Das Kastell Alteburg – Hauptquartier der römischen Kriegsflotte in Germanien

Das Flottenlager Alteburg, Zeichnung: Erich Hermans
Das Flottenlager Alteburg, Zeichnung: Erich Hermans

Heute flaniert man durch die Straßen der Marienburg. Große Bäume säumen die breiten Straßen, noble Autos der Marienburger stehen am Straßenrand. Kein Müll liegt herum, keine Plakate verschandeln die Landschaft. Die noblen Villen mit ihren gepflegten Vorgärten lassen einen glatt vergessen, dass man sich immer noch Köln befindet.

Vor 2.000 Jahren sah es hier ganz anders aus: Das Flottenkastell Alteburg war das Hauptquartier der römischen Kriegsflotte in Germanien. Die römische Rheinflotte wurde um 13 v. Chr. aufgestellt und war eine Teilstreitkraft der römischen Flotte in den römischen Provinzen Ober- und Niedergermanien. Ihr Hauptquartier befand sich zunächst im Legionslager Vetera Castra bei Xanten und ab 50 n. Chr. im Kastell Alteburg. Heute erinnert kaum noch etwas an dieses große römische Kastell mit einer Stammbesatzung von mehr als 1.000 Mann. Lediglich die Straßennamen „Auf dem Römerberg“ und „Am Römerkastell“ lassen darauf schließen, dass es hier eine der wichtigsten römischen Verteidigungsanlagen am Rhein gab.

Da es kaum schriftliche Belege zu dem Kastel Alteburg gibt, kann auch die exakte Gründung nicht bestimmt werden. Die Römische Rheinflotte kann ab 13 v. Chr. nachgewiesen werden. Ganz im Sinne einer modernen Armee führten die Römer kombinierte Landeunternehmen der Flussstreitkräfte mit der Landarmee durch. Auf Patrouillenfahrten wurde der Rhein als wichtigster Verkehrsweg gesichert – immerhin war die Colonia Claudia Ara Agrippinensium ein extrem wichtiges Handelszentrum und der Rhein die Lebensader. Folglich ist es verständlich, dass die Flotte zum Schutz der Colonia und des Rheins auch ein entsprechendes Lager benötigte. Dieses Flottenkastell wurde etwa Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. im heutigen Marienburg errichtet.

Unterkünfte für mehr als 1.000 Soldaten

Es gibt wenig gesicherte Erkenntnisse zu dem Lager Alteburg. Lediglich Grabungen aus den Jahren 1926/27 und später in den Jahren 1995/96 und 1998 bieten Informationen zu diesem strategisch bedeutsamen Lager. Das Kastell nahm mit rund 90.000 Quadratmetern eine Fläche von ungefähr sechs Fußballfeldern ein. Hier wurden Werkstätten, Unterkünfte, Verwaltung und auch ein eigener Tempel für die Soldaten errichtet. Zunächst nur in einfacher Lehmwerktechnik, später als Steinbauten.

Ansicht der Alteburg von Osten, Zeichnung: Erich Hermans
Ansicht der Alteburg von Osten, Zeichnung: Erich Hermans

Dabei waren die Marinesoldaten privilegiert: Sie hatten bessere Unterkünfte und es ist auch davon auszugehen, dass sie besser versorgt wurden. Bei Grabungen wurden neben Keramik und Tierknochen auch Waffen, Werkzeuge und Geräte gefunden. Eine Besonderheit des Kastells Alteburg waren die von den Archäologen gefunden großen, schweren Webgewichte. Diese kamen bei Webstühlen zum Einsatz, auf denen grobe Stoffe hergestellt wurden – Segel für die auf dem Rhein verkehrenden Kriegsschiffe.

Im Archäologischen Park Xanten wurde eine "Lusorie" nachgebaut. Diese schnellen, wendigen Boote wurden von den Römern auf dem Rhein eingesetzt, um sich vor den Einfällen der Germanen zu schützen. Bild: Uli Kievernagel
Im Archäologischen Park Xanten wurde eine „Lusorie“ nachgebaut. Diese schnellen, wendigen Boote wurden von den Römern auf dem Rhein eingesetzt, um sich vor den Einfällen der Germanen zu schützen. Bild: Uli Kievernagel
Zerstört durch die Franken

Das Kastell wurde im dritten Jahrhundert n.Chr. bei einem Angriff durch die Franken zerstört. Da auch der Rhein in den Jahrhunderten immer wieder sein Bett verlassen hat, wurden die Gebäude vernichtet. Zumindest das, was die Kölner davon übriggelassen haben. Denn es ist davon auszugehen, dass Teile der Steingebäude abgerissen und diese als Baumaterial an anderer Stelle wieder eingesetzt wurden. Ende des 18. Jahrhunderts wurde auf dem früheren Gelände des Kastells die bis heute erhalten gebliebene Alteburger Mühle (An der Alteburger Mühle 6) errichtet.

Heute in dem friedlichen Stadtteil Marienburg – bis auf die Straßennamen – nichts mehr an das Hauptquartier der römischen Kriegsflotte in Germanien.

Plan des Flottenlagers Alteburg, Zeichnung: Erich Hermans


Im Jahr 2017 ging der Geisterzoch unter dem Motto „Dr römischen Flott ze Ihre: Öm de Alteburch eröm“ vom Chlodwigplatz aus bis zum ehemaligen Kastell und zurück.  


Ein weiteres wichtiges Kastell der Römer war das Kastell Divita, der Brückenkopf im heutigen Deutz.


Ein großes DANKE an Erich Hermans, der mir erlaubt hat, die Zeichnungen des Flottenlagers für diesen Beitrag zu verwenden und an Franz-Josef Knöchel von KuLaDig, der mir historische Informationen zum Kastell zur Verfügung gestellt hat.


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Der Gürzenich und Alt St. Alban: Orte der Gegensätze

Der Gürzenich und Alt St. Alban - Orte voller Gegensätze, Bilder: Köln-Kongress (Gürzenich), Raimond Spekking / CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons (St. Alban)
Der Gürzenich und Alt St. Alban – Orte voller Gegensätze, Bilder: Köln-Kongress (Gürzenich), Raimond Spekking / CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons (St. Alban)

Auf der eine Seite ausgelassene Party, kostümierte Menschen, laute Musik. Gleich daneben tiefste Trauer und die Erinnerung an den Tod in einer Kirchenruine. In keinem anderen Ort in Köln liegen die Gegensätze so nah beieinander wie beim Gebäudeensemble des Gürzenich und der Ruine Alt St. Alban.

Der Gürzenich ist „Kölns gute Stube“. Erbaut von 1441 bis 1447 diente dieser prächtige gotische Bau als Kauf- und Lagerhaus. Namensgeber war das Stadthaus der aus Düren stammenden „Herren der Burg Gürzenich“, welches sich an der Stelle des heutigen Gürzenichs befand. Der Gürzenich wurde als Repräsentationshaus der Stadt errichtet. Hier wurden Kaiser empfangen, feinste Bankette ausgerichtet und 1505 sogar ein Reichstag abgehalten.

Mit dem Bedeutungsverlust Kölns ab dem 16. Jahrhundert schwand auch die Bedeutung des Gürzenichs. Doch die findigen Kölner nutzten das Gebäude doppelt: Zwar wurden hier Lebensmittel, Häute, Seide, Öle oder Seife gelagert und gehandelt, aber das Obergeschoss wurde regelmäßig leergeräumt, um Platz für Feierlichkeiten aller Art zu haben. Es war also schon immer so: Der Kölner an sich feiert gerne. Und deswegen werden seit 1822 bis heute Karnevalsveranstaltungen im Gürzenich abgehalten. Von 1857 bis zur Fertigstellung der Philharmonie im Jahr 1986 war der Gürzenich auch Heimat des renommierten Gürzenich-Orchesters.

Ab 1865 wurde der Gürzenich vom kombinierten Lager- und Festsaal in einen reinen Festsaal umgewandelt. Durch Um- und Anbauten wurde der Gebäudekomplex vergrößert, zusätzliche Säle entstanden.

Bildergalerie Gürzenich

Wiederaufbau im Stil der 1950er Jahre

Im zweiten Weltkrieg wurde der Gürzenich fast vollständig zerstört, nur die Außenmauern des Gebäudes standen noch. Der Wiederaufbau und die Innenausstattung im Stil der 1950er machen das Gebäude zu einem der wichtigsten Denkmäler dieser Zeit in Köln. Dabei wurde die Ruine von Alt St. Alban mitten in den Komplex integriert. Das führt dazu, dass man vom großzügigen Foyer des Gürzenichs durch die Fenster einen direkten Blick in die Ruine hat. Dieser Blick wird auf die Figurengruppe „Trauerndes Elternpaar“, im Original von Käthe Kollwitz, gelenkt.1Das Original der Skulpturen steht heute auf dem Deutschen Soldatenfriedhof in Vladslo, Belgien. In der Ruine von Alt St. Alban steht eine Kopie, die von Joseph Beuys und Erwin Heerich angefertigt wurde. Die beiden Figuren strahlen die unendliche Trauer über den im Ersten Weltkrieg gefallenen Sohn aus.

Skulptur "Trauernde Eltern", Bild: Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
Skulptur „Trauernde Eltern“, Bild: Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Die Feste des Lebens vor den Hintergrund des Todes

Und da ist er – der krasse Gegensatz. Das hat auch Holger Kirsch, Prinz Holger I. im Dreigestirn 2015, erlebt. In der Euphorie seiner bevorstehenden Proklamation ging er im vollen Ornat die Treppe hinauf in den großen Saal. Voller Freude und Glück. Und dann schaut er durch das Fenster des Gürzenichs in die Kirchenruine Alt St. Alban und sieht „dieses plötzliche Gegenüber von totalem Glück und absoluter Trauer“, so Kirsch in einem Interview des WDR.

So hat Rudolf Schwarz, einer der Architekten des Ensembles aus St. Alban und Gürzenich, Recht  behalten. Er schrieb zu dieser ganz besonderen Architektur:

„Die Feste des Lebens werden vor den Hintergrund des Todes gestellt.“


Erleben kann man diesen Gegensatz am besten von Innen. Aber auch bei einem Blick von außen in die Ruine von Alt St. Alban kann man in die Fenster des Foyers sehen. Unbedingt mal hingehen!


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„Am Nümaat zwei Päädsköpp“ – Richmodis von Aducht

Der Richmodisturm, Bild: Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0
Der Richmodisturm, Bild: Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0

Podcast Richmodis 9

Es ist Mitte des 14. Jahrhundert. In ganz Europa sterben die Menschen an der Pest. Etwa 25 Millionen Tote rafft der „Schwarze Tod“ dahin. Das sind etwa ein Drittel der Einwohner Europas. Besonders stark trifft es die Städte, in denen  die Menschen eng, zum Teil mit Vieh, zusammenleben. Infizierte bekommen zunächst starkes Fieber, dann entstehen am gesamten Körper Beulen, und innerhalb weniger Tage tritt der Tod ein. Die Ärzte sind hilflos. Regelmäßig schaden sie ihren geschwächten Patienten zusätzlich, indem sie diese zur Ader lassen oder mit Brechmittel oder Einläufen behandeln.

Die Seuche erreicht im Sommer 1349 auch Köln. Das öffentliche Leben kommt – aus lauter Angst vor einer Ansteckung – zum Stillstand. Nur wenige Menschen sind bereit, den Kranken zu helfen. Darunter ist die Patrizierin Richmodis von Aducht. Sie stammt aus der angesehenen und wohlhabenden Familie Lyskirchen und heiratet 1346 den einflussreichen Kölner Bürgermeister Richolf Mennegin von Aducht, genannt Mengis. Sie pflegt Pestkranke und steht auch Sterbenden bei ohne sich anzustecken.

Zwei Schimmel auf dem Turm

Doch mit der zweiten Welle der Pest, etwa sieben Jahre später im Jahr 1356, infiziert sich auch Richmodis von Aducht und stirbt an der Krankheit – das dachten zumindest alle. Wegen der Ansteckungsgefahr muss der vermeintliche Leichnam schnell aus dem Haus am Neumarkt geschafft werden. Daher wird ihr eilends ein dünnes Totenhemd angezogen, ein Sarg wird beschafft und Richmodis wird zum nahegelegenen Friedhof an der Apostelnkirche geschafft, um am Folgetag beigesetzt zu werden.

Zwei Totengräbern entgeht dabei nicht, dass der Leichnam der reichen Kölnerin Schmuck trägt. Insbesondere ein wertvoller Ring weckt ihr Interesse. So gehen sie nachts in die Leichenhalle, öffnen den Sarg und wollen die Leiche bestehlen. Der erste Schreck kommt schnell, ist doch die Hand, von welcher einer der Diebe den Ring ziehen will, noch warm. Vollends panisch fliehen die beiden, als sich Richmodis mit den Worten „Mir ist so kalt.“ aufrichtet. Schnell wird ihr klar, wo sie sich befindet und dass sie nicht weit weg von zu Hause ist. Also läuft sie nach Hause und klopft an die Tür. Doch selbstverständlich lässt sie der vom Klopfen geweckte Knecht nicht rein – da könnte ja jeder kommen. Auch ihre Beteuerung, dass sie doch die Dame des Hauses sei, hilft nicht. Aber immerhin weckt der Knecht den vermeintlichen Witwer Mengis. Auch dieser reagiert verständlicherweise eher unwirsch und weist die Person vor der Tür an, zu verschwinden. Auf ihren Einwand, dass sie doch seine Frau sei, antwortet Mengis voller Trauer: „Meine Frau ist tot. Eher steigen meine beiden Schimmel die Treppe hinauf in den Turm und schauen aus dem Dach heraus, als dass Richmodis wiederkehrt.“

Kaum ausgesprochen sind im Treppenhaus die Hufgeräusche von Pferden zu hören, anschließend ein lautes Wiehern aus dem Turm des Hauses – und zwei Pferde schauten aus den Turmluken. Erst jetzt glaubt Mengis, dass tatsächlich seine von den Toten auferstandene Frau vor der Tür steht. Überglücklich schließt er seine totgeglaubte Frau in die Arme. Richmodis wird wieder vollständig gesund und bringt sogar noch drei Kinder zur Welt.

Ende gut – alles gut! Übrigens auch für die Pferde. Diese wurden nicht zur rheinischen Spezialität Soorbroode verarbeitet sondern mit einem Flaschenzug wieder sicher vom Turm herabgelassen. Noch heute erinnert der achteckige „Richmodis-Turm“ an der Richmodstraße an diese Sage und noch immer schauen zwei steinerne Schimmel vergnügt aus den Fenstern.

Die Richmodislegende, Zeichnung von Johann Bussemacher; 1604
Die Richmodislegende, Zeichnung von Johann Bussemacher; 1604
Wahrer Kern der Sage

Wie so oft bei solchen Sagen ist irgendwo ein wahrer Kern verborgen. Tatsächlich muss in der Stadt während der Pest das totale Chaos geherrscht haben. So starben im 14. Jahrhundert etwa 20.000 Menschen in Köln an der Seuche. Das entspricht ungefähr der Hälfte der Bevölkerung. Und deswegen ist davon auszugehen, dass es bei der Leichenschau nicht besonders genau zuging und so mancher vermeintlich Tote schneller in einer der zahlreichen Leichengruben landete als der Tot ihn tatsächlich ereilte.


Richmodis-Kölsch, Bild: REWE Markt GmbH
Richmodis-Kölsch, Bild: REWE Markt GmbH

Neben dem Richmodis-Turm erinnert heute das Richmodis-Kölsch an die Sage. REWE hat die alte Marke, ursprünglich 2002 eingestellt, im Jahr 2012 wieder belebt. Das Logo zeigt die beiden Schimmel und das Gebäude.


Übrigens: Wenn der Kölsche eine Geschichte nicht glaubt, entgegnet er „Klar – un am Nümaat zwei Päädsköpp“. Und Wolfgang Niedecken hat im gleichnamigen Song die Richmodis-Sage musikalisch verarbeitet.  Den wunderschönen Text gibt es hier – auf Kölsch und auch in einer hochdeutschen Übersetzung.


Sehenswürdigkeiten rund um den Kölner Neumarkt, Bilder: Uli Kievernagel, Raimond Spekking
Sehenswürdigkeiten rund um den Kölner Neumarkt, Bilder: Uli Kievernagel, Raimond Spekking

Rund um den Neumarkt gibt es viel zu erkunden!

Am Neumarkt steht nicht nur die riesige Eistüte von Claes Oldenburg, sondern auch die von Rodin geschaffene Skulptur des französischen Schriftstellers Balzac. Etwas versetzt hinter der Neumarktgalerie, in der Richmodstraße, findet sich der Richmodisturm mit den beiden sagenumwobenen Päädsköpp. Auf der Südseite des Platzes steht ein Gebäude mit bewegter Geschichte: Das Bing-Haus. Und zu Geschäftszeiten lohnt sich ein Abstecher in die benachbarte Schalterhalle der Kreissparkasse – dort gibt es 4711 kostenlos.


 

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Blog + Podcast: CCAA, Cöln, Köln – wie unsere Stadt zu ihrem Namen kam

Ansicht von „Agrippina oder Köln“, gedruckt 1499 durch Johann Koelhoff d. J.
Der Name war schon damals unklar: Ansicht von „Agrippina oder Köln“, gedruckt 1499 durch Johann Koelhoff d. J.

 

Die Kölschen benennen und besingen ihre Stadt liebevoll als „Kölle“. Unzählige Lieder haben „Kölle“ bereits im Titel. Und Kasalla besingt sogar „Stadt mit K“. Noch vor gut 100 Jahren hätte Kasalla allerdings die „Stadt mit C“ besingen müssen. Die offizielle Schreibweise für unsere Stadt lautete bis 1919 „Cöln“.

Vom Oppidum Ubiorum zu CCAA

Alles begann mit den Ubiern. Dieser ursprünglich auf der „Schäl Sick“, also der rechten Rheinseite, beheimatete Germanenstamm wurde von den Römern um 20/19 v. Chr. auf die linke Seite des Rheins umgesiedelt. Die neue Siedlung wurde „Oppidum Ubiorum“, also „Siedlung der Ubier“ genannt. Dank des „kölschen Mädche“ Agrippina bekam diese Siedlung am 9. Juli 50 n. Chr. den Status einer „Colonia“ und somit den Namen „Colonia Claudia Ara Agrippinensium – CCAA“, also „Claudische Kolonie und Opferstätte der Agrippinenser“.

CCAA - Inschrift auf dem römischen Nordtor der Colonia Claudia Ara Agrippinensium
CCAA – Inschrift auf dem römischen Nordtor der Colonia Claudia Ara Agrippinensium

Aber das war damals für die ersten Kölschen zu lang, deswegen wurde der Name auf „Agrippina “ oder „Colonia“ verkürzt. Und das kommt einem doch schon bekannt vor. Auf der Straße wurde aber kein Latein sondern ein germanischer Dialekt gesprochen. Also das erste Kölsch1Damit meine ich Sprache, nicht das Bier. Und wahrscheinlich haben die Kölschen auch schon damals undeutlich gesprochen. So wurde aus Colonia im Laufe der Jahrhunderte Coelln, Coellen, Cöln, Cölln, Kollen, Kölne, Kölln. Die am häufigsten verwendete Schreibweise war bis zum 15./16. Jahrhundert die Variante mit „C“ erst danach die setzten sich die „K“-Varianten durch.

Französische Besatzung: Köln wird zu Cologne

Am 6. Oktober 1794 ergab sich Köln kampflos den Franzosen. Die französischen Besatzer modernisierten Müllabfuhr und Straßenbeleuchtung und führten neben Hausnummern auch den neuen Namen „Cologne“ ein. Stellt euch vor, das wäre nicht passiert: Dann würde alle Welt nicht nach „Eau de Cologne“ sondern nach „Eau de Köln“ riechen. Klingt schon irgendwie schräg.

Nach den Franzosen kamen die Preußen. Die Kölschen wollten zur Schreibweise „Köln“ zurück, um möglichst nicht mehr an die ungeliebten französischen Besatzer erinnert zu werden. Doch Friedrich Wilhelm IV. sorgt mit einem Erlass dafür, dass ab dem 8. September 1857 unsere Stadt am Rhein den offiziellen Namen Cöln bekam. Die Preussen bezogen sich mit dem „C“ selbstverständlich nicht auf das französische Cologne, sondern auf das lateinische „Colonia“.

Die Stadtverwaltung versuchte, das ungeliebte „C“ zu ignorieren und durch die konsequente Schreibweise „Köln“ Fakten zu schaffen. Es gab sogar eine „K“-Klage der Stadt vor Gericht – vergeblich: Die Klage wurde abgewiesen. Ab November 1901 musste dann auch die Verwaltung die offizielle Schreibweise Cöln verwenden.

Konrad Adenauer, Kölner Oberbürgermeister, Bild: Bundesarchiv, Katherine Young, CC BY-SA 3.0 DE
Konrad Adenauer, Kölner Oberbürgermeister, Bild: Bundesarchiv, Katherine Young, CC BY-SA 3.0 DE
Das „K“ haben wir Adenauer zu verdanken

Und dann kam Adenauer: Als Kölner Oberbürgermeister nutze er die Irrungen und Wirrungen nach dem 1. Weltkrieg geschickt aus und ließ am 1. Februar 1919 verkünden: „Der Städtenamen Köln wird von jetzt an mit „K“ geschrieben.“ Tatsächlich überschritt Adenauer damit erheblich seine Kompetenzen. Doch während man in Berlin mit Revolution und Verkündung der Weimarer Republik beschäftigt war, konnte man sich mit solchen „K“ und „C“-Jedöns im fernen Westen nicht beschäftigen.

Und so nennt sich unsere Stadt seitdem amtlich und endgültig Köln. Und Kasalla und viele andere Bands können unsere Stadt mit „K“ besingen.
Jood jemaht, Herr Oberbürgermeister Adenauer.


Der Podcast „CCAA, Cöln, Köln – wie unsere Stadt zu ihrem Namen kam“

Shownotes

Die Kölschen benennen und besingen ihre Stadt liebevoll als „Kölle“. Und Kasalla besingt sogar „Stadt mit K“.Doch noch vor gut 100 Jahren hätte Kasalla allerdings die „Stadt mit C“ besingen müssen, denn die offizielle Schreibweise für unsere Stadt lautete bis 1919 „Cöln“.

Wie aus dem „Oppidum Ubiorum“ zunächst „Colonia Claudia Ara Agrippinensum“, später „Cöln“ und heute „Köln“ wurde und welche Rolle der findige Adenauer dabei gespielt hat, erklären Frank und Uli in diesem Köln-Ding der Woche.


Text dieser Podcast-Folge

Hallo und herzlich willkommen.

Es ist wieder so weit, das Köln-Ding der Woche besucht euch zu Hause. Mir gegenüber sitzt Frank M aus Z.: Frank Mausbach aus dem schönen Köln-Zollstock.

Und mir gegenüber sitzt UKKL alias Ulrich Kiever Nagel Köln-Lotse oder auch sein hochgewohlgeborener Ulrich Kiever zu Nagel oder wie er jetzt heißt, der Leven Ulli.

Und heute geht es um die Stadt mit den 100.000 Namen: Unserer Kölle. Unser Köln schreibt sich heute K-Ö-L-N, kennt man, aber das war früher alles ganz anders.Und unser Staat hat x verschiedene Namensvarianten durchgemacht. Das fing schon bei den Römern an und geht eigentlich bis mindestens Anfang des 20. Jahrhunderts noch, wo der Name sich ständig geändert hat. Und das wollen wir heute mit euch ein wenig aufdröseln.

Womit hat es angefangen?

Es hat alles angefangen, wie immer in Köln, mit den Ubiern. Dieser ursprünglich auf der Schälsick, also der rechten Rheinseite beheimatete Germanenstamm, wurde von den Römern 2019 vor Christus auf die linke Seite des Rheins umgesiedelt. Die neue Siedlung wurde Opidum Ubiorum, also Siedlung der Ubier genannt, dank des Köln-Mädchens Agrippina, bekam diese Siedlung, allerdings dann ein paar Jörsche später, den Status einer Colonia und somit den Namen Colonia Claudia Ara Agrippinensium, CCAA. Mit anderen Worten, claudische Kolonie und Opferstätte der Agrippinenser.

Also jetzt hatten wir schon mal das Opidum Ubiorum, wir hatten das CCAA, Colonia Claudia Ara Agrippinensum, also schon mal die ersten zwei Namen unserer Stadt. Wobei der zweite Name, Colonia Claudia Ara Agrippinensum, CCAA, durchaus etwas lang ist.Der Kölsch an sich ist aber durchaus etwas gemütlich und kürzt gern ab. Und so wurde aus dem Colonia Claudia Ara Agrippinensum von den Kölschern abgekürzt auf entweder Agrippina oder Colonia. Und Colonia klingt doch fast schon vertraut.

Im Laufe der Jahrhunderte gab es unzählige Sprechweisen und Schreibweisen von Köln: Also Coelln, Coellen, Cöln, Cölln, Kollen, Kölne, Kölln.

Die Franzosen

Am 6. Oktober 1794 ergab es sich dann, dass die Kölner sich kampflos den Franzosen ergaben. Was ich mir ja kaum vorstellen kann, wo sind denn die ganzen Jan von Werths, wenn man sie mal braucht.

Aber der Einmarsch der Franzosen bedeutete das Ende der Freien Reichsstadt. Bis 1815 gehörte Köln damit für gut 20 Jahre zu Frankreich. Die französischen Besatzer modernisierten die Müllabfuhr und Straßenbeleuchtung und führten neben Hausnummern auch den neuen Namen Colonia ein.

Jetzt stellt euch mal vor, die Franzosen wären nicht gekommen, sondern ich sag mal die Holländer. Dann würde alle Welt nicht nach Eau de Cologne, sondern nach „Water uit Keulen“ riechen. Das klingt durchaus etwas schräg. Eau de Cologne ist schon ein bisschen schicker, muss man sagen. Ja, es versprüht jetzt etwas internationalen Charme.

Nach den Franzosen kamen die Preußen und die Kölschen wollten tatsächlich zu der eigentlichen Schreibweise Köln, wie wir sie heute kennen, zurück. K-Ö-L-N. Das war natürlich eine Reaktion auf die ungeliebten Besatzer der Franzosen oder Besatzung der Franzosen, weil man wollte alles Französische so ein bisschen ausmerzen.

Aber was ist?

Ausgerechnet Friedrich Wilhelm IV einer der Preußenkönige, der sorgte dafür, dass Köln dann tatsächlich ab September 1857 den offiziellen Namen Cöln bekam. Übrigens, der offizielle Name war sogar Festung Cöln, weil die Preußen Köln so dermaßen ausgebaut haben als Festungsstadt, als westliche große Festungsstadt gegen die Franzosen, dass der Begriff wirklich auch Programm war.

Also hier waren so viele preußische Soldaten stationiert und Friedrich Wilhelm IV der hat dann auch gesagt, wir schreiben Köln mit C. Nicht um es an Colonia der Franzosen zu erinnern, sondern ganz tief zurück. Es sollte sich an das Colonia der Römer, also im Lateinischen, zurück erinnern.

Ja, und dann kam der joode Aale Adenauer. Als Kölner Oberbürgermeister nutzte er die Irrungen und Wirrungen nach dem Ersten Weltkrieg geschickt aus und ließ am 1.Februar 1919 verkünden, der Städternamen Köln wird hier von jetzt an mit K geschrieben. Tatsächlich überschritt Adenauer damit aber ganz erheblich seine Kompetenzen. Doch während man in Berlin sich mit Revolutionen und Verkündungen der Weimarer Republik herumschlägt, konnte man sich mit solchen Ks oder Cs im fernen Westen nicht beschäftigen. Und so kamen wir dann schlussendlich zu unserer Schreibweise Köln, wie sie heute ist.

Und es war ein langer Weg vom Opidum Ubiorum über Colonia Claudia Ara Agrippinensum, über Coelln, Coellen, Cöln, Cölln, Kollen, Kölne, Kölln bis hin zu heute Köln.

Und damit sind wir ja auch ganz glücklich, weil wie hätte Marie-Louise Nikuta denn ihre ganzen Lieder schreiben können, wenn da nicht mindestens immer einmal Köln drin vorgekommen wäre. Also, mit allen Worten, wir müssen uns beim Oberbürgermeister Adenauer danken, Hesse jood jemaht.

Vielen Dank, macht es gut und nächste Woche geht es weiter.

Vielen Dank fürs Zuhören!


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Jan von Werth – vom Bauernsohn zum Reitergeneral

Dat Spillche vun Jan und Griet vom Reiter-Korps Jan von Werth, zu sehen jedes Jahr an Wieverfastelovend an d´r Vringsporz, Bild: Uli Kievernagel
Dat Spillche vun Jan und Griet vom Reiter-Korps Jan von Werth, zu sehen jedes Jahr an Wieverfastelovend an d´r Vringsporz, Bild: Uli Kievernagel

Griet: „Jan, wer et hät jewoss.“
Jan: „Griet, wer et hät jedonn.“

Die Sage von Jan und Griet zeigt, wohin es führt, wenn statt der Liebe nur auf das Geld geschaut wird. Sehr frei übersetzt bedeutet dieser Wortwechsel:

Griet: „Jan, hätte ich gewusst, dass du so eine Karriere machst,
hätte ich dich nicht verschmäht.“

Jan: (kurz und bündig): „Griet, du hast es schlichtweg verbockt.“

Die Sage von Jan und Griet ist Kölner Kulturgut

Die Magd Griet verschmähte einst den armen Bauernsohn Jan, weil sie auf eine bessere Partie hofft. Dieser verlässt Köln, verdingt sich als Söldner und macht eine steile Karriere. Viel später kommt er als hochdekorierter und reicher General nach Köln zurück. Aber es ist zu spät für die Liebe – Griet hat es verbockt.

Ob an der traurigen Liebesgeschichte etwas dran ist? Wahrscheinlich eher nicht, denn es gibt keine Belege dafür. Den Jan aber gab es tatsächlich. Und seine steile militärische Karriere belegen zahlreiche Quellen.

Bauernsohn macht Karriere im Militär

Jan, eigentlich Johann, kommt wahrscheinlich im Jahr 1591 auf die Welt. Wo genau, lässt sich nicht mehr ermitteln, wahrscheinlich in Büttgen am Niederrhein. Die Familie zieht 1599 nach Köln und Jan arbeitet als Pferdeknecht. Wahrlich keine gute Partie! Und die Aussichten für einen mittellosen Knecht waren auch nicht gerade rosig.

Einen Ausweg für Männer wie Jan – ohne Perspektive und Geld – boten die zahlreichen Werber: Gesucht wurden junge, starke und ungebundene Männer für die Söldnerheere. Der Bedarf an Soldaten war enorm, denn große und kleine Kriege gab es zahlreich. Spätestens mit dem Dreißigjährigen Krieg ab 1618 war jeder, der irgendeine Waffe halten konnte, als Söldner gefragt. So entschließt sich Jan im Alter von etwa 19 Jahren dazu, in das wallonische Heer unter der spanischen Flagge einzutreten.

„Franzosenschreck“ Jan von Werth

Jan war ein guter Krieger, furchtlos und ein echter Draufgänger. Schnell machte der Haudegen Jan von Werth eine steile Karriere, vom Fußsoldaten bis hin zum General. Er überlebte viele Verletzungen, so auch eine Kugel, die seine Wange durchschlug und ihm im Hals steckenblieb. Für wen er dabei kämpfte, bestimmte der, der ihn dafür bezahlte – ein klassischer Söldner eben. So zog er für die Spanier, für Kurköln, die Bayern und für Ferdinand II., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, ins Feld.

Jan von Werth, Gemälde im Pfarrhaus von Neersen, Repro: Udo Schmitz
Jan von Werth, Gemälde im Pfarrhaus von Neersen, Repro: Udo Schmitz

Die Kriegsgeschäfte liefen gut, sein erklärter Lieblingsgegner waren die Franzosen, gegen die er in mehr als zwei Dutzend Schlachten gewann. Das brachte ihm nicht nur den Titel „Franzosenschreck“ ein, sondern auch Ländereien, Güter und viel Geld. Sein Meisterstück war 1637 die Eroberung der von den Franzosen gehaltenen Festung Ehrenbreitstein in Koblenz durch eine Belagerung.

Kein Wunder, dass der französische König Ludwig XIII. und Kardinal Richelieu sehr erfreut waren, als Jan 1638 in französische Gefangenschaft geriet. Bei der Schlacht in Rheinfelden wurde sein Pferd unter ihm weggeschossen, die Flucht zu Fuß misslang. Vier Jahre war Jan Gefangener, allerdings nicht bei Wasser und Brot, sondern er wurde – im Gegenzug zu seinem Ehrenwort, nicht zu fliehen – sehr gut behandelt und 1642 gegen den schwedischen General Gustaf Graf Horn ausgetauscht.

Gedenkplakette zum "Spill an d´r Vringspooz" direkt an der Severinstorburg, Bild: UIi Kievernagel
Gedenkplakette zum „Spill an d´r Vringspooz“ direkt an der Severinstorburg, Bild: UIi Kievernagel

Im Jahr 1650, im Alter von etwa 60 Jahren, setzte sich Jan in seinem eigenen Schloss Benatek, im heutigen Tschechien, zur Ruhe. Eigentlich war es ein Wunder, dass Jan tatsächlich dieses Alter erreichte. Die durchschnittliche Lebenserwartung im 17. Jahrhundert lag bei ungefähr 30 Jahren und Jan hatte in unzähligen Schlachten gekämpft. Am 12. September 1652 starb Jan von Werth. Er hinterließ neben einer Ehefrau, die immerhin 41 Jahre jünger war, ein großes Vermögen und zahlreiche Güter und Ländereien in Böhmen, Bayern, Köln und im Rheingau.

Tja Griet, dumm gelaufen. Ävver: „Wer et hät jewoss.“


Der Jan-von-Werth-Brunnen auf dem Alter Markt, Bild: Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
Der Jan-von-Werth-Brunnen auf dem Alter Markt, Bild: Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Jan-von-Werth-Brunnen

Der Kölner Verschönerungsverein hatte bereits 1881 die Idee, zu Ehren Jan von Werths einen einen Brunnen aufzustellen. Doch es dauerte zwei Jahre, bis der Stadtrat diesen Brunnen genehmigte. Allerdings weigerte sich die Stadt, irgendwelche Kosten dafür zu übernehmen.  Nach zähen Verhandlungen bezahlte die Stadt dann aber doch das Fundament und die laufenden Kosten für das Wasser des Brunnens. Dieser wurde am 14. Juli 1884 eingeweiht.
 
Eigentlich hätte man den Reitergeneral Jan von Werth auf einem Pferd sitzend darstellen müssen. Da aber auf dem benachbarten Heumarkt bereits das Reiterdenkmal zu Ehren König Friedrich Wilhelm III. stand, wurde Jan von Werth stehend mit großem Schwert dargestellt.
 

Auf der Lotsentour Innenstadt besuchen wir diesen Brunnen auf dem Alter Markt.


Dat Spillche vun Jan und Griet vom Reiter-Korps Jan von Werth, zu sehen jedes Jahr an Wieverfastelovend an d´r Vringsporz, Bild: Uli Kievernagel
Dat Spillche vun Jan und Griet vom Reiter-Korps Jan von Werth, zu sehen jedes Jahr an Wieverfastelovend an d´r Vringsporz, Bild: Uli Kievernagel

Jedes Jahr an Weiberfastnacht spielt das Reiter-Korps Jan von Werth, eine der Traditionsgesellschaften des kölschen Karnevals, das Aufeinandertreffen von Jan und Griet an der Severinstorburg nach. Anders als in der Sage finden sich die beiden hier aber jedes Jahr und ziehen gemeinsam mit Kölns ersten Karnevalszug des Session zum Alter Markt. Hier der entscheidende Moment aus dem Jahr 2019.


„Die Moritat vun Jan un Griet“

Auch die Kölner Band BAP hat die Sage mit „Die Moritat vun Jan un Griet“ aufgegriffen. Hier wird Jan von Griet sehr deutlich abserviert, weil er nix ahn de Fööß hät, also ein armer Schlucker ist:

„Nä Jan, du siehs bei mir kei Land,
verjess et, du kriss nie ming Hand,
wat du och deiß, wat du och lööß,
du häss nix ahn de Fööß, Mann!
Et deit mer leid, du weiß Bescheid,
dat du bei mir nit lande kanns,
Niete wie du, die hann bei mir kein Chance.“


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Der kölsche Knast Teil I: Weckschnapp – Folterstätte am Rhein

Die Weckschnapp am Rheinufer, Bild: Uli Kievernagel
Die Weckschnapp,, Bild: Uli Kievernagel

Die Weckschnapp ist eigentlich nur ein kleines Türmchen am Rhein, welches dem Abriss der Stadtbefestigung im Jahr 1891 nicht zum Opfer gefallen ist. Und gleichzeitig ist die Weckschnapp der Sage nach doch so viel mehr: Eine grausame Hinrichtungsstätte.

Doch der Reihe nach: Mit „Weck“ bezeichnet der Kölner ein (eigentlich süßes) Brot, „schnappen“ bedeutet fangen. Und das soll Folter sein? Aber ja! Gefangene wurden im oberen Stockwerk des Weckschnapps eingesperrt. Dieser Turm war direkt über dem Rhein gebaut. Selbstverständlich erhielt der Gefangene kein Essen. Von der Decke baumelt, in der Mitte des Türmchens an einen Strick befestigt, der besagte Weck. Wenn nun der Gefangene vor lauter Hunger nach diesem Weck „schnappt“, öffnet sich eine Falltür in der Mitte. Der Delinquent fällt durch Falltür direkt in einen Schacht. Dieser Schacht ist mit Messern bestückt, welche den hungrigen Gefangenen wird in feine Scheiben filetieren. Den Rest erledigt der Rhein. Nur ein einziger Gefangener soll es geschafft haben, der Weckschnapp lebend zu entkommen: Er war bereits durch die längere Haft so dünn, dass er einfach durch die Messer fiel, ohne von diesen berührt zu werden.

Der Kölner verwechselt Kunibertsturm und Kunibertstürmchen

Gruselige Geschichte – der Wahrheitsgehalt darf aber stark bezweifelt werden. Ganz sicher kann ausgeschlossen werden, dass es sich bei dem heute als Weckschnapp bezeichneten Turm um diese Hinrichtungsstätte handelt. Denn: Dieser Turm liegt reichlich weit entfernt vom Rhein. Tatsächlich verwechselt der Kölner hier den 1891 abgerissene Kunibertsturm mit dem heute noch erhaltenen Kunibertstürmchen. Der Kunibertsturm war Teil der Kunibertstorburg. Zu diesem Ensemble gehörten auch ein in den Rhein hineinragender Teil, ein sogenannter „Ark“.

Gut zu erkennen: Das Tor, der Turm und der Ark der Kunibertstorburg
Gut zu erkennen: Das Tor, der Turm und der Ark der Kunibertstorburg

Wenn an der Sage vom Weckschnapp etwas dran sein sollte, dann kann es sich bei dem Turm mit der Falltür nur um diesen Ark gehandelt haben – der Rest der Kunibertstorburg und insbesondere das Kunibertstürmchen standen nicht im Rhein. Allerdings hat der Rhein – beim großen Hochwasser 1784 –  die gesamte Kunibertstorburg mitsamt Ark zerstört. Nur das Türmchen blieb übrig und so wurde die Sage vom Weckschnapp einfach darauf übertragen.

Heute ist das Kunibertstürmchen ein Wohnhaus. Mitsamt einem Anbau kann man hier auf ca. 160 Quadratmetern leben. Fast ganz ohne Ecken, dafür aber mit vielen Stufen: Vom Turm oben runter sind es satte 87. Ganz ohne Messer.


Weitere Infos und Fotos zum Weckschnapp bietet auch das Informationssystem KuLaDig – Kultur. Landschaft. Digital.


Die Geschichte und Geschichten zum Kölschen Knast 


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Drei wichtige Imis für Kölle: Caspar, Melchior und Balthasar

El Greco: Die Anbetung der Könige, 1568 (Museo Soumaya, Mexiko-Stadt)
El Greco: Die Anbetung der Könige, 1568 (Museo Soumaya, Mexiko-Stadt)

Podcast Heilige Drei Könige, 27

Am Dreikönigstag (6. Januar) ist er immer in ganz Köln zu hören: Der tiefe, durchdringende Ton des „Decke Pitter“  erklingt. Die größte Glocke des Doms schlägt zur Ehre von drei ganz prominenten Imis: Den „Heiligen Drei Könige“.

Bereits 1164 wurden diese drei ganz besonderen Heiligen von den Kölschen vereinnahmt. Kaiser Barbarossa hatte als Kriegsbeute aus Mailand die Gebeine von Caspar, Melchior und Balthasar seinem Kanzler Rainald von Dassel geschenkt. Wie gut, dass dieser findige Mann auch gleichzeitig Erzbischof von Köln war und diese Chance sofort ergriff. Er überführte die Gebeine der Heiligen Drei Könige in das „Hillige Kölle“. Und viele Pilger wollten zu diesen bedeutenden Reliquien. Mit den Pilgern stieg die Bedeutung Kölns. Und es kam reichlich Geld in die Stadt. Merke: Reliquien bringen Pilger – Pilger bringen Geld.

Der Ansturm auf die Heiligen Drei Könige war so gewaltig, dass der alte, karolingische Dom dem Andrang nicht mehr gerecht wurde und den Ansprüchen des Erzbischofs nicht mehr genügte. So wurde mit dem Bau eines neuen, gotischen Doms begonnen. So sind also Caspar, Melchior und Balthasar unmittelbar für das wichtigste kölsche Bauwerk verantwortlich.

Eigentlich „magoi“ – Magier

Die Gebeine der Heiligen Drei Könige sind ganz besondere Reliquien, weil diese nach der biblischen Überlieferung Jesus persönlich gesehen haben. Tatsächlich werden diese im Matthäusevangelium nicht als Könige sondern als „magoi“ bezeichnet. Damit sind Weise, Magier, Gelehrte oder auch Sterndeuter gemeint. Erst viel später, um das Jahr 300, werden diese Männer als Könige bezeichnet.

Die Geschenke für das Jesuskind sind voller Symbolik: Gold besaßen damals nur Könige, somit wurde Jesus in den Rang eines Königs erhoben. Myrrhe ist eine Heilpflanze, damit soll Jesus vor Krankheiten geschützt werden und der heute noch in der Liturgie verwendete Weihrauch ist ein Symbol für die Verbindung der Menschen mit Gott. Die Heiligen Drei Könige erkennen damit Jesus als Gottes Sohn an.

Hohe politische Bedeutung

Diese Reliquien waren für die Menschen so etwas wie „ein Stück Himmel zum Anfassen“ und gleichzeitig die Vorbilder aller Könige. Damit gewann Köln auch massiv an politischer Bedeutung. So war es üblich, dass die deutschen Könige zwar in Aachen gekrönt wurden, dann aber sofort nach Köln zu den Gebeinen der drei Könige pilgerten. Und da ein König regelmäßig mit großem Gefolge reist, kamen nicht nur mehr Menschen in die Stadt sondern auch reichlich Geld. Für die Kölschen eine wunderbare Verbindung von Religion und Geldbörse.

Der Dreikönigschrein im Kölner Dom, Bild: Beckstet, Wikimedia Commons
Der Dreikönigschrein im Kölner Dom, Bild: Beckstet, Wikimedia Commons

Selbstverständlich müssen diese Reliquien auch in einer angemessenen Ruhestätte aufbewahrt werden: Im Dreikönigenschrein. Dieser Schrein wurde, nach mehrjähriger Bauzeit, im Jahr 1225 fertiggestellt und ist das künstlerisch anspruchsvollste Reliquiar, welches noch aus dem Mittelalter erhalten ist.

Die Frage nach der Authentizität der Knochen kommt laut dem Kölner Kunsthistoriker Helmut Fußbroich immer wieder.  „Aber da kann man,“, so Fußbroich im Deutschlandfunk „ohne rot zu werden, sagen, nä, die können nicht echt sein, weil es sich eben um eine Geschichte handelt, die keine Historie erzählen will.“

Tatsächlich hatte sich bei einer Öffnung des Schreins zur 700 Jahr-Feier im Jahr 1864 gezeigt, dass in dem Schrein die Knochen von mindestens drei verschiedenen Männern gefunden wurden. Gleichzeitig aber auch viele weitere Knochen, unter anderem die Knochen eines Kleinkinds.

Aber der Kölsche glaubt einfach ganz fest daran, dass es sich um die Gebeine von Caspar, Melchior und Balthasar handelt. Das ist beste rheinisch-katholische Tradition.


Besucht die Drei Heiligen Könige im Dom

Ihr könnt die Heiligen Drei Könige im Dom besuchen, der Schrein steht im Chor und kann während der Öffnungszeiten, geschützt durch Panzerglas, bewundert werden.


Der Vierungsturm des Kölner Doms mit dem goldenen Stern von Betlehem, Photo by CEphoto, Uwe Aranas / CC-BY-SA-3.0
Der Vierungsturm des Kölner Doms mit dem goldenen Stern von Betlehem, Photo by CEphoto, Uwe Aranas / CC-BY-SA-3.0

Wenn ihr demnächst in der Stadt unterwegs seid, schaut euch mal genau den „dritten Turm“ des Doms an: Auf der Spitze der Vierungsturms ist kein Kreuz sondern der Stern von Betlehem zu sehen, dem die Heiligen Drei Könige gefolgt sind. Damit wird der Dom als „Heimat der Heiligen Könige“ gekennzeichnet.


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Der Kölner Flaschenkrieg

Weingärten der Kartäuser, ca. 1571. Das Gelände liegt am heutigen Kartäuserwall.

Köln und Kölsch zusammen klingt hervorragend – Köln und Wein hingegen passt auf den ersten Blick nicht wirklich gut zusammen.

Schon den Römern war es auf die Dauer zu lästig, das Grundnahrungsmittel Wein in Amphoren aus dem Süden einzuführen. Also selber anbauen. Fraglich bleibt die Qualität der in Köln produzierten Weine – man kann wohl eher von einem „Suuren Hungk“ (Kölsch für „Saurer Hund“) als von einem Edelgewächs ausgehen.

Steuerfreier Verkauf in Klöstern missfällt Kölner Kaufleuten

Der Weinbau wurde im Laufe der Jahrhunderte professionalisiert. Für das Mittelalter sind etliche Anbauflächen in der Stadt nachgewiesen, der größte Teil davon auf dem Gelände von Klöstern. Ein einträgliches Geschäft für die Geistlichkeit: Immerhin war der Verkauf von Wein aus den Klostergärten steuerfrei. Und genau das war dem Rat der Stadt Köln mehr als nur ein Dorn im Auge. Die kölschen Kaufleute wollten den Wettbewerbsvorteil der Klöster beim Weinverkauf unterbinden. Dieser Streit im Jahr 1369 ging als „Kölner Flaschenkrieg“ in die Geschichte ein.

Während die Klöster und Stifte auf ihr Recht pochten, auch weiterhin steuerfrei Wein auszuschenken und zu verkaufen, ging der Rat gewaltsam dagegen vor und beschlagnahmte etliche Flaschen des Domstifts. Die Geistlichen wiederum wandten sich an den damals für Köln zuständigen Erzbischof Kuno von Trier. Zunächst blieb dieser untätig, doch als die Auseinandersetzungen um die Weinsteuer in Köln weiter eskalierten und viele Geistliche die Stadt verließen, verhängte Kuno ein Interdikt über Köln, die schärfste Waffe der Kirche.

Interdikt zur Verteidigung der kirchlichen Einkünfte

Das Interdikt bedeutet faktisch das Verbot der Ausübung aller kirchlichen Handlungen – inklusive aller Gottesdienste und Sakramente. Somit war das Interdikt für Menschen im Mittelalter eine direkte Gefahr für das Seelenheil. Und der Kölner Stadtrat knickte ein. Bereits im Jahr 1370 wurde das Steuerprivileg für die Klöster und Stifte vom Rat bestätigt und Kuno zog das Interdikt zurück.

Heute spielt der Weinbau in der Stadt keine Rolle mehr – Köln ist und bleibt die Stadt des Kölschs. Der nördlichste Weinberg am Rhein liegt in Königswinter – und das sind satte 35 Kilometer weiter südlich.


Mit „urban winemaking“ bezeichnet man den Anbau vom Wein in der Großstadt. Der Kölner Stadtwinzer Thomas Eichert kümmert sich um eigene und fremde Reben an Häuserwänden.


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„Am Dude Jüd“: Der alte jüdische Friedhof in Raderberg

Ausschnitt aus einem Stich von Friedrich W. Delkeskamp (1794–1872)
„Am toten Juden“ (Ausschnitt aus einem Stich von Friedrich W. Delkeskamp (1794–1872). Gut zu erkennen ist die Lage des Friedhofs vor der Stadtmauer.

„Parkstadt Süd“ ist das große Stadtentwicklungsprojekt im Kölner Süden. Bis zu 4.000 Wohnungen, Büros und Ladenlokale sollen im „Inneren Grüngürtel“ zwischen Bayenthal, Raderberg, Zollstock und Sülz entstehen. Teil des Projekts ist auch der Großmarkt. Dieser sollte bereits im Jahr 2020 umziehen. Doch sowohl die Standortfrage als auch der konkrete Umzugstermin sind noch offen. Die Debatte der Beteiligten  (Stadt, Händler, Anwohner am potenziellen neuen Standort in Marsdorf) ist im vollen Gange.

Der Judenbüchel

Eine ganz andere Herausforderung an die Planer wird allerdings kaum diskutiert: Auf dem heutigen Großmarktgelände liegt der „Judenbüchel“, der alte Friedhof der jüdischen Gemeinde. Die Kölschen nannten dieses Gelände „Dude Jüd“ – der „Tote Jude“.

Die exakte Lage des Friedhofs ist nicht bekannt, doch es ist davon auszugehen, dass dieser rund um die heutige Sechtemer Straße lag. Erste schriftliche Erwähnungen des Judenbüchels stammen aus der Mitte des 12. Jahrhunderts. Bei den wiederholten Pogromen kam es auch regelmäßig zu Schändungen des Friedhofes. So wurden ganze Grabsteine als Baumaterial in Köln und im Umland genutzt. Besonders pikant: Auch im „Hansa-Saal“ des historischen Rathauses wurden diese Grabsteine verbaut.

Nationalsozialisten ebnen jüdischen Friedhof ein

Schon ab ca. Anfang des 13. Jahrhunderts wurde das Gelände rund um den „Dude Jüd“ auch als Veranstaltungsgelände genutzt. So fanden hier Hinrichtungen oder auch Turniere statt. Der jüdische Friedhof geriet dabei über die Jahrhunderte in Vergessenheit.

Erst im Jahr 1922, bei Bauarbeiten zur Errichtung des Güterbahnhofs, wurde der Friedhof wiederentdeckt. Grabstätten und Gebeine wurden auf den neuen jüdischen Friedhof in Bocklemünd umgebettet. Allerdings: Im jüdischen Glauben gehören Gräber zum ewigen Eigentum der Toten und dürfen nie berührt werden. Daher kann davon ausgegangen werden, dass im Jahr 1936 die Errichtung des Großmarkts auf dem Gelände des Friedhofs durch die Nationalsozialisten als bewusster Affront gegen die jüdische Bevölkerung zu verstehen war.

Info-Tafel am Großmarkt, eine eher bescheidene Erinnerung an den Jüdischen Friedhof. Bild: Uli Kievernagel
Info-Tafel am Großmarkt, eine eher bescheidene Erinnerung an den Jüdischen Friedhof. Bild: Uli Kievernagel

Heute erinnert nur noch eine bescheidene Informationstafel an der Markthalle an den jüdischen Friedhof. Und mit diesem Wissen stellt sich nun die Frage, wie mit diesem Erbe im Rahmen des Neubauprojekts „Parkstadt Süd“ umgegangen werden soll.


Lotsentour Raderberg und Raderthal: Mit dem Fahrrad im Kölner Süden unterwegs, Bild: Uli Kievernagel
Lotsentour Raderberg und Raderthal: Mit dem Fahrrad im Kölner Süden unterwegs, Bild: Uli Kievernagel

Lotsentour – Raderberg & Raderthal

Der „Dude Jüd“ ist auch Bestandteil der Lotsentour Raderberg & Raderthal. Eine Stadtführung mit dem Fahrrad.


Wer sich grundsätzlich für Friedhöfe interessiert, sollte an der Lotsen-Tour Südfriedhof teilnehmen.


„Am dude Jüdd“ von Willi Ostermann

Bekannter als der eigentliche Friedhof ist in Köln das Lied „Am dude Jüdd“ von Willi Ostermann über ein Tanzlokal, welches sich gegenüber des Friedhofs befunden haben soll. Ob es sich bei dem Wirt allerdings um einen Juden, wie in einem Video der Bläck Fööss (dargestellt von King Size Dick) gehandelt hat, darf durchaus bezweifelt werden.


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Der „Kriegsdienstverweigerer“ Sankt Gereon

Der abgeschlagene Kopf des Heiligen Gereons, Bild: Thomas Schmitz
Der abgeschlagene Kopf des Heiligen Gereons, Bild: Thomas Schmitz

Ein prominenter Platz – und kaum jemand kennt ihn: Der Heilige Gereon ist Teil des von Stephan Lochners geschaffenen „Altars der Stadtpatrone“ im Dom. Doch neben den Heiligen Drei Königen und der Heiligen Ursula mit ihren sagenhaften 11.000 Jungfrauen tritt der „Kriesgdienstverweigerer“ Gereon in den Hintergrund. Einige werden wohl nur noch das von ca. 1970 bis 1990 gebraute „Gereons Kölsch“ kennen. Welches aber nichts mit dem Heiligen zu tun hat.

Der Heilige Gereon, Bild: Joachim Schäfer
Der Heilige Gereon (als Teil des „Altars der  Stadtpatrone“ im Dom) , Bild: Joachim Schäfer

Der Heilige Gereon, geboren um das Jahr 270 nach Christus, war Anführer der Thebäischen Legion, einer speziellen Garde, die in Ägypten im Auftrag des römischen Kaisers die Christen bekämpfen sollte. Speziell war die Garde deswegen, weil sie ausschließlich aus Christen bestand.

Doch Gereon und seine Truppen rebellierten gegen den Kaiser. Die darauf folgende Strafe war drastisch: Jeder Zehnte wurde enthauptet. Doch der Widerstand blieb. Deswegen wurden alle 300  Soldaten und auch  Gereon hingerichtet. Vermutlich geschah dieses Gemetzel im heutigen Ehrenfeld. Die Legende sagt aber, dass die Soldaten auf einem römischen Friedhof an der Stelle, wo heute die Kirche St. Gereon steht, ermordet wurden. Dabei soll Blut der getöteten Soldaten an eine Säule gespritzt sein, die heute an einem speziellen Platz in der Kirche St. Gereon steht. Dieser Säule werden magische Kräfte zugeschrieben. So soll die sogenannte „Blutsäule“ Gut und Böse unterscheiden können.

Manch einem Kölschen, aber auch Besuchern aus aller Welt wird es deswegen mulmig, wenn sie die Inschrift an der Blutsäule lesen: „Adde fidem, fuit hic pridem fusus cruor idem ad lapidem, si dem me male, punit idem“ [Glaube mir, hier wurde vor langer Zeit Blut an diesem Stein vergossen, wenn ich mich böse verhalte, straft er.]

Also – wer traut sich, an der Blutsäule vorbei zu gehen?


St. Gereon, Gereonshof 2, 50670 Köln. Die Kirche kann – außerhalb der Gottesdienstzeiten – montags bis freitags von 10 bis 18: Uhr, samstags von bis 17:30 Uhr und sonntags von 13 bis 18 Uhr besichtigt werden.


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