2.000 Jahre Köln: Historisches
In Köln ist in den letzten 2.000 Jahren viel passiert. Hier findet ihr ein paar der vielen, vielen Geschichten aus der Kölner Geschichte.
Bauwerke & Plätze
Auch die im 2. Weltkrieg so stark zerstörte Stadt Köln hat wunderschöne Bauwerke, Orte und Plätze. Oft sind diese allerdings gut versteckt.
Ein paar Fragen an …
In meiner Reihe „Ein paar Fragen an …“ befrage ich Menschen aus Köln, die etwas zu erzählen haben.
Karneval
Selbstverständlich nimmt die 5. Jahreszeit einen breiten Raum in unserer Stadt ein. Un et is härrlisch, Fastelovend ze fiere!
Köln im Krieg
Der Krieg hat tiefe Wunden in der Domstadt hinterlassen. Zur „Stunde Null“ waren 80% der Gebäude in der Innenstadt zerstört.
Kölsche Persönlichkeiten
Die alte Stadt am Rhein hat in den letzten zwei Jahrtausenden viele Persönlichkeiten hervorgebracht.
Kölsche Stöckelche
Wenn der Kölsche von „Stöckelche“ spricht, dann meint er damit Anekdötchen.
Kölsche Tön
Es gibt wahrscheinlich keine Stadt auf der Welt, die so oft besungen wird wie Köln.
Kölsche Wörter
Die kölsche Sprache bietet wunderschöne Wörter. Und ein paar davon werden hier erklärt.
Kunst & Kultur
Auch wenn es angesichts mancher Fehlplanungen oft schwer zu glauben ist: Köln ist auch eine Kulturstadt.
Karte zum Köln-Ding der Woche
Fast alle „Köln-Dinger der Woche“ kann man sich anschauen. Falls ihr, unabhängig von einer Lotsentour, euch diese speziellen Seiten von Köln anschauen wollt, nutzt einfach diese Karte.
Die Amtskette des Kölner Oberbürgermeisters – ein Werk von Elisabeth Treskow, Bild: Raimond Spekking
Als Torsten Burmester Anfang November 2025 zum ersten Mal als frisch gewählter Oberbürgermeister im Kölner Rathaus vortrat, war da ein Detail, das sofort ins Auge fiel: die Amtskette. Dieses strahlende, wuchtige, kunstvolle Stück, das mehr wie ein tragbares Museum wirkt als wie ein Schmuckelement, hat eine ganz besondere Geschichte. Und sie führt direkt zu einer Frau, die Köln bis heute prägt, obwohl viele Menschen ihren Namen erst hören, wenn sie ihn am Rheinauhafen lesen: Elisabeth Treskow.
Die von Elisabeth Treskow geschaffene Amtskette ist eines dieser Objekte, das man nicht einfach anschaut, sondern beinahe studiert. Jede Plakette, jeder Stein, jede Gravur erzählt einen Teil der Stadtgeschichte. Burmester trägt damit nicht nur ein Zeichen politischer Verantwortung – er trägt ein Werk, das aus den Händen einer der bedeutendsten Goldschmiedinnen Deutschlands stammt. Einer Frau, die so leidenschaftlich und kompromisslos arbeitete, dass man ihre Energie bis heute in ihren Werken spürt.
Die lange Reise einer Meisterin – von Bochum nach Köln
Elisabeth Treskow wurde am 20. August 1898 in Bochum geboren. Dass sie später als „Grande Dame des deutschen Goldschmiedehandwerks“ gefeiert werden würde, war damals noch nicht abzusehen. Doch ihr Talent zeigte sich früh. Nach der Schule suchte sie gezielt Ausbildungsstätten, die zu den besten im Land gehörten. In Schwäbisch Gmünd lernte sie die Grundlagen, in München perfektionierte sie ihre Techniken, und schon als junge Frau leitete sie eine eigene Werkstatt im Ruhrgebiet.
Der Elisabeth-Treskow-Platz im Rheinauhafen, Bild: Thomas Beez, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Ihre große technische Meisterleistung war die Wiederentdeckung einer fast verlorenen Kunst: der etruskischen Granulation. Eine Technik, bei der winzige Goldkügelchen – oft kaum mit bloßem Auge erkennbar – auf eine Goldfläche aufgeschmolzen werden, ohne zu zerfließen. Eine Wissenschaft für sich, die viel Fingerspitzengefühl und Geduld erfordert.
Treskow kämpfte sich durch Fehlversuche und Rückschläge, bis sie das Ergebnis perfektioniert hatte. Ihr Stil war geboren: kunstvoll, historisch, präzise – und mit einer Eleganz, die sich sofort von allem abhob, was in den 1930er Jahren geschaffen wurde. Und Köln sollte ihre bedeutendste Wirkungsstätte werden.
Köln ruft – und eine Künstlerin findet ihre geistige Heimat
1948 beriefen die Kölner Werkschulen sie zur Leiterin der Gold- und Silberschmiedeklasse. Und so kam Treskow nach Köln – in eine Stadt, die noch immer in Trümmern lag, aber voller Aufbruchsstimmung war. Hier wirkte sie bis 1964 und hinterließ Generationen von Schülern, die ihre Liebe zum Handwerk in alle Richtungen weitertrugen.
Die Werkschulen, damals ein vibrierender Ort der Moderne, boten ihr die Freiheit, die sie brauchte. Sie war streng, aber inspirierend; fordernd, aber fair; traditionell in der Technik, aber mutig in der Gestaltung. Wer unter Treskow lernte, lernte nicht nur Goldschmieden – er lernte auch Haltung, Präzision, Geduld.
Dass heute im Rheinauhafen ein Platz nach ihr benannt ist, wirkt wie ein stiller Gruß an diese Zeit. Ob es sich dabei um einen schönen Platz handelt, sie dahingestellt. Aber dieser Platz ist direkt in der Nähe ihrer ehemaligen Wirkungsstätte in der Hochschule am Ubierring.
Die Amtskette des Oberbürgermeisters von Köln. In der Mitte gut zu erkennen: Die Heiligen Drei Könige, Bild: Raimond Spekking
Die Amtskette: Eine Stadtgeschichte in Gold
1954 erhielt Treskow den Auftrag, die Kölner Amtskette neu zu gestalten. Die letzte Amtskette wurde ein Opfer des Feuersturms im Zweiten Weltkrieg, es waren nur noch geschmolzene Klumpen übrig.
Dass sogar der Düsseldorfer Oberbürgemeister eine solche Kette tragen konnte, aber der Kölner nicht, liess dem Stadtrat keine Ruhe. Es war zwar kein Geld da – aber für solch ein Prestigeprojekt fanden sich vermögende Kölner Sponsoren. Deren Geld war sehr wilkommen, immerhin kostete die Kette am Ende exakt 29.241,81 Deutsche Mark.
Und jede Mark davon hat sich gelohnt. Das Werk von Elisabeth Treskow ist ein kleines kölsches Wunder. Die Kette beginnt mit Agrippina, der Stadtgründerin. Eine antike Münze mit ihrem Porträt bildet den Auftakt. Gleich daneben ihr Ehemann, Kaiser Claudius, liebevoll und mit augenzwinkernder Ironie beschriftet: „Gemahl der Stadtgründerin“.
Es folgen Szenen und Symbole aus römischer Zeit, dem Mittelalter, der kurkölnischen Epoche. Dann ein kleines, aber intensives Relief: Köln in Flammen, die brennende Stadt im Zweiten Weltkrieg. Auf einer der Medaillen steht :
„Köln, durch Bomben zersprengt und verbrannt, schien tot
zu neuem Leben ward es erweckt durch Liebe und Kraft seiner Bürger“.
Den Abschluss bildet die wohl berühmteste Szene: die Heiligen Drei Könige, die Miniaturkrippe, die das Stadtwappen trägt. Ein Symbol, das tief mit der Kölner DNA verwoben ist.
Handwerklich ist die Kette ein Meisterstück: Granulation, antike Münzen und neueste Metalltechniken. Wenn der Kölner Oberbürgemeister diese Kette heute trägt, trägt er ein Stück Köln – und auch ein erhebliches Stück Gewicht. Denn mit fast einem Kilogramm macht die Amtskette „die Würde, aber auch die Bürde deutlich, die das Amt eines Oberbürgermeisters mit sich bringt“, so Fritz Schramma, Kölner Oberbürgemeister von 2000 – 2009.
Die DFB-Meisterschale – aus der Werkstatt von Elisabeth Treskow, Bild: Foto: JCS
Die „Salatschüssel“ des DFB
Wenn am Ende der Saison mal wieder die Bayern die Meisterschale in die Luft recken, denken viele Kölner Fußballfans, dass dieses „Salatschüssel“ eigentlich nach Köln gehört. Denn: Entworfen wurde die Schale von Elisabeth Treskow im Jahr 1949 – das berühmte Silberstück aus immerhin fünf Kilogramm Sterling-Silber – stammt aus ihrer Kölner Werkstatt.
In Köln restaurierte sie außerdem Teile des Dreikönigsschreins, eines der wertvollsten Goldschmiedearbeiten des Mittelalters. Diese Arbeit führte sie zur Leidenschaft für antike Gemmen – kunstvolle geschnittene Steine, häufig aus römischer Zeit. Über 130 davon übergab sie dem MAKK – Museum für Angewandte Kunst Köln, was das Museum heute zu einer wichtigen Adresse für Gemmenforschung macht.
Treskow blieb aber stets bodenständig. Sie arbeitete lieber im Stillen, in der Werkstattluft aus Metall, Feuer und Konzentration, als auf Bühnen geehrt zu werden. Und doch erhielt sie 1956 als erste Frau in Deutschland eine Professur im Goldschmiedehandwerk an den Kölner Werkschulen – ein Meilenstein für die Kunstlandschaft des Landes.
Dort hat sie bis 1964 zum Eintritt in den Ruhestand gewirkt – und tiefe Spuren hinterlassen. Zu ihrem Abschied würdigte der Direktor Friedrich Vordemberge das Werk Elisabeth Treskows:
„Mit viel Mühe und Ausdauer, großem pädagogischem Geschick, gepaart mit einem meisterlichen Können, haben Sie in dieser Zeit zahlreiche Talente gefördert, von denen viele die Selbständigkeit erworben und sich bereits bewährt und hervorgetan haben. Wir alle möchten Ihnen ganz herzlich danken für die Zeit der gemeinsamen Arbeit und für so verständnisvolle und menschliche Art, die stets von Ihnen ausstrahlte. Durch die vielen Aufträge haben Sie erheblich mit dazu beigetragen, das Ansehen der Schule nach außen zu erweitern und zu festigen.“1Ausschnitt aus einem Brief von Direktor Friedrich Vordemberge an Elisabeth Treskow, Quelle: TH Köln
Eine Künstlerin, deren Werk weiterlebt – am Rheinufer und im Rathaus
Elisabeth Treskow starb am 6. Oktober 1992. Ihr Name steht im Rheinauhafen, im MAKK, im Domschatz – und auf der Amtskette, die unser jeweiliger Oberbürgemeister trägt. Ein goldener Bogen zwischen Vergangenheit und Gegenwart.
Und vielleicht, wenn im Rathaus das Licht auf die Kette fällt und die Gravuren zu leuchten beginnen, ist da ein Moment, der an ihre Arbeit, Hingabe, Kunst und vor allem Fleiß erinnert:
„Meine Versuche zu warten, bis die Musen mich küssten, sind immer fehlgeschlagen. Ich glaube, sie küssen lieber die, denen der Schweiß heißen Bemühens die Stirn feuchtet, als jene, die ihre Ankunft untätig schwärmend erwarten.“ 2Quelle: Elisabeth Treskow: Über meine Arbeit und mich. In: Zeitschrift für Goldschmiede, Juweliere und Graveure. 1943, Nr. 3, S. 30–31.
Das Kunstwerk „Leuchtturm“ von Lutz Fritsch auf dem Elisabeth-Treskow-Platz, Bild: Rolf Tippner
Kunstwerk „Leuchtturm“
Auf dem Elisabeth-Treskow-Platz befindet sich das Kunstwerk „Leuchtturm“ von Lutz Fritsch. Dabei handelt es sich um eine 23 Meter lange silbergrau lackierte Stahlstele. Auf der Spitze dieser Stele dreht sich ein Quadrat von 3 x 3 Meter mit einer roten und einer grünen Seite. Damit greift der Künstler die Farben von Backbord und Steuerbord der Schifffahrt auf. Der „Leuchtturm“, seine Farben und die Maße sind exakt auf die umliegende Bebauung abgestimmt.
Diese Visualisierung zeigt den Blick von der rechtsrheinischen Seite über die geplanten Fußgänger- und Fahrradbrücke am Ubierring, Bild: Stadt Köln, Illustration: sbp SE
Schwierig könnte es werden, wenn tatsächlich die geplante Fußgängerbrücke über den Rhein realisiert werden würde. Dann könnte es ein, dass für das Kunstwerk kein Platz mehr ist – in jedem Fall würde sich aber auf dem veränderten Platz sein Charakter verlieren.3Danke für diesen Hinweis an Rolf Tippner von der Kulturinitiative RESPEKT. Ein ganz ähnliches Problem besteht auch bei dem Kunstwerk Standortmitte – ebenfalls von Lutz Fritsch.
„Anarchie im Aggertal“ titelte das Mucher Tageblatt am 31. Oktober 1923
„Anarchie im Aggertal“ titelte das Mucher Tageblatt am 31. Oktober 1923. Und tatsächlich müssen sich Ende Oktober 1923 dramatische Szenen in den eher beschaulichen Örtchen Overath und Honrath abgespielt haben: Vom Hunger getriebene Kölner Bürger plünderten ganze Kartoffelfelder der bergischen Bauern, die sich ihrerseits mit Knüppeln, Mistgabeln und Dreschflegeln bewaffnet hatten, um ihr Hab und Gut zu schützen.
Drei Milliarden Mark für einen Zentner Kartoffeln
Die Not war, nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg, groß. Es herrschte Mangel an buchstäblich allem, was zum täglichen Leben gebraucht wurde. Verschärft wurde diese Situation durch die Hyperinflation: Ein Zentner Kartoffeln kostete drei Milliarden Mark.
Vor allem in Städten war die Lebensmittelversorgung desaströs. Die Menschen versetzten Schmuck, Uhren, Geschirr oder Teppiche, um an Lebensmittel zu kommen, denn das nahezu wertlos gewordene Papiergeld wollte keiner haben. Es wurde gemaggelt, der Schwarzmarkt boomte.
Hamsterfahrten zur Lebensmittelbeschaffung
In der Not waren viele Kölner auf „Hamsterfahrt“. Es ging mit der Eisenbahn ins Bergische Land oder in die Eifel, um bei den Bauern alle halbwegs transportablen Wertgegenstände gegen Lebensmittel zu tauschen. Besonders beliebt dabei: Kartoffeln, die relativ gut zu transportieren und zu lagern waren.
Viele der Hamsterfahrer hielten sich aber nicht damit auf, zu tauschen: Mit Hacken und Schaufeln liefen sie auf die Felder und plünderten die Felder der Bauern. Insbesondere die Kartoffelfelder an den Bahnstrecken im Bergischen Land waren betroffen, denn so war der Abtransport der gestohlenen Kartoffeln schnell und einfach möglich. Verständlich, dass die hungernden Kölner keine gern gesehenen Gäste waren.
Eine erfolgreiche „Hamsterfahrt“, die gehamsterten Kartoffeln werden verladen. Bild: Bundesarchiv, Bild 183-S80285 / Walter Heilig / CC-BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Eskalation im Oktober 1923
Ende Oktober 1923 spitzte sich die Situation zu. Die Bahn hatte sogar „Sonderzüge zum Kartoffelkauf“ von Köln nach Overath eingesetzt. Die Bergischen Bauern ahnten bereits, dass dies weniger zum „Kartoffelkauf“, sondern vielmehr zum „Kartoffelklau“ führen würde und baten um Polizeiunterstützung. Aber vergebens.
Daher griffen die Bergischen Bauern zur Selbsthilfe und formierten sich am 26. Oktober 1923 am Bahnhof, um die Kölner daran zu hindern, das Bahnhofsgebäude zu verlassen. Die Not war so groß, dass in Much sogar die Kirchenglocken geläutet wurden, um noch mehr Hilfe herbeizurufen.
Es kam zu wüsten Prügeleien, doch die zahlenmäßig überlegenen Kölner konnten die Kette rund um den Bahnhof durchbrechen. Das erschreckende Ergebnis: Ein erschossener Kölner, ein erschlagener Bauer, zahlreiche Schwerverletzte, geplünderte Höfe und zentnerweise gestohlene Kartoffeln.
Bei dem toten Bauern könnte es sich um den erst 28jährigen Ackergehilfen Emil van Drenke gehandelt haben, der infolge seiner Verletzungen am 27. Oktober 1923 verstarb.
Todesanzeige des möglichen Opfers des „Kartoffelkriegs“ Emil van Drenke aus der Lindlarer Zeitung vom 31. Oktober 1923
Overath stellt Bürgerwehr auf
Das sollte den Overathern nicht noch einmal passieren! Mit Unterstützung von Arbeitern und Bergleuten aus dem Umland stellten die Overather Bauern eine 1.500 Mann starke Bürgerwehr auf.
Der nächste „Kartoffel-Sonderzug“ aus Köln am 29. Oktober 1923 kam nur bis Honrath, eine Station vor Overath. Mit Waffengewalt wurde der Lokführer gezwungen, den Zug zu stoppen und nach Köln zurückzufahren. Auch dabei kam es zu heftigen Auseinandersetzungen. Je nach Quelle starben ein bis vier Menschen.
Das „Mucher Tageblatt“ vom 31. Oktober 1923 berichtete:
„Sonntag war der Andrang der Plünderer in der Gegend von Overath und Marialinden äußerst stark. Mancher Hof und manches Haus wurde völlig ausgeplündert, nicht allein von Kartoffeln, sondern auch von Getreide und Federvieh. Das letztere wurde mit Knüppeln totgeschlagen und in die Säcke gesteckt.“
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die französischen Militärverwaltung dem Treiben tatenlos zugesehen. Doch ab Anfang November reagierten die Besatzer: Der Zugverkehr von Köln nach Overath wurde für mehrere Wochen eingestellt und etwa 1.000 französische Soldaten sicherten die Overather Kartoffelfelder.
Eine Banknote mit den Nennwert „Hundert Billionen Mark“
Währungsreform bringt Beruhigung
Aber erst die Umstellung von der „Mark“ (M) auf die „Rentenmark“ (RM) im November 1923 konnte die Situation beruhigen. Mit dem aberwitzig anmutenden Kurs von 1.000.000.000.000 M : 1 RM (1 Billion Mark zu 1 Rentenmark) wurde die Inflation beendet.
Und bereits 1924 waren die Tagesausflügler aus Köln, mit reichlich neuer Währung in den Taschen, wieder im Bergischen Land willkommen.
Auf weiterhin gute Nachbarschaft, liebe Overather, Mucher, Rösrather und Honrather!
Verfallende Pracht in Marienburg: Die ehemalige Residenz des Iran in der Parkstraße 5, Bild: Uli Kievernagel
Die Villa an der Parkstraße 5 in Köln-Marienburg, ein denkmalgeschütztes Anwesen mit mehr als 110 Jahren Geschichte, verfällt zunehmend. Einst Residenz wohlhabender Kölner Verleger, später Botschaftssitz und als „Iran-Haus“ oder „Iran-Villa“ bekannt, wirkt das Gebäude heute wie ein Geisterhaus zwischen Glanz vergangener Zeiten und sichtbarem Zerfall. Ein „Lost Place“ mitten im schicken Marienburg.
Die Fassade der Villa zeigt deutliche Spuren des Verfalls. Die Farbe blättert ab, zerborstene Fensterscheiben und verwitterte Rolladen prägen das Bild. Wer die Villa betritt, findet Räume mit großflächigem Wasserschaden, Schimmelbefall und ausgerissenen Sanitäranlagen. Der Kölner Stadt-Anzeiger1„Iran-Haus in Marienburg verfällt weiter“, Kölner Stadt-Anzeiger vom 3. Januar 2025 berichtet, dass ein Durchgangszimmer mit kuppelartiger Decke von grünem Schimmel überzogen sei, ein Büro verwüstet wäre und die Akten durcheinander auf dem Boden liegen würden.
Offensichtlich wurde das Anwesen geplündert, dennoch ist seine architektonische Formschönheit erhalten: Holzvertäfelungen, großzügige Räume mit Erkern, Kamine und große Fenster, die den Blick in den Garten mit Pool freigeben, zeugen von seiner einstigen Bedeutung.
Die Villa wurde 1913/1914 für den Kölner Verleger Josef Neven DuMont nach Plänen des Architekten Paul Pott erbaut. Nach dem Tod Neven DuMonts 1915 übernahm seine Familie das Anwesen. In den 1930er-Jahren nutzte die NSDAP-Ortsgruppe Bayenthal das Gebäude, es verblieb aber weiter im Besitz der Familie DuMont. Während des Zweiten Weltkriegs entstanden Schäden, die teilweise noch vor Kriegsende behoben wurden. Nach der Gründung der Bundesrepublik wurde Bonn Regierungssitz, und viele Staaten verlegten ihre Vertretungen nach Marienburg.
Prinzessin Soraya in der Villa
Ab 1958 zog die iranische Botschaft in die Villa ein, die sowohl Kanzlei als auch Residenz des Botschafters beherbergte. Zu dieser Zeit lebte dort auch für kurze Zeit Prinzessin Soraya, die zweite Frau des Schahs von Persien. Sie machte die Villa zu einem Ort internationaler Aufmerksamkeit.
Prinzessin Soraya bei einem Bankett im Jahr 1962, Bild: Wolfgang Fischer, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Am 24. Februar 1958 kam Soraya zusammen mit ihrem Lieblingshund in Köln an. Die Klatschpresse berichtete ausführlich über ihre Ankunft und die kaiserlichen Freizeitbeschäftigungen: Spaziergänge durch die Stadt, Einkehr in Cafés und Kinobesuche zogen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich. Soraya bemühte sich zwar um Privatsphäre, doch Verfolgungsjagden von Fotografen bei Spazierfahrten von der Villa durch den Grüngürtel zeugen vom regen Medieninteresse.2„Eine Prinzessin verzauberte Köln“, Kölnische Rundschau vom 21. Juni 2016
Leerstand und gesellschaftliche Bedeutung
Die Villa, bekannt als „Iran-Haus“, diente nach dem Iran-Irak-Krieg zeitweise der Unterbringung und Behandlung von Verwundeten. Daneben nutzten verschiedene iranische Organisationen das Anwesen für Veranstaltungen, und es bestand lange eine Moschee, die bis in die 2010er Jahre betrieben wurde. Presseberichte aus den 1980er- und 1990er-Jahren machten zudem auf die Nutzung durch den iranischen Geheimdienst VEVAK aufmerksam. Heute ist die Villa vermutlich in privatem Besitz, doch sie steht leer und droht zunehmend zu verfallen.
Die Fenster nur notdürftig mit Holz zugeschlagen, wucherndes Unkraut und abblätternde Farbe – die „Iran-Villa“ ist in befindet sich in einem äußerst schlechten Zustand. Bild: Uli Kievernagel
Ein Aktionsbündnis hat auf den Leerstand aufmerksam gemacht. Es steht ein Investor bereit, der das Anwesen übernehmen möchte, um es dem Wohnungsmarkt wieder zugänglich zu machen – das Gebäude bietet immerhin etwa 30 Zimmer.
Die Stadt Köln sieht sich jedoch außerstande, einzugreifen. Laut einer Sprecherin fällt die Villa nicht unter die Wohnraumschutzsatzung, da das Gebäude nie dem Wohnungsmarkt zur Verfügung stand. Bußgelder oder Ordnungsverfügungen gegen den Leerstand sind daher nicht möglich.
Architektur und Gestaltung
Die Architektur der Villa bleibt eindrucksvoll. Der renommierte Architekt Paul Pott, der zahlreiche repräsentative Villen in Marienburg entwarf, setzte hier auf eine Mischung aus englischem Landhausstil und Elementen der Renaissance, wie Giebel, Erker und Kamine. Das dreiflügelige Ensemble umfasst das zweigeschossige Herrenhaus, ein Gärtnerhaus inklusive Treibhaus, ein eingeschossiges Garagen- und Chauffeurshaus sowie einen Gartenpavillon und eine zentral gelegenen, reich mit Stuck verzierten Halle. Weitere Räume mit Parkettböden, Deckenvertäfelungen und Vitrinenschränken zeugen von dem ursprünglichen Luxus.
Der vom renommierten Gartenbauarchitekt Fritz Encke konzipierte Garten der Villa ist völlig verwildert. Bild :Uli Kievernagel
Die Lage der Villa in Marienburg, auf einem Gelände leicht erhöht über dem Oberländer Ufer mit freiem Blick auf den Rhein, war für den ersten Besitzer, den Verleger Neven DuMont, ideal. Ursprünglich befand sich hier die Maschinenfabrik P. Kyll, deren Werkhallen für die Villenbebauung abgerissen wurden.
Besonders schade: Der Garten wurden von dem renommierten Kölner Gartenbaudirektor Fritz Encke geplant. Doch von der ursprünglichen Planung ist heute nichts mehr zu sehen, der Garten ist vollkommen verwildert. Den ursprünglichen Plan von Encke zeigt das Architekturmuseum der TU Berlin.
Ungewisse Zukunft für ein historisches Anwesen
Die Zukunft der „Iran-Villa“ in der Parkstraße 5 bleibt ungewiss. Die Eigentumsverhältnisse sind kompliziert, der Eigentümer derzeit nicht erreichbar. Solange sich keine Lösung findet, droht das Anwesen, das einmal ein bedeutender Ort für Kultur, Diplomatie und Religion war, unaufhaltsam weiter zu verfallen. Für Marienburg bedeutet dies auch den Verlust eines geschichtsträchtigen Bauwerks.
Diese Villa steht damit exemplarisch für das Spannungsfeld zwischen Denkmalschutz, städtischer Wohnraumnot und internationaler Geschichte. Ihr Zustand zeigt, wie historische Gebäude ohne Nutzung und Pflege rapide zerfallen können – und wie schwierig es ist, private Interessen, städtische Verantwortung und kulturelles Erbe in Einklang zu bringen.
Ruhig, schick und gediegen: Die „Professorensiedlung„ in Köln-Marienburg, Bild: Uli Kievernagel
In direkter Nachbarschaft der Iran-Villa befindet sich die wunderschöne „Professorensiedlung“. In den 1920er Jahren drohten der renommierten Kölner Universität die Professoren auszugehen. Hintergrund war der (wie heute) schwierige Wohnungsmarkt: Die Hochschullehrer fanden keine angemessene Bleibe und gingen daher lieber in andere Universitätsstädte.
Zur Lösung des Problems handelten die Professoren selbst und gründeten die „Baugenossenschaft Kölner Universität“. Ziel war es, attraktive Wohnmöglichkeiten für die Kölner Professoren zu schaffen. So entstand die Professorensiedlung in Marienburg.
Bei Hochwasser gab es einen zweiten Verlauf des Rheins östlich von Deutz. Ein große Gefahr für die Stadt Köln. Karte: OpenStreetMap
Es wäre für die Stadt Köln eine Katastrophe gewesen! Der Rhein fließt nicht im gewohnten Flussbett, sondern sucht sich einen neuen Verlauf. Statt westlich verläuft der Fluss auf einmal ab Poll östlich an Deutz vorbei, um dann erst in Mülheim ins alte Flussbett zurückzukehren.
Klingt aberwitzig – aber diese Gefahr drohte ab ca. dem 12. Jahrhundert. Und es passierte bereits vereinzelt bei Hochwasser und Eisgängen: In Köln kam nur noch ein flaches Rinnsal an, der Fluss suchte sich ein neues Bett. Höchste Alarmstufe für die Stadt, denn damit war die grundsätzliche Schiffbarkeit des Rheins gefährdet und somit Kölns Wohlstand. Ohne den Handel, welcher zum größten Teil über den Rhein abgewickelt wurde, und ohne das äußerst lukrative Stapelrecht wäre Köln bedeutungslos geworden.
Köln ohne Rhein? Undenkbar!
Daher wurde bereits seit dem 12. Jahrhundert das Poller Rheinufer befestigt, um eine solche „Umleitung“ zu verhindern. Durch Anpflanzungen und Dämme entlang der heutigen Poller Wiesen sollte verhindert werden, dass Köln vom Rheinstrom abgeschnitten würde.
Problematisch war allerdings, dass Poll damals noch nicht zur Stadt gehörte, sondern zu den Besitztümern des Erzbischofs, mit dem die Kölner regelmäßig im handfesten Streit lagen. Doch auch der Erzbischof war nicht daran interessiert, dass Köln seinen Rang als Handelsmetropole verlieren könnte. Großzügig erlaubte der Kirchenmann, dass die Kölner Weiden zur Uferbefestigung auf seinem Grund pflanzen durften – allerdings auf Kosten der Kölner Bürgerschaft.
Ausschnitt aus einer Federzeichnung von 1583 mit den „Poller Köpfen“, Bild: Stadtarchiv Köln
Mammutprojekt „Poller Köpfe“
Doch diese Uferbefestigung war nicht stark genug, um bei Hochwasser nachhaltig eine mögliche Veränderung des Flussbettes zu unterbinden. Daher nahm die Stadt Köln im Jahr 1557 das Poller Ufer in Erbpacht, um ein Mammutprojekt in Angriff zu nehmen: Die „Poller Köpfe“. Auch hier bat der Erzbischof die Kölner kräftig zur Kasse: Die Pachtzahlung bestand in zwei Tonnen Heringen pro Jahr und zusätzlich in einem vergoldeten Geschirr – und für jeden neuen Erzbischof auch ein neues Goldgeschirr.
Ab 1560 begannen die Bauarbeiten. Es wurden schwere Uferbefestigungen („Köpfe“) angelegt. Dafür wurden massive Eichenstämme mit Querbalken im Flussgrund befestigt. Die so entstanden Kästen wurden mit Basaltbrocken gefüllt. Die Dimensionen dieser Anlage waren gewaltig: Mehrere Hundert Meter lange und etwa acht Meter breite Konstruktionen, welche bis zu 3 Meter aus dem Wasser herausragten. Zur Beschaffung des nötigen Bauholzes erwarb die Stadt Köln ein eigenes Waldgrundstück.
Um das Bollwerk gegen die Kräfte des Rheins noch weiter zu sichern, wurden alte und beschädigte Rheinschiffe angekauft und – beschwert mit Steinen und gesichert durch in den Boden getriebene Eichenpfähle – gezielt unmittelbar vor den Poller Köpfen versenkt. Damit die Pflege des Bauwerks gesichert war, stellte die Stadt eigens einen „Weidenhüter“ ein: Ein städtischer Beamter mit Wohnsitz auf der Anlage, der diese ständig im Blick hatte.
Im Jahr 1641 wurde ein steinernes Wehr zur Unterstützung der Anlage eingebaut. Aber erst mit Bau des Deutzer Hafens ab 1895 wurden die weit in den Rhein ragenden Bestandteile der Poller Köpfe entfernt und durch moderne Befestigungsanlagen ersetzt. Die Halbinsel „Poller Werth“ wurde zum Deutzer Hafen.
Die Poller Wiesen heute, rechts der Deutzer Hafen, Bild: ToLo46, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons
Poller Wiesen sind heute Bodendenkmal
Als Uferbefestigung sind heute nur noch die in den Rhein ragenden Buhnen auf den Poller Wiesen zu sehen, die Reste der „Poller Köpfe“ liegen unter den Poller Wiesen.
Diese sind nicht nur ein beliebtes Erholungsgebiet, sondern auch als Bodendenkmal geschützt. Im Jahr 2003 wurden dort bei Niedrigwasser zwei im 16. Jahrhundert gezielt zur Verstärkung der „Poller Köpfe“ versenkte „Niederländer“1Ein spezieller Schiffstyp zum Frachttransport auf dem Rhein. gefunden. Doch die Archäologen kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus: Bei Probegrabungen stellte sich heraus, dass bis zu 100 weitere Schiffe dort gezielt versenkt wurden.
Sogenannte „Niederländer“ für Fahrten auf dem Rhein bis zur Nordsee, Bild: Ausschnitt aus der Stadtansicht von Anton Woensam, 1531
Als dann noch Kampfmittelräumer die Poller Wiese für den Papstbesuch anlässlich des Weltjugendtags 2005 in Köln – der Papst hielt vom Schiff aus eine Ansprache für die auf den Poller Wiese versammelten Gläubigen – auf eventuell im Schlick verborgene Weltkriegsbomben untersuchten, fanden sie auch mit Hilfe der dabei eingesetzten Metalldetektoren Teile der alten Befestigungsanlagen der „Poller Köpfe“, wie Eisenschuhe zur Verankerung der Eichenbalken. Daher wurden die Poller Wiesen am 24. Oktober 2005 in die Bodendenkmalliste eingetragen.
Der Papst beim Weltjugendtag 2005 in Köln. Die Gläubigen im Vordergrund stehen auf den Poller Wiesen, Bild: Ingrid Schultz, Copyrighted free use, via Wikimedia Commons
Und wenn man sich heute bei gutem Wetter auf den Poller Wiesen sonnt und den Drachen, die dort regelmäßig steigen, zusieht, ahnt man kaum, dass genau hier massive Uferbefestigungen gestanden haben. Ohne diese wäre Köln eventuell vom Rhein abgeschnitten worden.
Szene aus „Vun kleine un jrosse Malörcher“, ein Theaterstück der „Kölsche Bredder“
Mit viel Herzblut und kölschem Humor bringt die Theatergemeinschaft Kölsche-Bredder in diesem Jahr das Stück „Vun kleine un jroße Malörcher“ auf die Bühne – und vollendet damit ein echtes kölsches 4-blättriges Kleeblatt. Denn nach den erfolgreichen Aufführungen der letzten Jahre bildet diese Spielserie das vierte Stück im Reigen der beliebten Milieu-Komödien, die sich ganz dem Leben im Veedel widmen.
Die Theatergemeinschaft „Kölsche Bredder“, ein junger, aber äußerst engagierter Verein, wurde Ende 2021 mitten in der Corona-Zeit gegründet. Acht erfahrene Laiendarstellerinnen und -darsteller, die zuvor auf verschiedenen Bühnen aktiv waren, suchten damals eine neue künstlerische Heimat – und fanden sie, indem sie selbst aktiv wurden. Ihr Ziel: Das kölsche Mundart-Theater lebendig halten und dabei das Publikum mitten ins Herz treffen. Seitdem ist aus der Idee eine Erfolgsgeschichte geworden.
Bereits wenige Jahre nach der Gründung hat sich die Truppe fest in der kölschen Theaterlandschaft etabliert. Das Publikum nimmt die „Bredder“, die für die Akteure die Welt bedeuten, begeistert an. Für die Mitglieder ist das ein großer Ansporn, weiterhin Mundart, Heimatgefühl und kölschen Witz auf die Bühne zu bringen – mit Geschichten, die so lebensnah sind, wie man sie nur aus dem Veedel kennt.
Vom kleinen Verein zur bunten Theaterfamilie
Was 2021 mit acht Idealisten begann, ist heute eine lebendige Gemeinschaft mit 21 aktiven Mitgliedern – vom 25-jährigen Nachwuchstalent Marvin Schmitz bis hin zu Hermann Hertling, der mit stolzen 95 Jahren Theatererfahrung und Lebensfreude in einer Person verkörpert. Dass auch junge Menschen Freude an der kölschen Sprache und am Theaterspiel finden, macht die Gruppe besonders stolz.
Von Beginn an war klar: Wenn Kölsches Theater eine Zukunft haben soll, braucht es moderne Wege und kreative Lösungen. So entschied sich die Theatergemeinschaft für ein innovatives Bühnenkonzept: Eine niederländische Firma fertigte bedruckte Stoffelemente, die in Aluminiumrahmen eingespannt werden. Das Ergebnis ist ein leicht transportables, flexibles Bühnenbild, das auch in der Aula einer Schule eine professionelle Atmosphäre schafft – und gleichzeitig dem Publikum ein echtes Theatererlebnis bietet.
Nach dem Debüt 2022 mit der Komödie „Et kütt wie et kütt“ folgten 2023 „Levve und levve looße“ und 2024 „Wat en schön Bescherung“. Mit der neuen Produktion „Vun kleine un jroße Malörcher“ schließt sich nun ein thematischer Kreis, der das kölsche Alltagsleben mit all seinen Eigenheiten und liebenswerten Charakteren widerspiegelt.
Im Mittelpunkt des Stücks „Vun kleine un jrosse Malörcher“ der Kölsche Bredder steht die Kneipe „Zom löstije Kabänes“.
Wenn das Veedel Kopf steht – „Vun kleine un jroße Malörcher“
Im Mittelpunkt des neuen Stücks steht das Veedel rund um die Gaststätte „Zom löstije Kabänes“. Deren Wirt ist nicht nur Gastgeber mit Herz, sondern auch Feuerwehrhauptmann des Löschzugs 4711. Als die Freiwillige Feuerwehr eine große Altpapiersammlung startet, um neue Geräte zu finanzieren, gerät das Veedel in Aufruhr. Ein Wettbewerb soll zeigen, welches Viertel den höchsten „Pro-Kopf-Anteil“ an Altpapier sammelt – und damit ein Preisgeld für seinen Löschzug einstreicht.
Was nach einer harmlosen Aktion aussieht, sorgt schnell für jede Menge Wirbel. Rentnerin Josefa entdeckt, dass ihre Haushaltshilfe versehentlich nicht nur alte Zeitungen, sondern auch ihre gut versteckten Ersparnisse mit entsorgt hat. Eine wilde Suche beginnt – und plötzlich tauchen ausgerechnet die Papiere auf, die manch einer lieber für immer verschwunden geglaubt hätte.
Zwischen Missverständnissen, Liebeswirren und kölschem Chaos zeigen die Akteure, was „Nächstenliebe im Veedel“ wirklich bedeutet. Und natürlich löst sich am Ende alles mit viel Humor und Herz auf – ganz nach dem kölschen Grundgesetz: Et hät noch immer jood jejange!
Bei den Kölsche-Bredder trifft Leidenschaft auf Tradition.
Spieltermine
Die Premiere findet am Samstag, 1. November 2025, um 17 Uhr statt, weitere Aufführungen folgen an den Wochenenden im November:
Sonntag, 2. November 2025, 17 Uhr
Samstag, 8. November 2025, 17Uhr
Sonntag, 9. November 2025, 17 Uhr
Samstag, 15. November 2025, 17 Uhr
Sonntag, 16. November 2025, 17 Uhr
Samstag, 22. November 2025, 17 Uhr
Sonntag, 23.November 2025, 17 Uhr
Samstag, 29. November 2025, 17 Uhr
Sonntag, 30. November 2025, 17 Uhr
Spielort
Gespielt wird in der Aula des Berufskollegs Perlengraben, gut erreichbar mit den KVB-Linien 3, 4, 16 und 18 (Haltestelle Poststraße).
Eintrittspreise
Die Eintrittspreise liegen zwischen 17 und 20 Euro je nach Sitzreihe zzgl. Vorverkaufsgebühren. Wer das kölsche Mundart-Theater liebt, weiß: Jede Minute ist ihr Geld wert.
Tickets
Karten gibt es bei kölnticket sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen.
Das von den Kölschen“ Dreikünnijepöötzche“ genannte Dreikönigenpförtchen am Lichhof vor St. Maria im Kapitol, Foto: Rembert Satow, CC BY-SA 3.0
Und schon wieder jitt et kölsche Verzäll, der so nicht stimmen kann: Es kann ausgeschlossen werden, dass Rainald van Dassel mit den Reliquien der Heiligen Drei Könige durch das Dreikünnijepöötzche, das Dreikönigenpförtchen, an St. Maria im Kapitol in die Stadt eingezogen ist. Denn: Das heutige gotische Tor stammt ungefähr aus dem Jahr 1330. Und zu diesem Zeitpunkt waren Kaspar, Melchior und Balthasar schon mehr als 150 Jahre in Köln zu Hause. Anderen Angaben zufolge wurde das heute noch vorhandene Törchen hingegen erst in den 1460er-Jahren durch den Kölner Bürger und Ratsherren Johannes Hardenrath anstelle des ursprünglich romanischen Durchgangs neu errichtet.
Aber egal! Denn mit diesen Reliquien stieg Köln endgültig in die Top-Kategorie der Wallfahrtsorte auf. Und das war äußerst lohnenswert für unsere Stadt: Viele Heilige bedeuten viele Pilger, und viele Pilger bringen viel Geld in die Stadt. Ein Prinzip, das die Kölschen schon bei der Heiligen Ursula perfekt erkannt und in bare Münze verwandelt haben.
Zweimal wäre dat Pöötzche fast verloren gewesen
In jedem Fall hat die Legende, dass am 23. Juli 1164 exakt durch dieses Tor die Heiligen Drei Könige in die Stadt gekommen sind, dafür gesorgt, dass dieses Bauwerk die Jahrhunderte überdauert hat. Relativ unscheinbar steht dieses kleine Tor an einer Ecke im Lichhof der Kirche St. Maria im Kapitol. Dieser unterschätzte Platz, mitten in der Stadt, bietet tatsächlich so etwas wie Ruhe im Großstadttrubel.
Dabei war es für dat Pöötzche mindestens zweimal in der Geschichte knapp: 1842 sollte der damals stark verfallene Torbogen abgerissen werden, um Platz für eine Straße zu schaffen. Nur dank der Intervention und der finanziellen Mittel vom preußischen Kronprinz Friedrich Wilhelm konnte der Bau gerettet werden.
Noch knapper war es 1944: Fliegerbomben hatten das Dreikönigenpförtchen dem Erdboden gleich gemacht. Doch der tatkräftige Wilhelm Schlombs, Volontär beim Stadtkonservator, hatte die Steine eingesammelt und eingelagert. Und auf „wundersame Weise“, so der ehemalige Stadtkonservator Ulrich Krings, stand dat Pöötzche bereits 1946 wieder.
Immunitätspforte trennt Kirchenrecht und Recht der Freien Reichstadt Köln ab
Das Dreikünnijepöötzche war aber immer mehr als nur schmucker Stein für eine Legende. Tatsächlich handelte es sich um eine sogenannte Immunitätspforte. Diese Tore grenzten den Bereich der Freien Reichsstadt Köln von dem juristisch eigenständigen Areal der Klöster und Kirchen ab. Wer die Pforte durchschritt, unterlag dem Kirchenrecht. Im mittelalterlichen Köln mit seinen hunderten Kirchen und Klöstern gab es unzählige dieser Immunitätspforten. Das Dreikönigenpförtchen ist die letzte erhaltene Pforte dieser Art in unserer Stadt.
Und wo sind die Heiligen Drei Könige jetzt in die Stadt eingezogen?
Um die Ehre von Rainald van Dassel und dem so wichtigen Pöötzche wiederherzustellen, konstatiert Ulrich Krings: „Und wenn diese Prozession mit den Reliquien tatsächlich stattgefunden haben sollte, müsste sie durch den romanischen Vorgänger des heutigen Törchens erfolgt sein.“, so der Köln-Kenner Krings1 im Kölner Stadt-Anzeiger vom 3. August 2020.
Glück gehabt – zumindest die Stelle stimmt also.
Die Heiligen Drei Könige und Maria mit dem Jesuskind, Detailansicht des Dreikünnijepöötzche, Foto: HOWI – Horsch, Willy, CC BY 3.0
Die Figurengruppe der Heiligen Drei Könige und Maria mit Kind ist ein Abguss aus dem Jahr 1981. Die Originale können im Museum Schnütgen bewundert werden.
Die Dreikönigenpforte ist rechts in der Stadtmauer gut zu erkennen, Bild: Anton Woensam, gemeinfrei
Vorsicht! Nicht mit der Dreikönigenpforte verwechseln
Das Pförtchen ist nicht zu verwechseln mit der mittelalterlichen Dreikönigenpforte. Diese war Teil der rheinseitigen Stadtbefestigung und lag in der Nähe des Bayenturms. Eine Suche nach diesem Durchgang könnt ihr euch sparen: 1854 wurde die auch Mühlenpforte, Molenportzgin, Lynhofporz oder Koenyncksportzgin genannte Pforte abgerissen.
Die Patton-Brücke in Köln (1946 bis 1951), Fotograf: unbekannt
Wenn man heute am Rhein entlang spaziert, zwischen Bastei und Rheinpark, erinnert nichts mehr an die Patton-Brücke. Kein Schild, kein Rest von Beton oder Stahl. Dabei war diese Brücke nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs von 1946 bis 1951 eine der wichtigsten Lebensadern für Köln – extrem schnell gebaut und sehr funktional.
Köln stand nach dem Krieg zunächst ohne Brücken da. Diese wurden, wie zum Beispiel die Deutzer Kettenhängebrücke, die Rodenkirchener Brücke oder die Südbrücke, durch Bomben zerstört. Die Hohenzollernbrücke hingegen wurde von der abrückenden Wehrmacht gesprengt, um den Vormarsch der Alliierten zu unterbinden.
Für die Stadt, die mitten im Wiederaufbau war, musste dringend die Infrastruktur wiederhergestellt werden. Dass die Patton-Brücke so schnell gebaut wurde, ist daher ein wichtiges Stück kölscher Nachkriegsgeschichte. Und ein Beweis dafür, dass „Behelf“ manchmal erstaunlich stabil sein kann und sogar die Kollision mit einem niederländischer Frachter überlebt.
Die Entscheidung, eine Brücke zu bauen, fiel im Herbst 1945. An der Südseite der Bastei sollte ein Brückenbauwerk entstehen, welches hinüber nach Deutz führt – direkt zum Messegelände.
Der Standort der Patton-Brücke, Karte: OpenStreetMap, eigene Markierung
Wichtig war, dass diese neue Brücke, anders als die bisherigen Behelfsübergänge aus Pontons oder flachen Holzstegen, eine „echte“ Brücke sein sollte. Hoch genug, dass darunter auch Schiffe weiterhin passieren konnten, um den reibungslosen Schiffsverkehr auf dem Rhein sicherzustellen.
Am 1. Oktober 1945 rückten die Royal Engineers an – britische Pioniereinheiten, die zusammen mit 900 deutschen Arbeitern unter Leitung von 500 britischen Soldaten ans Werk gingen. Verwendet wurden vor allem Teile des britischen Bailey-Systems, erfunden während des Krieges, damit man schnell über Flüsse kam.1Eine „Bailey-Brücke“ ist eine aus vormontierten Einzelbauteilen wie Fachwerkträgern und Fahrbahnbalken zusammensetzbare Kriegs-, Not- oder Behelfsbrücke. Sie benötigt keine Spezialausrüstung und Geräte zum Aufbau, kann mit Lastkraftwagen transportiert werden und kann schwerste Lasten bis hin zu Panzern tragen. Ursprünglich für den militärischen Bereich entwickelt, wird sie ebenso im zivilen Bereich für vorübergehende Überbrückungen eingesetzt. Für die mittlere Schiffsdurchfahrt griff man auf ein deutsches Schaper-Krupp-Reichsbahn-Element zurück, das eine größere Spannweite ermöglichte.
So entstand innerhalb von nur acht Monaten ein mehr als 400 Meter langer Übergang, mit zwei Fahrbahnen, Fußwegen und sogar einem Radweg. Die Zufahrt verlief über den Deutschen Ring, der später Theodor-Heuss-Ring heißen sollte. Damit der Verkehr die darunter liegende Rheinuferstraße passieren konnten, schüttete man eine gewaltige Erdrampe auf. Dabei verschwand so manches Relikt der Vorkriegszeit, so auch die Reste eines kriegsbeschädigten Reiterstandbildes von Friedrich III.
Die Patton-Brücke trägt den Namen des amerikanischen Generals George Smith Patton jr. (1885 – 1945), Bild: Public domain, via Wikimedia Commons
Am 12. Juni 1946 wurde die Patton-Brücke feierlich eröffnet.General Joseph T. McNarney, Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Europa, durchschnitt das Band. Benannt wurde das Bauwerk nach George S. Patton, einem im Dezember 1945 in Heidelberg bei einem Verkehrsunfall verstorbenen amerikanischen General.
Dass britische Truppen eine Brücke ausgerechnet nach einem amerikanischen General tauften, mag heute etwas kurios wirken – damals war es ein Zeichen von Respekt und Verbundenheit unter den Alliierten.
Sinnbild des Wiederaufbaus
Die Patton-Brücke war ein Symbol für die Kölner: Es ging weiter, auch wenn noch lange nicht alles wieder aufgebaut war. In einer von Kriegszerstörungen geprägten Stadt gab die funktionierende Brücke Hoffnung und wurde zu einem der Symbole des Wiederaufbaus. So lautete es in der Westfalen-Zeitung2Ausgabe Nr. 35 vom 12. Juli 1946:
„Sind die Brückentrümmer am Rande der Straße Zeugen von der verbrecherischen Dummheit derer, die durch die Sprengung jeder Straßenüberführung den Vormarsch des Feindes und den Gang des Schicksals aufhalten zu können glaubten, so sind die den Namen gefallener britischer und amerikanischer Soldaten tragenden Notbrücken das für uns eigentlich beschämende Zeichen eines straffen und wohlorganisierten Wiederaufbaus, der in der ebenso praktischen wie formschönen Patton-Brücke über den Rhein bei Köln-Mülheim seinen beredtesten Ausdruck findet Hier haben Sieger und Besiegte in gemeinsamem Schaffen eine Aufbauarbeit geleistet, die umso höher zu bewerten ist, als das Werk in unglaublich kurzer Zeit vollendet werden konnte.“
Die Westfalen-Zeitung sieht in der Patton-Brücke ein Sinnbild des Wiederaufbaus, Quelle: Ausgabe Nr. 35 vom 12. Juli 1946
Mülheimer Brücke macht ab 1951 Patton-Brücke überflüssig
Die Patton-Brücke erfüllte ihren praktischen Zweck glänzend. Endlich konnten Menschen, Waren und auch Busse wieder zuverlässig von der linken auf die rechte Rheinseite gelangen. Eine Buslinie verband Ebertplatz und Bahnhof Deutz, Radfahrer und Fußgänger nutzten die Wege, und der Schiffsverkehr konnte ungehindert passieren.
Natürlich hatte auch dieses Bauwerk seine Eigenheiten. Die elektrische Beleuchtung, 1947 installiert, wurde prompt von Diebstählen geplagt – Kabel und Lampen waren in jenen Jahren begehrte Ware.
Stabilität zeigte das Provisorium Patton-Brücke am 20. Januar 1951. Ein mit 400 Tonnen Zement beladener niederländischer Lastkahn rammte einen Pfeiler der Brücke. Der Pfeiler hielt, der Lastkahn aber brach auseinander und sank etwa 500 Meter von der Brücke entfernt. Glück im Unglück: Der Kapitän des Lastkahns, seine Frau und die vier Kinder konnten sich in Sicherheit bringen, das Wrack wurde einige Tage später geborgen.3Quelle: Honnefer Volkszeitung Nr. 19 vom 23. Januar 1951
Mit der Eröffnung der neuen Mülheimer Brücke am 8. September 1951 war die Zeit der Patton-Brücke allerdings vorbei. Am 10. November 1951 begann der Rückbau der Patton-Brücke.4Kurios: Auf den Tag genau 139 Jahre früher, am 10. November 1812, wurde an fast gleicher Stelle der Grundstein für den „Sicherheitshafen“ gelegt.Ein Bauwerk, das Köln fünf Jahre lang geprägt hatte, war damit Geschichte.
Vermeintliche Reste der der Patton-Brücke, Bild: Superbass, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Spuren im Rhein – oder doch nicht?
Bleibt die Frage: Ist wirklich gar nichts mehr übrig? Immer wieder tauchen am Deutzer Rheinufer bei Niedrigwasser Holzpfähle auf und sorgen für Schlagzeilen: Könnten dies etwa Überreste der Patton-Brücke sein? Auf den ersten Blick klingt die Idee reizvoll. Doch die Fachleute winken ab: Die Patton-Brücke war ein Stahl-Beton-Bauwerk, keine Holzkonstruktion. Und die Hölzer wurden bereits bei Untersuchungen im Jahr 2006 ins 19. Jahrhundert datiert. Also eher ein Stück älterer Rheingeschichte als ein Relikt der Nachkriegszeit.
Dass es keine sichtbaren Spuren mehr gibt, passt vielleicht ins Bild: Diese Brücke war von Anfang an als Provisorium gedacht, ein Bauwerk auf Zeit.
Die Patton-Brücke war das Bindeglied in einer Übergangsphase, zwischen zerstörter Stadt und beginnendem Wiederaufbau, zwischen Not und neuer Normalität.
Diese Visualisierung zeigt den Blick von Norden auf die gesamte Länge der geplanten Fußgänger- und Fahrradbrücke von der Bastei bis zum Rheinpark, Bild: Stadt Köln, Illustration: sbp SE
Planung: Auf Höhe der ehemaligen Patton-Brücke eine neue Rad- und Gehwegbrücke
Bereits im Masterplan für die Kölner Innenstadt von Albert Speer aus dem Jahr 2009 wurden zwei speziell für Radfahrern und Fußgänger konzipierte Brücken vorgesehen. Eine davon sollte exakt dem Verlauf der Paton-Brücke von Bastei bis Rheinpark entsprechen.5Die zweite Brücke soll in Höhe des Ubierrings zum neuen Stadtviertel Deutzer Hafen führen.
Der Kölner Stadtrat hatte die Stadtverwaltung im September 2020 beauftragt, einen Wettbewerb für die Vergabe der Planungen der neuen Brücken zu starten. Im August 2023 startete der Wettbewerb zur Planung der neuen Brücken. Im Oktober 2024 wurde jeweils ein Siegerentwurf je Brückenstandort durch ein Bewertungsgremium ausgewählt und im Januar 2025 vorgestellt. Für die Brücke, welche die Bastei mit dem Rheinpark verbinden soll, wurde der Entwurf des Büros „sbp – schlaich bergermann partner“ aus Stuttgart zum Sieger gekürt und im Januar 2025 der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Stadt schreibt zu dieser Brücke6Quelle: Stadt Köln: Zwei neue Rheinbrücken für Köln, https://www.stadt-koeln.de/artikel/72624/index.html, abgerufen am 16.08.2025:
„Rechtsrheinisch gelangt der Fuß- und Radverkehr über einem weiten Bogen, mit Blick auf die Parkanlage und den Rhein, in den Rheinpark. Die minimalistischen, schlanken Stahlstützen der Brücke nehmen das Design der Pavillonarchitektur des Rheinparks auf und beeinträchtigen damit nicht das Gesamtbild des denkmalgeschützten Parks. Über Treppen mit Schiebehilfen für Fahrräder ist die Rheinpromenade gut zu erreichen. Der Entwurf sieht Bereiche auf der Brücke vor, die zum Verweilen einladen. Die Menschen können von hier den Ausblick auf die Stadt und das Rheinpanorama genießen.“
„Über das Wasser hüpfenden Stein“
Das Architekturbüro sbp – schlaich bergermann partner sieht die Gestaltung der Brücke wie einen „über das Wasser hüpfenden Stein“:
Als extrem schlanke Netzwerkbogenbrücke konzipiert, überzeugt das Tragwerk durch minimale Materialverwendung und geringe Bogenhöhe. Die transparente Konstruktion fügt sich behutsam in den denkmalgeschützten Rheinpark ein.
Gestalterisch ist die Brücke inspiriert von einem hüpfenden Stein über dem Wasser: Zwei unterschiedlich lange Spannweiten zeichnen dessen Flugbahn nach. Ein großer Bogen überspannt den Rhein, bevor die Struktur nahe dem rechten Ufer sanft „aufschlägt“ und schließlich mit einem kleineren Satz das gegenüberliegende Ufer erreicht.7Quelle: Website sbp – schlaich bergermann partner, https://www.sbp.de/projekt/rheinbruecke-an-der-bastei-in-koeln/, abgerufen am 16.08.2025
Die Stadt schreibt auch, dass eine „Fertigstellung der Vorentwurfsplanung“ Anfang 2026 machbar wäre. Mal sehen!
Alle bisher erschienenen Geschichten zu den Kölner Brücken
Die Schmitz-Säule vor Groß St. Martin in der Kölner Altstadt, Bild: Horsch, Willy, CC BY 3.0
Der Familienname „Schmitz“ ist echter kölscher Adel: Mehr als 1.700 Kölsche mit dem Namen „Schmitz“ listet das Telefonbuch auf. Die Schmitz nehmen mehr als fünf Seiten in dem Druckwerk ein.
So ist auch jeder Kölsche stolz, einen „Schmitz“ in der Ahnenreihe zu haben. Als sich zum Beispiel ein Trierer, ein Mainzer und ein Kölner trafen, wollte jeder der drei seine altehrwürdige Herkunft unterstreichen:
Der Trierer: „Ihr wisst ja, dass Trier die älteste Stadt Deutschlands ist und somit g25t auch mein Stammbaum zurück in die römische Zeit“.
Antwort des Mainzers: „Respekt, das ist wahrhaftig ein beeindruckender Stammbaum. Jedoch, mein Stammbaum geht schon zurück auf Adam und Eva“.
Darauf sagte der Kölner „Wo du jerade „Eva“ sagst – war dat nit ne jeborene Schmitz?“
Der Ursprung aller Schmitze: Die Schmitz-Säule im Martinsviertel, Bild: MiriJäm, CC BY-SA 3.0
Römisch-kölsches Fisternöllche führt zu den ersten Schmitzens
In Stein gemeißelt ist diese kölsche Selbstverständlichkeit der adeligen Herkunft in der Schmitz-Säule, fast direkt an Groß St. Martin. Die etwa 4,5 Meter hohe Säule dokumentiert die Herkunft der Schmitze. Nach umfangreicher und wissenschaftlich exakt fundierter Recherche hatten hier römische Legionäre und kölsche Mädchen ein Fisternöllche, so zumindest die Inschrift auf der Säule.
Tatsächlich könnte sich das so zugetragen haben. Denn wo sich heute die Altstadt befindet, war bis etwa 1.000 nach Christus die Martinsinsel. Auf der Insel gab es vermutlich ein römisches Bad. Und dass dort die römischen Legionäre Spaß an und mit den blonden Ubiermädchen hatten, liegt auf der Hand. Ganz nebenbei wurden so die ersten „Schmitze“ gezeugt. Echter Kölscher Adel.
Die Schmitz-Säule und die Mondlandung, Bild: MiriJäm, CC BY-SA 3.0
Die Schmitz-Säule und die Mondlandung
Die Dokumentation dieser ubisch-römischen Vereinigung haben wir der Initiative von Josef „Jupp“ Engels (1909–1991) zu verdanken. Der Mäzen, der auch bereits für den Kallendresser verantwortlich war, spendete 1965 das Geld zum Bau der Säule. Kaum vier Jahre später war die Säule fertig. Errichtet aus von Jupp Engels gestifteten alten Steinen der römischen Hafenanlage. Eingeweiht wurde die Säule im Jahr 1969.
Und hier schlägt wieder der kölsche Größenwahn zu: Die Einweihung der Säule war mitten im Mondfieber des Jahres 1969. Und so wurde der kleine erste Schritt auf dem Mond zu einem gewaltigen Sprung für die Kölschen. Denn die Einweihung eines so wichtigen Bauwerks wie der Schmitz-Säule ist dem Ereignis einer Mondlandung (mindestens) ebenbürtig. Daher wurde auf dem Sockel der Säule auch der Mondlandung gedacht. So ist der erste Fußabdruck von Neil Armstrong auf dem Mond exakt 389 994 km und 100 Meter entfernt. Gut, dass diese Zahl von Bochumer Wissenschaftlern ausgerechnet wurde.
Jede Wette, dass ein kölscher Wissenschaftler auf 389 994 km und 111 Meter gekommen wäre.
Die Hochwassermarke an der Schmitz-Säule, Bild: Frank Vincentz, CC BY-SA 3.0
Erinnerung an den Eisgang im Jahr 1784
Ein anderes Detail auf der Schmitz-Säule ist aber tatsächlich korrekt: Eine Marke kennzeichnet die Höhe des katastrophalen Eis-Hochwassers von 1784, welches große Teile des damals noch selbständigen Mülheims vernichtete.
Ein ganz wichtiger Vertreter der Schmitzens in Kölle ist der Komponist und Sänger Jupp Schmitz. Sein Repertoire umfasst nachdenkliche Lieder wie „Ming herrlich Kölle“ über die im Krieg zerstörte Stadt, Karnevalshits wie „Am Aschermittwoch ist alles vorbei“ oder auch Klassiker wie „Wer soll das bezahlen?“.
Die ganze Geschichte zu diesem ganz besonderne Künstler inklusive dem Eklat um den „Hirtenknaben von St. Kathrein“ auf der Prinzenproklamation 1964 gibt es in diesem Köln-Ding der Woche.
Hoch zu Pferd: Zwei Husaren im Einsatz, Bild: Public Domain
Jeder Kölsche kennt dieses Lied:
Es war einmal ein treuer Husar
Der liebt´ sein Mädchen ein ganzes Jahr
Ein ganzes Jahr und noch viel mehr
die Liebe nahm kein Ende mehr.
Dieses Lied singen wir Kölner an Karneval voller Inbrunst. Auch wenn es so absolut nichts mit dem Karneval zu tun hat – dä Fastelovend kommt in dem Lied an keiner Stelle vor.
Und was kaum jemand weiß: Eigentlich ist dieser schmissige Marsch ein sehr trauriges Lied. Doch da in Köln immer nur die erste Strophe gesungen wird, kennt kaum jemand den ernsten Hintergrund. Denn das Lied hat insgesamt zwölf Strophen. Dabei geht es um Liebe, Tod und viele Tränen.
Trömmelche un Tränche
Tatsächlich wird die große Liebe eines jungen Husaren besungen. „Husaren“ waren damals eine militärische Einheit, die aus zu Pferd kämpfenden Soldaten besteht. Heute sind die „Treuen Husaren“ eines der Traditionskorps in Köln.
Dieser junge, im Lied namenlose Husar erhält die Nachricht, dass seine Liebste zuhause todkrank ist. Und entgegen jeder militärischen Gepflogenheit meldet er sich nicht ab, sondern schwingt sich aufs Pferd und reitet los:
Und als der Knab’ die Botschaft kriegt,
Daß sein Herzlieb am Sterben liegt,
Verließ er gleich sein Hab und Gut,
Wollt seh’n, was sein Herzliebchen tut.
Er kommt gerade noch rechtzeitig, um sich von seiner Geliebten zu verabschieden. So lautete es im Text, als er an ihr Sterbebett tritt:
Grüß Gott, grüß Gott, Herzliebste mein!
Was machst du hier im Bett allein?“
„Hab dank, hab Dank, mein treuer Knab‘!
Mit mir wird’s heißen bald: ins Grab!“
Tatsächlich stirbt sie in seinen Armen. Eine Geschichte voller Schmerz, bei der man an so ziemlich an alles denkt – nur nicht an Karneval:
Er nahm sie gleich in seinen Arm,
Da war sie kalt und nimmer warm;
Und als das Mägdlein gestorben war,
Da legt er’s auf die Totenbahr.
Willy Millowitsch (1909 – 1999 ) sang den Marsch vom „Treuen Husar“
Karneval kann auch Tiefe
Aber in Kölle läuft vieles anders. Hier wird aus der tieftraurigen Ballade ein Karnevalsmarsch. Seit über hundert Jahren ertönt beim Schunkeln in der Kneipe, auf den Karnevalssitzungen oder im Rosenmontagszug aber immer nur die erste Strophe.
Besonders bekannt ist die sehr schmissige Version von Willy Millowitsch, die kann jeder Karnevalist auch noch nach dem 15. Kölsch mitsingen. Und dabei verkennen die Kölschen die ganze Tragik.
Vom Volkslied zur kölschen Hymne
Dabei hat der „Treue Husar“ mit Köln nicht viel zu tun. Die Spuren des Lieds führen bis ins 18. Jahrhundert zurück. Verschiedene Versionen finden sich in Volksliedsammlungen quer durch Deutschland. Und in den meisten Versionen wurde auch kein „Treuer Husar“, sondern ein „Roter Husar“ besungen.
Mitglieder der KG Treuer Husar Blau-Gelb von 1925 e.V. im Rosenmontagszug, Bild: Yogibaer08720, via Wikimedia Commons
Erst Heinrich Frantzen machte 1924 aus dem Lied einen Marsch. Das Traditionskorps „Treuer Husar“ bezeichnet das Lied als „vereinseigenen Büttenmarschs“ und bescheinigt sogar in typisch kölscher Bescheidenheit dem Lied einen „weltweiten Siegeszug“. So lautet es in der Chronik des Vereins:
1926: Mit dem ersten öffentlichen Auftritt der Husaren begann der weltweite Siegeszug des vereinseigenen Büttenmarschs „Es war einmal ein treuer Husar“, komponiert von Heinrich Franzen. Dessen Sohn Jupp Franzen schrieb später den heute geläufigen Text dazu. 1„Unsere Husarenchronik von 1925 bis heute“, KG Treuer Husar Blau-Gelb von 1925 e.V. https://treuerhusar.de/gesellschaft/historie/, abgerufen am 09.09.2025
Ob es sich tatsächlich um einen „weltweiten Siegeszug“ handelt, bleibt offen. Aber eindeutig wird dieses Lied erst seit diesem Zeitpunkt mit dem Karneval in Verbindung gebracht. Und wurde zur kölschen Hymne. Allerdings nur die erste Strophe.
Der „Karnevalsphilosoph“ Wolfgang Oelsner, Bild: Nicola, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Karneval kann so viel mehr als Trallala
Einen ganz besonderen Moment hat das Lied vom „Treuen Husar“ am 11. Juli 2025 erlebt. Dem „Karnevalsphilosoph“ Wolfgang Oelsner wurde an diesem Tag den Rheinlandtaler verliehen.2Der „Rheinlandtaler“ wurde 1976 vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) ins Leben gerufen, um „hervorragende Verdienste um die rheinische Kulturpflege“ zu ehren.
Ein bemerkenswerter Moment bei dieser Verleihung war die Dankesrede von Wolfgang Oelsner. In dieser Rede präsentierte er die „Anderswelt Karneval“. Oelsner erklärte darin auch, dass „Karneval so viel mehr kann als Trallala, er kann auch Substanz.“ Und er erklärte dies am Beispiel des Lieds vom „Treuen Husar“. Der Kölner-Stadt-Anzeiger berichtete von dieser Veranstaltung:
Die virtuose Stadtkapelle schmetterte den Marsch, so wie ihn der Militärkapellmeister Heinrich Frantzen 1924 komponiert hat. Dann sang Ex-Bläck Fööss Sänger Kafi Biermann mit der Band Knippschaff den kompletten Text des alten Volksliedes so leise und fein arrangiert, dass manchem im Saal die Tränen kamen. So spürte jeder, was Oelsner meint, wenn er vom „Wechselbad der Gefühle“ berichtet, in dem Melancholie auf Lebenslust trifft. 3Kölner-Stadt Anzeiger vom 12. Juli 2025
Das Glockenspiel am 4711-Haus in der Glockenglasse spielt stündlich das Lied „Der Treue Husar“, Bild: Raimond Spekking
Und so singen wir Kölschen weiter aus voller Brust das Lied von dem doch so treuen Husaren – mit flotten Rhythmus und eingängiger Melodie.
„Der treue Husar“ wird auch stündlich4zwischen 9 bis 19 Uhr von dem Glockenspiel im 4711-Stammhaus in der Kölner Glockengasse gespielt.
Aber auch hier erklingen immer nur ein paar wenige Töne, die nicht erahnen lassen, welche traurige Wendung das Lied nimmt.
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Es war einmal ein treuer Husar,
Der liebt’ sein Mädchen ein ganzes Jahr,
Ein ganzes Jahr und noch viel mehr,
Die Liebe nahm kein Ende mehr.
Der Knab’ der fuhr ins fremde Land,
Derweil ward ihm sein Mädchen krank,
Sie ward so krank bis auf den Tod,
Drei Tag, drei Nacht sprach sie kein Wort.
Und als der Knab’ die Botschaft kriegt,
Daß sein Herzlieb am Sterben liegt,
Verließ er gleich sein Hab und Gut,
Wollt seh’n, was sein Herzliebchen tut.
Ach Mutter bring’ geschwind ein Licht,
Mein Liebchen stirbt, ich seh’ es nicht,
Das war fürwahr ein treuer Husar,
Der liebt’ sein Mädchen ein ganzes Jahr.
Und als er zum Herzliebchen kam,
Ganz leise gab sie ihm die Hand,
Die ganze Hand und noch viel mehr,
Die Liebe nahm kein Ende mehr.
„Grüß Gott, grüß Gott, Herzliebste mein!
Was machst du hier im Bett allein?“
„Hab dank, hab Dank, mein treuer Knab‘!
Mit mir wird’s heißen bald: ins Grab!“
„Grüß Gott, grüß Gott, mein feiner Knab.
Mit mir wills gehen ins kühle Grab.“
„Ach nein, ach nein, mein liebes Kind,
Dieweil wir so Verliebte sind.“
„Ach nein, ach nein, nicht so geschwind,
Dieweil wir zwei Verliebte sind;
Ach nein, ach nein, Herzliebste mein,
Die Lieb und Treu muß länger sein.
Er nahm sie gleich in seinen Arm,
Da war sie kalt und nimmer warm;
„Geschwind, geschwind bringt mir ein Licht!
Sonst stirbt mein Schatz, daß’s niemand sicht.“
Und als das Mägdlein gestorben war,
Da legt er’s auf die Totenbahr.
Wo krieg ich nun sechs junge Knab’n,
Die mein Herzlieb zu Grabe trag’n?
Wo kriegen wir sechs Träger her?
Sechs Bauernbuben die sind so schwer.
Sechs brave Husaren müssen es sein,
Die tragen mein Herzliebchen heim.
Jetzt muß ich tragen ein schwarzes Kleid,
Das ist für mich ein großes Leid,
Ein großes Leid und noch viel mehr,
Die Trauer nimmt kein Ende mehr.
Im Jahr 1924 hatten die Düsseldorfer mit dem Wilhelm-Marx-Haus das höchste Eisenbetonbauwerk in Europa fertigggestellt. Die Farbe war noch nicht trocken, da bekam dieses Haus Besuch: Eine Delegation des Kölner Städtebauausschusses machte eine Dienstreise nach Düsseldorf, um genau dieses Gebäude in Augenschein zu nehmen.
Kaum zurück in Köln wurden die Pläne konkretisiert, auch in Köln ein Hochhaus zu errichten. Allerdings musste dieses Gebäude – entsprechend dem kölschem Selbstverständnis – höher als das Düsseldorfer Hochhaus werden.
So wurden die Pläne des Architekten Jacob Koerfer, am Hansaring ein 65 Meter hohes Haus zu errrichten, zügig im Städtebauausschuss durchgewunken. Denn: Dieses Gebäude sollte satte 13 Meter höher als das Düsseldorfer Wilhelm-Marx-Haus werden. Und auch der Name „Hansahochhaus“ sollte an die glorreichen Zeiten Kölns als führendes Mitglied der Hanse erinnern.
Adenauer will Köln aufwerten
Dieses Gebäude war Teil der Strategie Konrad Adenauers, Köln massiv aufzuwerten. Der damalige Bürgermeister hatte daher seine Finger bei vielen Bauprojekten im Spiel, dazu gehörten unter anderem
Das Hansahochhaus passte genau in Adenauers Plan: Kühn, ehrgeizig und aufsehenerregend. Deswegen schrieb er auch im April 1924 an den Architekten des Gebäudes:
Schreiben von Konrad Adenauer an Jacob Koerfer, Architekt des Hansahochhauses, vom 24. April 1924, Quelle: Koerfer’sche Verwaltungsgesellschaft mbH
Architekt und Unternehmer Jacob Koerfer
Treibende Kraft hinter dem Hansahochhaus war der Architekt und Unternehmer Jacob Koerfer (1875 – 1930). Koerfer, ursprünglich beim Kölner Hochbauamt beschäftigt, hatte bereits mehrere Wohnhäuser in Klettenberg sowie Büro- und Geschäftshäuser in der Innenstadt errichtet.
Der findige Unternehmer war bei vielen Projekten auch gleichzeitig Bauherr, der seine errichteten Immobilen nach Fertigstellung verkaufte, um mit dem erwirtschafteten Kapital neue Projekte realisieren zu können. So erwarb er auch verschiedene Grundstücke mit dem Ziel, diese zu einem späteren Zeitpunkt bebauen zu können.
Das Hansahochhaus in Köln, errichtet in nur 15 Monaten, Bild: Uli Kievernagel
Nur 15 Monate Bauzeit
Das neue Hochhaus sollte am Hansaring entstehen. Das Grundstück, direkt an den Gleisen der Bahn gelegen, erschien nicht sonderlich attraktiv. So willigte die Stadt ein, einen Grundstückstausch vorzunehmen: Verschiedene Grundstücke, die im Besitz von Koerfer waren, sollten mit dem Preis für das Baugrundstück des Hansahochhauses verrechnet werden.
Die Verwaltung nahm, vermutlich auch auf Druck Adenauers, ein unglaubliches Tempo auf: Am 11. Januar 1924 stellte Koerfer seinen Plan vor und nur eine Woche später lag der Beschluss vor, das Hansahochhaus zu errichten. Die Arbeiten begannen unverzüglich und schon am 25. Oktober 1924 war der Rohbau fertig. Dieses für heutige Verhältnis unglaubliche Tempo konnte nur deswegen erreicht werden, weil man sich bei den Amerikanern die Stahlskelettbauweise abgeschaut hatte.
Allerding forderte das hohe Tempo auch Opfer: So berichtete die „Bergische Post“ vom 16. Dezember 1924 von einem Unfall auf der Baustelle des Hansahochhauses. Beim Einsturz eines Gerüsts kamen zwei Bauarbeiter ums Leben.
Die „Bergische Post“ vom 16. Dezember 1924 zum Unfall auf der Baustelle des Hansahochhauses
Hyperinflation führt zu Finanzierungsproblemen
Während der eigentliche Bau zügig voranschritt, kämpfte Bauherr und Architekt Koerfer mit erheblichen Finanzierungsproblemen. Die Hyperinflation führte zu explodierenden Preisen. Während im Juni 1923 ein Kilo Kartoffeln „nur“ 5.000 Mark kostete, schnellte dieser Preis bis Dezember 1923 auf 90 Milliarden Mark hoch.
Aus Angst, dass das Prestigeprojekt scheitern und man sich vor den Düsseldorfern mit den ehrgeizigen Kölner Plänen blamieren könnte, stimmte der Stadtrat einem Vorschlag Koerfers zu: Die auf dem Grundstückstausch basierende Finanzierung wurde angepasst, Zinsen wurden gesenkt, die Tilgung von Darlehen zum Teil ausgesetzt und behördliche Gebühren erlassen.
Trotz aller finanziellen Probleme wurde das Hansahochhaus in nur 15 Monaten Bauzeit im Juni 1925 fertiggestellt. Die eigentliche Bautätigkeit betrug sogar nur 135 Arbeitstage.
Backsteinexpressionismus: Ornamentale Formensprache mit spitzen Elementen
Durch die dunkelroten Klinker wirkt das Gebäude, trotz Stahlskelett, wie ein Massivbau. Ganz im Stil der Zeit wurden Art-Déco-Elemente verwendet und verschiedene Skulpturen von Tieren und Menschen angebracht. Leider sind die fünf Figuren, welche die fünf Kontinente symbolisierten, nicht mehr vorhanden. Vermutlich wurden diese im Krieg zum Schutz abgebaut und sind anschließend verschollen.
Detailansicht: Affenskulptur am Hansahochhaus, Bild: Superbass, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Das gesamte Ensemble besteht aus einem Hauptbau, auf dem das eigentliche Hochhaus aufgesetzt ist. In dem Gebäudeensemble befanden sich Büros, Ausstellungsflächen ein Café und ein großer Kinosaal mit 1.200 Plätzen. Dieses Kino wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, an seiner Stelle befindet sich heute ein Parkhaus.
Die größte Attraktion war der heute noch in Betrieb befindliche Paternoster. Dieser war bis 1965 der höchste Paternosteraufzug der Welt.
Der Paternoster im Hansahochhaus, Bild: Duhon, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons
„Zwischen 1944 und 1945 wurden der dritte und der vierte Stock des Hauses von der Reichsbahn als Zwangsarbeitslager verwendet. Über 800 Zwangsarbeiter*innen wurden dort unter unwürdigen Bedingungen untergebracht und mussten schwere und gefährliche Aufräum- und Reparaturarbeiten an Bahnanlagen vornehmen.“1Julian Weller: „Hansahochhaus in Neustadt-Nord”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-343141 (Abgerufen: 2. Mai 2023)
Heute bekannt als Saturn-Hochhaus
Bereits 1961 eröffneten Fritz und Anni Waffenschmidt unweit des Hansahochhauses den ersten Saturn-Markt. Für die Kölner war diese Ecke der Stadt damals noch etwas „anrüchig“. Waffenschmidt über die Anfänge seines Medienunternehmens:
„ … tja, meine Damen und Herren, und als ich dann meinen sehr einfach gestrickten Plattenladen auch noch am Hansaring eröffnete, wo junge, hübsch aufgemachte Damen durch Schwenken kleiner Täschchen viel Geld verdienten, haben mich alle für bekloppt gehalten.“2Danke für diese Information an Meta Schnorrenberg, die Fritz Waffenschmidt persönlich auf einem Vortrag im Marketingclub Köln/Bonn erlebt hat.
Gestartet mit nur 120 Quadratmetern Verkaufsfläche entwickelte sich nach und nach ein großes Medienunternehmen. Im Jahr 1977 zog Saturn in das Hansahochhauses und sollte dieses für die nächsten Jahrzehnte prägen. Die damals „größte Schallplattenschau der Welt“ war Anziehungspunkte für Jugendliche, die dort ihr Taschengeld in Vinylplatten umsetzten.
Für alle nahezu unfassbar: Es gab einen Mitarbeiter der Platten-Abteilung, der war das „menschliche Shazam“. Man musste diesem Mann nur eine paar Zeilen vorsummen oder einen Begriff aus dem Titel nennen und er erkannte das sofort und schickten den Kunden zum richtigen Regal.
Und dazu gab es auch ein Pendant in der Klassik-Abteilung, wie Thomas Frings berichtet:
„Ich war schon als Jugendlicher in der Klassikabteilung. Und da saß auch ein „menschliches Shazam“. Das war eine Frau. Mein ganz konkretes Erlebnis war, dass ich eine ganz bestimmte Arie von Bach suchte und ich konnte ihr nur den Titel nennen „Schafe können sorglos weiden“. Daraufhin sagte sie, ohne irgendwie in einem Katalog zu blättern: „Da gehste mal da hinten runter, dort wo der Herr steht, drittes Regal und da stehen einige Aufnahmen dazu.“ Ich war fassungslos.“
Nachts weit sichtbar: Die leuchtende Saturn-Reklame auf dem Hansahochhaus, Bild: Julian Weller / CC BY 4.0
Seit 1993 strahlt die Saturn-Leuchtreklame von der Spitze Hansahochhauses. Auch deswegen nennen die Kölner das Gebäude liebevoll „Saturn-Haus“.
Und wenn wir Kölner uns heute über lange Bauzeiten der Nord-Süd-Stadtbahn oder der Oper ärgern, schauen wir uns das Hansahochhaus an und denken:
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