Stolpern über Geschichte(n): Stolpersteine und das EL-DE-Haus in Köln

Sieben von mittlerweile etwa 100.000 verlegten Stolpersteinen, davon etwa 2.500 in Köln, Bild: Axel Hindemith
Sieben von mittlerweile etwa 100.000 verlegten Stolpersteinen, davon etwa 2.500 in Köln, Bild: Axel Hindemith

Von Zeit zu Zeit veröffentliche ich Texte von Gastautoren im „Köln-Ding der Woche“. Dieser Beitrag stammt von Andreas „Andy“ Artmann. Der Journalist und Creative Director war einmal der der jüngste Zeitschriften-Verleger Kölns, leitete den Straßenvertrieb der Kölner Illustrierten und erstellte mit „20 Minuten Köln“ die erste echte Onlinezeitung Deutschlands.

In diesem Beitrag schreibt Andy Artmann über die Stolpersteine und das EL-DE-Haus in Köln. Vielen Dank, dass ich diesen Text hier veröffentlichen darf.


Stolpern über Geschichte(n):
Stolpersteine und das EL-DE-Haus in Köln

von Andreas „Andy“ Artmann

Vorab:

Das Kunst- und Erinnerungsprojekt „Stolpersteine“ meines Kollegen Gunter Demnig startete 1995 in Köln. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern (IKG), bezeichnet die „Stolpersteine“ als „unerträglich“. Nach Knoblochs Meinung, würden die Namen ermordeter Menschen mit Füßen „…getreten“. Im Dezember 2005 hatte ich Gelegenheit über Demnigs Werk zu schreiben. 

Stolperstein Juliska Artmann, Aachener Straße 28, 50674 Köln, Bild: 1971markus, CC BY-SA 4.0
Stolperstein Juliska Artmann, Aachener Straße 28, 50674 Köln, Bild: 1971markus, CC BY-SA 4.0

Aachener Straße: Kebab-Buden, Cafés, kleine Buchantiquariate, schräg gegenüber das Volkstheater Millowitsch1heute die „Volksbühne“. Freundliches Wetter. Die Menschen flanieren. Mein Blick bleibt an einem zehn mal zehn Zentimeter großen Pflasterstein hängen. Darauf glänzt eine Messingplatte in der Wintersonne. In diese sind Worte eingetrieben: „Hier wohnte Juliska Artmann, geb. Fellner, Jg 1891, deportiert 1941 nach Riga.“ Ein Stolperstein des Künstlers Gunter Demnig. Seit 1995 verlegt er sie, kleine Gedenkstätten auf zehn Quadratzentimetern.

Demnig pflastert die Stadt mit Erinnerungen. Jeder einzelne Stein widmet sich dem Schicksal eines Menschen, den die Nazis zunächst „aussortierten“ und anschließend „auslöschten“. Widerstandskämpfer, Behinderte, Mitglieder von Minderheiten wie die deutsch-jüdischen Bewohner oder die im damaligen Amtsdeutsch als „Zigeuner“ bezeichneten Angehörigen der Sinti und Roma. So kehren diese Opfer der Tyrannei ins Bewusstsein der Passanten zurück. Wer aber war Juliska Artmann?

NS-Dokumentationszentrum und Gedenkstätte im EL-DE-Haus

Mein Interesse ist durch den Stolperstein geweckt, teile ich mit der Unbekannten doch den Familiennamen: „Artmann“. Über das Internet gelange ich auf die Seite des EL-DE-Hauses, benannt nach den Initialen des Erbauers und Besitzers Leopold Dahmen. Bis Kriegsende war das Gebäude die Zentrale der Gestapo (Geheime Staatspolizei) des damaligen „Gaus Köln“. Heute ist es NS-Dokumentationszentrum und Gedenkstätte. Dort erfahre ich, dass Juliska der jüdischen Glaubensgemeinschaft angehörte. Ich beschließe, die Spurensuche im EL-DE-Haus fortzusetzen.

Appellhofplatz Nummer 23 – fußläufig zum weltbekannten deutschen Wahrzeichen Kölner Dom. Neben dem Haus liegt St. Maria in der Kupfergasse, eine alte Wallfahrtskirche, davor zwei Bettler. Gegenüber das Amtsgericht. Bereits am 8. November 1938, einen Tag vor der „Reichskristallnacht“, zerrten dort Nazis die Amtsrichter jüdischer Abstammung heraus und fuhren sie auf Müllkarren durch die Stadt.

Der aus einer kölsch-jüdischen Familie stammende Künstler Manfred Weil erinnert sich später an die Straßenszene. Sein Vater Emil sagte damals: „Wenn die das mit den Richtern machen, weißt Du, was uns geschehen wird.“

Das EL-DE-Haus, NS-Dokumentationszentrum und Gedenkstätte in Köln, Bild: Raimond Spekking
Das EL-DE-Haus, NS-Dokumentationszentrum und Gedenkstätte in Köln, Bild: Raimond Spekking

Das EL-DE-Haus ist ein solides gräuliches Gebäude, Neoklassizismus. Unkompliziert hilft mir dort Barbara Becker-Jèkli bei der Spurensuche. Die Historikerin der Stadt Köln dokumentiert im EL-DE-Haus die Stolpersteine. In ihrem Büro sucht sie eine Karteikarte aus dem Archiv. Juliska Artmanns eingetragener Beruf ist „Heimarbeiterin“. In Köln-Sülz war sie als Schneiderin gemeldet. Später lebte sie in der Richard-Wagner-Straße, heute gibt es hier Comic- und Musikgeschäfte. Das Haus in der Aachener Straße mit dem Stolperstein davor, der Juliskas Namen trägt, scheint ein Ghetto-Haus gewesen zu sein. Darauf deuten die vielen Namen anderer Deportierter in der Kartei hin.

Was mit Juliska weiter passierte, verliert sich in den Wirren von Umquartierung, Deportation und Vernichtung. Insgesamt wurden etwa 25.000 deutsche Juden nach Riga deportiert. Die Überlebensquote, sofern die Frau das Ghetto überhaupt lebend erreicht hat, war gering. In der Bibliothek des EL-DE-Hauses versorge ich mich mit weiteren Informationen. 

Detailansicht einer Wandinschrift in einer Zelle des EL-DE-Hauses, Bild: Elya, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Detailansicht einer Wandinschrift in einer Zelle des EL-DE-Hauses, Bild: Elya, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Beeindruckende Gedenkstätte im Keller

Danach besuche ich die Dauerausstellung über den Nationalsozialismus. Es empfiehlt sich eine Führung. Im zweiten Stockwerk verharre ich vor einem riesigen Luftbild des 1945 zu mehr als 90 Prozent zerstörten Kölns.

Ein schlechter Treppenwitz der Geschichte: Die Bomben der Alliierten verschonten das EL-DE-Haus – und damit ausgerechnet das Folterhaus der Gestapo.

Die Dauerausstellung erläutert, wie Menschen ausgegrenzt werden. Ein schleichender Prozess, wie aus übler Nachrede vermeintliches Allgemeinwissen, aus Propaganda verquere Wahrheit wird. Die eigentliche Gedenkstätte befindet sich im Keller. Der Zellentrakt ist erhalten geblieben. Knapp 1800 Inschriften an den Wänden zeugen vom Martyrium der Inhaftierten. Teilweise mit Fingernägeln in die Wände gekratzt, versuchten die Opfer, Botschaften zu hinterlassen. Ein Gefangener schrieb an die Zellenwand: „Kämen doch bloß die Amerikaner.“

Claus Hinrich Casdorff (1925 – 2004), späterer Gründer des WDR-Magazins „Monitor“, war hier im letzten Kriegsjahr als junger Wehrmachtsoffizier inhaftiert. Casdorff ein Mitwisser des Putschversuches vom 21. Juli 1944 (Tag des Stauffenberg Attentats auf Adolf Hitler): „Eigentlich wusste ich nichts. Da kam ich nur lebend raus, weil Kameraden schweigend in den Tod gingen, ohne meinen Namen zu nennen. Das Gedenken an diese Widerständler war mein Antrieb, Journalist zu werden.“

Die Zelle 9, eine von zehn insgesamt zehn Zellen im EL-DE-Haus, Bild: Factumquintus, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Die Zelle 9, eine von insgesamt zehn Zellen im EL-DE-Haus, Bild: Factumquintus, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Folter- und Hinrichtungsstätte mitten in der Stadt 

Der Folterkeller befindet sich noch eine Etage tiefer im zweiten Untergeschoss. Die Schreie der Gequälten, worttäuschend als „Schutzhäftlinge“ bezeichnet, sollten nicht nach draußen dringen; so blieb die ordentliche Fassade des NS-Staates gewahrt. Die überlebende Insassin Käthe Brinkler schildert später, dass ihre Tortur pünktlich um zwölf Uhr unterbrochen und um 13 Uhr fortgesetzt wurde: Mittagspause im Deutschen Reich.

1944 waren die verbliebenen Kölner an Tod und Verwüstung gewöhnt, jetzt wurden im Hof des Hauses die ersten Menschen hingerichtet. Hunderte weitere Hinrichtungen sind belegt. Wie viele Häftlinge genau durch Folter, Schnellgerichte oder Krankheit hier starben, weiß heute niemand.

An einige wenige Menschen erinnern in den Straßen von Köln die Stolpersteine von Gunter Demnig.

Nachtrag:

Der Artikel erschien im Dezember 2005 in der Urversion »Erinnerung: Stolpern über Geschichte« in »Y. Magazin der Bundeswehr« (12/2005, Seite 100 f.) als Arbeit für die Frankfurter Societät (Mediengruppe Frankfurt). Dies rund zehn Jahre nach der ersten Verlegung eines Probe-Stolpersteines in der Kölner Thieboldsgasse (1995). Dieser Text wurde von überarbeitet und durch eine Passage meines persönlichen Gespräches mit Claus Hinrich Casdorff (1925 bis 2004) und eines Satzes von Manfred Weil (1920 bis 2015) ergänzt. Casdorff lernte ich 1996 für Reporter ohne Grenzen Deutschland in seiner Funktion als Chef des Kölner Presseclubs kennen und schätzen.

Andreas „Andy“ Artmann


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Kölner Stadtteile: Klettenberg – zunächst der Park, dann die Siedlung

Luftbild von Klettenberg aus dem Jahr 2017, Bild: Maximilian Schönherr, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons
Luftbild von Klettenberg aus dem Jahr 2017, Bild: Maximilian Schönherr, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

In Sachen „Grünanlagen“ hat Köln unter den deutschen Städten zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine führende Rolle gespielt. Unter der Regie von Fritz Encke, der 1903 von Berlin nach Köln wechselte und neuer Gartenbaudirektor wurde, entstanden bis Mitte der 1920er Jahre mehr als ein Dutzend städtischer Parks und Grünanlagen. Das erste größere Werk von Fritz Encke war der Klettenbergpark im Jahr 1905.

Bis dahin war Klettenberg ein mehr oder minder unbeschriebenes Blatt gewesen: Im Jahr 1888 hatte die Stadt Köln das weitgehend unbebaute Gebiet zwischen heutiger Luxemburger Straße und den Bahngleisen eingemeindet. Neben dem Gut Klettenberg war auf der gegenüberliegenden Seite der Luxemburger Straße (heutiges Sülz) noch eine Handvoll Häuser, in denen gerade mal 26 Menschen lebten. Es sollte für das neue Kölner Veedel noch 13 Jahre dauern, bis im Jahr 1901 eine Bauplanung vorgelegt wurde.

Der „Feurige Elias“

In der Zwischenzeit hatte am 20. Januar 1898 der „Feurige Elias“ seine regelmäßigen Fahrten von Bonn über das Vorgebirge und die Luxemburger Straße bis zum Barbarossaplatz aufgenommen. 1906 nahm zudem die „Cölnische Straßenbahn-Gesellschaft“ eine Linie über die Luxemburger Straße in Betrieb, die bis zur heutigen Sülzburgstraße verkehrte.

Die Vorgebirgsbahn "Der Feurige Elias", hier um 1900 auf dem Marktplatz in Brühl
Die Vorgebirgsbahn „Der Feurige Elias“, hier um 1900 auf dem Marktplatz in Brühl

Bevor also mit dem Bau des neuen Wohnortes Klettenberg begonnen wurde, waren Eisenbahn, Straßenbahn und auch der Klettenbergpark schon fertig. Geplant war das Siedlungsgebiet für finanziell gut gestellte Menschen wie Kaufleute, Beamte oder leitende Angestellte. Klettenberg sollte etwas Besonderes sein und vor allem Grünflächen bieten.

Siebengebirgsallee und Petersbergstraße sind heute bevorzugte und teure Wohnlagen

Bis heute ist die Siebengebirgsallee, die am Gottesweg die Luxemburger Straße bogenförmig verlässt und diese an der Geisbergstraße wieder erreicht, ein bevorzugtes Wohngebiet. Die Gründerzeithäuser wurden alle zwischen 1905 und 1914 errichtet, 337 Häuser waren zu Beginn des Ersten Weltkrieges fertig gestellt und bezogen worden.

Ein Haus an der Siebengebirgsallee, eine bevorzugte Wohngegend in Klettenberg, Bild: Hac60, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons
Ein Haus an der Siebengebirgsallee, eine bevorzugte Wohngegend in Klettenberg, Bild: Hac60, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

Klettenbergpark wird zum Besuchermagenten

Mindestens genauso beliebt wie die Siebengebirgsallee ist der zuvor erwähnte Klettenbergpark. Gartenbaudirektor Fritz Encke errichtete innerhalb weniger Monate zwischen Nassestraße, Siebengebirgsallee und Luxemburger Straße diesen Park. Die ehemalige Kiesgrube und das brache Gelände gestaltete er mit einem Teich, einem Restaurant, über 250 großen Bäumen, zahllosen Rosen und 50 laufenden Metern Bank. Mit viel Erfolg – der neue Park wurde sehr schnell zu einem Magneten für die Kölner. Bereits kurz nach der Eröffnung erwies sich die provisorische Gastwirtschaft als viel zu klein.

Zu den 100 Tischen sollten noch weitere 50 aufgestellt werden. Außerdem genehmigte die Stadtverordnetenversammlung im April 1909 ein größeres  Restaurationsgebäude. Mit knapp 100.000 Mark war es um einige wenige tausend Mark teurer als die gesamte Parkanlage selbst. Das Restaurant wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Der Rosengarten im Klettenbergpark, Bild: Maximilian Schönherr, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Der Rosengarten im Klettenbergpark, Bild: Maximilian Schönherr, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Erfolgreich waren auch die Häuser und Wohnungen in Klettenberg: Viele Bürger aus Sülz gaben gern als Adresse Klettenberg an, obwohl sie eindeutig auf Sülzer Gebiet wohnten. Schließlich galt Klettenberg als die vornehmere Adresse, die Heimstatt für die so genannten besseren Kreise. Andere Sülzer hingegen störten sich daran nicht und stempelten die Klettenberger kurzerhand als hochmütig ab.

Mit dem Bau der Häuser und dem Park verschwand das, was eigentlich Klettenberg seit dem Jahr 1225 gewesen war: ein Gutshof mit einem Park voller Obstbäume, Gemüsegärten, einem kleinen Teich sowie vielen Alleebäumen und einem Berg. Das Gut Klettenberg begann einmal dort am Gottesweg, wo die Siebengebirgsallee auf die Luxemburger Straße stößt, war also weiter stadteinwärts als der heutige Klettenbergpark.

„Cletenbergh“ oder „Cleytenberch“ oder „Clettenbergh“

Auch wenn das Gartengut verschwand, so blieb doch wenigstens der Name; mal schrieb man „Cletenbergh“, mal „Cleytenberch“ oder auch „Clettenbergh“. Dem ersten Teil des Namens ist bislang noch niemand auf die Spur gegangen, zumindest wenn es um Köln-Klettenberg geht. In den Nachschlagewerken findet man unter Klettgau, Klettbach, Kleestadt, Clete als gemeinsame Wurzel „kled“, was so viel wie „klebrige Feuchtigkeit“ bedeuten soll.

Man könnte den ersten Namensteil Kletten- von Klettenberg aber auch auf das mittellateinische „cleta“ zurückführen, das keltischen Ursprung hat. Es steht für „Geflecht“ oder „Einzäunung“.

Als dritte Möglichkeit käme aber auch die Bedeutung „fester Ton, Lehm“ in Frage, wenn man Kletten- auf das mittelniederdeutsche „klei“ zurückführt. Nicht unwahrscheinlich, denn im Laufe der Jahrhunderte schrieb man unter anderem auch Cleytenberch.

Während die „klebrige Feuchtigkeit“ (zahlreiche tote Rheinarme in der Kölner Bucht) wie auch „der feste Ton, Lehm“ (zahlreiche Kiesgruben und Ziegeleien im 19. Jahrhundert unter anderem auch im benachbarten Sülz) durchaus mit Klettenberg in Verbindung gebracht werden können, leuchten die Worterklärungen „Geflecht“ und „Einzäunung“ nicht ohne weiteres ein.

Sprachwissenschaftler führen Clettemberg im Kreis Hohenstein auf die Bedeutung „Geflecht, Einzäunung“ zurück. Was für dieses ferne Clettemberg gilt, kann auch für unser Klettenberg gelten – kann, muss aber nicht.

Der zweite Teil des Namens Klettenberg weist eindeutig auf das Gelände hin, einen Berg, eine Anhöhe. So war im Volksmund die Formulierung „auf dem Klettenberg“ über Jahrhunderte gängig.


Kardinal Joseph Frings im Jahr 1959, Bild: City Archives Kerpen, CC BY 4.0
Kardinal Joseph Frings im Jahr 1959, Bild: City Archives Kerpen, CC BY 4.0

Kardinal Frings in Klettenberg 

Stefan hat selber lange in Klettenberg gewohnt. Und mir erzählt, dass Kardinal Frings seine Reden im Brunosaal1Das ist der Gemeindesaal der Klettenberger Brunokirche. gerne mit den Worten „Liebe Männer und Frauen aus Sülz, sehr geehrte Damen und Herren aus Klettenberg, …“ eingeleitet hat.

Dieses Bonmot ist, so Stefan, überliefert von einem Zeitzeugen aus dem Klerus. Vielen Dank für diese Ergänzung! 


Teiles dieses Texts durfte ich mit freundlicher Genehmigung des Emons-Verlags aus dem Buch „Kölns 85 Stadtteile“ von Christian Schuh übernehmen.


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Berüchtigte Bordellmeile: Dä Stüverhoff (Im Stavenhof)

Enge Gasse mit bewegter Geschichte: Im Stavenhof, von den Kölner "Stüverhoff" genannt, Bild :Uli Kievernagel
Enge Gasse mit bewegter Geschichte: Im Stavenhof, von den Kölner „Stüverhoff“ genannt, Bild :Uli Kievernagel

Podcast Eigelstein-Stüverhoff 14

Den Schülerinnen der nahgelegen Ursulinenschule, bis 2012 noch eine reine Mädchenschule, war es verboten, über den Eigelstein zur Schule zu laufen. Und erst recht, einen Blick in den Stüverhoff zu werfen. Denn: Neben der Nächelsgasse in der Südstadt und der Brinkgasse im Friesenviertel war der Stavenhof, von den Kölner „Stüverhoff“ genannt, bis in die 1970er Jahre eine Hochburg der Prostitution. Dabei wäre es für die Schülerinnen natürlich äußerst spannend gewesen, zu sehen, was da alles so getrieben wurde.

Kinder spielen zwischen Prostituierten

Wenn man heute durch den Stavenhof läuft, kann man sich gut vorstellen, dass die hohen Mauern und die enge Gasse gute Voraussetzungen für einen Rotlichtbezirk geboten haben.

Dabei war der Stüverhoff anders als die anderen Rotlichtbezirke: Bis 1964 galt hier ein Mindestalter von 30 Jahren, um am Stüverhoff als Prostituierte arbeiten zu dürfen. Und ganz anders als in den anderen Kölner Prostitutions-Hotspots wohnten die Prostituierten tatsächlich zusammen mit der Nachbarschaft in dieser Straße. So berichtete eine Zeitzeugin: „Hier han doch fröher so vill Privatlück jewonnt, do han de Pänz jespillt, un mir stunde nevven der Kinder. Do hätt sich kei Minsch dran jestört!“1Quelle: Arne Dreßler: Stüverhoff, Animierkneipen und Anwohner: Rotlicht am Eigelstein.

Chicago am Rhein

Allerdings sollte diese vermeintliche Idylle nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch bis in die 1970er Jahre das kriminelle Milieu die Stadt fest im Griff hatte.

Frischse Pitter, Abels Män, Karate Jacky und nicht zuletzt Schäfers Nas und Dummse Tünn – die Namen der Protagonisten aus dieser Zeit klingen zwar wie kölsche Folklore, doch diese Männer waren brutale Schläger, Geldeintreiber und Zuhälter.

Im Buch "Chicago am Rhein" werden die Protagonisten des Kölner Milieus beschrieben (KiWi, Taschenbuch ,168 Seiten, 14,99 Euro)
Im Buch „Chicago am Rhein“ werden die Protagonisten des Kölner Milieus beschrieben (KiWi, Taschenbuch, 168 Seiten, 14,99 Euro)

Der ehemaligen Polizist Josef „Jupp“ Menth, vielen als „Der Kölsche Schutzmann“ im Karneval bekannt, war in dieser Zeit für die Kriminalpolizei tätig. Über „Schäfers Nas“ sagt Menth: „Die „Nas“ sei nicht etwa „ne Joode“ gewesen, wie viele Kölner sich heute einreden wollten, sondern ein ganz brutaler, menschenverachtender Zuhälter in Großausführung“.2Rheinische Post: Zuhälter und Zocker in Köln, 22.11.2011

So hat sich Köln den Ruf als „Chicago am Rhein“ redlich verdient. Mitte der 1960er Jahre wurden in der Domstadt jährlich knapp 50.000 Straftaten registriert – ein Spitzenwert im bundesdeutschen Vergleich.

Daran, dass der Stüverhoff ein Zentrum des kriminellen Milieus war, erinnert auch das Lied „Zoff em Stüverhoff“ der kölschen Band „Kragenknöpp“:

„Em Stüverhoff es Zoff …
Die Schmier is do
un schängt se uss … na na na“

Im Stavenhof, von den Kölnern "Stüverhoff" genannt, Bild: Uli Kievernagel

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Im Stavenhof, von den Kölnern "Stüverhoff" genannt, Bild: Uli Kievernagel

Die Entscheidung: Stadtpatronin oder Großbordell

Um das Milieu „auszutrocknen“ und die Prostitution besser zu kontrollieren, sollte 1964 ein Großbordell am Stüverhoff errichtet werden. Der ganze Eigelstein war entsetzt und machte mobil gegen dieses Vorhaben. Niemand geringerer als der damalige Pfarrer von St. Ursula, Paul Fetten, setzte sich an die Spitze dieser Bewegung und drohte damit, dass er von der Stadt verlangen würde, die Heilige Ursula als Stadtpatronin abzusetzen, sollte dieses Bordell tatsächlich gebaut werden. Die Stadt knickte ein.

Erst mit der Eröffnung des „Eros Centers“ im Jahr 1972 (später in „Pascha“ umbenannt) in der Hornstraße wurde die Prostitution in der gesamten Innenstadt und somit auch im Stavenhof untersagt. Zwar kamen Ende der 1970er einzelne Prostituierte zurück, doch die wilden Zeiten waren da schon längst vorbei.

Als Anfang der 1990er Jahre die Grenzen insbesondere zu den osteuropäischen Ländern geöffnet wurden, nahmen Banden aus diesen Regionen das Geschäft in die Hand – mitsamt ausländischen Prostituierten. Als dann noch vermehrt drogenabhängige Frauen am Eigelstein und drumherum anschafften, kippte die Stimmung endgültig, die offene Prostitution wurde nicht länger geduldet.

Das mit einem Architekturpreis prämierte Haus Stavenhof 20, Bild: Uli Kievernagel
Das mit einem Architekturpreis prämierte Haus Stavenhof 20, Bild: Uli Kievernagel

Bevorzugte Wohngegend und beliebter Drehort

Heute ist der Stavenhof eine reine Wohnstraße und mittlerweile eine bevorzugte sowie teure Ecke. Das Haus Stavenhof 20 hat sogar einen Architekturpreis gewonnen. Rund um den Eigelstein existieren zwar noch einzelne Stundenhotels und Wohnungen, in denen noch angeschafft wird. Allerdings spielt sich diese Prostitution eher im Verborgenen ab.

Tatsächlich ist die idyllische Gasse ein beliebter Drehort geworden. So haben bereits die Tatort-Kommissare aus Münster sowie Wilsberg und die „Kommissar Klefisch“ alias Willy Millowitsch hier ermittelt.

Und der Musiker Jürgen Zeltinger erinnert sich in seinem Lied Stüverhoff mit Wehmut an die alten Zeiten. Zu den Klängen von Lou Reeds „Walk On The Wild Side“ singt der Kölschrocker:

Mer troffe uns um zehn im Stüverhoff.
Do sachst zo mir, Mensch wat han ich neu dann drup.
Jon mer doch in dat dat ahle Appartement erin
un ich sach dir wie düür ich bin.
Ich jon wieder op dä Stüverhoff,
mache mir de nächste Freier op.
Un die Nutte singe: däp dä däp …


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Ein paar Fragen an Rudolf Nickenig: „Köln ist eine merkwürdige Weinstadt.“

Dr. Rudolf Nickenig
Dr. Rudolf Nickenig hat ein Buch zur „Weinstadt Köln“ veröffentlicht, Bild: Nickenig

Dr. Rudolf Nickenig als Weinexeperten zu bezeichnen wäre eine glatte Untertreibung. Dieser Mann „lebt“ das Kulturgut Wein. Geboren als Sohn einer Winzerfamilie aus Boppard lernte er das Winzerhandwerk von der Pike auf.

Bevor er Referent beim Deutschen Weinbauverband wurde, studierte er Lebensmittelwissenschaft in Bonn und promovierte über „Polyphenole in Weißweinen“. Von 1986 bis 2018 war Nickenig Generalsekretär des Weinbauernverbands. Während dieser Zeit war er auch Chefredakteur der Fachzeitschrift „Der Deutsche Weinbau“. Er arbeitete in verschiedenen Europäischen Spitzenverbänden des Weinbaus, ist Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Weinakademie (DWA) und Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Gesellschaft für Geschichte des Weines e.V.

Buch: „Köln – eine merkwürdige Weinstadt“

Rudolf Nickenig hat bereits mehrere Bücher über Wein veröffentlicht. Sein jüngstes Werk allerdings hat es in sich: „Köln – eine merkwürdige Weinstadt“ ist ein Buch über die Weinhistorie Kölns. In der Stadt mit dem (selbsternannten) besten Bier der Welt. Ein klarer Fall für den Köln-Lotsen – das muss aufgeklärt werden.

Ich treffe Rudolf Nickenig ausgerechnet in einem Brauhaus. Und wir reden dort über Wein. Klingt seltsam, aber man gewöhnt sich dran. Für den Autor übrigens kein Widerspruch, er sagt: „Heute ist Köln ohne Frage eine Biermetropole.“ Und stößt mit einem frischgezapftem Kölsch mit mir an. „Aber das war nicht immer so. Köln hat ein von Wein geprägtes Vorleben. Wetten, dass ich das nachweisen kann?“.

Ich schlage lieber nicht ein, denn ich kenne sein neues Buch. Dort geht es um genau eine solche Wette: Wilhelm, der mich ganz stark an den Weinexperten Nickenig erinnert, wettet mit seinem Freund Karl darum, dass er nachweisen kann, dass Wein in Köln eine viel wichtigere Rolle gespielt hat als bekannt.

Kölner besitzen Weinberge an der Ahr, am Mittelrhein und an der Mosel 

Und dann zieht Wilhelm alle Register: Er erklärt, dass die ersten Kölner Reben von den Römer mitgebracht wurden, damit man den Wein nicht immer mühevoll importieren musste. Um den wachsenden Bedarf zu decken, bemühten sich die betuchten Kölner, in den Besitz von Weinbergen an der Ahr, am Mittelrhein und an der Mosel zu kommen. So gibt es einen schriftlichen Nachweis, dass Erzbischof Kunibert von Köln bereits im Jahr 643 Besitzer eines Weinbergs in Boppard ist.

Augenzwinkernd erläutert der fiktive Wilhelm seinem Freund, dass es in der 200jährigen Geschichte des organisierten Karnevals noch nie ein Motto zum Bier gab, aber immerhin vier Mal der Wein zum Thema wurde.

Rudolf Nickenig: "Köln – Eine merkwürdige Weinstadt", 176 Seiten, 19,95 €, Marzellen Verlag Köln 2022 ISBN 978-3-937795-79-9
Rudolf Nickenig: „Köln – Eine merkwürdige Weinstadt„, 176 Seiten, 19,95 €, Marzellen Verlag Köln 2022, ISBN 978-3-937795-79-9

Das Buch liest sich mit seinen 3 x 11 Kapiteln genauso flüssig und leicht wie sich ein gekühlter Weißwein trinken lässt. Und wer, wie beim Wein, die ganzen Aromen genau aufspüren will, wird im umfangreichen Anhang mit Begriffserläuterungen und weiterführender Literatur fündig.


 

Ein paar Fragen an … Dr. Rudolf Nickenig

Herr Dr. Nickenig – die Frage aller Frage: Rot oder Weiß? Oder Rosé? Oder am Ende doch Kölsch?

„Rut un wiess wie lieb ich dich!“ Da kann ich den Bläck Fööss zustimmen. Mal bevorzuge ich einen Rotwein, mal einen Weißwein, mal einen blanc de noir.

Die Kölner früherer Jahrhunderten liebten den „Weißen Roten“ der damaligen Zeit, den Bleichert, sowohl den Ahr- als auch den Rheinbleichert.

Köln und Kölsch zusammen klingt hervorragend – Köln und Wein hingegen passt auf den ersten Blick nicht wirklich gut zusammen. Richtig?

Auf den ersten Blick kommt es einem merkwürdig vor. Es lohnt sich daher, sich mit der Weinhistorie der Stadt Köln nicht bierernst, sondern weinfröhlich zu beschäftigen.

Wie kamen Sie auf die Idee, über die Stadt mit dem (selbsternannten) besten Bier der Welt ausgerechnet ein Weinbuch zu schreiben?

Vor einigen Jahren hatte ich ein Buch über das Weinbaugebiet Mittelrhein1„Vom harten Hengst zum feurigen Riesling“, Verlag Matthias Ess , Bad Kreuznach , 2015, 19,80 Euro geschrieben. Bei den Recherchen wurde mir klar, dass der Weinbau in früherer Zeit nicht am Siebengebirge aufhörte.

Ich zweifelte auch an der Abgrenzung von Heinrich Böll:
„Der Weintrinkerrhein hört ungefähr bei Bonn auf, geht dann durch eine Art Quarantäne, die bis Köln reicht; hier fängt der Schnapstrinkerrhein an; das mag für viele bedeuten, dass der Rhein hier aufhört. Mein Rhein fängt hier an,…“ Den Halbsatz will ich nicht kommentieren. Wie weit der „Weintrinkerrhein“, aber auch der „Weinerzeugerrhein“ ging, wollte ich genauer recherchieren und dieser Weg führte zur merkwürdigen Weinstadt Köln.

Die fleißigen Heinzelmännchen sorgten auch für den Wein in Köln, Detailansicht des Heinzelmännchenbrunnens, Bild: Raimond Spekking
Die fleißigen Heinzelmännchen sorgten auch für den Wein in Köln, Detailansicht des Heinzelmännchenbrunnens, Bild: Raimond Spekking

Die Heinzelmännchen brauen kein Bier, sondern keltern Wein. Ist das der Beweis für den Kölner Weinanbau?

Wir alle kennen aus Kindertagen die merkwürdigen Aktivitäten der Kölner Heinzelmännchen. Aber Hand aufs Herz: wissen Sie noch welchen Handwerkern die Heinzelmännchen halfen?

Sie schufteten nachts für die Zimmerleute (Vers 2), die Bäcker (Vers 3), die Fleischer (Vers 4), die Schneider (Vers 6) – mit dem verheerenden Ende aufgrund der neugierigen Schneidersfrau, die die Heinzelmännchen vertrieb. Und wem halfen sie im Vers 5?

….
Die Männlein sorgten um den Wein,
Und schwefelten fein
Alle Fässer ein,
Und rollten und hoben
Mit Winden und Kloben,
Und schwenkten
Und senkten,
Und gossen und panschten
Und mengten und manschten.
Und eh der Küfer noch erwacht,
War schon der Wein geschönt und fein gemacht!

Überraschenderweise halfen die Heinzelmännchen in der Bierstadt Köln keinen Bierbrauern, sondern Weinküfern. Das ist kein Beweis für den Kölner Weinbau, aber ein Hinweis, dass zu Zeiten der Heinzelmännchen oder vielleicht sogar zu Zeiten des Autors August Kopisch – er schrieb das Gedicht 1838 – Wein in Köln einen höheren Stellenwert als Bier hatte!

Aber mal ganz ehrlich: Es wurde doch damals nur deswegen Wein getrunken, weil es lebensgefährlich war, das verunreinigte Wasser zu trinken.

Die Einen sagen so, die Anderen sagen so. Warum haben sie Wein und kein Bier getrunken, das ist doch die Frage.

Aber ernsthaft: Wein wurde in der frühen Neuzeit nur von den reichen Bürgern als Genussmittel betrachtet, nur sie konnten sich gute teure Weine leisten. Für die ärmeren Schichten war der Hygieneeffekt von billigen Weinen sicher wichtig. 

Schon den Römern war es auf die Dauer zu lästig, das Grundnahrungsmittel Wein in Amphoren aus dem Süden einzuführen. Also selber anbauen. Aber was für eine Qualität hatten die in Köln produzierten Weine?

Um die Frage beantworten zu können, müssen wir uns auf Quellen der damaligen Zeit stützen. Wir wissen aus den Aufzeichnungen von Hermann Weinsberg (1518-1597), einem Kölner Ratsherrn, der in seinem mehrbändigen Gedenkebuch penibel sein Verhalten und seinen Konsum aufzeichnete, dass er seinen selbst angebauten Wein lieber anderen schenkte als selbst zu trinken. Das lässt tief blicken.

In der gleichen Periode, genauer gesagt im Jahr 1531, reiste der Buchhändler Johann Haselberg vom Bodensee durch Deutschland und besang in mehreren hunderten Versen Köln. Darin finden sich die Verszeilen:

„Schoen wingarten siecht ma da rings umb:
Vil wins wegs zu Coelln, in einer sum
O tzwey dausent fuder sues und saur
Allein nur inerhalb der rinck maur.“

Süß und sauer!

Das Stapelhaus war lange Zeit ein wichtiger Umschlagsplatz für verderbliche Güter, insbesondere Fisch, Postkarte von ca. 1900, Wizico Verlag
Das Stapelhaus war lange Zeit ein wichtiger Umschlagsplatz für Güter, Postkarte von ca. 1900, Wizico Verlag

War es am Ende vielleicht auch das Stapelrecht, welches den Kölner Zugriff auf die besten Weine ermöglichte?

Da spricht manches dafür. Das Stapelrecht war eine Gelddruckmaschine, das dem Kölner Stadtsäckel über Jahrzehnte die höchsten Steuereinnahmen brachte. Kauf­leu­te durften mit ih­ren Weinschiffen nicht an Köln vor­bei fah­ren, oh­ne die­se in Köln zu ent­la­den und ei­ne Zeit lang zum Ver­kauf an­zu­bie­ten. Die Vorschriften sind noch viel weitgehender, im Buch sind sie skizziert.

Es ist naheliegend, dass die  Kölner Patrizier mit diesem Stapelrecht-Geklüngel nicht nur ein exklusives Wissen über die Qualität der Weine, sondern auch genügend Einnahmen hatten, um sich die besten Weine leisten zu können. 

Weingärten der Kartäuser, ca. 1571, Ausschnitt des Mercator - Stadtplanes
Weingärten der Kartäuser, ca. 1571, Ausschnitt des Mercator – Stadtplanes

Wieviel Wein wurde tatsächlich in Köln angebaut?

Für die damalige Zeit unfassbar viel! Immerhin ein Viertel der Fläche innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern waren bis ins 17. Jahrhundert mit Reben bepflanzt, rund 90 Hektar, mehr als 100 Fußballplätze. Heute gibt es am Mittelrhein keinen Weinbauort mehr, der eine so große Rebfläche hat. Anfang des 19. Jahrhunderts waren es immerhin noch 65 Hektar. Mit der Intensivierung des Städtebaus war es lohnender, sein Weinbaugrundstück zu verkaufen als Wein anzubauen.

Welche „Relikte“ des Weinanbaus finde ich heute noch in Köln?

Wir haben das Buch im Kölner Weindepot/Weinmuseum vorgestellt. Die Reben auf dem Dach sind eine „merkwürdige“ Erinnerung an den historischen Kölner Weinanbau.

Bei dieser Gelegenheit traf ich auch den Kölner Stadtwinzer Thomas Eichert, der am Chlodwigplatz Qualitäten erzielt, von denen die Winzer im Mittelalter nur träumen konnten. Es gibt sicher noch mehr „Memorials“, nicht zuletzt zählen Straßennamen oder Weinkneipen dazu.

Ob im Gürzenich, Kristallsaal oder Sartory: Auf den Karnevalssitzungen herrscht „Weinzwang“. Ist das die letzte kölsche Weintradition?

Sicher nicht, denn dieser Zwang ist keine Kölner Tradition, er findet sich vielerorts. Schon im alten Knigge ist zu lesen: Zwang tötet alle edle, freiwillige Hingebung.

Könnte Köln durch den Klimawandel in Zukunft ein attraktives Weinanbaugebiet werden?

Wenn man die klimatischen Voraussetzungen für den Weinbau betrachtet: ja. Wenn man die Bodenpreise in Köln und drumherum betrachtet: eher nein. Im Buch haben Wilhelm und Karl eine futuristische Perspektive gesehen:

„Der Klimawandel wird eine völlig neue Architektur in Köln notwendig machen. Markus Wittling wird mit seinem Weinberg auf dem Dach seiner Vinothek als Pionier von Cologne Urban Viticulture in die Geschichte eingehen. Die Architekten werden Hochhäuser mit auskragenden Fassaden für das Anbringen von Pflanzen bauen, um die Wohnungen und Büros zu beschatten und um Energie zu sparen und zu gewinnen. Ganz Köln wird eine einzige Flora sein – und das Tollste ist, die Begrünungen der steilen Dächer der historischen Kirchen und der modernen Fassaden der Skyliners werden mit Reben erfolgen! Kurzum: bei der 2000-Jahrfeier Kölns im Jahr 2050 werden in Köln viel mehr Reben wachsen als zur Zeit der Stadtgründung, vielleicht sogar mehr als im Mittelalter!“

Was für eine tolle Vision! 


Genau wie alle anderen Menschen in meiner Rubrik „Ein paar Fragen an …“ hat auch Dr. Rudolf Nickenig zu meinen „kölschen Fragen“ Rede und Antwort gestanden.

Wenn nicht Köln – wo sonst könntest du leben? Und warum gerade dort?

Umgekehrt. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, in Köln zu leben, wenn ich es mir leisten könnte, ein Stadthaus mit Weinkeller und großer Dachterrasse zu erwerben, auf der ich die autochthone kölsche Rebsorte, den Blauen Kölner, anbauen würde.

Welche kölsche Eigenschaft zeichnet dich aus?

Ein merkwürdiger Respekt vor dem Kölner Grundgesetz.

Was würdest du morgen in unserer Stadt ändern?

… den Rebenanbau fördern, insbesondere die Rebsorte Blauer Kölner.

Nenne ein/zwei/drei Gründe, warum man Köln morgen verlassen sollte.

Siehe Antwort zu Frage 1. Solange ich keinen Wein in Köln anbaue, mache ich mir darüber keine bierernsten Gedanken.

Wo ist dein Lieblingsplatz in Köln?

Im Dom, um den Dom und um den Dom herum.

Welche KölnerInnen haben dich beeinflusst / beeindruckt?

… die Heinzelmännchen und die Köbesse.

Was machst du zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch?

… bedauern, dass ich kein Kölner bin.

Und was zwischen Aschermittwoch und Weiberfastnacht?

… hoffen, dass ich im nächsten Leben Kölner werde (s. Antwort auf Frage 1).

Wat hät für dich noch immer jood jejange?

… zwei Gläser Kölsch statt einem Glas Wein zu trinken und umgekehrt.

Wo drüber laachs de dich kapott?

Das versuche ich zu vermeiden, wäre ja schade um mich.

Dein kölsches Lieblingsessen?

Bitte nicht weitersagen: Saure Nierchen.2Okay. Versprochen. Behalte ich nur für mich. 🙂

Dein Lieblingsschimpfwort auf Kölsch?

Mir gefällt „Fiese Möpp“; mir würde es bei Bedarf nicht einfallen, aber einen Typen als „Kotzkümpsche“ zu bezeichnen, fände ich gut.

Bitte vervollständige den Satz: Köln ist …

merkwürdig.


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Das Weinhaus Brungs – gefährdetes Baudenkmal mitten in der Stadt

Das Gasthaus Brungs in der Kölner Innenstadt, Bild: Raimond Spekking
Das Gasthaus Brungs in der Kölner Innenstadt, Bild: Raimond Spekking

Es ist sehr zentral und ist trotzdem irgendwie versteckt: Das Weinhaus Brungs, ein sehr geschichtsträchtiger Bau. Von außen durchaus beeindruckend, aber spätestens, wenn man die Treppe heruntergeht, bekommen sowohl der Kölner als auch der Tourist den Mund vor Staunen nicht mehr zu: Hier gibt es noch Reste der römischen Stadtbefestigung – Geschichte zum Anfassen. Tatsächlich sind hier die Reste des römischen Stadttors „Marspforte“ zu sehen.

Geschichtsträchtiges Gebäude

Im 16. Jahrhundert hatte sich das Viertel rund um die Marspforte rasant entwickelt: In unmittelbarer Nähe der beiden wichtigen Warenumschlagsplätze Alter Markt und Heumarkt sowie dem Machtzentrum Rathaus florierte hier das Geschäft.

Dabei war das alte, an dieser Stelle noch bestehende, römische Stadttor wohl eher hinderlich. So hatte der Kölner Ratsherr Hermann von Weinsberg in seinen berühmten Tagebüchern notiert, dass es an den Bögen des Stadttors sehr schmutzig sei, weil jeder seinen Unrat dort ablud. Hier ein gekürzter Auszug aus dem Tagebuch von Hermann Weinsberg zur Marspforte:1 Die ursprüngliche Handschrift ist nur für Experten lesbar, Details dazu gibt es beim Weinsberg-Projekt.

Auszug aus den Tagebuch von Hermann Weinsberg, die ursprüngliche Handschrift ist nur für Experten lesbar
Eine sinngemäße Übersetzung:

Auszug aus den Tagebuch von Hermann Weinsberg, die ursprüngliche Handschrift ist nur für Experten lesbar

Weinsberg berichtete, dass der Kölner Ratsherr Gillis Eifler an genau der Stelle des abgerissenen Stadttors zwei Stadthäuser errichtete. Wie damals üblich wurde nicht komplett neu gebaut, sondern bestehende Mauern in den Neubau integriert. Und so sind die Reste des Stadttors heute Bestandteil des Gewölbekellers im Weinhaus Brungs.

Das antike Kellergewölbe im Weinhaus Brungs mit zwei Grinköpfen, Bild: HOWI - Horsch, Willy, CC BY 3.0 via Wikimedia Commons
Das antike Kellergewölbe im Weinhaus Brungs mit zwei Grinköpfen, Bild: HOWI – Horsch, Willy, CC BY 3.0 via Wikimedia Commons

Die ebenfalls dort angebrachten Fratzenmasken sind sogenannte „Grinköpfe“. Diese gehören eigentlich auf die Giebel von Stadthäusern. Durch das Maul dieser Fratzen konnten Seile gezogen werden, und so wurden schwere Waren in die Speicherräume unter den Dächern gehoben.

Häuser werden zusammengelegt

Etwa in der Mitte des 19. Jahrhunderts kaufte die Familie Brungs beide Gebäude. Um mehr Platz zu schaffen, wurden aus zwei Häusern eins. Den Durchgang markiert ein markanter neogotischer Spitzbogen mit dem in den Stein verewigten Stadtnarren „Worbel“.

Laut Überlieferung soll es diesen Worbel tatsächlich gegeben haben. Er hieß Pankratz Weinstock und unterhielt im 12. Jahrhundert die Stadtgesellschaft mit seinen Späßen.

Massive Zerstörung im Krieg – heute Institution in der Innenstadt

Im Zweiten Weltkrieg wurde auch das Gasthaus Brungs schwer beschädigt und wiederaufgebaut. Daher stammt die Inneneinrichtung aus anderen Häusern und wurde hier wieder eingebaut, wie zum Beispiel die hölzerne Wendeltreppe aus dem 18. Jahrhundert.

Heute behauptet sich das Weinhaus Brungs zwischen den vielen Brauhäusern in der Innenstadt. Auf der Touristik-Website TripAdisor nimmt dieses Restaurant Platz 62 von 1.699 gelisteten Häusern in Köln ein2Stand: 1. März 2023. Gäste loben das Essen und die Weinkarte.

Das Gasthaus Brungs in der Kölner Innenstadt, Bild: Horsch, Willy - HOWI, CC BY 3.0 via Wikimedia Commons
Das Gasthaus Brungs in der Kölner Innenstadt, Bild: Horsch, Willy – HOWI, CC BY 3.0 via Wikimedia Commons

Stadt kauft Gebäude – weitere Nutzung ungewiss

Im Zuge der Arrondierung3Arrondierung ist der Einbezug angrenzender Flächen zu einem bestimmten Grundstück. der Flächen rund um das Rathaus hat die Stadt Köln Ende 2019/Anfang 2020 das Gebäude erworben.

Eigentlich wollte die Familie Brungs das Gebäude an eine Privatperson verkaufen. Ein entsprechender Kaufvertrag lag bereits vor, doch Ende 2019 entschloss sich der Stadtrat, von dem im Grundbuch eingetragenen Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen und das Gebäude für 3 Millionen Euro4Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger vom 17.01.2020 zu erwerben. Gleichzeitig sicherte die Stadt dem Pächter des Restaurants zu, dass der Pachtvertrag weiterlaufen solle.

Doch augenscheinlich wurde der Pachtvertrag zum Ende Februar 2023 gekündigt. Ob und wie es mit der Gastronomie im Weinhaus Brungs weitergeht, ist völlig offen. Auch ein anderweitiges Nutzungskonzept der Stadt liegt (noch) nicht vor.

Oder will sich unser Rat am Ende nur einen schnellen Weg  zum Wein sichern? Der Stadtführer und Köln-Experte Bernd Imgrund berichtet5„111 Kölner Kneipen, die man kennen muss“ von Bernd Imgrund und Thilo Schmülgen, dass der Notausgang des Gewölbekellers direkt unter das Rathaus führt. Und diesen kann man ja schließlich auch in die andere Richtung nutzen …

Konzept zur Weiternutzung dringend erforderlich!

Es bleibt die Hoffnung, dass schnell eine Weiternutzung des Gebäudes ansteht, damit dieses wunderschöne Gebäude nicht eine ähnliche Entwicklung wie zum Beispiel das Funkhaus in Raderthal durchmacht. Dieses gammelt mangels Entscheidung vor sich hin – vermutlich bis nichts mehr zu retten ist und es einfach abgerissen wird.


+++ UPDATE  Stand: Mai 2023 +++

 Das Team vom Weinhaus Brungs hat in der Decksteiner Mühle (Gleueler Str. 371, Köln-Deckstein) eine neue Heimat gefunden.
Viel Erfolg am neuen Standort!


 

Logo change.org
Petition: Das letzte Alt-Kölner Weinhaus darf nicht sterben!

Die „Freunde von Weinhaus Brungs“ haben auf der Plattform change.org eine Petition gestartet und fordern von der Stadt Köln:

Die Stadt Köln soll als Eigentümerin des Weinhauses Brungs dieses beispielhafte Denkmal erhalten, fachgerecht sanieren und als Juwel der Altstadt in seiner traditionsreichen Nutzung als Weinhaus dauerhaft weiterführen.

Aktuell6Stand 1. März 2023 haben 580 Personen diese Petition unterschrieben. Der Köln-Lotse übrigens auch.

Falls auch du diese Petition unterschreiben willst, findest du hier alle notwendigen Informationen:

Das letzte Alt-Kölner Weinhaus darf nicht sterben.
WIR WOLLEN WEINHAUS BRUNGS ERHALTEN!


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Kölner Stadtteile: Hahnwald – kein Hahn aber viele Promis

Der Kölner Stadtteil Hahnwald, exklusiv und mit hoher Promi-Dichte, Bild: TUBS, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons
Der Kölner Stadtteil Hahnwald, exklusiv und mit hoher Promi-Dichte, Bild: TUBS, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons

Podcast Hahnwald, 57

Der Hahnwald ist eines der Kölner Villenviertel. Zwar gab es bereits, ähnlich wie in Marienburg, auch im Hahnwald die ersten Villen bereits um 1930. Doch der größere Bauboom begann dort mit der Eweiterung des Stadtteils ab den 1970er Jahren. In diesem neuen Teil wurden die Grundstücksgrößen auf 1.000 m² begrenzt.1In dem älteren Teil sind die Grundstücke mit etwa 2.000 m² doppelt so groß.. Bekannte Architekten konzipierten dort ausgefallene Villen. Tatsächlich hat dieser Stadtteil ein ganz anderes Flair als das ehrwürdige Marienburg. Die Kölner bringen es mit folgender Aussage auf den Punkt: „In der Marienburg wohnt das „alte Geld“, im Hahnwald sind die Neureichen zu Hause.“     

Name kommt vom Federvieh, von „Hain“ oder vom „Herr von Hahn“  

Den ersten Nachweis von Hahnwald findet man bereits im Jahr 1231 als „Hanen by Sorden“ (… bei Sürth); in einer weiteren Urkunde aus dem Jahr 1335 heißt es „Hanen an der Bunre straissen“ (… an der Bonner Straße). Mit „Hanen“  ist der Bezug auf das gleichnamige Federvieh, den „Hahn“, deutlich. Doch es ist fraglich, welche herausragende Bedeutung der Vogel dort gespielt haben soll.

Da es im Kölner Süden im ersten Jahrtausend ein großes Waldgebiet gegeben hat, von dem nur Teile erhalten blieben, liegt es näher, Hanen mit einem geschlossenen Waldstück in Verbindung zu bringen. So wird im althochdeutschen ein Hain als „hagan“ bezeichnet. Als 1951 der neue Stadtteil gegründet wurde, hat sich die Gemeinde Rondorf (ab 1961 Rodenkirchen) jedenfalls an diese Herleitung gehalten.

„Der Name geht zurück auf die Flurbezeichnung „Zum Hendtgen“, das ist Hainwald, denn früher hat hier ein Buchenwald (Hainbuche) gestanden.“

Eine andere Erklärung des Namens ist mündlich überliefert. Sie besagt, dass ein Herr von Hahn große Teile des heutigen Gebietes von Hahnwald besessen hat. An ihn soll der Name erinnern.

Besiedlung in drei Schritten

Die Besiedlung von Hahnwald vollzog sich in drei Schritten: Das erste Gebäude und lange Zeit das einzige ist zu Beginn des 19. Jahrhunderts errichtet worden: Es war der Hermannshof (früher auch Zehnpfennigshof), der heute noch bewirtschaftet wird. Die Äcker des Bauern liegen inzwischen jedoch in Rondorf und Immendorf, da Hahnwald vollständig bebaut ist. 

Zum Wohnort – besser gesagt – Villenviertel wurde Hahnwald in den 1920er Jahren erkoren. Initiiert von Ernst Leybold und Theodor Merrill wird ab 1926 der Hahnwald für eine Villenbebauung erschlossen, ein zweites Marienburg wurde geplant.

Das 1935/36 "Haus Birkhof" (2016 abgerissen) war zunächst das Wohnhaus des Fabrikanten Alfons Mauser und von 1970 bi2 2006 die nResidenz des Botschafters der Republik Niger, Bild: Leit, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Das 1935/36 errichtete „Haus Birkhof“ (2016 abgerissen) war zunächst das Wohnhaus des Fabrikanten Alfons Mauser und von 1970 bis 2006 die Residenz des Botschafters der Republik Niger, Bild: Leit, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Bebauung nach dem Zweiten Weltkrieg

Die weitere Bebauung, der zweite Schritt, erfolgte jedoch erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Damals hatte Hahnwald seinen Namen eigentlich gar nicht verdient; zumindest den zweiten Teil nicht, die Bezeichnung Wald. Dort, wo einmal das Villenviertel errichtet werden sollte, stand kein Baum weit und breit. Der Waldbestand war längst abgeholzt worden. Erst mit den neuen Bewohnern wurden wieder Bäume gepflanzt.

Nördlich der Siedlung wurde zudem der Forstbotanische Garten angelegt. Im Süden wird der Hahnwald von Industrieanlagen abgegrenzt, die mittlerweile zu Godorf zählen. Durch die Bebauung nach dem Zweiten Weltkrieg und die steigende Einwohnerzahl – 1950 sind gerade einmal 234 Einwohner nachgewiesen – kommt es dann 1951 zur Gründung eines eigenen Stadtteils. Der Bau immer neuer Villen lässt die Zahl der Bewohner im Jahr 1967 auf 805 ansteigen.

Promis, Stars und Sternchen lassen sich im Hahnwald nieder 

Schließlich setzt der dritte Schritt der Besiedlung ein: Mit der Erschließung des östlichen Hahnwald-Teils. Ab ca. 1970 wurden dort extravagante Villen von bekannten Architekten relalsiert. Aktuell leben ziemlich genau 2.000 Menschen in Hahnwald.2Stand: 31.12.2021

Das Haus X1, Wohnhaus des Architekten Peter Neufert, erbaut 1961–1962, Bild: A.Savin, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Das Haus X1, Wohnhaus des Architekten Peter Neufert, erbaut 1961–1962, Bild: A.Savin, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Extravagante Architektur

Für Furore haben einige eigenwillige Villenbauten gesorgt. In die Geschichte eingegangen ist vor allem die Villa von Peter Neufert. Nach den Plänen des Architekten entstand 1961 das Haus X1 (Am Zehnpfennigshof 9). Es ist ein zweistöckiger Glasbau, dessen Dach im Halbrund über das ganze Gebäude reicht.

Das "Farina Haus", erbaut in den Jahren 1977-1978. Bild: Farina-Archiv , CC-BY
Das „Farina Haus„, erbaut in den Jahren 1977-1978. Bild: Farina-Archiv , CC-BY

Prominente Bewohner 

Die großzügigen Grundstücke und die Exklusivität des Stadtteils haben auch viele Prominente angezogen. Und diese Bewohner haben ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis. Gemeinsam finanzieren die Hahnwald-Bewohner einen eigenen Sicheheitsdienst.  Mit Erfolg: Der Hahnwald weist die niedrigste Kriminalitätsrate von ganz Köln auf.  

Heute wohnen dort unter anderem die Fußballer Timo Horn oder Toni Kroos. Der Fußball-Trainer Christoph Daum lebte bis zu seinem Tod am 24. August 2024 in diesem Viertel. Aber auch Stars und Sternchen aus den Medien haben sich im Hahnwald niedergelassen, zum Beispiel Oliver Pocher, Stefan Raab, Pietro Lombardi oder Hans Meiser. Einer der prominentesten Bewohner Hahnwalds ist aber sicherlich der Maler Gerhard Richter.


Teile dieses Textes durfte ich mit freundlicher Genehmigung des Emons-Verlags aus dem Buch „Kölns 85 Stadtteile“ von Christian Schuh übernehmen.


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Die einzigartige Sündenverbrennung in Raderberg

Die "Sündenkarte 2023" des Bürgervereins Raderberg und -Thal
Die „Sündenkarte 2023“ des Bürgervereins Raderberg und -Thal

Mit der „Sündenverbrennung“ bietet der Bürgerverein RADERBERG und -THAL e.V. aus dem Kölner Süden einen einzigartigen Service: Ihr könnt an Karneval auch mal die ein oder andere Sünde begehen und diese werden euch an Karnevalsdienstag vergeben!

Sündenverbrennung statt Nubbelverbrennung

Es ist alles ganz einfach! Notiert Eure Sünden und sendet diese bis Karnevalsdienstag an mich. Ich drucke alles aus und leite diese weiter.

Selbstverständlich ist das alles nicht ernst gemeint. Klassische Sünden bei der Sündenverbrennung sind „Ich habe zu viel gefeiert“, „Ich habe Altbier getrunken.“ oder „Ich habe Helau gerufen.“   

Abends ab 20.11 Uhr kommen mit Klaus Eberhard, dem evangelischen Pfarrer der Gemeinde und Peter Otten von der katholischen Kirche, zwei echte Profis ins Spiel. Sie werden die „schönsten“ Sündenkarten zitieren, die Sünden einordnen und dann verbrennen. Und dann ist der Sünder befreit von der Sündenlast und kann unbeschwert weiterfeiern.

Kölns schönster Karnevalsabschluss. Eintritt frei. Keine Anmeldung erforderlich

Wir treffen uns am Dienstag, 21. Februar 2023 um 20.11 Uhr am Kloster der Benediktinerinnen (Brühler Straße 74), trinken ein/zwei Kölsch und dann gehen die Sünden kommentiert in Rauch auf. Danach feiern wir unbeschwert im Café Baumhaus weiter.


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Ein paar Fragen an Mirijam Günter: „Köln ist für mich Fluch und Segen“

Mirijam Günter, prämierte Schriftstellerin aus Köln, Bild: Bild: Dirk Fischer
Mirijam Günter, prämierte Schriftstellerin aus Köln, Bild: Dirk Fischer

Aufgewachsen in unterschiedlichen Heimen, abgebrochene Lehren als Automechanikerin, Köchin, Malerin, prämierte Autorin, wissbegierig und unangepasst. Die Kölner Schriftstellerin Mirijam Günter vereint viele Facetten.

Mit ihr unterwegs zu sein, ist eine spannende Herausforderung. Für dieses Interview haben wir uns in der Innenstadt getroffen, direkt an St. Aposteln. Wir laufen kreuz und quer durch die Stadt. Und ich, der ich sie eigentlich interviewen wollte, werde von der wissbegierigen Mirijam vieles gefragt. 

Halt in der Kirche

Mirijam Günter wächst als Findelkind in verschiedenen Städten auf. Sie verbringt insgesamt 16 Jahre in verschiedenen Kinder- und Jugendheimen. Und immer gibt ihr die Kirche halt.

Für die Betreuer in den Heimen absolut unverständlich, bestand sie auf den Besuch von Gottesdiensten.  Dies tat sie zunächst, um ihre Betreuer zu ärgern, denn diese mussten sie dafür oft in die weit entfernten Kirchen fahren.  Aus dieser Rebellion entsteht ein „Pakt“: So schreibt sie in einem Artikel der Zeitschrift chrismon: „Im Heim schwor ich mir bei Gott, nicht unterzugehen. In meinem Kopf entstand ein Satz, der mich lange begleitete: Ihr verachtet meinen Gott, weil er der Einzige ist, der zu mir hält!“1„Ich bleibe katholisch“ Die Schriftstellerin Mirijam Günter über den einzigen Ort, an dem sie nie Rassismuss erlebte, https://chrismon.evangelisch.de/das-wort/mirijam-guenter-schriftstellerin-haelt-zur-katholischen-kirche-52438 abgerufen am 14. 10.22

Mirijam Günter: Heim dtv, 336 Seiten, ISBN:‎ 978-3423782326
Mirijam Günter: Heim, dtv, 336 Seiten, ISBN:‎ 978-3423782326

Erfolgreiche Autorin

Mirijam Günter ist eine erfolgreiche Schriftstellerin. Für ihren ersten Roman „Heim“ wurde sie im Jahr 2003 mit dem renommierten Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet. Zwischenzeitlich sind mit „Die Ameisensiedlung“ und „Die Stadt hinter dem Dönerladen“ zwei weitere Romane erschienen. 

Sie ist als Kolumnistin unter anderem für „der freitag“ , die „Die Zeit“  und die Süddeutsche Zeitung tätig. Für das Magazin „Draußenseiter“ schreibt sie ehrenamtlich. 

Seit 2006 bietet sie auch „Literaturwerkstätten“ an. Dort bringt sie jungen, benachteiligten Menschen die Literatur nahe. In den Literaturwerkstätten  bietet sie den jungen Menschen die Gelegenheit, sich entsprechend ihrer geistigen Möglichkeiten mit eigenen und/oder fremden Texten, Geschichten, Gedichte auszudrücken.  Ruhig geht es, so Mirijam Günter, in den Werkstätten selten zu: „Denn mit dem Aufsatzschreiben und den Textanalysen fremder Texte in der Schule haben Literaturwerkstatten fast nichts gemeinsam. Das klassische formelle schulische Lernen, mit dem die genannten Zielgruppen in der Regel mehrheitlich Negativerfahrungen gesammelt haben, wird außer Kraft gesetzt.“

Mirijam Günter: Die Ameisensiedlung dtv, 272 Seiten, ISBN:‎ 978-3423782128
Mirijam Günter: Die Ameisensiedlung, dtv, 272 Seiten, ISBN:‎ 978-3423782128

Rassismus-Erfahrungen

Im April 2020 wird Mirijam Günter fälschlich des Fahrraddiebstahls bezichtigt. Aufgrund der Aussage eines Kinds, das eine Frau „Typ Zigeuner“ beobachtet haben will, wird Mirijam von der Polizei festgenommen, rassistisch beleidigt und in Handschellen gelegt. Eine Polizistin durchsucht Mirijams Wohnung – ohne richterlichen Beschluss. Einwände werden abgetan „Was willst du denn dagegen machen? Solchen Typen wie Euch glaubt eh keiner.“

Sie lässt sich das nicht gefallen, klagt gegen die Polizei. Die Polizistin muss 150 Euro Strafe wegen Nötigung und Hausfriedensbruchs bezahlen, die rassistischen Äußerungen werden bestritten und, weil Aussage gegen Aussage steht, fallen gelassen. Dieser Vorgang hat Mirijam nachhaltig erschüttert. Dies geht so weit, dass sie sagt: „Die haben mir meine Heimat genommen“. Seit diesem Tag beschäftigt sich Mirijam mit dem Gedanken, aus dem „doch so toleranten Köln, in dem gefühlt aus jedem zweiten Fenster Anti-Rassismus-Fahnen wehen“ fortzugehen.


Ein paar Fragen an Mirijam Günter

Mirijam, was löst die Aussage „Meine Mutter ist Putze und ich werde auch höchstens Putze.“ in dir aus?

Das löst mein absolutes Unverständnis aus: Wenn du ganz unten bist, kommste nicht mehr rauf. Dass es dafür immer noch keine Lösung gibt, grenzt an ein Weltwunder.
Das betrifft auch mich persönlich: Das Bildungsbürgertum gibt einem ganz deutlich zu verstehen, dass man nicht dazugehört. Du kennst nicht deren Rituale und Verhaltensweisen.

Du hast selber eine „Heimkarriere“ hingelegt: Insgesamt 16 Jahre in verschiedenen Heimen. Die offiziellen Stellen hatten dich nach drei abgebrochenen Ausbildungen schon aufgegeben. Bis du ein hoffnungsloser Fall gewesen?

Mit meiner Biographie kann man froh sein, wenn man im Supermarkt Regale einräumen darf. Ansonsten landet man mit fünf Kindern in Chorweiler oder direkt im Knast.
Daher bin ich für andere ein hoffnungsloser Fall gewesen. Aber sie wussten nicht, dass ich mit Gott einen Pakt geschlossen habe.

Du sagst, dass dich das Schreiben gerettet hat. Wie kommt jemand ohne Erfahrung und entsprechende Kontakte in den Literaturbetrieb?

Literatur ist meine Therapie. Ich bin in die Literatur geflohen, wann immer ich Schutz gebraucht habe. Aber im Literaturbetrieb bin ich ein Außenseiter. Ich habe auf einer Autorenwebsite recherchiert: Alle Autoren dort hatten nur „glatte“ Lebensläufe: Studium, Auslandsaufenthalte etc.

Mirijam Günter: Die Stadt hinter dem Dönerladen Größenwahn Verlag; 200 Seiten, ISBN:‎ 978-3957710512
Mirijam Günter: Die Stadt hinter dem Dönerladen
Größenwahn Verlag; 200 Seiten,
ISBN:‎ 978-3957710512

Die katholische Kirche war für dich zum einen ein räumlicher Rückzugsort und zum anderen aber auch Stütze, an der du – auch in diesen für die Kirche schwierigen Zeiten – festhältst. Warum?

Solche Typen wie ich müssen in der Kirche bleiben, sonst bleiben doch nur noch Arschgeigen übrig.

„Ich bin sozialisiert durch die katholische Kirche, durch Menschen, die mir da begegnet sind und durch Kommunisten“, sagst du im Dezember 2021 im Domradio. Ist das nicht unvereinbar?

Das solltest du meine beiden beste Freunde, einen katholischen Geistlichen und einen Marxisten, fragen. Falls deren Antwort nicht ausreicht, steuere ich auch noch einen halben Kapitalisten bei.

Die Kölner Schriftstellerin Mirijam Günter, Bild: Dirk Fischer
Die Kölner Schriftstellerin Mirijam Günter, Bild: Dirk Fischer

Du bietest Literaturwerkstätten für Jugendliche an. Wie hat man sich das vorzustellen? Was passiert in einer Literaturwerkstatt?

Es klingt vielleicht erstaunlich, aber in einer Literaturwerkstatt geht es nicht ausschließlich um Literatur. Wir treffen uns und reden zunächst miteinander. Vielen, die ich dort treffe, geht es nicht gut. Aber sie bekommen das nicht artikuliert. Dann schreibt man sich selber oder schreibt an andere. Das hilft oft.
Und dann lesen wir auch ausgewählte Texte: Einer liest vor, die anderen hören zu. Tatsächlich ist es mir mal bei einer Literaturwerkstatt im Knast passiert, dass nur einer lesen konnte.

In jedem Fall ist ganz wichtig, dass kein anderer Erwachsener dabei ist. Das lehne ich rigoros ab, dann funktioniert das nicht. Diese Literaturwerkstätten sind für mich eine Berufung, kein Job.

Du hast wahrscheinlich ähnliche Lebenserfahrungen wie deine Schüler in den Literaturwerkstätten. Bist du dadurch näher an ihnen dran?

JA!

Du willst auch der Öffentlichkeit zeigen, was mit den abgehängten Jugendlichen passiert. Wie kann man dich dabei unterstützen?

Im Idealfall mit einer Spende für Bücherpakete für Jugendliche. So etwas gibt es vorbereitet in der Bunt-Buchhandlung


Genau wie alle anderen Menschen in meiner Rubrik „Ein paar Fragen an …“ hat auch Mirijam Günter zu meinen „kölschen Fragen“ Rede und Antwort gestanden.

Wenn nicht Köln – wo sonst könntest du leben? Und warum gerade dort?

Bis April 20202Mirijam wurde fälschlicherweise von der Polizei festgenommen, siehe oben wäre das für mich undenkbar gewesen. Aber seitdem ist dies eine Frage, die mich sehr beschäftigt und die ich im Moment nicht beantworten kann.

Was machst du zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch?

… jeden Tag den Satz sagen: „Nach Karneval trete ich in einen Karnevalsverein ein.“

Und was zwischen Aschermittwoch und Weiberfastnacht?

In der Zeit rette ich die Welt mit Hilfe der Literatur und denke über mein nächstes Karnevalskostüm nach.

Nenne ein/zwei/drei Gründe, warum man Köln morgen verlassen sollte.

  1. Diese unfassbare Großstadt-Arroganz. Der Kölner ist tolerant, und wenn du nicht tolerant bist, dann haut er dir so lange auf den Kopf, bis du so tolerant bist wie er.
  2. Die Verdrängung ärmerer Menschen aus dem Hipster-Vierteln.
  3. Die niedlich „Klüngeleien“ genannten Geschäfte. Das passiert von konservativen bis linksradikalen Kreisen. Wobei – das finde ich ja fast schon wieder lustig.

Dein Lieblingsschimpfwort auf Kölsch?

Schwad mich nit möd, do holle Baum.

Bitte vervollständige den Satz: Köln ist …

… für mich Fluch und Segen.


"Soziale Ungerechtigkeit" - der Blog von Mirijam Günter, https://sozialeungerechtigkeit.de/

Viel mehr von und über Mirijam gibt es auf ihrer Website „Das Leben einer Schriftstellerin“ und auf ihrem Blog „Soziale Ungerechtigkeit“.


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Kölsche Karnevalsbegriffe von A-Z, Teil V: Von „Rusemondachszoch“ bis „Wieverfastelovend“

Collage Karnevalsbegriffe Teil IV

Podcast Karnevalsbegriffe I, 32

Podcast Karnevalsbegriffe II, 33

Der Kölner Karneval ist bunt und vielfältig. Und sehr speziell. Diese Übersicht der wichtigsten Karnevalsbegriffe soll Einheimischen und Imis helfen, sich im Fastelovend zurechtzufinden.

Alle Teile der Serie „Kölsche Karnevalsbegriffe von A-Z“:


Ein Festwagen der Blauen Funken beim Rosenmontagszug, hier auf der Severinsstraße, Bild: Festkomitee Kölner Karneval
Ein Festwagen der Blauen Funken beim Rosenmontagszug, hier auf der Severinsstraße, Bild: Festkomitee Kölner Karneval

Rusemondachszoch

Jedes Jahr an Rosenmontag heißt es in Köln „Jeck loss Jeck elans“. Der größte Zoch in Deutschland ist imposant: Etwa 1 Million Zuschauer feuern frenetisch die etwa 12.000 Teilnehmer an. Knapp 80 Kapellen machen Musik, etwa 250 Wagen und Kutschen fahren durch die Stadt. Insgesamt werden etwa 300 Tonnen Kamelle und ca. 300.000 Strüßjer unters Volk gebracht.

Wer es etwas gemütlicher mag, kann sich auch die vielen Veedelszüge oder die liebevoll gestalteten Züge in den umliegenden Gemeinden anschauen.


"Schnaps, das war sein letztes Wort". Dringende Empfehlung: Finger weg vom Schabau!, Bild: von Peggy und Marco Lachmann-Anke auf Pixabay
„Schnaps, das war sein letztes Wort“. Dringende Empfehlung: Finger weg vom Schabau!, Bild: von Peggy und Marco Lachmann-Anke auf Pixabay

Schabau

Davon solle man an Karneval möglichst Finger lassen. Schabau ist Schnaps. Und schon so mancher Karnevalist hat wegen zu großer Mengen Schabau bereits an Weiberfastnacht mittags die Segel streichen müssen.


Schunkeln: Einhaken, im Takt hin und her bewegen, Bild: Bild: Festkomitee Kölner Karneval
Schunkeln: Einhaken, im Takt hin und her bewegen, Bild: Festkomitee Kölner Karneval

Schunkeln

„Schunkeln ist scheiße,
dein Nachbar stinkt nach Schweiß.
Du sitzt ganz nah,
und weisst nicht mal, wie er heißt.“

singt Biggi Wanninger, die Präsidentin der Stunksitzung. Da ist was dran. Auf der anderen Seite ist Schunkeln selbst für die unrhythmischsten Zeitgenossen die ideale Bewegung, weil man rechts und links eingehängt in den Rhythmus gezwungen wird. Ob man will oder nicht.

Und am Ende ist es dann doch immer schön, gemeinsam zu schunkeln. 


Das Motto der Sesiion 2022/23 lautet: Ov krüzz oder quer
Das Motto der Sesiion 2022/23 lautet: Ov krüzz oder quer

Session

Die wichtigste Zeit in Kölle, vgl. auch „5. Jahreszeit“. Mit Session wird gesamte Karnevalszeit bezeichnet, diese beginnt offiziell am 11.11. und endet an Aschermittwoch. Allerdings wird in der Praxis nur rund um den 11.11. und ab Anfang Januar gefeiert – wir sind in Köln immer noch rheinisch-katholisch und feiern auch Weihnachten.


Für jeden etwas dabei: Karnevalssitzungen in Kölle
Für jeden etwas dabei: Karnevalssitzungen in Kölle

Sitzung

Die kölschen Sitzungen sind das Herzstück des Karnevals – egal, ob sie als Prunk- oder Stunksitzung daherkommen.

Früher, bis etwa Mitte der 1980er Jahre, war es ganz einfach, wenn man zu einer Karnevalssitzung wollte: Frack oder Abendkleid anziehen und ab zur Prunksitzung im Gürzenich oder im Kostüm zu einer der zahlreichen Pfarrsitzungen im Gemeindesaal im Veedel.

Heute ist (gottseidank!) das Angebot an Karnevalssitzungen viel breiter gefächert. Und es gibt für nahezu jeden Geschmack das passende Format. Erstaunlich: Egal wie alternativ die Sitzungen auch sind, das Grundgerüst einer „klassischen“ Sitzung mit Präsident oder Präsidentin, einer Abfolge von Nummern wie in einer Revue, bleibt bestehen. Lediglich ein oft sehr steifer  Elferrat und die endlose Begrüßung der Ehrengäste gehören zum Glück heute fast immer der Vergangenheit an.


Drunter immer "Spetzebötzje"! Bild: Festkomitee Kölner Karneval
Drunter immer „Spetzebötzje“! Bild: Festkomitee Kölner Karneval

Spetzebötzje

Das Spetzebötzje ist eine mit Spitzen besetzte Unterhose und ein wichtiges Kleidungsstück der Funkemariechen. Aber Vorsicht: Nicht alle, die Spetzebötzje tragen, sind weiblich. So lautet es in dem Lied „Su läuft dat he“:

„Un Spetzebötzje drät bei uns sujar dä Kölsche Jung.“


Handgemachte Musik von einem Spillmanszoch, Bild: Festkomitee Kölner Karneval
Handgemachte Musik von einem Spillmanszoch, Bild: Festkomitee Kölner Karneval

Spillmannszoch

Ohne Musik kein Karneval. Und am schönsten ist die „handgemachte“ Musik der Spielmanszüge. So ist kein Aufmarsch der Traditionskorps ohne Spillmanszoch denkbar. Und an Rosenmontag laufen etwa 70 Spielmanszüge im Zoch mit.


Sternmarsch

Der Sternmarsch ist eine eher neue Erfindung – aber bereits Tradition in Kölle. Schon seit 1998 ziehen viele Karnevalsvereine an Karnevalsfreitag sternförmig aus ihren Veedeln zum Alter Markt und feiern dort gemeinsam.


Rote Funken beim "wibbeln", Bild: Uli Kievernagel
Rote Funken beim „wibbeln“, Bild: Uli Kievernagel

Stippeföttche / wibbele

Wenn man Männer sieht, die ihre Hintern aneinander reiben, weiß man, dass man in Köln angekommen ist. Der traditionelle Tanz der Funken nennt sich „Stippeföttche“, weil das „Föttchen“ (der Hintern) dabei hervorstippt (hervorsteht). Die Tätigkeit des Aneinanderreibens selber bezeichnet man als „wibbeln“.

Der Ursprung dieses seltsam anmutenden Spektakels liegt in der Verhöhnung des ungeliebten preußischen Militärs. Besonders schön ist es, wenn dabei dann das Lied „Ritsch, ratsch – de Botz kapott“ gespielt wird.


Traditionell bekommen die Polizisten, die am Zugweg stehen, reichlich Strüßjer, Bild: Festkomitee Kölner Karneval
Traditionell bekommen die Polizisten, die am Zugweg stehen, reichlich Strüßjer, Bild: Festkomitee Kölner Karneval

Strüßjer

Genau wie die Kamelle ein Grundbestandteil des Wurfmaterials in den Karnevalszügen. Wobei das Strüßje (eigentlich ein kleiner Blumenstrauß, in der Praxis aber eher ein einziges Blümchen mit etwas grünen Blättern drumherum) im Gegensatz zu den Kamelle sehr zielgenau dem Empfänger zugeworfen oder gegeben wird. Und dann bedankt man sich mit einem Bützje dafür.


Ein stolzes Dreigestirn mit Prinzenführer, Bild: Norbert Bröcheler
Ein stolzes Dreigestirn mit Prinzenführer, Bild: Norbert Bröcheler

Tolitäten

Prinz, Bauer und Jungfrau aus dem Dreigestirn werden auch „Tolitäten“ genannt.


Eines der neun Kölner Traditionskorps: Die Nippeser Bürgerwehr
Eines der neun Kölner Traditionskorps: Die Nippeser Bürgerwehr

Traditionskorps

Erst wenn man Mitglied in einem Kölner Traditionskorps ist, steht man in der Domstadt (vermeintlich) an der Spitze der Gesellschaftspyramide. Zu den aktuell neun Traditionskorps gehören:

  • Roten Funken,
  • Blauen Funken,
  • Ehren Garde,
  • Prinzen-Garde,
  • Altstädter,
  • Nippeser Bürgerwehr,
  • Bürgergarde „blau-gold“,
  • K.G. Treuer Husar und das
  • Reiterkorps Jan von Werth.

Der Titel „Traditionskorps“ kann nur durch den Präsidenten des Festkomitees vergeben werden.


Das Trifolium: Prinz Bauer und Jungfrau mit dem Prinzenführer, Bild: Norbert Bröcheler
Das Trifolium: Prinz Bauer und Jungfrau mit dem Prinzenführer, Bild: Norbert Bröcheler

Trifolium

Trifolium stammt aus dem lateinischen (tres „drei“ und folium „Blatt“) und ist ein anderer Begriff für das Dreigestirn.


Auch die Roten Funken sind jeck, wenn et Trömmelche jeiht., Bild: Uli Kievernagel
Auch die Roten Funken sind jeck, wenn et Trömmelche jeiht., Bild: Uli Kievernagel

Trömmelchen

Ohne das Trömmelchen (kleine Trommel) geht im Karneval nichts. Das Tömmelchen gibt die Richtung vor. Denn

„Wenn et Trömmelche jeht,
dann stonn mer all parat.
Un mer trecke durch die Stadt,
un jeder hätt jesaat: Kölle Alaaf!“


Der Tusch hat schon so manchen Büttenredner gerettet!
Der Tusch hat schon so manchen Büttenredner gerettet!

Tusch

Die Rettung für jeden Büttenredner. Beim Tusch lachen selbst die Besucher einer Sitzung, die keinen Witz verstanden haben. Und umgekehrt rettet der Tusch auch den größten Witz-Rohrkrepierer. Beim tä tä tä wird gelacht. Basta.

Die richtig guten Saalkapellen, wie zum Beispiel das Orchester Helmut Blödgen oder das Orchester Markus Quodt, sind auch in der Lage, blitzschnell ein paar Takte eines zum Witz passenden Karnevalslieds zu spielen und verschaffen so dem Büttenredner eine kleine Verschnaufpause.


Unverzichtbar: Wagenengel beim Rosenmontagszug, Bild: Slick, CC0, via Wikimedia Commons
Unverzichtbar: Wagenengel beim Rosenmontagszug, Bild: Slick, CC0, via Wikimedia Commons

Wagenengel

Wenn die Züge durch die Orte laufen, ist es immer eng. Zur Sicherheit für alle laufen daher die „Wagenengel“ mit. Mindestens zwei Engel je Seite, in der Regel aber zwei je Achse des Karnevalswagens inkl. Zugmaschine, sorgen dafür, dass niemand zu Schaden kommt und keine Kinder bei der Jagd auf Kamelle unter die Wagen kommen.


Ein (gottseidank) aussterbendes Relikt: Der Weinzwang auf Karnevalssitzungen, Bild: Martin.k via Wikimedia Commons
Ein (gottseidank) aussterbendes Relikt: Der Weinzwang auf Karnevalssitzungen, Bild: Martin.k via Wikimedia Commons

Weinzwang

Wer gerne überteuerten und nicht besonders guten Wein oder gar eine „Kalte Ente“ (eine Mischung aus Sekt, Weißwein und einer ausgepressten Zitrone) mag, ist auf den klassischen Sitzungen im Sartory, Gürzenich oder Maritim gut aufgehoben. Denn in diesen Sälen herrscht der sogenannte „Weinzwang“ – es gibt schlichtweg kein Kölsch. Angeblich, weil es durch die fortlaufende Nachversorgung mit Kölsch zu viel Unruhe im Saal geben würde. Tatsächlich aber eher aus wirtschaftlichem Kalkül, weil so ein einziger Kellner mehr Tische bedienen kann.

Die Folge: Die durstigen Trinker halten sich auch während der Sitzung lieber im Foyer auf, weil dort Kölsch ausgeschenkt wird. Gottseidank ist der Weinzwang aber ein aussterbender Dinosaurier – immer öfter werden Pittermännchen ausgegeben.


In Bonn-Beuel wurde Weiberfastnacht "erfunden", Bild: Förderverein Beueler Weiberfastnacht e.V.
In Bonn-Beuel wurde Weiberfastnacht „erfunden“, Bild: Förderverein
Beueler Weiberfastnacht e.V.

Wieverfastelovend

Wieverfastelovend ist Weiberfastnacht und wird außerhalb Kölns auch als Aalwiewer, Fettdonnerstag, Schwerdonnerstag, Weiberfasnet, Weiberfasching, oder „Schmotziger Dunschtig“ bezeichnet. Egal wie man diesen Tag auch nennt, es handelt sich immer um den Donnerstag vor Rosenmontag. An diesem Tag beginnt der Straßenkarneval und es laufen bereits die ersten Karnevalszüge wie zum Beispiel der Jan von Werth-Zoch in Köln.

So schwer es den Kölner auch fällt – „erfunden“ wurde dieser Tag einige Kilometer rheinaufwärts in Bonn-Beuel. Im Jahr 1824 übernahmen die Beueler Waschfrauen an diesem Tag in einer Revolte das Regiment. Statt zu arbeiten legten die Waschfrauen für einen Tag die Arbeit nieder und feierten Karneval. Und seit 1958 gibt es dann auch eine Repräsentantin: Die „Wäscherprinzessin“.

Der weibliche Einfluss tut dem Karneval gut. So ist der „offizielle Karneval“ auch heute noch ein stark männlich dominiertes Fest. Ich schließe mich den hier den Beueler Waschfrauen an:

Frauen, wie wär’s mit etwas mehr Weiberfastnacht-Power im Alltag? Die Männer könnten es gut gebrauchen.

In Zeiten, in denen so viel über das Rollenbild der Frauen diskutiert wird, ist die Weiberfastnacht doch so etwas wie die Entdeckung der Frauenpower. An Weiberfastnacht übernehmen die Frauen das Ruder, die Macht und geben sie erst dann wieder ab, wenn ihnen danach ist. Weiberfastnacht ist gelebte Emanzipation. Und die Männer wissen ihr nichts entgegenzusetzen – weil sie nicht wollen, weil ihnen die Hände gebunden sind, weil sie dem Charme der Wiever nichts entgegenzusetzen haben.1Quelle: Website der Beueler Waschfrauen https://waescherprinzessin.com/


Alle Teile der Serie „Kölsche Karnevalsbegriffe von A-Z“:


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Das Kölner Stadtmodell: „Klein-Köln“ oder „Kölsches Miniaturwunderland“

Fast die ganze Stadt auf einen Blick: Das Kölner Stadtmodell. Bild: Uli Kievernagel
Fast die ganze Stadt auf einen Blick: Das Kölner Stadtmodell. Bild: Uli Kievernagel

Von der Südbrücke bis zum Gürzenich sind es nur ein paar Schritte. Auch vom Barbarossaplatz zum Rathausturm ist es nur ein Katzensprung. Einfach fantastisch: Eine Stadtbesichtigung im Schnelldurchlauf. 

Möglich macht dies das Kölner Stadtmodell. Dabei handelt es sich um ein Modell der Innenstadt im Maßstab 1:500. So werden die 1,5 Kilometer von der Kölnarena zum Schokoladenmuseum zu gerade mal drei Metern, von der Hohenzollernbrücke zum Südstadion sind es nur sechs Meter. Und wie bei einem Rundflug über Köln kann man große Teile der Stadt auf einen Blick erfassen.

Im Modell gute 30 cm hoch: Der Kölner Dom, im Vordergrund der Hauptbahnhof, Bild: Uli Kievernagel
Im Modell gute 30 cm hoch: Der Kölner Dom, im Vordergrund der Hauptbahnhof, Bild: Uli Kievernagel

1993 entstehen erste Teile des Modells

Das Kölner Stadtmodell ist ein detailgenauer Nachbau der Stadt – ein Kölner Miniaturwunderland. Bereits seit den 1950er Jahren wurde von Architekten über ein solches Projekt diskutiert. Die Idee: In einem solchen Modell können Bauprojekte im städtebaulichen Zusammenhang geprüft und beurteilt werden bevor die Bagger rollen.

Doch erst im Jahr 1991 wurde die Idee für ein solches Stadtmodell von den beiden Architekten Dörte Gatermann und Kaspar Kraemer1Kraemer ist auch der Architekt von Kölns größtem Wasserstandsmelder: Dem Pumpwerk Schönhauser Straße. konkretisiert. 1993 entstanden die ersten jeweils 1 x 1 Meter großen Platten des Modells. Danach unternimmt das stetig wachsende Modell – es umfasst 1996 bereits 30 Platten – eine wahre Odyssee durch die Stadt. Aufstellungsorte waren die alte Druckereihalle des Stadthauses und die Halle des Technischen Rathauses in Deutz. Seit 2004 steht das Modell im Spanischen Bau des Rathauses.

Aktuell umfasst das Modell 64 einzelne Platten und deckt den innerstädtischen Bereich zwischen Mediapark und Südbrücke (Nord-Süd-Richtung) sowie Kalk und Belgisches Viertel (Ost-West-Richtung) ab.

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Modellbau ist aufwändig

Zu den ersten Modellbauern gehörte Christof Krautwig. Obwohl schon längst im Ruhestand kümmert er sich immer noch liebevoll um das Modell. Alleine seine regelmäßige Reinigung des gesamten Modells dauert etwa zwei Monate.

Heute baut seine Nachfolgerin, die Aachenerin Anikó Krén, weiter an dem „Klein-Köln“. Sobald neue Veedel in das Modell aufgenommen werden, nutzt die Architektin und Modellbauerin zunächst die bestehenden Pläne. Zusätzliche Luftaufnahmen geben eine Information über Gebäudehöhen und Dachformen. Um auch wirklich alle Besonderheiten zu berücksichtigen, fährt Anikó Krén zu den Veedeln in „echt“ und fotografiert Fassaden, Gebäude und Straßenzüge. Erst dann beginnt der aufwändige Modellbau.

Im Modell wird die besondere Architektur sichtbar: Der Mediapark im Kölner Stadtmodell, Bild: Uli Kievernagel
Im Modell wird die besondere Architektur sichtbar: Der Mediapark im Kölner Stadtmodell, Bild: Uli Kievernagel

Die Gebäude im Modell werden aus speziellen Kunstharzen (Ureol oder Ecpocel) hergestellt. Die durchgängig weiße Lackierung hilft, den Überblick zu behalten. Um Neubauvorhaben umsetzen zu können, sind die Modelle aller Gebäude so auf den Platten verschraubt, dass diese sehr einfach ausgetauscht werden können.

Ausgewählte Bauwerke werden detailliert ausgeführt. Dazu gehören zum Beispiel die Kölnarena, die Brücken, die romanischen Kirchen und selbstverständlich der Dom. Allein die Dom-Nachbildung besteht aus über 20.000 Einzelteilen.

Die Kölnarena im Kölner Stadtmodell, Bild: Uli Kievernagel
Die Kölnarena im Kölner Stadtmodell, Bild: Uli Kievernagel

Dieser Aufwand hat seinen Preis: Die Erstellung eines Quadratzentimeters des Modells kostet 1,50 Euro, eine ganze Platte 15.000 Euro. Deswegen ist der Trägerverein des Modells auf Spenden angewiesen. Spender können zum Beispiel den Modellnachbau ihres eigenen Hauses, den Bau ausgewählter städtischer Gebäude oder eine gesamte Modellplatte finanzieren.

Als Spender ist man in guter Gesellschaft – bisher haben mehr als 200 Personen, Unternehmen und Initiativen das Modell unterstützt. Die Liste reicht von A wie ADAC über K wie Kaufhof bis hin zu Z wie Züblin Bauunternehmung AG.

Die neue, noch nicht realisierte, Bebauung des Deutzer Hafens ist im Kölner Stadtmodell bereits zu sehen. Bild: Uli Kievernagel
Die neue, noch nicht realisierte, Bebauung des Deutzer Hafens ist im Kölner Stadtmodell bereits zu sehen. Bild: Uli Kievernagel

Planung von Neubauprojekten

Besonders spannend ist der Einsatz des Modells für geplante Bauprojekte. Mit Hilfe des Modells können Planungen sehr frühzeitig im Gesamtzusammenhang visualisiert, überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. So ist schon heute der geplante Endausbau des Deutzer Hafens mit der ehemaligen Ellmühle im Modell integriert. Das Modell dient Bauherren, Rat und Architekten als praktische Entscheidungshilfe im Städtebau.

Und für den interessierten Kölner ist es einfach spannend, Orte wie das Südstadion, den Volksgarten oder die Messe von oben zu sehen ohne in ein Flugzeug steigen zu müssen.


Hinter diesem Eingang des Spanischen Baus (Rathausplatz) befindet sich das Kölner Stadtmodell, Bild: Raimond Spekking
Hinter diesem Eingang des Spanischen Baus (Rathausplatz) befindet sich das Kölner Stadtmodell, Bild: Raimond Spekking

Besichtigung des Kölner Stadtmodells

Das Kölner Stadtmodell kann während der Öffnungszeiten des Rathauses im Spanischen Bau besichtigt werden, der Eintritt ist frei.

Öffnungszeiten:
Mo., Mi., Do. 8.00 –16.00 Uhr
Di. 8.00 – 18.00 Uhr
Fr. 8.00 – 12.00 Uhr


Logo Trägerverein Kölner Stadtmodell

Spenden an die Initiative Kölner Stadtmodell

Träger der Initiative ist der Freunde des Kölnischen Stadtmuseums e.V. Die Bankverbindung für Spenden lautet:

IBAN: DE60 3705 0299 0000 0199 94
Kreissparkasse Köln, BIC: COKSDE33
Stichwort „Kölner Stadtmodell“

Auf Wunsch wird eine steuerrechtlich anerkannte Spendenbescheinigung ausgestellt.


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