo in Münster war, lässt sich nicht genau nachvollziehen. Aber gegen Ende der 1920er Jahre zieht er nach Köln.

Mitglied der Blauen Funken

Angeblich kam er wegen einer Frau nach Köln. Er wäre nicht der erste Mann, der wegen der Liebe nach Köln kommt. Doch ob das tatsächlich so war, lässt sich nicht belegen. Die Beziehung einer weißen Frau zu einem schwarzen Mann war eher geduldet als erwünscht, daher gibt es auch keine Belege für diese These.

Vermutlich hat Elo Wilhelm Sambo in der Kölner Südstadt gelebt. Er wurde wurde er auch Mitglied der Blauen Funken.

Elo Wilhelm Sambo in der Mitte vor den Kesselpauken
Elo Wilhelm Sambo in der Mitte vor den Kesselpauken

Unstrittig und vielfach belegt waren seine Leistungen als Musiker bei dem Leibgarde-Husaren-Regiment. Sambo spielt dort wieder die Kesselpauke. Die Konzerte und insbesondere die Leistungen Sambos  wurden in vielen Zeitungen ausdrücklich gelobt. So lautete es in der „Bergischen Post“ vom 8. Februar 1927:

„Die Sensation des Abends bildete das Auftreten des schwarzen Kameruners Elo Wilhelm Sambo, des letzten Paukenschlägers der Garde-Leibhusaren, der in voller Friedensuniform nochmal seine geliebte Pauke schlug und dafür natürlich mit lebhaftem Beifall bedacht wurde.“

Das „Altenaer Kreisblatt“ schrieb am 1. Dezember 1927:

„Die Musik kam dann wieder zu ihrem Recht und war es u. a. Kamerad, Vizewachtmeister Elo Wilhelm Sambo, der in der schmucken Uniform des ehemaligen Leibgarde-Husaren-Regiments als Kesselpauker auftrat und tosenden Beifall erntete.“

Und die „Langenberger Zeitung“ vom 27. Oktober 1928 berichtete:

„Mit Beginn des 3. Teiles … kam durch den Saal von acht Fanfarenbläsern eskortiert eine weitere „Zugnummer“, des Abends, der Kameruner Elo Wilhelm Sambo, der sich in die Friedensuniform des ehemaligen Leibgarde-Husaren-Regiments „geschmissen“ hatte. Ungeheurer Jubel setzte ein und es sang der ganze Saal den von der Musik intonierten „Treuen Husar“ mit.“

Pompöse Beerdigung auf dem Südfriedhof

Wilhelm Elo Sambo starb im Alter von nur 48 Jahren am 12. Juli 1933 in Köln. Über die Umstände seines Todes ist zwar nichts bekannt, allerdings gibt es ausführliche Berichte über sein Begräbnis auf dem Kölner Südfriedhof. Sein Sarg wurde begleitet von den uniformierten Vertretern des Leib-Garde-Husaren-Regiments und des Gardevereins Kölns. Es ist auch davon auszugehen, dass die Blauen Funken bei der Beerdigung anwesend waren.

Neben seinem Stahlhelm wurde auch ein Kranz, gestiftet vom Kaiser, am Grab niedergelegt. Dieses Grab existiert heute leider nicht mehr.

"Sambo, der Kaiserpauker", Nachruf auf Elo Wilhelm Sambo in der Höxterschen Zeitung vom 9. Dezember 1933
„Sambo, der Kaiserpauker“, Nachruf auf Elo Wilhelm Sambo in der Höxterschen Zeitung vom 9. Dezember 1933

Nie mehr nach Kamerun zurückgekehrt

Ob Sambo in Köln glücklich war oder nicht, ist nicht bekannt. Aber sein größter Lebenstraum, noch einmal nach Kamerun zu reisen, wurde nicht wahr. Das könnte an den fehlenden finanziellen Mitteln gelegen haben oder aber daran, dass Kamerun ab 1919 keine Kolonie des Deutschen Reichs mehr war.

Ebenfalls unerfüllt blieb sein dokumentierter Wunsch, sein Paukenpferd „Otto“ pflegen zu dürfen – auf eigene Kosten. Dazu schrieb die Höxtersche Zeitung vom 9. Dezember 1933 in einem Nachruf auf Elo Wilhelm Sambo:

„Ebenso bezeichnend wie die Anhänglichkeit an sein Regiment war seine Bitte, sein altes Paukenpferd Otto auf seine Kosten in Pflege zu geben, der jedoch nicht entsprochen werden konnte. Nun hat das treue Pferd seinen Herrn überlebt, es bekommt noch heute sein Gnadenbrot“

Was bleibt ist der stolze schwarze Mann, der mit seinen Pauken bis 1933 an d´r Spetz des Rosenmontagszugs ritt. Ob er diese Position auch unter den nationalsozialistischen Machthabern hätte weiterhin behalten dürfen, darf stark bezweifelt werden.

Die kölschen Pänz aber haben Elo Wilhelm Sambo als imposanten Star des Zochs geliebt.


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Der Kaffee für Staatsoberhäupter kommt aus der Kölner Südstadt

Das Formula Uno am Zugweg in der Kölner Südstadt - hier soll es den besten Espresso Kölns geben. Bild: Uli Kievernagel
Das Formula Uno am Zugweg in der Kölner Südstadt – hier soll es den besten Espresso Kölns geben. Bild: Uli Kievernagel

Wenn Köln tatsächlich die nördlichste Stadt Italiens sein sollte, dann ist der Zugweg in der Südstadt so etwas wie die Via Appia: Italienisches Lebensgefühl pur. Wesentlich verantwortlich dafür ist Carmelo Bennardo. Er führt das italienische Kultcafé „Formula Uno“ und ermöglicht damit der Südstadt „La dolce vita“.

„Ich habe zwei Präsidenten.“

Dass es im Formula Uno den besten Espresso Kölns gibt, hat sich anscheinend schon bis nach Berlin rumgesprochen. Denn nur so ist es zu erklären, dass Carmelo beim Staatsbesuch des italienischen Präsidenten Sergio Mattarella Ende September 2024 Kaffee servieren durfte.

Bundespräsident Steinmeier hatte den italienischen Präsidenten im Rahmen seines Staatsbesuchs eingeladen, mit dem Schiff von Bonn nach Köln zu fahren, um in der Domstadt die prächtige Kathedrale zu besichtigen. Den Kaffee auf dem Schiff durfte der Kölner Carmelo Bennardo servieren. Für ihn Herzensangelegenheit: „Ich habe zwei Präsidenten. Einmal den deutschen, Herrn Steinmeier, und einmal den Herrn Mattarella.“

Carmelo Bennardo (Mitte) und seine zwei Präsidenten: Sergio Mattarella und Frank-Walter Steinmeier, Bild: Carmelo Bennardo
Carmelo Bennardo (Mitte) und seine zwei Präsidenten: Sergio Mattarella (links) und Frank-Walter Steinmeier (rechts), Bild: Carmelo Bennardo

Einfaches Leben – auf hohem Niveau 

Das Carmelo sogar Staatsoberhäuptern Kaffee servieren darf hätte er selber vor 56 Jahren nicht gedacht. Er kam, als sechsjähriger Junge, zusammen mit seinem Vater im März 1968 nach Köln.

Für den Sizilianer war in Köln alles anders. Er erinnert sich an die großen Häuser und daran, dass es kalt war. Prompt fiel ein paar Wochen nach seiner Ankunft Schnee. Bernardo: „Das war das erste Mal, dass ich in meinem Leben Schnee gesehen habe.“1: „Mit einem guten Kaffee ist es wie mit einer Formel in der Chemie – alles muss stimmen.“ Ein Interview mit Carmelo Bennardo, dem Inhaber des italienischen Kultcafés „Formula Uno“ von Daniel Zakharov, https://www.danielzakharov.de/project/interview-camelo-bennardo 

Damals gab es bereits die italienischen Gemeinschaften in der Südstadt, in Kalk oder auch in Ehrenfeld, daher wurde Carmelo in Köln schnell heimisch.  Es sollte allerdings noch lange dauern, bis er das „Formula Uno“ übernehmen konnte. Vorher war in dem Ladenlokal ein Gemüseladen, bis Anfang der 1970er Jahre der in der Südstadt bekannte italienische Gastronom Franco di Pirra dort ein Café eröffnete. In diesem Café gab es zwar auch schon Kleinigkeiten zu essen, aber es war, wie Bernardo sagt, ein „Männercafé“.

Im Jahr 1999 übernahm Carmelo Bernardo das Café von einem Freund. Der Beginn einer kölsch-italienischen Erfolgsgeschichte. Der neue Gastronom ändert Interieur und Angebot – das „Formula Uno“ wird zum Kultcafé. Stammgast Freddy aus der Kölner Südstadt beschreibt das Café wie folgt: „Hier ist einfaches Leben, aber auf sehr hohem Niveau. Auch weil es hier den besten Espresso Kölns gibt.“

Der beste Espresso Kölns

In einem Interview aus dem Jahr 2018 beschreibt Carmelo das Geheimnis eines richtig guten Kaffees wie folgt:

„Um einen guten Kaffee zu machen, muss die Maschine gut eingestellt sein und auch ein guter Kaffee verwendet werden. Es ist sehr ähnlich wie bei einer Formel in der Chemie. Alles muss stimmen. Wenn nur ein Detail nicht stimmt, dann wird nichts stimmen. Heute macht die Qualität sehr viel aus, denn man kann das nicht wie vor 30 Jahren machen. Die Leute hatten damals einen Espresso bestellt, aber das, was sie bekommen haben, konntest du nicht Espresso nennen – das war schwarzes Wasser. Heute achten sehr, sehr viele darauf, wie der Espresso in der Tasse ist, wie man den Zucker rein kippt, wie der Kaffee schmeckt. Heute verstehen einfach sehr viele Leute, was ein Espresso ist und wie er schmecken muss und nicht nur der Italiener, der das aus Italien schon kennt.“2„Mit einem guten Kaffee ist es wie mit einer Formel in der Chemie – alles muss stimmen.“ Ein Interview mit Carmelo Bennardo, dem Inhaber des italienischen Kultcafés „Formula Uno“ von Daniel Zakharov, https://www.danielzakharov.de/project/interview-camelo-bennardo 

Der Zugweg wird zum Fußballstadion

Doch nicht nur der Espresso macht das Formula Uno bekannt. Während Fußballwelt- oder Europameisterschaften herrscht im Zugweg regelmäßig der Ausnahmezustand: Waren es zunächst nur zwei Fernseher draußen vor dem Café wurde die Straße mehr und mehr zur Fußball-Feiermeile. Girlanden und Wimpel, quer über die Straßen gespannt, Menschenmassen auf der Straße, kein Durchkommen mehr. Klar, dass so etwas sofort das Ordnungsamt der Stadt auf den Plan ruft, so bei der WM 2006.

Der Zugweg wird regelmäßig zur Fußballstadion, Bild: Café Formula Uno
Der Zugweg wird regelmäßig zur Fußballstadion, Bild: Café Formula Uno

Doch auch hier wusste sich Carmelo Bennardo zu helfen: Er ließ den Zugweg auf eigene Kosten sperren. Trotz hoher Kosten war der Wirt begeistert: „Es war ja wunderbar und einfach sehr, sehr, sehr schön!“3„Mit einem guten Kaffee ist es wie mit einer Formel in der Chemie – alles muss stimmen.“ Ein Interview mit Carmelo Bennardo, dem Inhaber des italienischen Kultcafés „Formula Uno“ von Daniel Zakharov, https://www.danielzakharov.de/project/interview-camelo-bennardo 

Der mittlerweile eingekölschte Italiener liebt Deutschland, Köln und die Südstadt. Nur wenn es beim Fußball zum direkten Aufeinandertreffen der Squadra Azzurra und der deutschen Nationalmannschaft kommt schlägt sein Herz für Italien: „Köln ist meine Heimat. Ich bin im Jahr 11,5 Monate hier und vielleicht zwei Wochen da unten. Nichtsdestotrotz werde ich immer ein Sizilianer bleiben.“4„Mit einem guten Kaffee ist es wie mit einer Formel in der Chemie – alles muss stimmen.“ Ein Interview mit Carmelo Bennardo, dem Inhaber des italienischen Kultcafés „Formula Uno“ von Daniel Zakharov, https://www.danielzakharov.de/project/interview-camelo-bennardo 

In diesem Video beschreibt Carmelo, wie er den beiden Präsidenten Kaffee servieren durfte. Quelle: Carmelo Bennardo 

Wie ein Präsident Kaffee trinken ist täglich möglich!

Als er am 28. September 2024 dann dir große Ehre hatte, sowohl dem italienischen als auch dem deutschen Präsidenten auf dem Schiff Kaffee servieren zu dürfen, erfüllte sich ein Traum. „Es ist mir eine Ehre, meinen zwei Präsidenten zu servieren.“

Und beiden Präsidenten hat es sichtlich geschmeckt.


Die Bar Formula Uno am Zugweg

Wer auch mal wie ein Präsident Kaffee trinken will, sollte unbedingt das Café besuchen:
Formula Uno, Zugweg 2, 50677 Köln
Geöffnet ist das Café täglich von 7 – 22 Uhr, Samstag ab 8 Uhr, Sonntag ab 9 Uhr


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Kölsche Originale: Der Lehrer Welsch – Dreimol Null es Null, bliev Null

Gedenktafel, in d'r Kayjass Nummer Null (Kaygasse, Ecke Großer Griechenmarkt),Bild: 1971markus@wikipedia.de, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Gedenktafel, in d’r Kayjass Nummer Null (Kaygasse, Ecke Großer Griechenmarkt),Bild: 1971markus@wikipedia.de, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Jedes kölsche Schulkind kennt diesen Text:

„En d’r Kayjass Nummer Null steiht en steinahl Schull,
un do hammer dren studeet.
Unser Lehrer, dä hieß Welsch,
sproch en unverfälschtes Kölsch ...
… Dreimol Null es Null, bliev Null,
denn mer woren en d‘r Kayjass en d’r Schull.“

Bei dem von den „Drei Laachduve“ aus der Session 1938/39 besungenen Lehrer handelt es sich um Heinrich Welsch, und genau dieser Lehrer Welsch hat tatsächlich ein musikalisches Denkmal verdient.

Allerdings war Welsch nie in der Kaygasse tätig, sondern leitete im rechtsrheinischen Kalk eine Sonderschule für Kinder, die einer besonderen Fürsorge bedurften. Man kann davon ausgehen, dass die „Drei Laachduve“ Welsch wegen des Reims in die Kaygasse versetzt haben, denn die ursprüngliche Schule lag in der Hollweghstraße . Das hätte doch das Reimschema arg strapaziert.

Geburtshaus von Heinrich Welsch in Arzdorf, Bild: Wolfgang Lietzau
Geburtshaus von Heinrich Welsch in Arzdorf, Bild: Wolfgang Lietzau
Welsch – ein Pädagoge mit Herz

Heinrich Welsch wurde 1848 in Arzdorf, heute ein Ortsteil von Wachtberg, geboren. Er war ausgebildeter Lehrer mit einem Examen des Königlich Preußischen Lehrerseminars in Brühl. Nach verschiedenen Stationen, unter anderem in Worringen und Sülz, kam er 1881, mitten in der industriellen Revolution, nach Kalk. Erschreckt über die Verhältnisse in der Arbeiterschaft erkannte Welsch sehr schnell, dass Bildung der Schlüssel zum sozialen Erfolg seiner Schüler war. Im Jahr 1905 gründete er die „Hilfsschule“ in Kalk. Der Lehrer Welsch kümmerte sich rührend um seine Schüler – nicht selbstverständlich in einer Zeit, in der der Rohrstock noch als pädagogisches Mittel galt. So brachte er zum Beispiel Mädchen, die wegen einer ungewollten Schwangerschaft verstoßen wurden, wieder zurück zu ihren Familien.

Das Ehrengrab von Heinrich Welsch auf dem Kalker Friedhof, Bild: A.Savin
Das Ehrengrab von Heinrich Welsch auf dem Kalker Friedhof, Bild: A.Savin

Zu seinen Bemühungen um die Bildung gehört auch, dass Welsch 1884 mit 1.700 von ansässigen Betrieben gespendeten Büchern die erste Volksbibliothek in Kalk gründete. Heinrich Welsch schied im Jahr 1914 aus dem Schuldienst aus und verstarb 1935. Sein Grab auf der dem Friedhof in Kalk ist ein Ehrengrab, die Stadt Köln kümmert sich um die Grabpflege.

Lehrer-Welsch-Preis

Neben dem bekannten Lied lebt Heinrich Welsch aber auch im Lehrer-Welsch-Sprachpreis weiter. Die Kölner Sektion des Vereins Deutsche Sprache verleiht diesen seit 2004 an Personen oder Institutionen, die sich um die Hochsprache und den Erhalt der kölschen Sprache verdient gemacht haben.  Der Sänger Ludwig Sebus, selbst Preisträger im Jahr 2008, dazu im Kölner-Stadt-Anzeiger „Das Vermächtnis des legendären Lehrers Welsch ist doch viel mehr als Drei mal Null. Er verkörperte die kölsche Seele. Als Lehrer hat er alle Menschen gleich gesehen und gleich behandelt.“.  Erster Preisträger war Alexander von Chiari der im Motto des Rosenmontagszugs 2005 das Wort „Kids“ durch „Pänz“ ersetzte. Weitere Preisträger waren unter anderem „Die Sendung mit der Maus“ oder die Wise Guys.


Peter Kievernagel (1935 - 2023) war bei seinen Schülern als "Papa gnädig" bekannt. Bild: Uli Kievernagel
Peter Kievernagel (1935 – 2023) war bei seinen Schülern als „Papa gnädig“ bekannt. Bild: Uli Kievernagel

Ein andere Lehrer, bekannt als „Papa gnädig“

Ich widme dieses „Köln-Ding der Woche“ ausdrücklich meinem am 2. April 2023 verstorbenen Vater Peter Kievernagel, ebenfalls Lehrer. Seine Schüler sprachen von ihm als „Papa gnädig“, weil er bei Prüfungen auch schon mal gerne ein Auge zudrückte.

Ganz in der Tradition von Heinrich Welsch.


Tief im kollektiven Gedächtnis der Stadt verankert: Die "Kölschen Originale"
Tief im kollektiven Gedächtnis der Stadt verankert: Die „Kölschen Originale“

Weitere Geschichten zu den „Kölschen Originalen“ gibt es hier:


Zwar stammt das Lied von der „steinahl Schull“ im Original von den  „Drei Laachduve“, allerdings ist die überarbeitete Version der „Vier Botze“ die heimliche Hymne Kölns.


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