Der Blog: Das Köln-Ding der Woche # Beitragsseite

Collage Köln-Ding allgemein

 

  • 2.000 Jahre Köln: Historisches
    In Köln ist in den letzten 2.000 Jahren viel passiert. Hier findet ihr ein paar der vielen, vielen Geschichten aus der Kölner Geschichte.  
  • Bauwerke & Plätze
    Auch die im 2. Weltkrieg so stark zerstörte Stadt Köln hat wunderschöne Bauwerke, Orte und Plätze. Oft sind diese allerdings gut versteckt.
  • Ein paar Fragen an …
    In meiner Reihe „Ein paar Fragen an …“ befrage ich Menschen aus Köln, die etwas zu erzählen haben.
  • Karneval
    Selbstverständlich nimmt die 5. Jahreszeit einen breiten Raum in unserer Stadt ein. Un et is härrlisch, Fastelovend ze fiere!
  • Köln im Krieg
    Der Krieg hat tiefe Wunden in der Domstadt hinterlassen. Zur „Stunde Null“ waren 80% der Gebäude in der Innenstadt zerstört.
  • Kölsche Persönlichkeiten
    Die alte Stadt am Rhein hat in den letzten zwei Jahrtausenden viele Persönlichkeiten hervorgebracht.
  • Kölsche Stöckelche
    Wenn der Kölsche von „Stöckelche“ spricht, dann meint er damit Anekdötchen.
  • Kölsche Tön
    Es gibt wahrscheinlich keine Stadt auf der Welt, die so oft besungen wird wie Köln.
  • Kölsche Wörter
    Die kölsche Sprache bietet wunderschöne Wörter. Und ein paar davon werden hier erklärt.
  • Kunst & Kultur
    Auch wenn es angesichts mancher Fehlplanungen oft schwer zu glauben ist: Köln ist auch eine Kulturstadt. 
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    Ein paar Abonnenten haben mir eine Rückmeldung zum „Köln-Ding der Woche“ gegeben. 
  • Karte zum Köln-Ding der Woche
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Kölner Brücken: Die Patton-Brücke – Ein Provisorium mit großer Wirkung

Die Patton-Brücke in Köln, Fotograf: unbekannt
Die Patton-Brücke in Köln (1946 bis 1951), Fotograf: unbekannt

Wenn man heute am Rhein entlang spaziert, zwischen Bastei und Rheinpark, erinnert nichts mehr an die Patton-Brücke. Kein Schild, kein Rest von Beton oder Stahl. Dabei war diese Brücke nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs von 1946 bis 1951 eine der wichtigsten Lebensadern für Köln – extrem schnell gebaut und sehr funktional.

Köln stand nach dem Krieg zunächst ohne Brücken da. Diese wurden, wie zum Beispiel die Deutzer Kettenhängebrücke, die Rodenkirchener Brücke oder die Südbrücke, durch Bomben zerstört. Die Hohenzollernbrücke hingegen wurde von der abrückenden Wehrmacht gesprengt, um den Vormarsch der Alliierten zu unterbinden.

Für die Stadt, die mitten im Wiederaufbau war, musste dringend die Infrastruktur wiederhergestellt werden. Dass die Patton-Brücke so schnell gebaut wurde, ist daher ein wichtiges Stück kölscher Nachkriegsgeschichte. Und ein Beweis dafür, dass „Behelf“ manchmal erstaunlich stabil sein kann und sogar die Kollision mit einem niederländischer Frachter überlebt.


Steckbrief Patton-Brücke

  • Gesamtlänge: 454 Meter
  • Eröffnung: 12. Juni 1946
  • Demontage: ab 10. November 1951

Ein Provisorium zwischen Bastei und Deutz

Die Entscheidung, eine Brücke zu bauen, fiel im Herbst 1945. An der Südseite der Bastei sollte ein Brückenbauwerk entstehen, welches hinüber nach Deutz führt – direkt zum Messegelände.

Der Standort der Patton-Brücke, Karte: OpenStreetMap, eigene Markierung
Der Standort der Patton-Brücke, Karte: OpenStreetMap, eigene Markierung

Wichtig war, dass diese neue Brücke, anders als die bisherigen Behelfsübergänge aus Pontons oder flachen Holzstegen, eine „echte“ Brücke sein sollte. Hoch genug, dass darunter auch Schiffe weiterhin passieren konnten, um den reibungslosen Schiffsverkehr auf dem Rhein sicherzustellen.

Am 1. Oktober 1945 rückten die Royal Engineers an – britische Pioniereinheiten, die zusammen mit 900 deutschen Arbeitern unter Leitung von 500 britischen Soldaten ans Werk gingen. Verwendet wurden vor allem Teile des britischen Bailey-Systems, erfunden während des Krieges, damit man schnell über Flüsse kam.1Eine „Bailey-Brücke“ ist eine aus vormontierten Einzelbauteilen wie Fachwerkträgern und Fahrbahnbalken zusammensetzbare Kriegs-, Not- oder Behelfsbrücke. Sie benötigt keine Spezialausrüstung und Geräte zum Aufbau, kann mit Lastkraftwagen transportiert werden und kann schwerste Lasten bis hin zu Panzern tragen. Ursprünglich für den militärischen Bereich entwickelt, wird sie ebenso im zivilen Bereich für vorübergehende Überbrückungen eingesetzt. Für die mittlere Schiffsdurchfahrt griff man auf ein deutsches Schaper-Krupp-Reichsbahn-Element zurück, das eine größere Spannweite ermöglichte.

So entstand innerhalb von nur acht Monaten ein mehr als 400 Meter langer Übergang, mit zwei Fahrbahnen, Fußwegen und sogar einem Radweg. Die Zufahrt verlief über den Deutschen Ring, der später Theodor-Heuss-Ring heißen sollte. Damit der Verkehr die darunter liegende Rheinuferstraße passieren konnten, schüttete man eine gewaltige Erdrampe auf. Dabei verschwand so manches Relikt der Vorkriegszeit, so auch die Reste eines kriegsbeschädigten Reiterstandbildes von Friedrich III.

Die Patton-Brücke trägt den Namen des amerikanischen Generals George Smith Patton jr. (1885 - 1945), Bild: Public domain, via Wikimedia Commons
Die Patton-Brücke trägt den Namen des amerikanischen Generals George Smith Patton jr. (1885 – 1945), Bild: Public domain, via Wikimedia Commons

Am 12. Juni 1946 wurde die Patton-Brücke feierlich eröffnet.General Joseph T. McNarney, Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Europa, durchschnitt das Band. Benannt wurde das Bauwerk nach George S. Patton, einem im Dezember 1945 in Heidelberg bei einem  Verkehrsunfall verstorbenen amerikanischen General.

Dass britische Truppen eine Brücke ausgerechnet nach einem amerikanischen General tauften, mag heute etwas kurios wirken – damals war es ein Zeichen von Respekt und Verbundenheit unter den Alliierten.

Sinnbild des Wiederaufbaus

Die Patton-Brücke war ein Symbol für die Kölner: Es ging weiter, auch wenn noch lange nicht alles wieder aufgebaut war. In einer von Kriegszerstörungen geprägten Stadt gab die funktionierende Brücke Hoffnung und wurde zu einem der Symbole des Wiederaufbaus. So lautete es in der Westfalen-Zeitung2Ausgabe Nr. 35 vom 12. Juli 1946:

„Sind die Brückentrümmer am Rande der Straße Zeugen von der verbrecherischen Dummheit derer, die durch die Sprengung jeder Straßenüberführung den Vormarsch des Feindes und den Gang des Schicksals aufhalten zu können glaubten, so sind die den Namen gefallener britischer und amerikanischer Soldaten tragenden Notbrücken das für uns eigentlich beschämende Zeichen eines straffen und wohlorganisierten Wiederaufbaus, der in der ebenso praktischen wie formschönen Patton-Brücke über den Rhein bei Köln-Mülheim seinen beredtesten Ausdruck findet Hier haben Sieger und Besiegte in gemeinsamem Schaffen eine Aufbauarbeit geleistet, die umso höher zu bewerten ist, als das Werk in unglaublich kurzer Zeit vollendet werden konnte.“

Die Westfalen-Zeitung sieht in der Patton-Brücke ein Sinnbild des Wiederaufbaus, Quelle: Ausgabe Nr. 35 vom 12. Juli 1946
Die Westfalen-Zeitung sieht in der Patton-Brücke ein Sinnbild des Wiederaufbaus, Quelle: Ausgabe Nr. 35 vom 12. Juli 1946

Mülheimer Brücke macht ab 1951 Patton-Brücke überflüssig

Die Patton-Brücke erfüllte ihren praktischen Zweck glänzend. Endlich konnten Menschen, Waren und auch Busse wieder zuverlässig von der linken auf die rechte Rheinseite gelangen. Eine Buslinie verband Ebertplatz und Bahnhof Deutz, Radfahrer und Fußgänger nutzten die Wege, und der Schiffsverkehr konnte ungehindert passieren. 

Natürlich hatte auch dieses Bauwerk seine Eigenheiten. Die elektrische Beleuchtung, 1947 installiert, wurde prompt von Diebstählen geplagt – Kabel und Lampen waren in jenen Jahren begehrte Ware.

Stabilität zeigte das Provisorium Patton-Brücke am 20. Januar 1951. Ein mit 400 Tonnen Zement beladener niederländischer Lastkahn rammte einen Pfeiler der Brücke. Der Pfeiler hielt, der Lastkahn aber brach auseinander und sank etwa 500 Meter von der Brücke entfernt. Glück im Unglück: Der Kapitän des Lastkahns, seine Frau und die vier Kinder konnten sich in Sicherheit bringen, das Wrack wurde einige Tage später geborgen.3Quelle: Honnefer Volkszeitung Nr. 19 vom 23. Januar 1951 

Mit der Eröffnung der neuen Mülheimer Brücke am 8. September 1951 war die Zeit der Patton-Brücke allerdings vorbei. Am 10. November 1951 begann der Rückbau der Patton-Brücke.4Kurios: Auf den Tag genau 139 Jahre früher, am 10. November 1812, wurde an fast gleicher Stelle  der Grundstein für den „Sicherheitshafen“ gelegt. Ein Bauwerk, das Köln fünf Jahre lang geprägt hatte, war damit Geschichte.

Vermeintliche Reste der der Patton-Brücke, Bild: Superbass, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Vermeintliche Reste der der Patton-Brücke, Bild: Superbass, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Spuren im Rhein – oder doch nicht?

Bleibt die Frage: Ist wirklich gar nichts mehr übrig? Immer wieder tauchen am Deutzer Rheinufer bei Niedrigwasser Holzpfähle auf und sorgen für Schlagzeilen: Könnten dies etwa Überreste der Patton-Brücke sein? Auf den ersten Blick klingt die Idee reizvoll. Doch die Fachleute winken ab: Die Patton-Brücke war ein Stahl-Beton-Bauwerk, keine Holzkonstruktion. Und die Hölzer wurden bereits bei Untersuchungen im Jahr 2006 ins 19. Jahrhundert datiert. Also eher ein Stück älterer Rheingeschichte als ein Relikt der Nachkriegszeit.

Dass es keine sichtbaren Spuren mehr gibt, passt vielleicht ins Bild: Diese Brücke war von Anfang an als Provisorium gedacht, ein Bauwerk auf Zeit.

Die Patton-Brücke war das Bindeglied in einer Übergangsphase, zwischen zerstörter Stadt und beginnendem Wiederaufbau, zwischen Not und neuer Normalität.


Diese Visualisierung zeigt den Blick von Norden auf die gesamte Länge der geplanten neuen Fußgänger- und Fahrradbrücke von der Bastei bis zum Rheinpark, Bild: Stadt Köln, Illustration: sbp SE
Diese Visualisierung zeigt den Blick von Norden auf die gesamte Länge der geplanten Fußgänger- und Fahrradbrücke von der Bastei bis zum Rheinpark, Bild: Stadt Köln, Illustration: sbp SE

Planung: Auf Höhe der ehemaligen Patton-Brücke eine neue Rad- und Gehwegbrücke

Bereits im Masterplan für die Kölner Innenstadt von Albert Speer aus dem Jahr 2009 wurden zwei speziell für Radfahrern und Fußgänger konzipierte Brücken vorgesehen. Eine davon sollte exakt dem Verlauf der Paton-Brücke von Bastei bis Rheinpark entsprechen.5Die zweite Brücke soll in Höhe des Ubierrings zum neuen Stadtviertel Deutzer Hafen führen.

Der Kölner Stadtrat hatte die Stadtverwaltung im September 2020 beauftragt, einen Wettbewerb für die Vergabe der Planungen der neuen Brücken zu starten. Im August 2023 startete der Wettbewerb zur Planung der  neuen Brücken. Im Oktober 2024 wurde jeweils ein Siegerentwurf je Brückenstandort durch ein Bewertungsgremium ausgewählt und im Januar 2025 vorgestellt. Für die Brücke, welche die Bastei mit dem Rheinpark verbinden soll, wurde der Entwurf des Büros „sbp – schlaich bergermann partner“ aus Stuttgart zum Sieger gekürt und im Januar 2025 der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Stadt schreibt zu dieser Brücke6Quelle: Stadt Köln: Zwei neue Rheinbrücken für Köln, https://www.stadt-koeln.de/artikel/72624/index.html, abgerufen am 16.08.2025:

„Rechtsrheinisch gelangt der Fuß- und Radverkehr über einem weiten Bogen, mit Blick auf die Parkanlage und den Rhein, in den Rheinpark. Die minimalistischen, schlanken Stahlstützen der Brücke nehmen das Design der Pavillonarchitektur des Rheinparks auf und beeinträchtigen damit nicht das Gesamtbild des denkmalgeschützten Parks. Über Treppen mit Schiebehilfen für Fahrräder ist die Rheinpromenade gut zu erreichen. Der Entwurf sieht Bereiche auf der Brücke vor, die zum Verweilen einladen. Die Menschen können von hier den Ausblick auf die Stadt und das Rheinpanorama genießen.“

„Über das Wasser hüpfenden Stein“

Das Architekturbüro sbp – schlaich bergermann partner sieht die Gestaltung der Brücke wie einen „über das Wasser hüpfenden Stein“: 

Als extrem schlanke Netzwerkbogenbrücke konzipiert, überzeugt das Tragwerk durch minimale Materialverwendung und geringe Bogenhöhe. Die transparente Konstruktion fügt sich behutsam in den denkmalgeschützten Rheinpark ein.
Gestalterisch ist die Brücke inspiriert von einem hüpfenden Stein über dem Wasser: Zwei unterschiedlich lange Spannweiten zeichnen dessen Flugbahn nach. Ein großer Bogen überspannt den Rhein, bevor die Struktur nahe dem rechten Ufer sanft „aufschlägt“ und schließlich mit einem kleineren Satz das gegenüberliegende Ufer erreicht.7Quelle: Website sbp – schlaich bergermann partner, https://www.sbp.de/projekt/rheinbruecke-an-der-bastei-in-koeln/, abgerufen am 16.08.2025

Die Stadt schreibt auch, dass eine „Fertigstellung der Vorentwurfsplanung“ Anfang 2026 machbar wäre. Mal sehen!


Alle bisher erschienenen Geschichten zu den Kölner Brücken 


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Die Schmitz-Säule: Adel verpflichtet

Die Schmitz-Säule vor Groß St. Martin in der Kölner Altstadt, Bild: Horsch, Willy, CC BY 3.0
Die Schmitz-Säule vor Groß St. Martin in der Kölner Altstadt, Bild: Horsch, Willy, CC BY 3.0


 

Der Familienname „Schmitz“ ist echter kölscher Adel: Mehr als 1.700 Kölsche mit dem Namen „Schmitz“ listet das Telefonbuch auf. Die Schmitz nehmen mehr als fünf Seiten in dem Druckwerk ein.

So ist auch jeder Kölsche stolz, einen „Schmitz“ in der Ahnenreihe zu haben. Als sich zum Beispiel ein Trierer, ein Mainzer und ein Kölner trafen, wollte jeder der drei seine altehrwürdige Herkunft unterstreichen:

Der Trierer: „Ihr wisst ja, dass Trier die älteste Stadt Deutschlands ist und somit g25t auch mein Stammbaum zurück in die römische Zeit“.
Antwort des Mainzers: „Respekt, das ist wahrhaftig ein beeindruckender Stammbaum. Jedoch, mein Stammbaum geht schon zurück auf Adam und Eva“.
Darauf sagte der Kölner „Wo du jerade „Eva“ sagst – war dat nit ne jeborene Schmitz?“

Der Ursprung aller Schmitze: Die Schmitz-Säule im Martinsviertel, Bild: MiriJäm, CC BY-SA 3.0
Der Ursprung aller Schmitze: Die Schmitz-Säule im Martinsviertel, Bild: MiriJäm, CC BY-SA 3.0

Römisch-kölsches Fisternöllche führt zu den ersten Schmitzens

In Stein gemeißelt ist diese kölsche Selbstverständlichkeit der adeligen Herkunft in der Schmitz-Säule, fast direkt an Groß St. Martin. Die etwa 4,5 Meter hohe Säule dokumentiert die Herkunft der Schmitze. Nach umfangreicher und wissenschaftlich exakt fundierter Recherche hatten hier römische Legionäre und kölsche Mädchen ein Fisternöllche, so zumindest die Inschrift auf der Säule.

Tatsächlich könnte sich das so zugetragen haben. Denn wo sich heute die Altstadt befindet, war bis etwa 1.000 nach Christus die Martinsinsel. Auf der Insel gab es vermutlich ein römisches Bad. Und dass dort die römischen Legionäre Spaß an und mit den blonden Ubiermädchen hatten, liegt auf der Hand. Ganz nebenbei wurden so die ersten „Schmitze“ gezeugt. Echter Kölscher Adel.

Die Schmitz-Säule und die Mondlandung, Bild: MiriJäm, CC BY-SA 3.0
Die Schmitz-Säule und die Mondlandung, Bild: MiriJäm, CC BY-SA 3.0

Die Schmitz-Säule und die Mondlandung

Die Dokumentation dieser ubisch-römischen Vereinigung haben wir der Initiative von Josef „Jupp“ Engels (1909–1991) zu verdanken. Der Mäzen, der auch bereits für den Kallendresser verantwortlich war, spendete 1965 das Geld zum Bau der Säule. Kaum vier Jahre später war die Säule fertig. Errichtet aus von Jupp Engels gestifteten alten Steinen der römischen Hafenanlage. Eingeweiht wurde die Säule im Jahr 1969.

Und hier schlägt wieder der kölsche Größenwahn zu: Die Einweihung der Säule war mitten im Mondfieber des Jahres 1969. Und so wurde der kleine erste Schritt auf dem Mond zu einem gewaltigen Sprung für die Kölschen. Denn die Einweihung eines so wichtigen Bauwerks wie der Schmitz-Säule ist dem Ereignis einer Mondlandung (mindestens) ebenbürtig. Daher wurde auf dem Sockel der Säule auch der Mondlandung gedacht. So ist der erste Fußabdruck von Neil Armstrong auf dem Mond exakt 389 994 km und 100 Meter entfernt. Gut, dass diese Zahl von Bochumer Wissenschaftlern ausgerechnet wurde. 

Jede Wette, dass ein kölscher Wissenschaftler auf 389 994 km und 111 Meter gekommen wäre.


Die Hochwassermarke an der Schmitz-Säule, Bild: Frank Vincentz, CC BY-SA 3.0
Die Hochwassermarke an der Schmitz-Säule, Bild: Frank Vincentz, CC BY-SA 3.0

Erinnerung an den Eisgang im Jahr 1784 

Ein anderes Detail auf der Schmitz-Säule ist aber tatsächlich korrekt: Eine Marke kennzeichnet die Höhe des katastrophalen Eis-Hochwassers von 1784, welches große Teile des damals noch selbständigen Mülheims vernichtete.


Der kölsche Musiker Jupp Schmitz (1901 - 1991), Bild: Uli Kievernagel
Der kölsche Musiker Jupp Schmitz (1901 – 1991), Bild: Uli Kievernagel

Jupp Schmitz – Der Mann, der den Frohsinn komponierte

Ein ganz wichtiger Vertreter der Schmitzens in Kölle ist der Komponist und Sänger Jupp Schmitz.  Sein Repertoire umfasst nachdenkliche Lieder wie „Ming herrlich Kölle“ über die im Krieg zerstörte Stadt, Karnevalshits wie „Am Aschermittwoch ist alles vorbei“ oder auch Klassiker wie „Wer soll das bezahlen?“.

Die ganze Geschichte zu diesem ganz besonderne Künstler inklusive dem Eklat um den „Hirtenknaben von St. Kathrein“ auf der Prinzenproklamation 1964 gibt es in diesem Köln-Ding der Woche.


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„Der treue Husar“ – ein Lied zwischen Trömmelche und Tränchen

Hoch zu Pferd: Zwei Husaren im Einsatz, Bild: Public Domain
Hoch zu Pferd: Zwei Husaren im Einsatz, Bild: Public Domain

Jeder Kölsche kennt dieses Lied:

Es war einmal ein treuer Husar
Der liebt´ sein Mädchen ein ganzes Jahr
Ein ganzes Jahr und noch viel mehr
die Liebe nahm kein Ende mehr.

Dieses Lied singen wir Kölner an Karneval voller Inbrunst. Auch wenn es so absolut nichts mit dem Karneval zu tun hat – dä Fastelovend kommt in dem Lied  an keiner Stelle vor.

Und was kaum jemand weiß: Eigentlich ist dieser schmissige Marsch ein sehr trauriges Lied. Doch da in Köln immer nur die erste Strophe gesungen wird, kennt kaum jemand den ernsten Hintergrund. Denn das Lied hat insgesamt zwölf Strophen. Dabei geht es um Liebe, Tod und viele Tränen.

Trömmelche un Tränche

Tatsächlich wird die große Liebe eines jungen Husaren besungen. „Husaren“ waren damals eine militärische Einheit, die aus zu Pferd kämpfenden Soldaten besteht. Heute sind die „Treuen Husaren“ eines der Traditionskorps in Köln.

Dieser junge, im Lied namenlose Husar erhält die Nachricht, dass seine Liebste zuhause todkrank ist. Und entgegen jeder militärischen Gepflogenheit meldet er sich nicht ab, sondern schwingt sich aufs Pferd und reitet los:

Und als der Knab’ die Botschaft kriegt,
Daß sein Herzlieb am Sterben liegt,
Verließ er gleich sein Hab und Gut,
Wollt seh’n, was sein Herzliebchen tut.

Er kommt gerade noch rechtzeitig, um sich von seiner Geliebten zu verabschieden. So lautete es im Text, als er an ihr Sterbebett tritt:

Grüß Gott, grüß Gott, Herzliebste mein!
Was machst du hier im Bett allein?“
„Hab dank, hab Dank, mein treuer Knab‘!
Mit mir wird’s heißen bald: ins Grab!“

Tatsächlich stirbt sie in seinen Armen. Eine Geschichte voller Schmerz, bei der man an so ziemlich an alles denkt – nur nicht an Karneval:

Er nahm sie gleich in seinen Arm,
Da war sie kalt und nimmer warm;
Und als das Mägdlein gestorben war,
Da legt er’s auf die Totenbahr.

Willy Millowitsch (1909 - 1999 ) sang den Marsch vom "Treuen Husar"
Willy Millowitsch (1909 – 1999 ) sang den Marsch vom „Treuen Husar“

Karneval kann auch Tiefe

Aber in Kölle läuft vieles anders. Hier wird aus der tieftraurigen Ballade ein Karnevalsmarsch. Seit über hundert Jahren ertönt beim Schunkeln in der Kneipe, auf den Karnevalssitzungen oder im Rosenmontagszug aber immer nur die erste Strophe.

Besonders bekannt ist die sehr schmissige Version von Willy Millowitsch, die kann jeder Karnevalist auch noch nach dem 15. Kölsch mitsingen. Und dabei verkennen die Kölschen die ganze Tragik.

Vom Volkslied zur kölschen Hymne

Dabei hat der „Treue Husar“ mit Köln nicht viel zu tun. Die Spuren des Lieds führen bis ins 18. Jahrhundert zurück. Verschiedene Versionen finden sich in Volksliedsammlungen quer durch Deutschland. Und in den meisten Versionen wurde auch kein „Treuer Husar“, sondern ein „Roter Husar“ besungen.

Mitglieder der KG Treuer Husar Blau-Gelb von 1925 e.V. im Rosenmontagszug, Bild: Yogibaer08720, via Wikimedia Commons
Mitglieder der KG Treuer Husar Blau-Gelb von 1925 e.V. im Rosenmontagszug, Bild: Yogibaer08720, via Wikimedia Commons

Erst Heinrich Frantzen machte 1924 aus dem Lied einen Marsch. Das Traditionskorps „Treuer Husar“ bezeichnet das Lied als „vereinseigenen Büttenmarschs“ und bescheinigt sogar in typisch kölscher Bescheidenheit dem Lied einen „weltweiten Siegeszug“. So lautet es in der Chronik des Vereins:

1926: Mit dem ersten öffentlichen Auftritt der Husaren begann der weltweite Siegeszug des vereinseigenen Büttenmarschs „Es war einmal ein treuer Husar“, komponiert von Heinrich Franzen. Dessen Sohn Jupp Franzen schrieb später den heute geläufigen Text dazu. 1„Unsere Husarenchronik von 1925 bis heute“, KG Treuer Husar Blau-Gelb von 1925 e.V. https://treuerhusar.de/gesellschaft/historie/, abgerufen am 09.09.2025

Ob es sich tatsächlich um einen „weltweiten Siegeszug“ handelt, bleibt offen. Aber eindeutig wird dieses Lied erst seit diesem Zeitpunkt mit dem Karneval in Verbindung gebracht. Und wurde zur kölschen Hymne. Allerdings nur die erste Strophe.

Der "Karnevalsphilosoph“ Wolfgang Oelsner, Bild: Nicola, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Der „Karnevalsphilosoph“ Wolfgang Oelsner, Bild: Nicola, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Karneval kann so viel mehr als Trallala

Einen ganz besonderen Moment hat das Lied vom „Treuen Husar“ am 11. Juli 2025 erlebt. Dem „Karnevalsphilosoph“ Wolfgang Oelsner wurde an diesem Tag den Rheinlandtaler verliehen.2Der „Rheinlandtaler“ wurde 1976 vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) ins Leben gerufen, um „hervorragende Verdienste um die rheinische Kulturpflege“ zu ehren.

Ein bemerkenswerter Moment bei dieser Verleihung war die Dankesrede von Wolfgang Oelsner. In dieser Rede präsentierte er die „Anderswelt Karneval“. Oelsner erklärte darin auch, dass „Karneval so viel mehr kann als Trallala, er kann auch Substanz.“ Und er erklärte dies am Beispiel des Lieds vom „Treuen Husar“. Der Kölner-Stadt-Anzeiger berichtete von dieser Veranstaltung:

Die virtuose Stadtkapelle schmetterte den Marsch, so wie ihn der Militärkapellmeister Heinrich Frantzen 1924 komponiert hat. Dann sang Ex-Bläck Fööss Sänger Kafi Biermann mit der Band Knippschaff den kompletten Text des alten Volksliedes so leise und fein arrangiert, dass manchem im Saal die Tränen kamen. So spürte jeder, was Oelsner meint, wenn er vom „Wechselbad der Gefühle“ berichtet, in dem Melancholie auf Lebenslust trifft. 3Kölner-Stadt Anzeiger vom 12. Juli 2025

Das Glockenspiel am 4711-Haus in der Glockenglasse spielt stündlich das Lied "Der Treue Husar", Bild: Raimond Spekking
Das Glockenspiel am 4711-Haus in der Glockenglasse spielt stündlich das Lied „Der Treue Husar“, Bild: Raimond Spekking

Und so singen wir Kölschen weiter aus voller Brust das Lied von dem doch so treuen Husaren – mit flotten Rhythmus und eingängiger Melodie.

„Der treue Husar“ wird auch stündlich4zwischen 9 bis 19 Uhr von dem Glockenspiel im 4711-Stammhaus in der Kölner Glockengasse gespielt.

Aber auch hier erklingen immer nur ein paar wenige Töne, die nicht erahnen lassen, welche traurige Wendung das Lied nimmt.


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Mehr Informationen

Der treue Husar
(Heinrich Frantzen, 1924)
hier auch auf YouTube in der Version der Bläck Fööss zu hören

Es war einmal ein treuer Husar,
Der liebt’ sein Mädchen ein ganzes Jahr,
Ein ganzes Jahr und noch viel mehr,
 Die Liebe nahm kein Ende mehr.

Der Knab’ der fuhr ins fremde Land,
Derweil ward ihm sein Mädchen krank,
Sie ward so krank bis auf den Tod,
Drei Tag, drei Nacht sprach sie kein Wort.

Und als der Knab’ die Botschaft kriegt,
Daß sein Herzlieb am Sterben liegt,
Verließ er gleich sein Hab und Gut,
Wollt seh’n, was sein Herzliebchen tut.

Ach Mutter bring’ geschwind ein Licht,
Mein Liebchen stirbt, ich seh’ es nicht,
Das war fürwahr ein treuer Husar,
Der liebt’ sein Mädchen ein ganzes Jahr.

Und als er zum Herzliebchen kam,
Ganz leise gab sie ihm die Hand,
Die ganze Hand und noch viel mehr,
Die Liebe nahm kein Ende mehr.

„Grüß Gott, grüß Gott, Herzliebste mein!
Was machst du hier im Bett allein?“
„Hab dank, hab Dank, mein treuer Knab‘!
Mit mir wird’s heißen bald: ins Grab!“

„Grüß Gott, grüß Gott, mein feiner Knab.
Mit mir wills gehen ins kühle Grab.“
„Ach nein, ach nein, mein liebes Kind,
Dieweil wir so Verliebte sind.“

„Ach nein, ach nein, nicht so geschwind,
Dieweil wir zwei Verliebte sind;
Ach nein, ach nein, Herzliebste mein,
Die Lieb und Treu muß länger sein.

Er nahm sie gleich in seinen Arm,
Da war sie kalt und nimmer warm;
„Geschwind, geschwind bringt mir ein Licht!
Sonst stirbt mein Schatz, daß’s niemand sicht.“

Und als das Mägdlein gestorben war,
Da legt er’s auf die Totenbahr.
Wo krieg ich nun sechs junge Knab’n,
Die mein Herzlieb zu Grabe trag’n?

Wo kriegen wir sechs Träger her?
Sechs Bauernbuben die sind so schwer.
Sechs brave Husaren müssen es sein,
Die tragen mein Herzliebchen heim.

Jetzt muß ich tragen ein schwarzes Kleid,
Das ist für mich ein großes Leid,
Ein großes Leid und noch viel mehr,
Die Trauer nimmt kein Ende mehr.


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Das Hansahochhaus – in Rekordzeit errichteter Prestigebau

Das Hansahochhaus in Köln, errichtet von 1924/25, Bild: Raimond Spekking

Im Jahr 1924 hatten die Düsseldorfer mit dem Wilhelm-Marx-Haus das höchste Eisenbetonbauwerk in Europa fertigggestellt. Die Farbe war noch nicht trocken, da bekam dieses Haus Besuch: Eine Delegation des Kölner Städtebauausschusses machte eine Dienstreise nach Düsseldorf, um genau dieses Gebäude in Augenschein zu nehmen.

Kaum zurück in Köln wurden die Pläne konkretisiert, auch in Köln ein Hochhaus zu errichten. Allerdings musste dieses Gebäude – entsprechend dem kölschem Selbstverständnis – höher als das Düsseldorfer Hochhaus werden.

So wurden die Pläne des Architekten Jacob Koerfer, am Hansaring ein 65 Meter hohes Haus zu errrichten, zügig im Städtebauausschuss durchgewunken. Denn: Dieses Gebäude sollte satte 13 Meter höher als das Düsseldorfer Wilhelm-Marx-Haus werden. Und auch der Name „Hansahochhaus“ sollte an die glorreichen Zeiten Kölns als führendes Mitglied der Hanse erinnern.

Adenauer will Köln aufwerten

Dieses Gebäude war Teil der Strategie Konrad Adenauers, Köln massiv aufzuwerten. Der damalige Bürgermeister hatte daher seine Finger bei vielen Bauprojekten im Spiel, dazu gehörten unter anderem

  • die Universität,
  • das Müngersdorfer Stadion,
  • die Messe,
  • der Niehler Hafen,
  • die Ford-Werke,
  • die Mülheimer Brücke oder auch
  • die Autobahn Köln-Bonn.

Das Hansahochhaus passte genau in Adenauers Plan: Kühn, ehrgeizig und aufsehenerregend. Deswegen schrieb er auch im April 1924 an den Architekten des Gebäudes:

Schreiben von Konrad Adenauer an Jacob Koerfer, Architekt des Hansahochhauses, vom 24. April 1924, Quelle: Koerfer'sche Verwaltungsgesellschaft mbH
Schreiben von Konrad Adenauer an Jacob Koerfer, Architekt des Hansahochhauses, vom 24. April 1924, Quelle: Koerfer’sche Verwaltungsgesellschaft mbH

Architekt und Unternehmer Jacob Koerfer

Treibende Kraft hinter dem Hansahochhaus war der Architekt und Unternehmer Jacob Koerfer (1875 – 1930). Koerfer, ursprünglich beim Kölner Hochbauamt beschäftigt, hatte bereits mehrere Wohnhäuser in Klettenberg sowie Büro- und Geschäftshäuser in der Innenstadt errichtet.

Der findige Unternehmer war bei vielen Projekten auch gleichzeitig Bauherr, der seine errichteten Immobilen nach Fertigstellung verkaufte, um mit dem erwirtschafteten Kapital neue Projekte realisieren zu können. So erwarb er auch verschiedene Grundstücke mit dem Ziel, diese zu einem späteren Zeitpunkt bebauen zu können.

Das Hansahochhaus in Köln, errichtet von 1924/25, Bild: Uli Kievernagel
Das Hansahochhaus in Köln, errichtet in nur 15 Monaten, Bild: Uli Kievernagel

Nur 15 Monate Bauzeit

Das neue Hochhaus sollte am Hansaring entstehen. Das Grundstück, direkt an den Gleisen der Bahn gelegen, erschien nicht sonderlich attraktiv. So willigte die Stadt ein, einen Grundstückstausch vorzunehmen: Verschiedene Grundstücke, die im Besitz von Koerfer waren, sollten mit dem Preis für das Baugrundstück des Hansahochhauses verrechnet  werden.

Die Verwaltung nahm, vermutlich auch auf Druck Adenauers, ein unglaubliches Tempo auf: Am 11. Januar 1924 stellte Koerfer seinen Plan vor und nur eine Woche später lag der Beschluss vor, das Hansahochhaus zu errichten. Die Arbeiten begannen unverzüglich und schon am 25. Oktober 1924 war der Rohbau fertig. Dieses für heutige Verhältnis unglaubliche Tempo konnte nur deswegen erreicht werden, weil man sich bei den Amerikanern die Stahlskelettbauweise abgeschaut hatte.

Allerding forderte das hohe Tempo auch Opfer: So berichtete die „Bergische Post“ vom 16. Dezember 1924 von einem Unfall auf der Baustelle des Hansahochhauses. Beim Einsturz eines Gerüsts kamen zwei Bauarbeiter ums Leben. 

Die "Bergische Post" vom 16. Dezember 1924 zum Unfall auf der Baustelle des Hansahochhauses
Die „Bergische Post“ vom 16. Dezember 1924 zum Unfall auf der Baustelle des Hansahochhauses

Hyperinflation führt zu Finanzierungsproblemen

Während der eigentliche Bau zügig voranschritt, kämpfte Bauherr und Architekt Koerfer mit erheblichen Finanzierungsproblemen. Die Hyperinflation führte zu explodierenden Preisen. Während im Juni 1923 ein Kilo Kartoffeln „nur“ 5.000 Mark kostete, schnellte dieser Preis bis Dezember 1923 auf 90 Milliarden Mark hoch.

Aus Angst, dass das Prestigeprojekt scheitern und man sich vor den Düsseldorfern mit den ehrgeizigen Kölner Plänen blamieren könnte, stimmte der Stadtrat einem Vorschlag Koerfers zu: Die auf dem Grundstückstausch basierende Finanzierung wurde angepasst, Zinsen wurden gesenkt, die Tilgung von Darlehen zum Teil ausgesetzt und behördliche Gebühren erlassen.

Trotz aller finanziellen Probleme wurde das Hansahochhaus in nur 15 Monaten Bauzeit im Juni 1925 fertiggestellt. Die eigentliche Bautätigkeit betrug sogar nur 135 Arbeitstage. 

Backsteinexpressionismus: Ornamentale Formensprache mit spitzen Elementen

Durch die dunkelroten Klinker wirkt das Gebäude, trotz Stahlskelett, wie ein Massivbau. Ganz im Stil der Zeit wurden Art-Déco-Elemente verwendet und verschiedene Skulpturen von Tieren und Menschen angebracht. Leider sind die fünf Figuren, welche die fünf Kontinente symbolisierten, nicht mehr vorhanden. Vermutlich wurden diese im Krieg zum Schutz abgebaut und sind anschließend verschollen.

Detailansicht: Affenskulptur am Hansahochhaus, Bild: Superbass, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Detailansicht: Affenskulptur am Hansahochhaus, Bild: Superbass, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Das gesamte Ensemble besteht aus einem Hauptbau, auf dem das eigentliche Hochhaus aufgesetzt ist. In dem Gebäudeensemble befanden sich Büros, Ausstellungsflächen ein Café und ein großer Kinosaal mit 1.200 Plätzen. Dieses Kino wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, an seiner Stelle befindet sich heute ein Parkhaus.

Die größte Attraktion war der heute noch in Betrieb befindliche Paternoster. Dieser war bis 1965 der höchste Paternosteraufzug der Welt.

Der Paternoster im Hansahochhaus, Bild: Duhon, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons
Der Paternoster im Hansahochhaus, Bild: Duhon, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons

Unrühmliche Nutzung in den Jahren 1944 und 1945

Im Informationssystem KuLaDig wird auch auf die unrühmliche Nutzung des Gebäudes zwischen hingewiesen:

„Zwischen 1944 und 1945 wurden der dritte und der vierte Stock des Hauses von der Reichsbahn als Zwangsarbeitslager verwendet. Über 800 Zwangsarbeiter*innen wurden dort unter unwürdigen Bedingungen untergebracht und mussten schwere und gefährliche Aufräum- und Reparaturarbeiten an Bahnanlagen vornehmen.“1Julian Weller: „Hansahochhaus in Neustadt-Nord”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-343141 (Abgerufen: 2. Mai 2023)

Heute bekannt als Saturn-Hochhaus

Bereits 1961 eröffneten Fritz und Anni Waffenschmidt unweit des Hansahochhauses den ersten Saturn-Markt. Für die Kölner war diese Ecke der Stadt damals noch etwas „anrüchig“. Waffenschmidt über die Anfänge seines Medienunternehmens:

„ … tja, meine Damen und Herren, und als ich dann meinen sehr einfach gestrickten Plattenladen auch noch am Hansaring eröffnete, wo junge, hübsch aufgemachte Damen durch Schwenken kleiner Täschchen viel Geld verdienten, haben mich alle für bekloppt gehalten.“2Danke für diese Information an Meta Schnorrenberg, die Fritz Waffenschmidt persönlich auf einem Vortrag im Marketingclub Köln/Bonn erlebt hat.

Gestartet mit nur 120 Quadratmetern Verkaufsfläche entwickelte sich nach und nach ein großes Medienunternehmen. Im Jahr 1977 zog Saturn in das Hansahochhauses und sollte dieses für die nächsten Jahrzehnte prägen. Die damals „größte Schallplattenschau der Welt“ war Anziehungspunkte für Jugendliche, die dort ihr Taschengeld in Vinylplatten umsetzten.

Nachts weit sichtbar: Die leuchtende Saturn-Reklame auf dem Hansahochhaus, Bild: Julian Weller / CC BY 4.0
Nachts weit sichtbar: Die leuchtende Saturn-Reklame auf dem Hansahochhaus, Bild: Julian Weller / CC BY 4.0

Seit 1993 strahlt die Saturn-Leuchtreklame von der Spitze Hansahochhauses. Auch deswegen nennen die Kölner das Gebäude liebevoll „Saturn-Haus“.

Und wenn wir Kölner uns heute über lange Bauzeiten der Nord-Süd-Stadtbahn oder der Oper ärgern, schauen wir uns das Hansahochhaus an und denken:

Wir konnten auch mal schnell bauen!


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Das „Friedenspulvermagazin“ wird zum Fritz-Encke-Volkspark in Raderthal

Luftbild Raderthaler Volkspark, etwa um 1930, im Vordergrund der Sender Raderthal
Luftbild Raderthaler Volkspark, etwa um 1930, im Vordergrund der Sender Raderthal

Bis zu 50.000 Tonnen hochexplosives Pulver lagerten noch bis 1918 im Kölner Süden. Im „Friedenspulvermagazin Raderthal“ wurde in friedlichen Zeiten die Munition gelagert, welche im Kriegsfall von den Festungswerken im äußeren Festungsring abgeschossen worden wäre. Zum Glück ist Köln in preußischer Zeit nie angegriffen worden – so wurde kein einziger „echter“ Schuss von den Verteidigungswerken abgegeben.

Gefährlicher Transport

Der zentrale linksrheinische Lagerort des Pulvers1Neben dem Raderthaler Pulvermagazin gab es noch das rechtsrheinische Friedenspulvermagazin Westhoven. war notwendig, weil die Munitionsräume der Forts in der Regel unterirdisch lagen und das Pulver dort wegen der Feuchtigkeit schnell unbrauchbar geworden wäre. Daher wurde an 1876 das Pulvermagazin direkt am Militärring angelegt. Von dort aus hätten Pferdefuhrwerke die Verteidigungsforts mit dem Pulver versorgt. Mit solchen Pferdefuhrwerken wurde das Pulver auch in das Pulvermagazin transportiert. Offensichtlich keine ungefährliche Angelegenheit, wie diese Beschreibung zeigt:

„Die Beförderung des Pulvers erfolgte … mittelst Pferdefuhrwerks. … Vorn am Wagen war eine rote Fahne angebracht, die mit einem P versehen war (Pulver!). Der Fuhrmann ging stets neben seinen beiden Pferden. Alle Personen waren, sobald der Wagen in Sicht kam, verpflichtet, die Pfeife oder Zigarre aus dem Mund zu nehmen und auf den Rücken zu halten. Erst wenn das Gefährt wieder verschwunden war, durfte weitergeraucht werden. Getreulich wurde diese Anordnung befolgt.“2 Quelle: „Friedenspulvermagazin Raderthal”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-96481-20140716-2 (Abgerufen: 13. März 2022)]

Erst 1914 wurde auf dem Militärring nur für die Versorgung der Forts eine Bahnstrecke angelegt.

Fritz Enckes Plan des Volksparks Raderthal aus dem Jahr 1923, Quelle: Architekturmuseum der TU Berlin, Inv. Nr. IGG 0990
Fritz Enckes Plan des Volksparks Raderthal aus dem Jahr 1923, Quelle: Architekturmuseum der TU Berlin, Inv. Nr. IGG 0990

Umwandlung in Volkspark

Gemäß den Bestimmungen des Versailler Vertrages wurden die meisten Verteidigungsanlagen Anfang der 1920er Jahre geschliffen oder zu anderen Zwecken umgewidmet. In Raderthal entstand 1923/24 auf dem großzügigen Gelände des Friedenspulvermagazins der Volkspark Raderthal, geplant von dem Gartenarchitekt Fritz Encke (1861 – 1931).

Die Hauptwiese des Fritz-Encke-Parks, Bild: Uli Kievernagel
Die Hauptwiese des Fritz-Encke-Parks, Bild: Uli Kievernagel

Enckes gestalterische Idee war, den Menschen der großen Mietskasernen ein „soziales Grün“ als Gartenersatz zu bieten. Daher waren seine Parkanlagen immer multifunktional angelegt: Blumenanlagen zum Flanieren, Sportanlagen und auch weite Grünflächen, die z.B. für ein Picknick genutzt werden konnten. Das Gelände des Pulvermagazins bot Encke ganz besondere Möglichkeiten.

Als "Reigenplatz" gedachtes Platz im Volkspark Raderthal, Bild: Uli Kievernagel
Als „Reigenplatz“ gedachter Platz im Volkspark Raderthal, Bild: Uli Kievernagel

Freiluft-Leseraum, Reigenplatz, Kaffeehaus und Brunnentempel

Ausgehend von einer großen, zentralen Wiese schuf Encke eine ursprünglich völlig symmetrisch gestaltete Anlage. Die in dem Gelände angelegten ringförmigen Wälle, welche ursprünglich im Falle einer Explosion den Sprengdruck aufhalten und nach oben ableiten sollten, integrierte der Gartenarchitekt in den Gesamtplan. Aus einem der Wälle wurde ein Freiluft-Leseraum mit integrierter Ausleihmöglichkeit für Bücher und Zeitschriften. Die weiteren Wälle sollten als Reigenplatz zum Tanz, als Naturtheater oder Planschbecken genutzt werden.

Der als "Freiluft-Leseraum" geplante Bereich im Fritz-Encke-Park, Bild: Uli Kievernagel
Der als „Freiluft-Leseraum“ geplante Bereich im Fritz-Encke-Park, Bild: Uli Kievernagel

Großzügige, mit vielen Blumen bepflanzte Schmuckgärten fassten den neuen Park ein. Durch spezielle Nischen mit Sitzmöglichkeiten entstanden kleine, intime Gärten. Ein Raderthaler Bürger dazu „In dä Ecke ham mer uch festjestallt, dat et zweierlei Minsche jov.“3In dem Park haben wir auch festgestellt, dass es zweierlei Menschen gibt.

Lauschige Ecken im heutigen Fritz-Encke-Park, früher von Jugendlichen gern zum gegenseitigen intensiven Kennenlernen genutzt,. Bild: Uli Kievernagel
Lauschige Ecken im heutigen Fritz-Encke-Park, früher von Jugendlichen gern zum gegenseitigen intensiven Kennenlernen genutzt. Bild: Uli Kievernagel

Angeschlossen war der attraktive Brunnentempel mit einem Trinkbrunnen. Zusätzlich war eine Schänke oder ein Café vorgesehen.

Der vergessene Park

Leider wurden die reichhaltigen Angebote des Volksparks Raderthal nie entsprechend genutzt. Der Heimatforscher Josef Rosenzweig schreibt dazu:

„Der im Oktober 1923 begonnene Raderthaler Volkspark war 1926 fertiggestellt. Leider wurde er von der Bevölkerung nicht in dem Maße genutzt, wie er es verdient hätte. … Das vorgesehene Planschbecken und die Kaffeewirtschaft sowie das Volkshaus sind nicht über die Planung hinausgekommen.“4Josef Rosenzweig: „Zwischen Judenbüchel und Sauacker“

Zwar irrte sich Rosenzweig in einem Punkt: Das Planschbecken wurde tatsächlich realisiert.5Vielen Dank für diesen Hinweis an Frank-Manuel Peter. Aber die Kaffeewirtschaft wurde tatsächlich nie gebaut. An dieser Stelle entstand 1927 der Sender Raderthalheute ein trostlos verkommenes Gebäude.  

Mit der fehlenden Nutzung lag Rosenzweig richtig. Das könnte auch an mit der Lage des Parks zusammen hängen: Für die Kölner damals lag der Park weit außerhalb. So schreibt auch der „Kölner-Lokal-Anzeiger“6Ausgabe  Nr. 236 vom 27.08.1932: Ein freundliches Stück Grün „vor den Toren“ 

"Kölner-Lokal-Anzeiger" Ausgabe  Nr. 236 vom 27.08.1932 
„Kölner-Lokal-Anzeiger“ Ausgabe  Nr. 236 vom 27.08.1932

Die „Englische Siedlung“

Ab 1950 wurden weitere Flächen des Parks genutzt, um für die britischen Besatzer eine Gartenstadt nach englischem Vorbild zu erschaffen – der Park schrumpfte auf etwa ein Drittel seiner ursprünglichen Größe.

Es entstand auf einem großen Teil des Gelände des Parks die „Englische Siedlung“ mit Naafi-Shop7Navy, Army and Air Force Institutes, mit speziellen Einkaufsmöglichkeiten für die im Ausland stationierten Soldaten und einer Schule, welche heute von der Bundeswehr genutzt wird.

Umbenennung in Fritz-Encke-Volkspark

Seit 1980 stand der Raderthaler Volkspark als ursprüngliches Gartenbaudenkmal ersten Ranges unter Denkmalschutz – und verrottete zunehmend. Erst seit etwa 2001 wird der Park behutsam wieder gepflegt – auch Dank einer vorbildlichen Anwohnerinitiative. So wurden Beschilderungen angebracht, Bänke repariert, Rankgerüste angebracht und auch der Reigenplatz sowie der ursprünglich als „Leseraum“ geplante Platanenwall wiederhergestellt.

Um den genialen Gartenarchitekten Encke zu ehren8Encke hat neben diesem Park unter anderem auch den Blücherpark, den Friedenspark, den Beethovenpark und den Klettenbergpark sowie die Erweiterung des Zoos erschaffen. hat, wurde der Park im Jahr 2002 in „Fritz-Encke-Volkspark“ umbenannt.

Schmuckstück des Parks heute ist der Brunnentempel. Der bereits 1920 erbaute offene Rundbau wurde im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört. Im Jahr 2006 konnte der wiederhergestellte Brunnentempel neu eingeweiht werden. Der Brunnentempel ist mit acht Figuren von Kindern geschmückt. Jeweils zwei Kinder stellen eine Jahreszeit dar.  Mein persönlicher Favorit ist der Junge mit däm Trömmelche (Bild 6 in der Bildergalerie).

Der Brunnentempel im Fritz-Encke-Volkspark Raderthal, Bild: Uli Kievernagel

Bild 1 von 11

Der Brunnentempel im Fritz-Encke-Volkspark Raderthal, Bild: Uli Kievernagel

2019 wurde die Anlage noch einmal vollständig saniert. Doch leider verschmieren immer wieder unbelehrbare und untalentierte Schmutzfinken den Brunnentempel mit hässlichen Graffits.

Schämt euch!


Lotsentour Raderberg und -Thal: Mit dem Fahrrad im Kölner Süden unterwegs, Bild: Uli Kievernagel
Lotsentour Raderberg und Raderthal: Mit dem Fahrrad im Kölner Süden unterwegs, Bild: Uli Kievernagel

Den Park erkunden27

Ich biete einen Rundgang durch den Fritz-Encke-Park an. Außerdem ist ist der Fritz-Encke-Park ist auch Bestandteil der Lotsentour Raderberg & Raderthal. Eine Stadtführung mit dem Fahrrad.


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Flagge zeigen: Kein Veedel für Rassismus!

Logo kein Veedel für Rassismus

Seit ein paar Wochen lächeln uns die Kandidaten der verschiedenen Parteien von den Straßenlaternen und Litfaßsäulen an. Keine Frage: Der Kommunalwahlkampf ist im vollen Gange. Gewählt wird am 14. September 2025.

Es gibt allerdings eine Initiative, die bereits einige Zeit vor den Parteien bereits Flagge gezeigt hat: Klare Kante e.V. Die Akteure rund um Rosa Maria Bianco haben wieder die bereits bekannten Fahnen mit der Kölner Skyline, bestehend aus Dom, Fernsehturm, Moschee und Synagoge aufgelegt.

Überall in den Straßen Kölns zu finden: Bürger beziehen Stellung gegen Rassismus, Bild: Uli Kievernagel
Überall in den Straßen Kölns zu finden: Bürger beziehen Stellung gegen Rassismus, Bild: Uli Kievernagel

Jede Stimme für die AfD ist eine Stimme zu viel

Bereits  2014 haben sich unter dem Slogan „Kein Veedel für Rassismus“ engagierte Menschen zusammengefunden, um die Rassisten zu bekämpfen. Bei der Kommunalwahl 2020 hat die AfD dann aber leider mehr als 18.000 Stimmen  bekommen. Das führte zu vier Sitzen im Stadtrat. Und jede Stimme für die AfD ist eine Stimme zu viel. Und jeder Sitz im Stadtrat ist einer zu viel.

Realistische Einschätzung

Rosa Maria Bianco von Klare Kante e.V.  zeigt sich in einem Interview des Kölner-Stadt-Anzeigers realistisch: „Klar werden wir damit im Zweifel niemanden davon abhalten, AfD zu wählen. Aber die sollen wissen, dass wir in den Veedeln für ein weltoffenes Köln einstehen.“

Unterstützt wird Bianco auch von zahlreichen Kölner Prominenten und Bands, wie zum Beispiel Miljö, Ludwig Sebus, Lupo, Cat Ballou, Kasalla, Bläck Fööss oder den Höhnern. Auch der 1. FC Köln zählt zu den Unterstützern.

Kein Veedel für Rassismus

Die schönste Fahne ziert eine Banane, ein Kunstwerk des Bananensprayers Thomas Baumgärtel mit dem Titel „Rassismus ist und bleibt Banane.“ Auch der kölsche Musiker Tommy Engel hat sich eindeutig geäußert: „Es ist schon so viel in unserem Land passiert – das wollen wir nicht mehr haben. Ich mache mir schon lange Gedanken darüber, was wohl in die Köpfe dieser Menschen gefahren ist.“

Tommy Engel bezieht eindeutig Stellung gegen Rassismus, Bild: Uli Kievernagel
Tommy Engel bezieht eindeutig Stellung gegen Rassismus, Bild: Uli Kievernagel

 
Holt euch die Fahne!
 
Die Fahnen gibt es in ausgewählten Läden überall in der Stadt. Die Kosten liegen bei 10 Euro/Fahne. Aber das ist gut investiertes Geld gegen Rassismus und Ausgrenzung und auch, um die AfD zu ärgern. Denn, so Rosa Maria Bianco von Klare Kante e.V.: 

„Kölle ist bunt – und Kölle bleibt bunt! Zeigt Flagge, hängt sie raus, nehmt sie mit – und macht klar: Köln steht auf der richtigen Seite.“

Bezugsquellen für die Fahnen

EHRENFELD
Balloni
Ehrenfeldgürtel 88-94
50823 Köln
Montag – Freitag: 9:30 – 19:00
Samstag: 9:30 – 17:00
 
NIPPES
Buchladen Neusser Straße
Neusser Straße 197
50733 Köln
Montag – Freitag 9:00 bis 19:00 Uhr
Samstag 9:00 bis 18:00 Uhr

INNENSTADT
Schmitz und Kunzt
Richard-Wagner-Str. 8
50674 Köln
Fahnenausgabe nur:
Dienstag 14:30 – 17:30 Uhr 
Freitag 14:30 – 17:30 Uhr

ZOLLSTOCK
Buchhandlung Weyer
Höninger Weg 181 
50969 Köln
Öffnungszeiten:
Montag-Freitag 10:00 – 18:30 Uhr
Samstag 10:00 – 14:00 Uhr
 
SÜLZ
Buchladen Sülzburgstraße 27
Sülzburgstraße 27
50937 Köln 
Montag – Freitag 9:30 – 18:30 Uhr
Samstag 9:30 – 14:00 Uhr
 
DELLBRÜCK
Buchhandlung einzigundartig
Dellbrücker Hauptstraße 114
51069 Köln
Öffnungszeiten:
Montag – Freitag 9:00 – 19:00 Uhr
Samstag 9:00 – 15:00 Uhr
 
KALK
Buchladen Kalker Hauptstraße
Kalker Hauptstraße 237
51103 Köln 
Öffnungszeiten:
Montag – Freitag: 09:30 bis 19:00
Samstag: 12:00 bis 18:00
 
Mülheim
Antiquariat BuchHeim25
Buchheimer Str. 25
51063 Köln-Mülheim
Öffnungszeiten:
Montag – Freitag: 12:00 bis 19:30 Uhr
Samstag: 12:00 – 15:00 Uhr 

Logo Klare Kante e.V.
 

Jetzt erst recht! Darum gilt: Gerade jetzt müssen wir sichtbar widersprechen! Zeigt, dass Köln zusammenhält. Zeigt, dass Hass und Hetze hier keinen Platz haben. 


Arsch huh, Zäng ussenander
 

Arsch huh, Zäng ussenander

Am 9. November 1992 Jahren haben Kölner Künstler mit der Kundgebung „Arsch huh, Zäng ussenander“ etwa 100.000 Menschen auf dem Chlodwigplatz zusammengebracht. Dort wurde friedlich für ein offenes, tolerantes und solidarisches Köln demonstriert.

Wie es dazu kam und wie man es damals geschafft hat, dieses Mammutprojekt in nur 18 Tagen inklusive Aufnahme einer Benefiz-CD zu organisieren, liest du in diesem Köln-Ding der Woche.


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Urania Theater in Ehrenfeld: Drei Frauen, eine Familie, eine Mission

Urania Theater Ehrenfeld
 

Im Urania Theater fühlt man sich direkt wie zu Hause. Ob für einen schnellen Kaffee im kleinen Café, zum Schmökern in den Büchern auf der Treppe oder für die große Bühne – hier ist man immer willkommen. Durch die Glasfront blitzt die Bar, draußen lockt der kleine Biergarten am Bürgersteig. Ein Platz zum Hängenbleiben, Quatschen, Staunen.

Drei Frauen machen (das) Theater

Und wer steckt dahinter? Keine Heinzelmännchen – auch wenn man das meinen könnte. Sondern drei Frauen: Regisseurin Bettina Montazem, Sopranistin Lea Montazem und Schauspielerin Rosa-Halina Dahm. Mutter und Töchter. Drei Frauen, eine Familie, eine Mission: Theater machen ohne staatliche Kohle, dafür mit Herzblut.

Bettina erzählt beim Begrüßen gerne die Anekdote, wie ein Freund sie mal fragte: „Hast du eigentlich ’nen Förderverein?“ – Hatte sie nicht, also zack, gegründet. Heute lachen die Gäste drüber, und viele tragen nach der Show direkt den Antrag auf Mitgliedschaft heim. Die Begrüßung ist immer persönlich: erst am Eingang, später vor dem Publikum – und da schwärmt Bettina dann stolz von ihren Töchtern, die abwechselnd auf der Bühne stehen.

Herausragende Künstler:innen bilden erfolgreiches Ensemble

Vier Eigenproduktionen gibt’s pro Jahr. Im Frühjahr 2025 ging’s mit „Broadway – Musical meets Varieté“ nach New York: 100 Jahre Musicalgeschichte, große Stimmen, Artistik zum Staunen. Hits von „Phantom der Oper“ bis „The Greatest Showman“. Lea mittendrin, ihre Stimme wie Samt und Gänsehaut zugleich. Bettina setzt derweil mit einem Obdachlosen-Charakter eine poetische Klammer: Geschichten vom Scheitern, Träumen und Wiederaufstehen, verbunden mit Artistik und Musicalklassikern wie an einer Perlenkette.

Die Begrüßung im Urania Theater ist immer persönlich, Bild: Roland Breitschuh
Die Begrüßung im Urania Theater ist immer persönlich, Bild: Roland Breitschuh

Und genau darin liegt die Faszination des Urania Theaters. Den drei Frauen gelingt es jedes Mal, herausragende Einzeltalente aus Musik und Akrobatik zu einem beeindruckenden Ganzen zusammenzustellen. Da bleibt einem der Mund offenstehen, wenn Kasia Florczuk zuerst Pirouetten auf einem Eiskreisel von etwa einem Meter Durchmesser dreht, bevor sie sich am Trapez in die Lüfte schwingt.

Sandeep Kale hingegen ist Meister im „Mallakhamb„. Dahinter verbirgt sich eine traditionell indische Sportart aus Yoga, Wrestling und Poledance. Wenn Kale am schwebenden Holzpfahl scheinbar kinderleicht die Schwerkraft überwindet, hält das Publikum den Atem an.

In „Piaf à Paris“ glänzte dann Rosa-Halina als große Piaf. Ihre Stimme: kraftvoll und zerbrechlich zugleich. Im Pariser Bühnenbild wickelt sie das Publikum mühelos um den Finger.

Urania Theater, Maskenball in Venedig

„Maskenball – Oper meets Varieté“

Und jetzt, Ende August, steigt die nächste Premiere: „Maskenball – Oper meets Varieté“. Ein Clown verirrt sich in Venedig und entdeckt mit Lea Montazem an seiner Seite die Schönheit des Lebens. Dazu gibt’s Weltklasse-Acts: das Jonglage-Duo Kris und Harrison Kremo, Luftakrobatin Amelie Kamps, Contorsionist David Meraz und Seifenblasen-Magier Olekseij Sherbluk. Im prachtvollen Bühnenbild erklingen die Stimmen von Mezzosopranistin Paula Meyer und Bassbariton Claus Renzelmann – und die Kostüme von Atelier Maria Lucas machen die Reise an Canal Grande und Rialtobrücke perfekt.

Im Urania Theater sitzt man auf jedem Platz wie in der ersten Reihe, genießt die einzigartige Atmosphäre und entschwindet für zwei Stunden in die himmlische Welt des Varietés.


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Josef Stübben – Der Stadtbaumeister der Kölner Moderne

Auszug aus dem Plan zur Kölner Stadterweiterung inkl. Portrait des Stadtbaumeisters Josef Stübben (1845 - 1936)
Auszug aus dem Plan zur Kölner Stadterweiterung inkl. Portrait des Stadtbaumeisters Josef Stübben (1845 – 1936)

Als Josef Stübben im Jahr 1881 seinen Dienst in Köln antrat, standen Stadt und Verwaltung vor einer Jahrhundertaufgabe. Der Abriss der mittelalterlichen  Stadtmauer war im vollen Gange. Die Domstadt brauchte Platz zum Wachsen, Luft zum Atmen und Straßen, auf denen sich die Zukunft bewegen konnte. Stübbens Aufgabe war die Gestaltung der Kölner Neustadt – ein Werk, das bis heute das Gesicht der Stadt prägt.

Geboren wurde Hermann Josef Stübben am 10. Februar 1845 in Hülchrath (heute Stadt Grevenbroich). Er war das älteste von zehn Kindern, wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Nach dem Abitur in Düsseldorf absolvierte er sein Studium an der Bauakademie in Berlin. Bereits früh zeigte sich seine Affinität zum technischen, zugleich aber auch zum gestalterisch-gesellschaftlichen Anspruch der Stadtentwicklung. Er legte 1871 das Staatsexamen ab und wurde mit einem Stipendium ausgezeichnet – ein erster Fingerzeig für seine steile Karriere, die folgen sollte.

Köln: Stadterweiterung mit System

Nach ersten Jahren als Bauingenieur bei der Eisenbahn begann Stübbens Karriere als Stadtbaumeister in Aachen, wo er mit gerade einmal 31 Jahren die Verantwortung für den städtischen Hoch- und Tiefbau übernahm. Seine städtebaulichen Entwürfe, etwa für neue Wohngebiete und die Gesamtentwicklung Aachens, folgten einem damals revolutionären Denken: Nicht einzelne Häuser sollten geplant werden, sondern ganze Stadtteile im Zusammenhang – langfristig, mit Flexibilität für spätere Anpassungen. Diese Methodik begründete den modernen Städtebau. Wegen seiner außerordentlichen Verdienste ließ der Ruf aus Köln nicht lange auf sich warten.

Als Josef Stübben 1881 nach Köln kam, hatte die Stadt gerade einen folgenschweren Entschluss gefasst: Die mittelalterliche Befestigung, lange ein Hemmnis für jede Entwicklung, war gefallen. Die Stadt durfte sich nun über die alten Wälle hinaus entfalten. Die Vision: eine moderne Großstadt – offen, gesund, lebenswert. Den Wettbewerb zur Planung der Stadterweiterung gewann Stübben gemeinsam mit dem Architekten Karl Henrici. Doch es war Stübben, der das Projekt federführend umsetzte.

Dieses Bild, um 1881, aus der Vogelperspektive zeigt, welche Dimensionen die von Stübben geplante Kölner Neustadt hatte. Bild: Jakob Scheiner, gemeinfrei
Dieses Bild, um 1881, aus der Vogelperspektive zeigt, welche Dimensionen die von Stübben geplante Kölner Neustadt hatte. Bild: Jakob Scheiner, gemeinfrei

Das Zentrum seiner Planung: die Kölner Neustadt – ein Gürtel, der sich hufeisenförmig um das alte Stadtzentrum legte, gegliedert durch breite Alleen, großzügige Platzanlagen und eine klare funktionale Trennung von Wohn-, Verwaltungs- und Verkehrsbereichen. Es entstand die charakteristische Kölner Ringstraße, die zwischen 1886 und 1891 etappenweise eröffnet wurde. Stübbens Entwurf verband Repräsentation mit Funktionalität, Militärgeschichte mit urbaner Moderne: Aus dem einstigen Festungsring wurde ein Prachtboulevard.

Der Hohenzollernring um 1900 - ein Prachtbelouvard
Der Hohenzollernring um 1900 – ein Prachtbelouvard

Stübben berücksichtigte in seinen Planungen das zukünftige Wachstum Kölns und legte systematisch die Grundstruktur der neuen Viertel fest. Das war nicht nur vorausschauend – es war revolutionär.

Durchmischte Bebauung als soziale Innovation

Die Neustadt wurde in zwei große Bereiche unterteilt: Neustadt-Nord und Neustadt-Süd, flankiert von neuen Verkehrstrassen, durchzogen von grünen Promenaden. Das städtebauliche Raster folgte klaren Linien, jedoch aufgelockert durch Plätze wie den Zülpicher Platz, Rudolfplatz oder Ebertplatz.

Nä - wat doch fröher schön: Der Barbarossaplatz um 1900
Einst ein stadtbauliches Idyll, heute Kölns hässlichster Platz: Der Barbarossaplatz, hier auf einer Darstellung um 1900

Stübben plädierte für eine durchmischte Bebauung, in der Mietskasernen, Wohnhäuser für das gehobene Bürgertum und Einrichtungen der Daseinsvorsorge wie Schulen, Kirchen oder Krankenhäuser nebeneinander Platz fanden. Auch die Idee einer durchgehenden Straßenbeleuchtung, breiten Gehwegen und moderner Entwässerung wurde von ihm mitgedacht.

Ein Mann mit Weitblick

Stübbens Konzept für Köln war geprägt von Pragmatismus und Idealismus gleichermaßen. Er wollte keine „Traumstadt“, sondern eine funktionierende Metropole – gesund, sozial durchmischt, anpassbar. 1890 erschien sein Buch „Der Städtebau“, das zum Standardwerk wurde und internationale Aufmerksamkeit fand. Bis 1924 erlebte es drei Auflagen. Das Buch war weit mehr als ein Fachbuch – es war ein Manifest für den Städtebau als umfassende, gesellschaftlich relevante Disziplin.

Das Stübben-Buch „Der Städtebau", erschienen 1890, ist ein Standardwerk des Städtebaus
Das Stübben-Buch „Der Städtebau“, erschienen 1890, ist ein Standardwerk des Städtebaus

In Köln wurde er 1889 zum Stadtbaurat, 1892 zum Beigeordneten ernannt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war er nicht mehr nur Fachmann, sondern auch Entscheider – ein Architekt, der Politik machen konnte. 

Städtebau im Rheinland – und darüber hinaus

Neben Köln plante Stübben die Stadterweiterungen von Düsseldorf, Heerdt-Oberkassel, Saarlouis und Aachen. In Koblenz sah mab ebenfalls die Entwicklung der Stadt auf dem Gelände der geschleiften Festungsanlagen vor – dank der Erfahrungen aus Köln für Stübben eine vertraute Aufgabe. Auch in Belgien, etwa in Brügge, Antwerpen oder Brüssel, wurde Stübben als Planer tätig. Dass König Leopold II. von Belgien persönlich mit ihm über Städtebau sprach, zeigt die internationale Anerkennung seiner Arbeit.

Neben seiner Planungstätigkeit war Stübben auch in sozialen Fragen engagiert. Er trat für den Bau von Arbeiterwohnungen ein und gründete 1899 mit anderen den „Rheinischen Verein zur Förderung des Arbeiterwohnungswesens“. Als einer der Ersten erkannte er die Notwendigkeit gemeinnütziger Baugesellschaften, die auch ärmeren Bevölkerungsschichten menschenwürdiges Wohnen ermöglichten.

Die Figur von Hermann Josef Stübben auf dem Rathausturm Koeln, Bild: Raimond Spekking
Die Figur von Hermann Josef Stübben auf dem Kölner Rathausturm, die Figur rechts stellt den Erfinder und Unternehmer Eugen Langen dar. Bild: Raimond Spekking

1904 verließ er Köln und ging nach Berlin. Dort arbeitete er als Oberbaurat im Preußischen Finanzministerium an der Umgestaltung der ehemaligen Festungsstadt Posen. Auch in seiner späten Karriere blieb er aktiv: Er gewann Städtebau-Wettbewerbe für Bilbao (1926) und Madrid (1930) und beriet sogar 1929 beim Ausbau der Vatikanstadt.

Seine Planung lebt im Stadtbild weiter

Stübben starb am 8. Dezember 1936 im Alter von 91 Jahren, beigesetzt wurde er in Berlin. Er war kein Theoretiker am Schreibtisch, sondern ein Mann der Umsetzung.

Für ihn war klar: Eine Stadt kann nur dann schön und lebenswert sein, wenn sie auch den praktischen Anforderungen entspricht – Verkehr, Hygiene, soziale Infrastruktur. Genau das hatte Köln zur Zeit seiner größten Expansion dringend gebraucht – und genau das lieferte Josef Stübben.

Gedenkplakette für Joseph Stübben an der Hahnentorburg, Rudolfplatz, Bild: Uli Kievernagel
Gedenkplakette für Josef Stübben an der Hahnentorburg, Rudolfplatz, Bild: Uli Kievernagel

Ohne Stübben keine Kölner Neustadt. Ohne Neustadt kein modernes Köln. Was Josef Stübben für die Stadt am Rhein geleistet hat, reicht weit über das Ziehen von Straßenzügen hinaus. Er hat Köln auf ein neues Fundament gestellt – technisch, sozial, ästhetisch.

Ein Stadtbaumeister, der wusste, wie Städte wirklich funktionieren. Und dessen Planungsgeist bis heute im Stadtbild weiterlebt.


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Ein paar Fragen an Susanne Imhoff – 25 „Bessermacher“ für Köln

Susanne Imhoff leitet seit 2018 die Imhoff-Stiftung. Bild: Imhoff-Stiftung
Susanne Imhoff leitet seit 2018 die Imhoff-Stiftung. Bild: Imhoff-Stiftung

 

In Köln sind es oft nicht die großen Politik-Räder, sondern die kleinen Zahnräder der Zivilgesellschaft, die dafür sorgen, dat et kölsche Hätz nicht stehen bleibt. Vereine, gemeinnützige Organisationen, Ehrenamtler*innen – und: Stiftungen.

Stiftungen? Tatsächlich! Diese etwas abstrakt klingenden Konstrukte, die aber ganz viel mit dem zu tun haben, was Köln wirklich ausmacht: Zusammenhalt, kulturelle Vielfalt, jecke Ideen und verdammt viel Herz. Von der Anzahl her ist Köln die Hauptstadt der Stiftungen in NRW. Aktuell existieren etwa 500 Stiftungen in Köln, die sich der Förderung des Gemeinwohls verschrieben haben. Zählt man das Umland hinzu, steigt die Zahl der Stiftungen auf ca. 1.150.

Und mittendrin: Die Imhoff-Stiftung. Diese Stiftung feiert im Jahr 2025 ihr 25-jähriges Bestehen mit einer ganz besonderen Aktion: Die „Bessermacher für Köln“. Und darüber gibt Susanne Imhoff, Vorstandsvorsitzende der Imhoff-Stiftung, gerne Auskunft.

Köln ohne Stiftungen? Wie Karneval ohne Kamelle!

Viele Themen – von Kultur über Bildung bis Denkmalpflege und das Brauchtum – wären ohne private Stiftungen nur sehr schwierig zu realisieren. In Zahlen klingt das dann so: 1,3 Millionen Menschen im Regierungsbezirk Köln profitieren pro Jahr von den Aktivitäten kölscher Stiftungen. Insgesamt 300 Millionen Euro jährlich fließen in gemeinnützige Projekte. 

Eine Auswahl der über 500 Kölner Stiftungen
Eine Auswahl der über 500 Kölner Stiftungen

Man fragt sich: Warum wissen das so wenige? Und warum hält sich so hartnäckig das Vorurteil, dass Stiftungen nur dazu wären, Steuern zu sparen? „Ja – eine Stiftung spart tatsächlich Steuern.“ entgegnet Susanne Imhoff  „Aber das Geld ist einem damit ja auch aus der Hand genommen. Der Stifter oder seine Familie kommen nie wieder an das Stiftungskapital und die daraus erwirtschafteten Erträge heran.“

Das Besondere an einer solchen gemeinnützigen Stiftung ist, dass eine Stiftung weder aus Mitgliedern besteht, noch existieren Gesellschafter. Eine Stiftung hat somit auch keinen Eigentümer, sondern gehört sich selbst. Susanne Imhoff vergleicht eine Stiftung mit einem Apfelbaum: „Ich stifte Geld für einen Apfelbaum. Jedes Jahr trägt dieser Baum neue Früchte, die allen zugutekommen. Die Verantwortlichen der Stiftung sind dabei die Gärtner, die dafür sorgen, dass dieser Baum auch regelmäßig reichlich Früchte trägt.“

Was macht die Imhoff-Stiftung konkret?

Die Imhoff-Stiftung hat seit ihrer Gründung im Jahr 2000 mehr als 22 Millionen Euro für gemeinnützige Zwecke ausgeschüttet. Und was hat das mit Schokolade zu tun? Na, einiges!

Die Imhoff-Stiftung fördert Projekte in Köln

Nach dem Verkauf seines Unternehmens hat Hans Imhoff das Gebäude des Schokoladenmuseums mit seinen umliegenden Flächen und einen Großteil seines Vermögens in die Imhoff-Stiftung eingebracht. Mit den Erträgen aus diesem Kapital werden seitdem gemeinnützige Projekte in Köln ermöglicht, gefördert und unterstützt.

Die Imhoff-Stiftung fördert Projekte in den Bereichen:

  • Kunst und Kultur,
  • Bildung und Kulturvermittlung,
  • Therapeutisches Reiten,
  • Gesundheitspflege,
  • Wissenschaft und Forschung,
  • Heimatkunde und Denkmalpflege 

Beispiele sind Projekte für Menschen mit Demenz, der Ausbau des EL-DE-Hauses, Therapeutisches Reiten auf dem Frohnhof e.V., Förenander do – die Caring Community Köln stärkt die Kölner*innen im Umgang mit schwerer Krankheit, Sterben/Tod und Trauer oder „Der Elfte Elf“, ein Theaterprojekt für Kinder.

„Wir sind eine klassische Antragsstiftung“, sagt Susanne Imhoff. Zweimal im Jahr werden die Förderanträge gesammelt und ausgewertet – mit viel persönlichem Kontakt, Bauchgefühl, Wertekompass und ja: mit einer Portion Herzblut. „In der Entscheidungszeit schlafe ich oft schlecht“, gesteht sie. Kein Wunder, wenn man darüber nachdenkt, welche Projekte man unterstützt – und welche eben nicht.

Keine Bürokratie, kein Theater (außer es wird gefördert)

Der große Vorteil von Stiftungen gegenüber staatlicher Förderung? Schnelligkeit. Menschlichkeit. Agilität. Und ein Blick für Details, den kein Amt je so hinbekommt. „Wir entscheiden nicht nach Aktenlage“, sagt Imhoff. Es gibt kein Anrecht auf Förderung – aber dafür ganz viel Raum für Visionen.

Die Antragsteller*innen kommen aus allen Ecken Kölns, oft mit kleinen Budgets, aber großen Ideen. Und genau da greift die Stiftung ein. Ohne großes Tam-Tam, ohne Gremien-Marathon, ohne sieben Unterschriften. Dafür mit einem klaren Blick auf das, was gebraucht wird.

Imhoff vor seinem wahr gewordenen Traum: Der Schokoladenbrunnen in seinem Schokoladenmuseum, Bild: Schokoladenmuseum Köln
Hans Imhoff hat die Imhoff-Stiftung  im Dezember 2000 gegründet, Bild: Schokoladenmuseum Köln

Im Zentrum all dessen steht der ursprüngliche Gedanke von Hans Imhoff: Etwas zurückgeben. Nicht nur, weil man es kann – sondern weil man es will. Diese Haltung zieht sich durch die Arbeit der Stiftung bis heute. „Es ist klassisches bürgerschaftliches Engagement“, erklärt seine Tochter. „Von unten gewachsen, nicht von oben verordnet.“

25 Jahre Imhoff-Stiftung – und 25 Bessermacher für Köln

Gegründet wurde die Stiftung im Jahr 2000 – ein Vierteljahrhundert Imhoff-Stiftung – das will gefeiert werden. Aber anders als bei klassischen Geburtstagen hat sich die Imhoff-Stiftung etwas Besonderes überlegt: Sie macht anderen ein Geschenk.

„Wir wollten uns nicht selbst feiern“, sagt die Stiftungsvorständin. „Das wäre irgendwie unpassend. Wir entscheiden ja nicht jedes Jahr neu, ob wir etwas Gutes tun – als Stiftung müssen wir unser Geld ausgeben. Warum sollten wir uns dafür feiern lassen?“ Die Frage, was man stattdessen tun könne, führte schnell zur eigentlichen Mission der Stiftung zurück: Menschen und Organisationen in Köln zu unterstützen.

Mit Hilfe aller Kölnerinnen und Kölner vergibt die Imhoff-Stiftung 25 Jubiläumspreise an #BessermacherfürKöln

Eine Idee mit Herz: Die „Bessermacher für Köln“

Der Gedanke entstand schnell: Wenn schon 25 Jahre Imhoff-Stiftung, dann sollte der Dank an jene Menschen gehen, die wirklich etwas bewegen. Und so wurde die Idee zu den „Bessermachern“ geboren: Warum nicht die Menschen in Köln fragen, wem sie Danke sagen möchten? Gesucht wurden Geschichten, die zeigen, wie jemand das Leben anderer Menschen besser gemacht hat – ganz gleich ob groß oder klein.

Und jede*r kann mitmachen: Bürgerinnen und Bürger reichen Geschichten ein, in denen sie sich bei einer Organisation, einem Verein oder Projekt bedanken möchten, das ihr Leben berührt oder positiv verändert hat. „Es geht nicht nur um die großen Veränderungen – oft sind es die kleinen Dinge, die zählen“, sagt Susanne Imhoff.

Imhoff-Stiftung, Bessermacher für Köln

Die Aktion hat bisher großen Zuspruch erhalten. Über 300 Beiträge1Stand: 29. Juli 2025 wurden bereits eingereicht – viele davon bewegend. Der Einsendeschluss ist der 31. August 2025. 

Wichtig dabei: Vereine dürfen sich nicht selbst vorschlagen, sondern müssen von anderen nominiert werden. Es geht um persönliche Geschichten, nicht um Bewerbungen mit dem Hinweis „Wir machen gute Arbeit und brauchen Geld“. Die Stiftung legt Wert darauf, dass nicht Zahlen, sondern Wirkung zählt.

Wie geht es weiter?

Nach dem 31. August 2025 beginnt die Auswertung. Zunächst wird geprüft, ob die vorgeschlagenen Vereine die Voraussetzungen erfüllen – etwa die Gemeinnützigkeit per Freistellungsbescheid vom Finanzamt und die Übereinstimmung mit den Stiftungszielen. Auch ein kurzer Hintergrund-Check gehört dazu.

Diese Informationen gehen dann an eine unabhängige Jury, die aus rund etwa 20 Personen besteht. Jedes Jurymitglied vergibt an jeweils zwanzig Vereinen Punke: 20 – 19 – 18 – 17 – etc. Die 20 Vereine mit den meisten Punkten sind automatisch unter den „25 Bessermachern“. Drei weitere werden per Social Media-Voting bestimmt, zwei erhalten eine Wildcard von der Stiftung.

Und was gibt’s zu gewinnen?

Die 25 ausgewählten „Bessermacher“ erhalten eine Einladung zur großen Abschlussveranstaltung im Dezember. Jeder der eingeladenen Bessermacher bekommt sicher 5.000 Euro.

Mit Hilfe aller Kölnerinnen und Kölner vergibt die Imhoff-Stiftung 25 Jubiläumspreise an #BessermacherfürKöln

An dem Abend entscheidet dann das Los, welche drei Vereine jeweils 25.000 Euro erhalten. Susanne Imhoff: „Das Los entscheidet, weil man die Projekte nicht miteinander vergleichen kann. Wie soll man ein Familienhörbuch gegen ein Senioren-Café werten? Das geht nicht.“

Wer ist in der Jury?

„Die Jury besteht aus Menschen, denen wir zutrauen, einen empathischen und umfassenden Blick auf die Stadt Köln und ihre Menschen zu haben“, so Susanne Imhoff. Die Jury ist vielfältig und lokal verankert.

In der Jury sind u.a. Cathrin Dauven, Gaby deMuirier, Annette Frier, Sabine Heinrich, Elvis Katticaren, Uli Kievernagel, Angela Maas, Wolfgang Oelsner, Elisabeth Raffauf, Rodney Ranz, Monika Salchert, Elfi Scho-Antwerpes, André Scymkowiak, Ulrich Soénius und das Team der Stunksitzung.  

Und wie kann ich mitmachen?

Noch bis zum 31. August 2025 können Vorschläge eingereicht werden – ganz unkompliziert über die Website: www.imhoff-stiftung.de/bessermacher. Susanne Imhoff fordert ausdrücklich dazu auf, sich zu beteiligen:

„Wir freuen uns über jede Geschichte. Und es bereitet uns große Freude zu sehen, wie viele Menschen in Köln jeden Tag etwas besser machen – ganz still und leise.“


Podcast-Aufnahnme mit Susanne Imhoff
Podcast-Aufnahnme mit Susanne Imhoff, Bild: Mara Lorsche

Genau wie alle anderen Menschen in der Rubrik „Ein paar Fragen an …“ hat auch Susanne Imhoff zu den „kölschen Fragen“ Rede und Antwort gestanden.

Wenn nicht Köln – wo sonst könntest du wohnen? Und warum gerade dort?

Bis jetzt habe ich noch nichts gefunden, was für mich eine echte Alternative wäre. Aber tatsächlich finde ich die Toskana sehr schön. Da lebt meine Tochter und heiratet demnächst. Aber wenn ich ehrlich bin, wüsste ich jetzt im Moment nicht, was ich da den lieben langen Tag machen soll.

Welche kölsche Eigenschaft zeichnet dich aus?

Jeder Jeck ist anders.

Was würden du morgen in unserer Stadt ändern?

Den Ebertplatz.

Kein städtebauliches Idyll: Der Ebertplatz, Bild: Land NRW (2017)
Kein städtebauliches Idyll: Der Ebertplatz, Bild: Land NRW (2017)

Nenne ein/zwei/drei Gründe, warum man Köln morgen verlassen sollte – außer den Ebertplatz!

Ich glaube, wenn man Großstadt nicht mag, dann sollte man gehen. Und wenn man eine Großstadt mag, die so klein wie möglich ist, dann bleibt man hier in Köln.

Die Südbrücke in Köln, Bild: Michael Musto, CC BY-SA 4.0
Die Südbrücke in Köln, einer der Lieblingsplätze von Susanne Imhoff. Bild: Michael Musto, CC BY-SA 4.0

Wo ist dein Lieblingsplatz in Kölle?

Das ist definitiv auf einer Rheinbrücke bei Sonnenuntergang.

Welche Kölner*innen haben dich beeinflusst?

Beeinflusst hat mich tatsächlich in hohem Maße mein damaliger Theater AG Leiter vom Gymnasium Kreuzgasse Werner Kronenberg.

Welche Kölner*innen haben dich beeindruckt?

Besonders beeindruckend finde ich die Edelweißpiraten – ohne, dass ich je einen persönlich kennengelernt hätte. Aber diese Gruppe von Menschen mit ihrem Mut und alle Menschen, die es heute noch gibt, die auch nur ansatzweise diese Eigenschaften haben, beeindrucken mich zutiefst.

Was machst du zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch?

Dann bin ich mal hier in Köln – und auch mal weg. Also eigentlich eher lieber weg.

Und was zwischen Aschermittwoch und Weiberfastnacht?

Dann bin meistens hier und versuche, das Beste zu machen.

Wat hät für dich noch immer jood jejange?

Die Erfahrung, dass man immer wieder aufstehen kann, auch wenn man nicht auf die Füße gefallen ist.

Wo drüber laachs de dich kapott?

Ich lache mich kaputt darüber, dass ich mal gedacht habe, dass wenn man alles richtig macht, es auch bestimmt gut wird.

Rievkooche - Emmis kölsches Lieblingsessen. Bild: Emmi Prolic, www.emmikochteinfach.de
Rievkooche – Susanne Imhoff kölsches Lieblingsessen. Bild: Emmi Prolic, www.emmikochteinfach.de

Dein kölsches Lieblingsessen?

Eindeutig Rievkooche.

Deine kölsche Lieblingskneipe?

Das Früh am Dom. Immer wenn mein künftiger Schwiegersohn aus der Toskana zu Besuch ist, will der ins Früh gehen. Ihn dort zu erleben ist einfach zum Wegschmeißen.

Dein Lieblingsschimpfwort auf Kölsch?

Knüselskopp

Bitte vervollständige den Satz: Köln ist …

… nur dann irgendwie zu verstehen, wenn man es erlebt hat.


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Helmut Frangenberg & das Kölner Krätzjer Fest

Ne echt kölsche Jeck: Helmut Frangenberg, Bild: Max Grönert
Helmut Frangenbegr an der Quetsch, Bild: Max Grönert

 

Frank und Uli haben prominenten Besuch im Podcast-Studio: Wir sprechen mit dem kölschen Tausendsassa Helmut Frangenberg. Er ist Mitinitiator von Loss mer singe, Erfinder der Kneipensitzung Jeckespell, Mitglied der „Ahl Kamelle Band“, Host des TrueCrime Köln-Podcasts, Autor zahlreicher Stadtführer und Köln Krimis, Künstlerischer Kopf der „Kölsche Heimat“, ein Projekt der Kreissparkasse Köln zur Pflege der kölschen Musikkultur, ganz nebenbei noch Redakteur des Kölner Stadtanzeigers und auch noch Organisator des Kölner Krätzjer Fest.

Und genau über dieses Krätzjer Fest sprechen wir mit Helmut in diesem Köln-Ding der Woche.

Logo 9. Krätzjer Fest

Was ist ein Krätzje?

Hier hilft wie immer ein Blick in den „Wrede“: Dort wird ein Krätzje als „kleines, rundes, Soldatenmützchen, mit schmalem Rand“ bezeichnet. Also eine Mütze die allgemein als „Schiffchen“ bekannt ist. Hilft aber nicht weiter – es geht ja um Musik. Auch Wredes zweite Erklärung, dass es sich bei einem Krätzje um einen kleinen Riss, eine kleine Schramme, also so etwas wie ein „Kratzer“ handelt, ist zwar richtig, führt aber nicht weiter.

Ein Krätzchen, hier das Modell der "Blauen Funken", Bild Raimond Speking
Ein Krätzchen als Kopfbedeckung ist auch als „Schiffchen“ bekannt, Bild Raimond Speking

Erst Wredes dritte Erklärung, dass es sich um die Erzählung eines Streiches, einen Schwank, eine Schnurre, ein heiteres Stücklein, lustiges Verzällche teils harmloser, teils derber Art handelt, führt zum Ziel. So definiert Wrede eine „Krätzjesmacher“ als jemanden, der „gern lustige Streiche erzählt, Witze macht.“

Ursprünglich wurden Krätzjer nicht singend vorgetragen, sondern als „heiteres Stücklein“ vorgelesen, die Musik dazu kam erst später. Der Krätzchesgesang zählt zu den ältesten Liedvortragsformen im Rheinland. Und wird heute sehr unterschiedlich interpretiert.

Wie versteht man „Krätzje“ heute?

Was ein Krätzje ist oder nicht, wird sehr unterschiedlich interpretiert. Ein sehr weites Verständnis hat der Grandseigneur Ludwig Sebus. Für ihn ist jedes Lied, was ihn irgendwie „kratzt“, also berührt, ein Krätzje.

Der Kölner nennt diese Instrument "Flitsch": Eine Mandoline, Bild: Michael Reichenbach / pixelio.de
Der Kölner nennt diese Instrument „Flitsch“: Eine Mandoline, Bild: Michael Reichenbach / pixelio.de

Bömmel Lückerath von den Bläck Fööss hingegen hat eine sehr enge Definition von Krätzje. Für ihn muss ein Krätzje sehr sparsam instrumentiert sein, am besten nur mit Flitsch oder Gitarre, und es wird sehr langsam dargeboten.

Helmut Frangenberg selber liegt mit seiner Definition irgendwie dazwischen. Für ihn spielt der Musikstil keine Rolle, aber das Lied muss irgendwie mehr als nur „Rhing- Sunnesching-Dom-Jeföhl“ beinhalten und eine Geschichte erzählen.

Die Lieblingskrätzje von Helmut, Frank und Uli

So passt es auch, dass „Heidewitzka Herr Kapitän Helmut Frangenbergs Lieblingskrätzje ist. Dort erzählt Karl Berbuer die Geschichte eines klassischen Schiffausflugs von Köln-Mülheim zum Drachenfels. Dass dabei ordentlich gefeiert und getrunken wird, versteht sich von selbst, immerhin ist dä Schmitz „ald jetz su voll wie en Spritz“. Und als dann auch noch ein Sturm mit Windstärke 11 aufkommt, wird „selvs de Frau Dotz, die met dem Wallfeschformat“ davon seekrank. Passt also – es gibt eine Geschichte.

Franks Lieblingskrätzje ist von LSE „Für et Hätz un jäjen d’r Kopp“. In diesem Lied lautet es:

Für et Hätz un jäjen dr Kopp
Für dr Düvel un dr leeve Jott
Für all die ich maach
Und die ich nit ligge kann

Damit liegt Frank auf der Linie Sebus – Krätzjer sind für ihn Lieder, die irgendwie berühren.

Logo der Stunksitzung
Ulis Lieblingskrätje kommt von „Köbes Underground“, der Hausband der Stunksitzung

Uli ist hingegen eher auf der Linie von Bömmel Lückerath: Sein Lieblingskrätzje ist „De Böösch“ von Köbes Underground aus der Stunksitzung. Dort erzählen, nur mit Gitarre begleitet, zwei Bürsten aus einer Autowaschanlage, wie sie ganz genüsslich einen Porsche Cayenne auseinandernehmen. Und das alles in einem ganz klassischen „Sprechgesang“.

Sind kölsche Krätzjer weltweit einzigartig?

Der Musiker und Krätzjensänger Gerd Köster meint, dass kölsche Krätzje einzigartig in der Welt wären. Abgesehen davon, dass der Kölner gerne jeden möglichen Rekord für sich und seine Stadt reklamiert, ist diese Aussage zwar verständlich aber bei kritischer Betrachtung nicht haltbar.

Nein, das sind nicht die "Drei Colonias", sondern die "Zwei vom Köln-Ding" mit Helmut Frangenberg in der Mitte, Bild: Uli Kievernagel
Nein, das sind nicht die „Drei Colonias“, sondern die „Zwei vom Köln-Ding“ mit Helmut Frangenberg in der Mitte, Bild: Uli Kievernagel

Jede Region hat ihre Musikkultur und ihren eigenen Musikstil. Allerdings sind diese Musikstile sehr eng mit der Region verbunden: Ein Zither erklingt – das Lied muss aus den Bergen kommen. Die kölsche Musikkultur ist aber extrem vielfältig. Rock, Pop, Krätzje, Country – egal. Interessant ist aber, dass viele, nicht alle, der Künstler auf kölsch singen. So lebt die kölsche Sprache, auch wenn sich manche einer aufregt, „dat dat, wat die Kasallas mache, doch nit Kölsch is.“

Kasalla, Foto: Ben Wolf
Kasalla, eine der erfolgreichen jungen kölschen Bands, Foto: Ben Wolf

Wie kam es denn zum Krätzjer-Fest?

Früher hatte das Hänneschen-Theater montags spielfrei und wurde für Veranstaltungen vermietet. Um die kölsche Liedkultur hochzuhalten, haben sich dann ein paar Akteure unter dem Titel „Kölner Krätzjer Fest“ zusammengetan und an einem Montag im September 2016 dort kölsche Musik präsentiert. Zu den Akteuren gehörten unter anderem J.P. Weber oder auch die „Ahl Kamelle Band“.

Laut Helmut Frangenberg war der Titel „Krätzjer Fest“ und die Idee, eine Plattform für die Künstler zu bieten, so gut, dass man dann in den Folgejahren tatsächlich eine kleines, aber feines Festival auf die Beine gestellt hat. Und so geht im Jahr 2025 das Krätzer Fest tatsächlich in seine 9. Auflage – mit mehr als 40 Veranstaltungen.

Akteure des 9. Krätzjer Fest, Stand: 17.06.25

Wie ist das Programm des Festivals?

Das Programm des Krätzjer-Festivals ist genau so vielfältig wie die kölsche Musikszene. Den Auftakt macht die „Ahl Kamelle Band“ am 19. September 2025 mit Gästen wie Ludwig Sebus, Henning Krautmacher, Mica Frangenberg und dem „Nubbel“ Mike Hehn.1Dieses Konzert ist bereits ausverkauft. 

Es folgen Veranstaltungen wie zum Beispiel ein „Rheinisch-Irischer Ovend“.2Dieses Konzert ist bereits ausverkauft. , ein Streifzug durch die musikalische Stadtgeschichte mit Günter Schwanenberg3Montag, 22. September 2025, 18 Uhr, 17.30 Uhr, im Domforum, Eintritt frei, kostenlose Sitzplatzreservierung ab Mitte August 2025 über www.domforum.de, „Kölsche Karibik“ mit Jamaika Jupp, eine Filmmatinee mit Live Musik im Odeon oder kölsche Verzällcher mit Musik bei „Klaaf im Mediapark“.

Es gibt auch spezielle Krätzjer-Stadtführungen: „Jelängerjeleevercher“ ist ein Spaziergang durch das Vringsveedel und „Krätzjer lijje op d´r Stroß“ stellt die Hintergründe zu ausgewählten kölschen Krätzjer-Klassikern an den jeweils passenden Orten vor.

Wo gibt es weitere Informationen und wie komme ich an Tickets?

Alle Informationen und auch Tickets gibt es auf der Website des Krätzer-
Fests. Das „9. Kölner Krätzje Fest“ läuft vom 19. September bis zum 12. Oktober 2025.


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