Die „Rheingräfin“ Sibylle Mertens-Schaaffhausen

Die "Rheingräfin" Sibylle Mertens-Schaafhausen (1797 - 1857)
Die „Rheingräfin“ Sibylle Mertens-Schaaffhausen (1797 – 1857)

Historikerin, Numismatikerin, Musikerin, Mäzenatin, Archäologin, Kunstsammlerin, Mitgründerin des Kölner Dombauvereins – Sibylle Mertens-Schaaffhausen war „eine der bemerkenswerten Frauen des 19. Jahrhunderts“.1Monika Salchert in ihrem Buch „Schräge Typen der Kölner Stadtgeschichte

Wäre Sie ein Mann gewesen, so würden wir heute nach ihr benannte Plätze, Straßen und Schulen kennen. Doch Sibylle Mertens-Schaaffhausen war eine Frau. Noch dazu eine Frau, die Frauen liebte. Und das in der hausbackenen und konservativen Zeit des Biedermeier. Ungeheuerlich.

Ein Mädchen des besseren Gesellschaft

Sibylle Mertens-Schaaffhausen wurde am 29. Januar 1797 in Köln geboren. Ihr Vater war der Bankier Abraham Schaaffhausen, einer der reichsten Männer des Rheinlands. Ihre Mutter Anna, geb. Giesen, starb wenige Tage nach der Geburt ihrer Tochter Sibylle.

Entsprechend der finanziellen Verhältnisse der Familie wurde sie als Mädchen der „feinen Gesellschaft“ erzogen. Sie sprach neben Italienisch auch Französisch und spielte hervorragend Klavier. Alles Attribute, die ein Mädchen aus der besseren Gesellschaft auszeichnen. Und so teilte sie auch das Schicksal vieler junger Mädchen der damaligen Zeit: Sie wurde im Rahmen eines Ehe-Arrangements im Alter von 19 Jahren mit dem fast doppelt so alten Bonner Kaufmann Ludwig „Louis“ Mertens verheiratet.

„Höllenehe“

Von Liebe war in der Ehe keine Spur zu finden. Louis Mertens teilte keine der feinsinnigen Interessen seiner jungen Frau. Aber er war Geschäftsführer in der Bank ihres Vaters.

Die Lyrikerin Annette von Droste-Hülshoff gehörte zum Freundeskreis von  Sibylle Mertens-Schaaffhausen. In einem Brief bezeichnete sie die Ehe ihrer Freundin als „Höllenehe“, Sibylle wäre vom ersten Tag der Ehe an an unglücklich gewesen. Aus der unglücklichen Ehe gingen aber sechs Kinder hervor. Kinder, die später das Lebenswerk ihrer Mutter vernichten sollten.

Zumindest erlaubten die finanziellen Mittel der Familie, dass man sich aus dem Weg gehen konnte. Man wohnte zwar offiziell zusammen im repräsentativen Haus der Familie in der Trankgasse in Köln, jedoch verbrachte Sibylle zunehmend mehr Zeit in ihrer Villa in Bonn, in ihrer Wohnung in Rom oder in ihrer Sommerresidenz auf dem Petersberg, wo heute das Hotel Steigenberger Grandhotel steht. 

Liebesbeziehung zu Adele Schopenhauer

Zwei Dinge wären im Leben von Mertens-Schaaffhausen undenkbar gewesen: Eine Scheidung und ein Coming-out. Damit wäre die von ihren Freunden zur „Rheingräfin“ geadelte Sibylle gesellschaftlich geächtet gewesen.

Mit Adele Schopenhauer, dee Schwester des Philosophen Arthur Schopenhauer, pflegte Mertens-Schaaffhausen einen sehr engen Umgang: Die beiden waren ein Paar, was dem Gatten selbstverständlich nicht gefiel und er Adele Schopenhauer Hausverbot erteilte.

Adele Schopenhauer in einem Porträt von Alexander von Sternberg aus dem Jahr 1841
Adele Schopenhauer in einem Porträt von Alexander von Sternberg aus dem Jahr 1841

Doch Sibylle war in Adele so sehr verliebt, dass sie in ihrem Tagebuch notierte:

„Stürbe sie, so spräng ich jetzt in den Rhein,
denn ich könnte nicht ohne sie bestehen.“

Um den gesellschaftlichen Konventionen zu entsprechen, waren die gegenseitigen Besuche und das Leben unter einem Dach immer als Pflege getarnt. Sobald eine der beiden erkrankte, was regelmäßig vorkam, zog die jeweils andere zu ihr und pflegte sie.

Nach einer zwischenzeitlichen Entfremdung – mehr als sieben Jahre gab es kaum Kontakt zwischen den beiden – sollten die beiden Frauen wieder zueinander finden. Schopenhauer zog in die Bonner Villa von Sibylle Mertens-Schaaffhausen und lebte dort bis zu ihrem Tod im Jahr 1849.

Sibylle Mertens-Schaafhausen im Jahr 1842, Zeichnung von Adolf Schlesinger, Public domain, via Wikimedia Commons
Sibylle Mertens-Schaaffhausen im Jahr 1842, Zeichnung von Adolf Schlesinger, Public domain, via Wikimedia Commons

Erfolge als Denkmalschützerin und Archäologin

Sibylle Mertens-Schaaffhausen engagierte sich leidenschaftlich für Musik, Kunst und Denkmalschutz. In ihrer Bonner Villa veranstaltete sie Konzerte und unterstützte das Beethoven-Denkmal. Sie förderte den Kölner Dom und den Wiederaufbau des Rolandsbogens. In Genua pflegte sie während einer Choleraepidemie im Sommer 1835 Kranke, wofür sie mit einer Medaille geehrt wurde. Sie notierte damals „Ich bin an die­sem un­ge­heu­ren Elend geis­tig ge­sun­det, er­kann­te sie. “ 

Nach dem Tod ihres Mannes 1842 blieb Sibylle Mertens-Schaaffhausen länger in Italien. In Genua erforschte sie mit dem Künstler Santo Varni mittelalterliche Kunstschätze. 1836 erkannte sie dort ein Fragment des Mausoleums von Halikarnassos. Später lebte sie in Rom und entdeckte 1846 ein Fragment der „Fasti Capitolini“2Eine Inschrift mit einer Liste römischer Konsuln und Feldherren, das heute in den Vatikanischen Museen aufbewahrt wird.

Der Totenzettel der „Rheingräfin“ Sibylle Mertens-Schaafhausen. Als Geburtsdatum wird hier fälschlicherweise der 3. Februar 1797 (statt dem korrekten Datum 29. Januar 1797) angegeben. Vermutlich hat der Verfasser des Totenzettels das Taufdatum, welches in den Kirchenbüchern in der Regel immer an erster Stelle steht, mit dem Geburtsdatum verwechselt. Danke für diesen Hinweis an Michael Osieka aus Köln. Bild: Totenzettel Sammlung der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln
Der Totenzettel der „Rheingräfin“ Sibylle Mertens-Schaaffhausen. Als Geburtsdatum wird hier fälschlicherweise der 3. Februar 1797 (statt dem korrekten Datum 29. Januar 1797) angegeben. Vermutlich hat der Verfasser des Totenzettels das Taufdatum, welches in den Kirchenbüchern in der Regel immer an erster Stelle steht, mit dem Geburtsdatum verwechselt. Danke für diesen Hinweis an Michael Osieka aus Köln. Bild: Totenzettel Sammlung der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln

Vernichtung des Lebenswerks

Bereits 1842 war Louis Mertens verstorben. Die sechs gemeinsamen Kinder bestanden darauf, sofort ihren Erbteil ausgezahlt zu bekommen. So wurde Sibylle Mertens-Schaaffhausen gezwungen, große Teile ihres Vermögens  zu veräußern, um die Erben auszuzahlen.  

Die „Rheingräfin“ verstarb am 22. Oktober 1857 in Rom. Sie wurde auf dem Friedhof „Campo Santo Teutonico“, dem Friedhof der Deutschen und der Flamen, neben dem Petersdom in Rom bestattet.

Grabtafel für Sibylle Mertens auf dem Campo Santo Teutonico in Rom, Bild: Dadamax, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Grabtafel für Sibylle Mertens-Schaaffhausen auf dem Campo Santo Teutonico in Rom, Bild: Dadamax, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Nach ihrem Tod wurde alles, was an Vermögensgegenständen übrig war, von ihren Kindern verkauft. Dazu gehörten unter anderem

  • ihre wertvolle Bibliothek,
  • kostbare Möbel,
  • mehr als 1.800 Gem­men,3Eine Gemme ist ein Schmuck- bzw. bzw. Edelstein.
  • 50 Sta­tu­et­ten aus Bron­ze und in Edel­me­tall,
  • vie­le all­täg­li­che Ob­jek­te (Ge­wich­te und Waa­gen, Par­füm­kap­seln),
  • cir­ca 6.000 Mün­zen,
  • Glä­ser, El­fen­bei­ne und Ton­ge­fä­ße,
  • die mit­tel­al­ter­li­che Samm­lung mit wich­ti­gen El­fen­bein­re­liefs (eins be­fin­det sich heu­te im Vic­to­ria and Al­bert Mu­se­um in Lon­don) und
  • 60 historische Waf­fen.4Quelle: Fabbri, Francesca, Sibylle Mertens-Schaaffhausen, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/sibylle-mertens-schaaffhausen/DE-2086/lido/65e706849c1845.63339519 (abgerufen am 16.04.2025)
Der Umgang ihrer Kinder mit ihrem Vermächtnis kommt einer Vernichtung aller Erinnerungen nahe. So wurde das Erbe einer selbstbestimmten Frau, die den Konventionen in der damaligen Zeit trotzte, in alle Winde verstreut. Ganz im Interesse ihrer Nachkommen, die alle Erinnerungen an ihre Mutter auslöschen wollten. Wie gut, dass Sibylle Mertens-Schaaffhausen bereits zu Lebzeiten ihre gesamte Korrespondenz der Bibliothek der Bonner Universität vermacht hat.
 
So sind – sehr zum Verdruss der Erben – viele zum Teil intime Briefe und Tagebucheinträge heute noch erhalten.

Das "Zeitzeichen" des WDR ist eine Radiosendung und greift täglich historische Daten auf, Bild: WDR
Das „Zeitzeichen“ des WDR ist eine Radiosendung und greift täglich historische Daten auf, Bild: WDR

Zeitzeichen zum 225. Geburtstag der Rheingräfin

Der WDR hat in seiner Sendung Zeitzeichen vom 30. Januar 2022 eine hörenswerte Sendung zu Sibylle Mertens-Schaaffhausen veröffentlicht.


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Kölsche Originale: Der Maler Bock – mehr Lebemann als Künstler

Heinrich Peter Bock, besser bekannt als "Maler Bock". Bitte beachten: Der Sporn am Stiefel weist ihn als Dragoner aus, auch wenn seine Dienstzeit nur wenige Wochen dauerte. Bild: Adolph Wallraf (1880)
Heinrich Peter Bock, besser bekannt als „Maler Bock“. Bitte beachten: Der Sporn am Stiefel weist ihn als Dragoner aus, auch wenn seine Dienstzeit nur wenige Wochen dauerte. Bild: Adolph Wallraf (1880)

Eines ist sicher: Gemalt hat der Maler Bock nie. Der nach eigenem Empfinden kunstsinnige Lebemann Heinrich Peter Bock hatte bereits in ganz jungen Jahren für die Kunst geschwärmt. Und sich auch als Künstler und Intellektueller selbst als Bohémien inszeniert. Doch als er im Alter von etwa 50 Jahren gebeten wurde, als selbsternannter großer Künstler die Wandmalereien in der Abtei Brauweiler zu restaurieren, lehnte er mit den Worten „Spätere Geschlechter werden sagen, welch vorzüglicher Restaurator hat diesen schlechten, primitiven Malereien so vorzüglich restauriert!“ entrüstet ab.

Geboren am 30. Juli 1822 sollte der hochgewachsene Heinrich Peter nach dem Willen seines Vaters Metzger werden. Doch Knochen sägen und Würste kochen war nicht nach dem Willen des selbsternannten Kunstexperten, der von einem Zeitgenossen wie folgt beschrieben wurde. „Eine Kunstnatur mit langen Haaren, wallend bis auf die Schultern, mit ledernem Käpplein aus dem vorigen Jahrhundert, mit einem Rocke, dessen Schnitt aus der Zeit vor der Restauration zu sein scheint. Sein Gilet1Weste dagegen ist höchst dandymäßig, weite Pluderhosen gestalten ihn zum Türken …“.

Extrem kurze militärische Karriere

Klar, dass so ein Typ nicht zu den preußischen Dragonern passt. Warum Bock sich mit 19 Jahren ausgerechnet dieser berittenen Infanterie angeschlossen hat, lässt sich heute nicht mehr klären. Aber klar ist, dass seine militärische Karriere bereits nach wenigen Wochen ihr unrühmliches Ende fand. Die Preußen befürchteten, so Reinhold Louis2„Kölsche Originale“, Greven Verlag 1985 dass „Dragoner Bock die ganze Schwadron närrisch machen würde, sollte er noch länger bleiben“. Was Bock aber trotz dieser sehr kurzen Dienstzeit nicht davon abhielt, für den Rest seines Lebens einen Sporn am Stiefel zu tragen, welcher ihn als ehemaligen Dragoner kennzeichnet.

Einen echten festen Wohnsitz hatte Bock nicht. Sein bevorzugtes Domizil war ein alter, nicht mehr genutzter eisernen Dampfkessel in Bayenthal, welchen er als „sein Hotel“ bezeichnete und sich wahrscheinlich fühlte wie der Philosoph Diogenes in seiner Tonne. Bei gutem Wetter hingegen machte er sich in den Bögen der damals noch nicht abgerissenen Stadtmauer gemütlich.

Der Maler Bock in der Bierdeckel-Serie "Kölsche Originale", Bild: Bild: rs-bierdeckel.de, Reinhold Schäfer
Der Maler Bock in der Bierdeckel-Serie „Kölsche Originale“, Bild: Bild: rs-bierdeckel.de, Reinhold Schäfer

Wechselhafter Erfolg bei den Damen

Zunächst hatte der mittellose Bock wenig Erfolg, eine Frau an sich zu binden. Lang hing ihm nach, dass einmal eine Frau, die er in ein von einem Gönner überlassenes Haus mitnahm, auf das Dach floh und um Hilfe rief. Und das puddelrüh.

Auch mit den Marktfrauen auf den Alter Markt gab es regelmäßig Streit. Als eines Tages eine der Marktfrauen ihn ein kleines Stückchen Käse schenken wollte, wahrscheinlich um ihn endlich loszuwerden, zeterte Bock „Sie elende Person wagen es, einem Künstler einen solchen Bettel anzubieten!“ Gleichzeitig griff er nach dem Geschenk: „Doch her damit – Großmut gegen geringe Leute war stets mein Prinzip.“

Legendär waren seine Auftritte zu den Namenstagen ausgewählter Damen, bevorzugt Wirtinnen. Als Kavalier alter Schule pflegte er, mit einem Strauß selbstgepflückter Blumen und gestelzter Sprache zu gratulieren, um die anschließende Einladung zu Wein, Bier und Essen dankend anzunehmen. Sobald er satt war, schnappte er sich die ursprünglich geschenkten Blumen und verabschiedete er sich mit den Worten „Schöne Frau, ich wiederhole meinen Glückwunsch, ich muß aber noch einer anderen Dame zum Geburtstag gratulieren.“ Kurios: Die Wirtinnen erwarteten zu den Namenstagen regelrecht seinen Besuch – er war wie ein Maskottchen für die Damen.

Das digital massiv nachbearbeitete Bild des Maler Bocks von Adolph Wallraf (1880)
Das digital massiv nachbearbeitete Bild des Maler Bocks von Adolph Wallraf (1880)

Fake News zum Tode Bocks

Michael Wasserfuhr von den Kölschgängern schreibt, dass ein solcher Typ nicht so recht in das preußische Köln passt.3Michal Wasserfuhr: Der Maler Bock, https://koelschgaenger.net/maler-bock-2/ So wurde der große Künstler unfreiwillig aber nicht ganz unwillig (es war Winter!) in die Arbeitsanstalt Brauweiler einquartiert. Dass er dort mit einem anderen Original, dem Fleuten-Arnöldchen, zusammenarbeiten musste, gefiel Bock so nicht, weil das Arnöldche bei der Ansprache des Künstlers das respektlose “Du“ verwendete.

Während er in Brauweiler festsitzt, vermissen in Köln nicht nur die Wirtinnen den Maler Bock. Und dann machen auch noch „Fake-News“ über den Tod von Heinrich Peter Bock die Runde. Den Kölnern ist schnell klar, dass hier etwas nicht stimmen kann, wird doch auch sein Testament veröffentlicht. Der auf seinem Landgut in Brauweiler verstorbene „Professor Bock“ soll viele Tausend Taler für wohltätige Zwecke vermacht haben. Geld, welches der stadtbekannte Maler Bock selbstverständlich nie hatte.

Heribert aus Köln hat den Maler Bock als Figur auf dem Fensterbrett. Vielen Dank für dieses Bild! 
Heribert aus Köln hat den Maler Bock als Figur auf dem Fensterbrett. Vielen Dank für dieses Bild!

„Meine Kunst – mein Genie, das vergisst die Nachwelt nie!“

Doch Bock überlebt seinen vermeintlichen Todestag um mehrere Jahre. Nach mehreren Krankenhausaufenthalten stirbt der Maler Bock tatsächlich am 3. Dezember 1878 in einer Irrenanstalt in Düren und wird auch dort im Rahmen eines Armenbegräbnisses beigesetzt. Keiner in Düren ahnt, dass dort ein echtes Kölsches Original in einem schmucklosen, anonymen Grab ruht.

In Köln wird sein Tod im Karneval des Jahres 1879 verarbeitet. So lautete es in dem Karnevalslied „De Zünfte em Zog“ von Peter Prior:

„Zoletz trick dann de Künstlerschar,
doher met Glanz und Praach.
Dä Größte fählt, hä mäht sich rar,
es jenseits unger Daach!
Dat wor im selgen he vergunnt,
un doch met Stolz Bock sage kunnt:
„Meine Kunst – mein Genie,
das vergisst die Nachwelt nie!“

Besondere Ehre für einen Lebemann: Das Maler-Bock-Gäßchen im Schatten der Severinsbrücke, Bild: Uli Kievernagel
Besondere Ehre für einen Lebemann: Das Maler-Bock-Gäßchen im Schatten der Severinsbrücke, Bild: Uli Kievernagel

Ehrung durch eine Straße

Und tatsächlich wurde der Maler Bock bis heute nicht vergessen. Dafür sorgt auch eine Ehrung der Stadt Köln: Das Maler-Bock-Gäßchen in der Südstadt.

So wurde dem, „der nie einen Pfennig Steuer entrichtet hat, der in keinem ihrer Adreßbücher verzeichnet ist, weil er nie und nirgendwo amtlich gemeldet war, eine späte Ehrung zuteil“, so Reinhold Louis4„Kölsche Originale“, Greven Verlag 1985.


Tief im kollektiven Gedächtnis der Stadt verankert: Die "Kölschen Originale"
Tief im kollektiven Gedächtnis der Stadt verankert: Die „Kölschen Originale“

Weitere Geschichten zu den „Kölschen Originalen“ gibt es hier:


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Hans Imhoff – ein Herz aus Schokolade

Imhoff vor seinem wahr gewordenen Traum: Der Schokoladenbrunnen in seinem Schokoladenmuseum, Bild: Schokoladenmuseum Köln
Imhoff vor seinem wahr gewordenen Traum: Der Schokoladenbrunnen in seinem Schokoladenmuseum, Bild: Schokoladenmuseum Köln

„Ich wiege 100 Kilogramm, davon sind 80% aus Schokolade“ – so der Kölner „Schokoladen-König“ Hans Imhoff in einem Interview. Ob das tatsächlich stimmt? Eindeutig aber: Der Vollblutunternehmer hatte auf jeden Fall ein Herz aus Schokolade.

Hans Imhoff wurde am 12. März 1922 in Köln geboren. Nach dem Besuch der Handelsschule und einer kaufmännischen Lehre war er nur kurz im Kriegseinsatz. Wegen eines Augenleidens wurde er 1943 ausgemustert.

Seine unternehmerische Karriere begann im Oktober 1945. Imhoff erhielt von den Besatzungsmächten in Alf an der Mosel die Genehmigung, mit Lebensmittel zu handeln. Hart am Rande der Legalität maggelt1Mit „maggeln“ bezeichnet der Kölner Geschäfte, die mindestens fragwürdig, oft aber auch illegal sind. Imhoff mit Waren aller Art. Besonders lukrativ: Er tauschte Wein von der Mosel gegen Gebrauchsgegenstände aller Art, zum Beispiel Werkzeug, Rasierklingen, oder Lebensmittel.

Keine Maschinen, keine Experten, keine Rohwaren – aber eine Vision

Im Juni 1948 gründete er in Bullay eine Schokoladenfabrik. Der Beginn einer erstaunlichen Karriere. Imhoff hatte zum Start der Schokoladenproduktion nichts: Keine Maschinen, keine Experten – nur eine Vision: Imhoff will ein großer Schokoladenproduzent werden.

Doch dazu fehlte ihm vor allem die wichtigste Zutat: Kakao. Aber der findige Imhoff hat auch hier eine Lösung: Er tauschte Lebensmittel gegen Schokolade aus Care-Paketen und schmilzt diese ein. Mit einer auf dem Schwarzmarkt beschafften Maschine entstanden so seine ersten Pralinen. Das Unternehmen wächst, Mitte 1958 beschäftigt Imhoff bereits 400 Mitarbeiter. Er wird zu Deutschlands jüngstem Millionär. Sein offenes Geheimnis: Er war ein „Kostenkiller“. Er investierte viel Geld, um möglichst preiswert zu produzieren. Immer nach dem neuesten Stand der Technik.

Produziert wurde Massenware, welche in den Discountern sehr günstig angeboten wird. Die etablierten Markenhersteller wie Stollwerck oder Sprengel rümpfen die Nase, wenn der, aus ihrer Sicht, „Parvenü“ Imhoff auf Messen oder Kongressen der Branche erscheint. So verweigert ihm Dr. Bernhard Sprengel, Inhaber der Sprengel-Werke in Hannover, sogar auf einem Branchentreffen den Handschlag. Diese Ablehnung kränkte auf der einen Seite den selbstbewussten Imhoff, spornte ihn aber auf der anderen Seite an, ein eigenes Schokoladenimperium zu erschaffen.

Hans Imhoff - Vollblutunternehmer mit einem "Herz aus Schokolade". Bild: Schokoladenmuseum Köln
Hans Imhoff – Vollblutunternehmer mit einem „Herz aus Schokolade“. Bild: Schokoladenmuseum Köln

Wegfall der Preisbindung für Schokolade wird zu Risiko und Chance für Imhoff

Der direkte Wettbewerb der Schokoladenhersteller untereinander wurde seit 1952 durch eine staatliche festgelegte Preisbindung nahezu unterbunden. Erst 1964 wurde diese Regel aufgehoben. Für Imhoff war das zunächst negativ: Die Markenschokolade wurde deutlich günstiger, die Kunden griffen nach dem Wegfall der Preisbindung eher zur Markenschokolade statt zu den günstigen Produkten aus der Imhoff-Produktion. Aber auch hier erkannte der Unternehmer Imhoff seine Chance: Er produzierte in seinen Werken für die Tobler-Werke, die nicht über genügend eigene Produktionskapazitäten verfügten.

Obwohl der Vertrag mit Tobler lukrativ war, wusste Imhoff, dass er nur dann zu den ganz großen der Branche gehören konnte, wenn er über eine eigene, anerkannte Marke verfügen würde. Diese Chance ergab sich 1970. Und Imhoff griff zu. 

Imhoff übernimmt Stollwerck

Im Jahr 1970 geriet der Schokoladenkonzern Stollwerck in die Krise – die Gebrüder Stollwerck hatten sich übernommen. Die enorme Produktvielfalt, der Historiker Ulrich Soénius spricht von mehr als 1.400 Produkten, veraltete Maschinen und Fehlentscheidungen des Managements führten zu einem Verlust in Höhe von 7,8 Millionen DM. Das Wirtschaftsmagazin Capital bezeichnete die Stollwerck AG als die „Versager des Jahres“.

In dieser Krise steigt auch noch die Deutsche Bank, bis zu diesem Zeitpunkt Stollwerck-Großaktionär, aus. Hans Imhoff griff zu und erwarb von der Deutschen Bank das Aktienpaket. Er wurde mit 46,5 % Großaktionär von Stollwerck. Bis 2002 sollte sein Anteil auf 96% der Aktien anwachsen.

Und Imhoff begann unmittelbar mit der Sanierung des Unternehmens. Er streicht das überbordende Stollwerck-Sortiment von 1.400 Produkten auf weniger als 100. Gleichzeitig entließ er etwa 25% der Belegschaft und verkaufte das Stollwerck-Areal in der Südstadt. Hans Imhoff dazu: „Das Ganze ist zu alt. Wir haben industrielle Anlagen und Versorgungsanlagen, die über 100 Jahre hier stehen und die Kosten sind einfach zu hoch. Man kann ein altes Auto nicht uneingeschränkt fahren, eines Tages muss das auf den Schrottplatz.“ Ein neues Werk in Porz wurde gebaut.

„Dat is keine Kölsche“

Mit diesen Methoden machte sich der Schokoladenfabrikant wenig Freunde in Köln. Und als er dann auch noch die Produktion von kostengünstigen Kamelle für den Rosenmontagszug aus dem Sortiment strich, platzte den Honorationen der ehrwürdigen kölschen Karnevalsgesellschaften der Kragen. „Dä nemp uns die Kamelle fott. Dat is keine Kölsche.“ verlautete aus den Führungsetagen der Korps und Gesellschaften.

Das knallharte Verhalten des Geschäftsmanns Imhoff führte zu einer gesellschaftlichen Isolation. Seine zweite Ehefrau Gerburg Imhoff konstatierte: „So richtige Kölner Freunde hatten wir in dieser Zeit nicht.“ Doch das spornte den Unternehmer immer weiter an. Neben Stollwerck werden auch die Werke von Eszet und Waldbaur Teile des Imhoff-Konzern.

Bieterstreit mit Peter Ludwig um Sprengel

Auch Sprengel aus Hannover schlitterte in die Krise und sollte verkauft werden. Der Aachener Unternehmer Peter Ludwig war die unbestrittene Nummer Eins im europäischen Schokoladengeschäft. Mit ihm lieferte sich Imhoff ein wahres Bietergefecht um die renommierte Marke Sprengel.

Schlussendlich kam Imhoff zum Zuge und Sprengel wurde Teil des Imhoff-Schokoladen-Imperiums. Ausgerechnet Sprengel, dessen Chef Bernhard Sprengel dem aufstrebenden Unternehmer Imhoff einst den Handschlag verweigerte. Eine große Genugtuung für Imhoff, der zeitlebens um Anerkennung und Respekt kämpfte.

Jahreshauptversammlungen werden zur „Hans-Imhoff-Show“

Das Unternehmen expandierte, Imhoff gründet die Wäsche-Leasingfirma Larosé und erwirbt eine Fleisch- und Wurstwarenfabrik. Auch im Ausland wächst das Unternehmen. So entstanden neue Schokoladen-Fabriken in Ungarn, Polen und Russland.

In dieser Zeit der nahezu unbegrenzten Euphorie werden die Jahreshauptversammlungen der Stollwerck AG zu einer wahren Hans-Imhoff-Show. Das Handelsblatt vergleicht diese Hauptversammlungen mit dem Karneval. In „der Bütt“ steht Hans Imhoff. Ohne Manuskript erzählt er Witzchen, zu finanziellen Kennzahlen des Konzerns veranstaltet er ein Ratespiel: Richtige Antworten zur Bilanz werden mit 100-DM-Scheinen belohnt. Die Aktionäre erhalten eine opulente Bewirtung und üppige Schokoladenpakete. Hans Imhoff ist auf dem Zenit seiner Karriere.

Hans Imhoffs Vermächtnis: Das Schokoladenmuseum, Bild: Raimond Spekking
Hans Imhoffs Vermächtnis: Das Schokoladenmuseum, Bild: Raimond Spekking

Schokoladenmuseum als Denkmal in Köln – Nachfolgefrage schwierig

In dem Multimillionär Imhoff reifen in dieser Zeit auch die Gedanken, wie er sich zum einen in Köln verewigen kann, zum anderen, wie eine mögliche Nachfolge aussehen könnte. Sein Denkmal wird das unübersehbare Schokoladenmuseum direkt am Rhein. Allerdings ist die Nachfolgefrage ungeklärt. Imhoffs Tochter Annette traut sich zwar zu, ein Unternehmen zu leiten, aber nicht den gesamten Konzern.

Anfang der 2000er Jahre zeigt der jahrelange Stress seine Folgen, Hans Imhoff leidet zunehmend an gesundheitlichen Problemen. Gleichzeitig erlebte das Unternehmen eine veritable Krise. Der Handel mit den Discountern machte immer weniger Gewinn, Sprengel in Hannover machte große Verluste. Das Werk dort wurde 2001 geschlossen.

Im April 2002 verkauft Imhoff den gesamten Konzern für 175 Millionen Euro an den Schweizer Schokoladenkonzern Barry Callebaut AG. In Köln wird noch bis 2005 Schokolade produziert – dann endet die Ära der Stollwerck-Schokolade.

Das Grab der Familie Imhoff auf Melaten, Bild: MSchnitzler2000, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Das Grab der Familie Imhoff auf Melaten, Bild: MSchnitzler2000, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Hans Imhoff stirbt nach langer Krankheit am 21. Dezember 2007 und wird Im Familiengrab auf Melaten beigesetzt.

Was aber bleibt ist sein Denkmal: Das Schokoladenmuseum.


Die Imhoff-Stiftung fördert Projekte in Köln

Die gemeinnützige Imhoff Stiftung

Die gemeinnützige Imhoff Stiftung wurde im Dezember 2000 von Hans Imhoff nach dem Verkauf des Stollwerck-Konzerns gegründet. Sein Wunsch war es, seiner Heimatstadt Gutes zu tun. Er saß der Stiftung gemeinsam mit seiner Ehefrau Gerburg Klara Imhoff bis zu seinem Tod im Dezember 2007 vor.

Bis Februar 2018 war Gerburg Klara Imhoff Vorstandsvorsitzende; seitdem ist sie Ehrenmitglied des Beirates. Seit Februar 2018 ist Susanne Imhoff Vorsitzende des Stiftungsvorstandes.

Das Museumsgebäude des Schokoladenmuseums gehört der Imhoff-Stiftung. Der Clou: Die Mieteinahmen fließen in die Stiftung, welche wiederum Projekte in Köln fördert. So sind seit 2001 etwa 19 Millionen Euro in unterschiedliche Projekte ausgeschüttet worden. Beispiele:2Weitere geförderte Projekte werden auf der Website der Imhoff-Stiftung vorgestellt.

  • Afina – Assoziation für interkulturelle und nachbarschaftliche Arbeit
    Hier geht es speziell für Kinder und deren Eltern mit Migrationshintergrund auf Spurensuche in der Kölner Stadtgeschichte.
  • Plant-for-the-Planet-Akademie
    Spezielle Veranstaltungen, auf denen Kinder zu Botschaftern für Klimagerechtigkeit ausgebildet werden.
  • SingPause: Musikalische Ausbildung von Grundschulkindern
    Ausgebildete Singleiter/innen besuchen regelmäßig die Klassen und arbeiten mittels der renommierten Ward-Methode mit den Kindern.
  • Zentrum für Therapeutisches Reiten Köln e.V.
    In diesem speziellen Reitstall wurden 240.000 Therapieeinheiten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit unterschiedlichsten Behinderungen und Förderbedarf angeboten.
Die Gaea II von Gerhard Marcks in der Kölner Stollwerckpassage, Bild: © Raimond Spekking
Die Gaea II von Gerhard Marcks in der Kölner Stollwerckpassage, Bild: Raimond Spekking

Die Imhoff-Stiftung hat auch dafür gesorgt, dass den Kölnern die Marcks-Skulptur „Gaea“ von Gerhard Marcks in der Kölner Stollwerckpassage erhalten geblieben ist.

Anträge auf Förderung können über die Website der Imhoff-Stiftung gestellt werden. Gefördert werden Projekte aus den Bereichen :

  • Kunst und Kultur
  • Bildung
  • Kulturpädagogik
  • Wissenschaft und Forschung
  • Therapeutisches Reiten
  • Öffentliche Gesundheitspflege
  • Denkmalpflege
  • Heimatkunde

Ein wichtiges Förderkriterium: Das Projekt muss innerhalb Kölns initiiert und realisiert werden. Außerdem können Anträge nur von einer steuerbegünstigten Körperschaft oder einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gestellt werden, in deren Freistellungsbescheid mindestens ein Stiftungszweck der Stiftung erfüllt ist. In jedem Fall muss das Projekt bzw. das Ergebnis des Projektes ist der Öffentlichkeit zugänglich oder zu ihrem Nutzen sein.


Die Hans-Imhoff-Straße in Deutz, Bild: Uli Kievernagel
Die Hans-Imhoff-Straße in Deutz, Bild: Uli Kievernagel

Hans-Imhoff-Straße in Deutz

Direkt am Messeglände in Deutz erinnert die Hans-Imhoff-Straße an den Mann  mit dem „Herz aus Schokolade“.


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Die Standortmitte – gefährdetes Kunstwerk an der A 555

50 Meter hoch, knallrot lackiert ragt die Skulptur Standortmitte in den Himmel, Bild: Initiative RESPEKT
50 Meter hoch, knallrot lackiert ragt die Skulptur Standortmitte in den Himmel, Bild: Initiative RESPEKT

Jeder kölsche Autofahrer kennt die rote Stele mitten im Verteilerkreis: 50 Meter hoch, weithin sichtbar, ragt die rot lackierte Skulptur in den Himmel. In Bonn, am dortigen Endpunkt der Autobahn 555, reckt sich eine identische Stele in den Himmel.

Exakt 22 Kilometer trennen die beiden Stelen – doch bilden diese identischen Skulpturen eine Einheit, welche die Städte Köln und Bonn verbindet. Der Name dieses Kunstwerks lautet „Standortmitte“.  Geschaffen wurde es vom Kölner Künstler Lutz Fritsch, der zwar zwei eigenständige Stelen entworfen hat, diese aber untrennbar verbunden sieht:

„Durch das Wissen um den jeweils anderen Teil der Skulptur erlebt man räumliche Distanz als Nähe, empfindet die Souveränität des einzelnen Ortes und erkennt doch die Zusammengehörigkeit.“

Die A 555 verbindet die Domstadt und die Beethovenstadt

Die kurze A 555 ist die direkte Verbindung zwischen Köln und Bonn. Die älteste deutsche Autobahn wurde 1932 von Konrad Adenauer eingeweiht. Sie beginnt in Köln am „Bonner Verteiler“ und endet ebenfalls in einem Kreisverkehr im Bonner Norden.

Wie zwei Stecknadeln verbinden die beiden Stelen Köln und Bonn, Skizze: Lutz Fritsch.
Wie zwei Stecknadeln verbinden die beiden Stelen Köln und Bonn, Skizze: Lutz Fritsch.

Die beiden Stelen am Anfang und Ende der Autobahn wirken wie zwei Stecknadeln, die die beiden Rheinmetropolen Köln und Bonn verbinden. Michael Kohler schreibt dazu im Kölner Stadt-Anzeiger „So verbindet die beiden rheinischen Städte nicht nur der Asphalt, sondern auch ein unsichtbares Band der Kunst.“ 1Plädoyer für die bedrohte „Standortmitte“, Kölner Stadt-Anzeiger vom 13. Januar 2025  

Lutz Fritsch hat die Standortmitte entworfen, die Finanzierung sichergestellt und auch die gesamte Ausführung übernommen. Im Gegenzug haben die Städte Köln und Bonn dem Künstler das Urheberrecht vertraglich zugesichert und damit die Skulptur und die sie umgebenden Verteilerkreise zu rechtlich geschützten Kunstwerken erhoben.

In Bonn findet sich die Skulptur Standortmitte am Potsdamer Platz, Bild: Hans-Dieter Weber, CC-BY 4.0
In Bonn findet sich die Skulptur Standortmitte am Potsdamer Platz, Bild: Hans-Dieter Weber, CC-BY 4.0

Trasse der Stadtbahn bedroht Kunstwerk

Doch dieses Kunstwerk ist in akuter in Gefahr: Die Stadt plant, mitten durch den Verteiler eine Trasse zur Verlängerung der Stadtbahnlinie 5 zu bauen. Diese Trasse würde unmittelbar an der Stele vorbeiführen. Nicht nur für Lutz Fritsch ist klar, dass damit der ursprünglich zugesicherte Gesamteindruck zerstört würde.

Visualisierung der von der Stadt geplanten Trassenführung unmittelbar an der Stele vorbei, Bild: Agentur 923b
Visualisierung der von der Stadt geplanten Trassenführung unmittelbar an der Stele vorbei, Bild: Agentur 923b

Ascan Egerer, der Verkehrsdezernent der Stadt, sieht dies völlig anders und auch keine Notwendigkeit für eine Umplanung, die Fritsch angeregt hat. Der Künstler hatte, zusammen mit Experten der Technischen Hochschule Köln, vorgeschlagen, die Trasse für die Stadtbahn an ein geplantes Parkhaus an der Bonner Straße zu verlegen und die Trassenführung in einer weiten Kurve an dem Kunstwerk vorbeizuführen. Damit wäre, so Fritsch, nicht nur das Kunstwerk gerettet, sondern auch der Umstieg vom öffentlichen Nahverkehr auf das Auto sicherer und bequemer.

Der Vorschag von Lutz Fritsch sieht vor, die Bahntrasse in einer weiten Kurve an dem Kunstwerk vorbeizuführen. Entwurf: Lutz Fritsch Montage: Kai Baedorf/Jan Rothstein
Der Vorschag von Lutz Fritsch sieht vor, die Bahntrasse in einer weiten Kurve an dem Kunstwerk vorbeizuführen. Entwurf: Lutz Fritsch Montage: Kai Baedorf/Jan Rothstein

Kein Geld und keine Zeit für Umplanung

Die Stadt Köln nennt zwar „planerische Lösungen vorstellbar“, lehnt  jedoch eine generelle Umplanung der Bahntrasse kategorisch ab. Weil, so Verkehrsdezernent Ascan Egerer, dann das gesamte Bauvorhaben vollständig neu geplant und genehmigt werden müsste. Und eine solche neue Planung würde schlichtweg zu viel Zeit und Geld kosten.

Andere Lösungen, wie zum Beispiel einen Tunnel, scheiden aus. Der Verteilerkreis liegt in einem Wasserschutzgebiet, welches eine unterirdisch verlaufende Alternativen unmöglich macht.

Und die Stadt zieht auch noch weitere Argumente gegen eine neue Planung heran. Die „Standortmitte“ stehe nationalen und internationalen Klimaschutzzielen im Weg, so die Stadt in einem Gutachten. Also bleibt es bei der Planung „ab und durch“ – und das Kunstwerk Standortmitte würde seine besondere Wirkung verlieren.

Engagement nicht erwünscht – Kunstbeirat tritt geschlossen zurück

Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Stadt das Kunstwerk bei der Planung schlichtweg übersehen hat. Das hat auch den Kunstbeirat auf den Plan gerufen. Der Kunstbeirat ist ein vom Rat der Stadt Köln bestelltes ständiges Gutachtergremium. Er berät in allen Fragen von Kunst im öffentlichen Raum.

In der Geschäftsordnung des Kunstbeirates lautet es:

„Der Kunstbeirat berät als ständiges Gutachter-Gremium den Rat und seine Ausschüsse sowie die Bezirksvertretungen in allen Fragen von Kunst im öffentlichen Raum. Er soll die Verwendung öffentlicher Mittel nach künstlerischen Gesichtspunkten ermöglichen, indem er über die in vielen Fällen bestehenden konkurrierenden ästhetischen Wertungen einzelner Kunstwerke und über das Spannungsverhältnis zwischen einem Kunstwerk und seinem öffentlichen Umfeld informiert.“

Ständige Mitglieder des Kunstbeirates mit Stimmrecht sind acht sachkundige Bürger/innen. Weitere Mitglieder sind, allerdings nur mit beratender Stimme, der jeweilige Dezernent für Kunst und Kultur und der Dezernent für Planen und Bauen.

Selbstverständlich hat der Kunstbeirat auch eine Stellungnahme zur „Standortmitte“ verfasst. Doch diese Stellungnahme wurde nicht beachtet.  Der Kunstbeirat wurde auch in die Beratungen nicht einbezogen. Diese Ignoranz hat am 21. November 2024 zu einem Eklat geführt: Alle acht stimmberechtigten Mitglieder traten geschlossen zurück. In ihrer gemeinsamen Stellungnahme lautet es:

„Der Kunstbeirat ist keine selbstgeschaffene Interessenvertretung der Kunstszene, wie in Politik und Verwaltung mitunter angenommen wird. Die diesem Gremium vom Stadtrat selbst zugewiesene Funktion zu beraten und ggf. Empfehlungen zu anstehenden Entscheidungen auszusprechen, wurde in den letzten zehn Jahren nur teilweise oder gar nicht genutzt und in den jeweiligen Beschlüssen oftmals ignoriert. In vielen Fällen wurde der Kunstbeirat – entgegen der bestehenden Geschäftsordnung – weder befragt noch gehört. Seine (oft ungefragt verfassten) Stellungnahmen zu unterschiedlichen Themen blieben immer wieder unbeachtet”

Der Kunstwissenschaftler und Autor Kay von Keitz ist der Sprecher der des Kunstbeirates. Er moniert zu Recht, dass der Kunstbeirat zwar vom Rat der Stadt eingesetzt ist, aber von den Spitzen in Politik und Verwaltung schlichtweg ignoriert werde.

Diese Nichtbeachtung des Beirats im Fall des Kunstwerks „Standortmitte“ ist aber kein Einzelfall. Kay von Keitz weist darauf hin, dass fast alle Vorschläge, Empfehlungen und auch selbst­ständig entwickelten Konzepte der acht Fachleute ständig ignoriert wurden. Mit dem Rücktritt aller acht stimmberechtigten Mitglieder ist der Kunstbeirat nicht mehr beschlussfähig.2Stand: 14.03.2025

Weitere Entwicklung bleibt spannend

Am 25. März 2025 tagt der Ausschuss „Kunst und Kultur“. In einer Anfrage vom 14. März 2025 hat die SPD-Fraktion im Rat darum gebeten, folgende Anfrage auf die Tagesordnung zu setzen:

„Mit Bedauern haben wir zur Kenntnis genommen, dass die stimmberechtigten Mitglieder des Kunstbeirats geschlossen zurückgetreten sind. In ihrer Stellungnahme begründen sie diesen Schritt mit der fortgesetzten Missachtung ihrer fachlichen Expertise sowie der Dysfunktionalität des Gremiums. Bereits die vorhergehende Generation des Kunstbeirats hatte ähnliche Kritik geäußert und auf Reformbedarf hingewiesen. Vor diesem Hintergrund bittet die SPD-Fraktion um die Beantwortung der folgenden Fragen:

  1. Welche Gespräche hat die Verwaltung in den letzten Jahren mit dem Kunstbeirat geführt, um die kritisierten Missstände zu adressieren, und welche konkreten Maßnahmen wurden ergriffen, um die Arbeitsfähigkeit des Gremiums zu verbessern?
  2. Welche Schritte unternimmt die Verwaltung, um das durch den Rücktritt der stimmberechtigten Mitglieder entstandene Vakuum zeitnah zu füllen?
  3. Gibt es bereits Überlegungen oder Pläne zur strukturellen oder inhaltlichen Neuausrichtung des Kunstbeirats?
  4. Wie bewertet die Verwaltung die in der Rücktrittserklärung geäußerte Kritik?
  5. Welche Konsequenzen zieht die Verwaltung aus dem Rücktritt der stimmberechtigten Mitglieder für die künftige Einbindung fachlicher Expertise im Bereich Kunst im öffentlichen Raum?

Die Antworten darauf soll es in der Sitzung am 25. März 2025 geben. Fraglich ist tatsächlich, ob sich noch Persönlichkeiten finden, die ehrenamtlich in einem Gremium mitarbeiten, welches regelmäßig übergangen wird.

Die Kulturinitiative RESPEKT, Logo von Birgit Mager und Steffen Missmahl
Die Kulturinitiative RESPEKT, Logo von Birgit Mager und Steffen Missmahl

RESPEKT – eine Kulturinitiative für Köln

Der Künstler Lutz Fritsch lässt sich mittlerweile von Yasmin Mahmoudi, Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz, vertreten. Aber auch die Stadtgesellschaft macht mobil. So hat sich die Initiative RESPEKT gegründet. Zu den Initiatoren gehören unter anderem

  • Birgit Mager, Design-Professorin der TU Köln,
  • Bruno Wenn, Vorsitzender des Kölner Kulturrats,
  • Jochen Heufelder, Kurator,
  • Peter Pauls, Vorsitzender Kölner Presseclub,
  • Barbara Hosmann, Vorstand der Freunde der Artothek Köln und
  • Ulrich S. Soénius, Historiker und Direktor des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs.
Ulrich S. Soénius, Sprecher der Kulturinitiative REPEKT und Direktor des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs, Bild: Elke Wetzig, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Ulrich S. Soénius, Sprecher der Kulturinitiative REPEKT und Direktor des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs, Bild: Elke Wetzig, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Soénius verurteilt die Planung der Stadt deutlich: „Moderne Stadtplanung achtet historische Strukturen, hält sich an Verträge und vermeidet Betonungetüme, die auf Jahrzehnte hinaus das Stadtbild verschandeln. Alles dies beachten die Brückenplaner und Verantwortlichen in der Stadt mit den vorgelegten Plänen am Verteilerkreis nicht.“

RESPEKT ist kämpferisch

Nach eigener Aussage wünscht sich die Initiative mehr Respekt. „Allein der Sachzwang regiert. Standortmitte ist für uns ein herausragendes Beispiel für die vielen Respektlosigkeiten in der Stadt Köln. Wir wünschen dieser Stadt, an der wir alle hängen, mehr Respekt. Für andere und damit für sich selbst.“

„RESPEKT – eine Kulturinitiative für Köln“ lädt alle Interessierten ein, sich für eine Stadt einzusetzen, in der ein Wort gilt, ein Vertrag respektiert wird und in der verantwortungsvoll mit der Entwicklung einer respektvollen Zukunft umgegangen wird.

Das klingt wunderbar – aber aktuell leider nicht nach Köln.


Film zur „Standortmitte“ am 30. März 2025 (11.30 Uhr) im Odeon Kino

Der Film beobachtet die komplizierte und teilweise spektakuläre Herstellung der riesigen Stelen, in der schwerer Stahlbau auf exklusive Feinmechanik trifft. In Zusammenarbeit mit Firmen aus der Region betritt Fritsch auch in technischer Hinsicht Neuland – es darf nichts Geringeres entstehen als das perfekte Rohr. Gleichzeitig gibt der Film einen Einblick in die künstlerische Konzeption des Projektes Standortmitte und die Innenwelt des Künstlers Lutz Fritsch. 

Nach der Aufführung wird Künstler Lutz Fritsch im Gespräch mit dem Autor des Films Gerhard Schick und Initiatoren der Kulturinitiative RESPEKT über das Projekt und den aktuellen Status sprechen.

Tickets gibt es direkt beim Odeon Kino.


„Ich engagiere mich, weil mir die Kultur in Köln und ein respektvoller Umgang mit ihren Künstler*innen und deren Kunstwerken am Herzen liegt und dies auch in den städtischen Planungen erkennbar sein muss“.
Barbara Hosmann, Vorstand Freunde der artothek Köln

RESPEKT sucht Mitstreiter

Alle Informationen zur Kulturinitiative RESPEKT sind auf der Website, auf Instagramm und auf LinkedIn zu finden.


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Ein paar Fragen an den „KöbesColonius“ – Unterwegs auf dem Friedhof Melaten

Der imposante Eingang des Melaten-Friedhofs an der Aachener Strasse. Die Inschrift "Funeribus Agrippinensium Sacer Locus" bedeutet "Für die Gräber der Kölner heiliger Ort", Bild: Raimond Spekking
Der imposante Eingang des Melaten-Friedhofs an der Aachener Straße. Die Inschrift „Funeribus Agrippinensium Sacer Locus“ bedeutet „Für die Gräber der Kölner heiliger Ort“, Bild: Raimond Spekking

Friedhöfe sind immer ganz spezielle Orte. So auch Kölns bekanntester Friedhof Melaten.

Die Liste der auf Melaten bestatten Prominenten ist ewig lang. So wurden unter anderem Dirk Bach, Alfred Biolek, Christoph Daum, Johann Maria Farina, Peco Bauwens, Wilhelm Riphahn, Adam Wrede, Mathilde von Mevissen, Alfred Nourney, Nicolaus Otto, Karl Küpper, Willi Ostermann, Hans Imhoff oder Klaus Ulonska hier beigesetzt.

Der KöbesColonius mit einer Gruppe auf dem Friedhof Melaten, Bild: Guido Hofmann
Der KöbesColonius mit einer Gruppe auf dem Friedhof Melaten, Bild: Guido Hofmann

Rundgang mit dem „KöbesColonius“ Guido Hofmann über  Melaten

Und einer kennt sie alle: Der Kölner Stadtführer und Melaten-Experte Guido Hofmann. Als „KöbesColonius“ führt er seit 2015 Menschen durch Köln – und auch über den Melaten-Friedhof.

Frank und Uli durften im Podcast „Das Köln-Ding der Woche“ mit Guido einen kleinen Rundgang über diesen Friedhof machen. Alles zu den Touren & Terminen des KöbesColnius gibt es gibt es auf seiner Website.


Der "KöbesColonius" Guido Hofmann auf der berühmten Bank am Grab von Dirk Bach, Bild: Guido Hofmann
Der „KöbesColonius“ Guido Hofmann auf der berühmten Bank am Grab von Dirk Bach, Bild: leff richter

Genau wie alle anderen Menschen in der Rubrik „Ein paar Fragen an …“ hat auch Guido zu meinen „kölschen Fragen“ Rede und Antwort gestanden.

 

  1. Wenn nicht Köln – wo sonst könntest du wohnen? Und warum gerade dort?
    Kommt nicht in Frage
  1. Welche kölsche Eigenschaft zeichnet dich aus?
    Immer positiv denken – et hät noch emmer jot jejange !
  1. Was würdest du morgen in unserer Stadt ändern?
    Alle Baustellen fertig zaubern
  1. Nenne ein/zwei/drei Gründe, warum man Köln morgen verlassen sollte.
    Baustellen- und Verkehrs-Chaos, das Un-koordinierte an vielen Stellen in der Stadt
Im "Dialog": Die Himmelssäule und der Dom, Bild: HOWI - Horsch, Willy, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Wo auch sonst? Vor, um und im Dom hält sich der KöbesColonius am liebsten auf, Bild: HOWI – Horsch, Willy, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
  1. Wo ist dein Lieblingsplatz in Köln?
    Vor, um und im Dom
  1. Welche KölnerInnen haben dich beeinflusst / beeindruckt?
    Willy Millowitsch, Hans Süper, Wolfgang Oelsner
  1. Was machst du zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch?
    Feiern – und keine Stadtführungen
  1. Und was zwischen Aschermittwoch und Weiberfastnacht?
    Stadtführungen und bei vielen Gelegenheiten feiern und Köln besuchen
  1. Wat hät für dich noch immer jood jejange?
    Am Ende gab es bei den vielen Herausforderungen in 2.000 Jahren Kölner Geschichte immer eine Lösung
  1. Wo drüber laachs de dich kapott?
    Colonia Duett, Der Sitzungspräsident
Kult: Die Gaststätte Lommerzheim in Deutz, Bild: Andreas Lofner
Guidos kölsche Lieblingskneipe: Der „Lommi“ in Deutz, Bild: Andreas Lofner
  1. Dein Kölsche Lieblingskneipe?
    Lommi
  1. Dein Lieblingskölsch?
    Schreckenskammer Kölsch
Himmel un Ääd - eine rheinische Spezialität aus Kartoffelpüree, Apfelmus, Zwiebeln und gebratener Blutwurst, Bild: Anagonia
Himmel un Ääd – das kölsche Lieblingsgericht vom KöbesColonius, Bild: Anagonia
  1. Was ist dein kölsches Lieblingsgericht?
    Himmel un Ääd
  1. Dein Lieblingsschimpfwort auf Kölsch?
    Schäl Pann Ääpel1Guido übersetzt das mit „Bekloppte Pfanne Kartoffeln“
  1. Bitte vervollständige den Satz: Köln ist …

…einfach ein tolles Gefühl


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Die riesige Eistüte am Neumarkt – „Wat soll dä Quatsch?“

Neumarkt-Galerie, Köln mit Skulptur Dropped Cone - Claes Oldenburg und Coosje van Bruggen, Bild: Raimond Spekking
Neumarkt-Galerie, Köln mit Skulptur „Dropped Cone“ von Claes Oldenburg und Coosje van Bruggen, Bild: Raimond Spekking

Kölns größte Eistüte befindet sich am Neumarkt. Mehr als zwölf Meter hoch ragt das riesige Objekt in den Himmel. Satte drei Tonnen, oder umgerechnet so schwer wie 37.500 Eisbällchen, wiegt das Kunstwerk „Dropped Cone“ von Claes Oldenburg (1929 – 2022) am Gebäude der Neumarktgalerie.  

„Wat soll dä Quatsch?“

Touristen rätseln und auch Einheimische fragen sich „Wat soll dä Quatsch?“. Und damit hat Oldenburg sein Ziel erreicht. Er selbst hat die Bedeutungslosigkeit seiner Kunst zum Konzept erklärt: „Die Bedeutung darin wird zweifelhaft und uneinheitlich bleiben – und genau so sollte es sein.“ Und so formte Oldenburg reichlich Alltagsgegenstände – immer in XXL-Varianten. Etwa eine riesige Spitzhacke, einen gigantischen Lippenstift, einen Stecker in der Größe einer Garage oder die gigantische Kölner Eistüte.

Oldenburg-Skulptur "Spitzhacke", Bild: Cherubino, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons
Oldenburg-Skulptur „Spitzhacke“, Bild: Cherubino, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

Mit seinen Kolossalobjekten wurde der 1929 in Stockholm geborene und am 18. Juli 2022 in New York verstorbene Oldenburg neben Roy Lichtenstein und Andy Warhol zu einem der bedeutendsten Vertreter der Pop Art.

Oldenburg-Skulptur "Plantoir", Bild: Manuelvbotelho, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Oldenburg-Skulptur „Plantoir“, Bild: Manuelvbotelho, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Vielfältige Interpretationen der Kölner Eistüte

Die Kölner Eistüte wurde im März 2001 auf dem Gebäude der Neumarkt Galerie, ein Einkaufszentrum direkt am Neumarkt, installiert. Die Betreiber der Neumarkt Galerie zahlten auch die Kosten in Höhe von 3 Mio. DM für dieses Kunstwerk. 

Ganz im Sinne von Oldenburg wurde seit dem Tag der Installation munter interpretiert, was denn die Bedeutung der Skulptur sein könnte. So wurde das schmilzende Eis schnell als Symbol der „Vergänglichkeit des Konsums“ ausgelegt.

Sogenannte "Niederländer" für Fahrten auf dem Rhein bis zur Nordsee. Am linken Bildrand ist das Holzgestell zu erkennen, welches die Anlegestellen der Ober- und Niederländer trennt, Bild: Ausschnitt aus der Stadtansicht von Anton Woensam, 1531
Köln als eine „Stadt der Kirchtürme“ zu bezeichnen ist nicht ganz von der Hand zu weisen, hier ein Ausschnitt aus der Stadtansicht von Anton Woensam, 1531

Eine andere Sichtweise wird auf Oldenburgs Kollegin und Ehefrau Coosje van Bruggen (1942 – 2009) zurückgeführt. Oldenburg und seine Frau hatten sich Postkarten von Köln zeigen lassen und Coosje van Bruggen hatte angemerkt, dass Köln offensichtlich eine Stadt der Kirchtürme sei. Und somit wurde der Eistüte eine fast schon sakrale Aussage angedichtet, weil diese an die Kirchtürme der Kölner Skyline erinnern würde. Und diese Interpreation ist auch mein Favorit – als eine Huldigung ans „Hillije Kölle“ in der Geschmacksrichtung Vanille. Unbestätigten Aussagen zufolge waren urspünglich sogar zwei Eishörnchen geplant, die an die beiden Türme des Doms erinnern sollten.

Noch einen Schritt weiter geht die Auslegung, dass mit diesem „Kirchturm aus Eis“ die Neumarktgalerie mit ihren Geschäften zum „Tempel des Konsums“ uminterpretiert wird.

Die Künstler selber wiesen auch darauf hin, dass im Namen der Skulptur „Dropped Cone“ sogar Buchstaben des Stadtnamens „Cologne“ zu finden sind. 

Der legendäre Domkran als Vorbild

Volker Hein hat recht: Der Domkran muss die Vorlage für Oldenbourgs Plastik "Dropped Cone" gewesen sein. Bild: Auszug aus der Stadtansicht von Anton Woensam, 1531 (links), Foto von Volker Hein (rechts)
Volker Hein hat recht: Der Domkran muss die Vorlage für Oldenbourgs Plastik „Dropped Cone“ gewesen sein. Bild: Auszug aus der Stadtansicht von Anton Woensam, 1531 (links), Foto von Volker Hein (rechts)

Die vielleicht schönste Interpretation stammt vom Schauspieler und Stadtführer Volker Hein: Er hat erkannt, dass das Eishörnchen von Claes Oldenbourg fast exakt dem Domkran entspricht.

Dieser hölzerne Drehkran wurde im 14. Jahrhundert auf dem Südturm des Kölner Doms installiert und war zwar nur etwa 50 Jahre lang im Einsatz, prägte  aber als Wahrzeichen das Kölner Stadtbild bis zu seinem Abbau im Jahr 1868. Und die Ähnlichkkeit zwischen Eishörnchen und Domkran ist tatsächlich erstaunlich. 

Ganz einfach: Köln bietet zu wenig Platz für Kunst!

Auch wenn es reichlich Spekulationen über die Aussage des Kunstwerks gibt ist der Hintergrund für die Platzierung der Skulptur eindeutig.

Oldenburg dazu: „Da wir den genauen Standort für das Werk frei wählen konnten, suchten wir nach einem Platz im Freien und entschieden uns, unsere Skulptur auf dem Dach des Einkaufszentrums zu platzieren, da die Straßen in Köln so überfüllt sind.“

Und wer den verkehrsumtosten Neumarkt und die beengten Kölner Verhältnisse kennt, kann dem weltberühmten Künstler nur beipflichten.


Sehenswürdigkeiten rund um den Kölner Neumarkt, Bilder: Uli Kievernagel, Raimond Spekking
Sehenswürdigkeiten rund um den Kölner Neumarkt, Bilder: Uli Kievernagel, Raimond Spekking

Rund um den Neumarkt gibt es viel zu erkunden!

Am Neumarkt steht nicht nur die riesige Eistüte von Claes Oldenburg, sondern auch die von Rodin geschaffene Skulptur des französischen Schriftstellers Balzac. Etwas versetzt hinter der Neumarktgalerie, in der Richmodstraße, findet sich der Richmodisturm mit den beiden sagenumwobenen Päädsköpp. Auf der Südseite des Platzes steht ein Gebäude mit bewegter Geschichte: Das Bing-Haus. Und zu Geschäftszeiten lohnt sich ein Abstecher in die benachbarte Schalterhalle der Kreissparkasse – dort gab es 4711 kostenlos.


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Bläck Fööss – Zeitreise durch mehr als 50 Jahre kölsche Musikgeschichte

Die Bläck Föös in ihrer aktuellen (Anfang 2025) Besetzung, Bild: Kay-Uwe Fischer
Die Bläck Föös in ihrer aktuellen (Anfang 2025) Besetzung, Bild: Kay-Uwe Fischer


In den 1970er Jahren war der Sitzungskarneval sehr angestaubt. Langweilige Sitzungen mit nichtssagender Musik, Abendgarderobe und eher steifen als  lustigen Karnevalisten waren die Regel.

Und dann kamen auf einmal ein paar langhaarige Jungs auf die Bühne, am Anfang noch met bläcke Fööss1barfuß, mit Gitarre und Schlagzeug und fingen an, kölsche Lieder zu spielen, wo vorher noch eher festlich hochdeutsche Lieder vorgetragen wurden.

Die Bläck Fööss in den 1970er Jahren, Bild: Bläck Fööss
Die Bläck Fööss in den 1970er Jahren, Bild: Bläck Fööss

Der Versuch der etablierten, offiziellen Kappenträger, diese Band einfach zu ignorieren, ging gehörig daneben.2Ein Muster übrigens, was sich etwa 30 Jahre später bei Brings wiederholen sollte. Die Menschen wollten genau diese Musik hören. 

Das war die Geburtsstunde einer kölschen Erfolgsgeschichte:
Die Bläck Fööss eroberten die Bühnen.

Examen an der „Akademie för uns kölsche Sproch“

Wie so viele aus den Jahrgängen ab etwa Mitte 1960 sind auch Jörg Hauschild und Ekkehard „Ekki“ Hoffmann mit der Musik der Fööss aufgewachsen. Und als die beiden dann ihr Examen an der „Akademie för uns kölsche Sproch“ gemacht haben, wurde aus einer Idee Realität: Ihre Abschlussarbeit an der Akademie haben beide zusammen über die “Mutter aller kölschen Bands” – die Bläck Fööss – geschrieben.

Ekkehard „Ekki“ Hoffmann (links) und Jörg Hauschild mit ihrer Diplomarbeit über dei Bläck Fööss, Bild: Ekki Hoffmann
Ekkehard „Ekki“ Hoffmann (links) und Jörg Hauschild mit ihrer Diplomarbeit über dei Bläck Fööss, Bild: Ekki Hoffmann

Die beiden haben sich äußerst akribisch in die Geschichte der Fööss eingearbeitet und auch mit den Musikern aus der Band direkt gesprochen.

Einzigartig ist, dass diese Arbeit die erste Diplomarbeit an der „Akademie för uns kölsche Sproch“ ist, die bilingual erscheint: Auf Kölsch und Hochdeutsch. Ein absolutes Novum in der Geschichte der Akademie.

Diplomarbeit hier zum Download

Ich freue mich SEHR, dass die beiden mir erlaubt haben, diese sehr lesenswerte Diplomarbeit hier zum Download anzubieten.

Die Diplomarbeit von Jörg Hauschild & Ekkehard Hoffmann: "Heimatflimmern Bläck Fööss - Zeitreise durch mehr als 50 Jahre Musikgeschichte", Quelle: Hauschild & Hoffmann
Die Diplomarbeit von Jörg Hauschild & Ekkehard Hoffmann: „Heimatflimmern
Bläck Fööss – Zeitreise durch mehr als 50 Jahre Musikgeschichte“, Quelle: Hauschild & Hoffmann (Der Download startet bei klick auf die Darstellung.)

Interview mit den Bläck Fööss-Experten

Frank und ich durften mit den beiden sprechen. Gemeinsam haben wir eine Zeitreise zu 50 Jahren Bläck Fööss unternommen.

Die beiden Bläck Fööss-Experten Ekki und Jörg bei der Podcast-Aufnahme, Bild: Uli Kievernagel
Die beiden Bläck Fööss-Experten Ekki und Jörg bei der Podcast-Aufnahme, Bild: Uli Kievernagel

Teil I: Die Anfänge bis 1994

Wir haben über die Anfänge mit Graham Bonney und dem „Rievkooche-Walzer“ gesprochen, über das durchaus zwiespältige Gefühl der Fööss zum Karneval und über den ersten großen Umbruch mit dem Ausstieg von Tommy Engel im Jahr 1994.

Teil II: Die Geschichte der Fööss von den 1990ern bis heute

Im zweiten Teil geht es um die Meilensteine der Bandgeschichte und den langsamen Ausstieg der Ur-Fööss aus der Band. Außerdem wagen die beiden Fööss-Experten einen Blick in die Zukunft.


Genau wie alle anderen Menschen in meiner Rubrik „Ein paar Fragen an …“ haben auch Ekki Hoffmann und Jörg Hauschild den „kölschen Fragen“ Rede und Antwort gestanden.

  1. Wenn nicht Köln – wo sonst könntest du wohnen? Und warum gerade dort?

Ekki: Kopenhagen, die Dänen haben uns viel voraus

Jörg: Da, wo ich jetzt wohne, in Bergisch Gladbach – Schildgen

  1. Welche kölsche Eigenschaft zeichnet dich aus?

Ekki: Toleranz

Jörg: Hätzlich un bodenständich

  1. Was würdest du morgen in unserer Stadt ändern?

Ekki: Autofreie Innenstadt

Jörg: Die zielgerichtete Zusammenarbeit

  1. Nenne ein/zwei/drei Gründe, warum man Köln morgen verlassen sollte.

Ekki: Die Oper wird nie fertig / Entscheidungs-/Umsetzungsstau / Parken in zweiter Reihe ohne Konsequenzen

Jörg: Häh?

  1. Wo ist dein Lieblingsplatz in Köln?

Ekki: Rheinufer mit Blick auf den Dom

Das Millowitsch-Denkmal. Einfach mal neben Willi Platz nehmen, Bild: Ruth Rudolph / pixelio.de
Willi Millowitsch hat Ekki und auch Jörg inspiriert, hier das Millowitsch-Denkmal. Bild: Ruth Rudolph / pixelio.de
  1. Welche KölnerInnen haben dich beeinflusst / beeindruckt?

Ekki: Willy Millowitsch, Wolfgang Overath

Jörg: Jupp Menth, Willi Millowitsch und Wolfgang Niedecken

Wolfgang Niedecken mit Background-Sängerin Karen Schweitzer-Faust bei einem BAP-Konzert in der Sporthalle (1991) , Bild: Achim Scheidemann
Wolfgang Niedecken, hier mit Sängerin Karen Schweitzer-Faust, hat Jörg beinflusst. Bild: Achim Scheidemann
  1. Was machst du zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch?

Ekki: Mit netten Menschen Karneval feiern

Jörg: Fasteloovend fiere

  1. Wat hät für dich noch immer jood jejange?

Ekki: Trotz allem kritischen liebe ich diese Stadt

Jörg: Meiner Berufung nachgehen, ich arbeite in der touristischen IT und bin ein Schützenjunge

  1. Wo drüber laachs de dich kapott?

Ekki: Über die Sicht von außen auf Köln

Jörg: Alberner Humor und immer Situationskomik

  1. Dein Kölsche Lieblingskneipe?

Ekki: In der Jugend das Piranha

Jörg: Et Höttche oder Max Stark

  1. Dein Lieblingskölsch?

Ekki: Sünner Malz

Jörg: Ratet mal (siehe oben)3Sowohl im Max Stark als auch im Höttche wird Päffgen-Kölsch ausgeschenkt.

Halve Hahn, Bild: Superbass / CC-BY-SA-4.0 (via Wikimedia Commons)
Ekkis Lieblingsgericht: Ne Halve Hahn, Bild: Superbass / CC-BY-SA-4.0 (via Wikimedia Commons)
  1. Was ist dein kölsches Lieblingsgericht?

Ekki: Halver Hahn

Jörg: Himmel un Ääd

  1. Dein Lieblingsschimpfwort auf Kölsch?

Ekki: Lällbeck

Jörg: Sackjeseech … da gibt es auch ein  schönes Lied zu

  1. Bitte vervollständige den Satz: Köln ist …

Ekki: … Heimat

Jörg: … e Jeföhl


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Wähl am Sonndach met – och ding Stemm zällt!

Wahlaufruf 2025

 

Frank & ich haben lange überlegt, ob wir in unserem „Köln-Ding der Woche“ etwas zur Bundestagswahl am 23. Februar 2025 sagen sollen und waren uns eher unschlüssig. Doch dann haben wir zusammen an der Theke gestanden und das Lied „Su lang die Welt sich drieht“ von Brings gehört und  lautstark mitgesungen:

Mer stonn all, an d‘r Thek
Su lang die Welt sich drieht
Wenn d‘r kölsche Jung opsteiht,
un för uns Freiheit op die Strosse jeiht
Denn he in Kölle do sin mer frei,
dat wor schon immer su und bliev dobei.

Aber was sagt uns das Lied? Wie lange sind wir denn noch frei? Und vor allem: wie lange bleibt es dabei?

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Mehr Informationen

Bundestagswahlen könnten alles auf den Kopf stellen 

An dem Wahl-Sonntag im Februar 2025 kann sich die Welt, wie wir sie kennen, verändern. Die jetzige Parteienlandschaft mit den verhärteten und oft beleidigenden Fronten zwischen den demokratischen Parteien und die derzeitigen Wahlprognosen machen Frank und mich sehr nachdenklich.

Auch wenn wir Kölner bei den letzten Wahlen gezeigt haben:

  • Dass wir Parteien, die nicht auf dem Fundament des Grundgesetzes stehen, eher nicht unsere Stimme geben.
  • Dass wir Parteien, die mit Lügen, Hass und faschistischen Elementen unser Land verpesten, keine Chance gaben.
  • Dass eine Partei, die vom Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich beobachtet wird, in Köln nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Die AfD mit dem bundesweit zweitniedrigsten Stimmenanteil im Wahlkreis Köln II bei der Bundestagswahl 2021, Quelle: Bundeswahlleiterin
Die AfD mit dem bundesweit zweitniedrigsten Stimmenanteil im Wahlkreis Köln II bei der Bundestagswahl 2021, Quelle: Bundeswahlleiterin

Wir sind auch ein wenig stolz: Direkt nach Münster war unser Wahlkreis hier im Kölner Süd-Westen, das ist der Wahlkreis Köln II, bei der letzten Bundestagswahl der Wahlkreis mit dem zweitgeringstem Stimmanteil für die AfD. Die braunen Populisten haben bei uns nur 2,9 Prozent der Zweitstimmen bekommen. Bundesweit lag die AfD bei 10,3%.

Aber nach der Wahl ist vor der Wahl. Ergebnisse aus der Vorsaison interessieren im Fußball auch nicht mehr.

„Ich als Einzelner kann doch nichts machen.“  FALSCH! 

Immer wieder hört man: Was können wir denn nun tun? Der Einzelne kann doch gar nichts machen? Das ist aus unserer Sicht eine falsche Sichtweise, denn viele Einzelne sind eine große Menge und können den Ausschlag dafür geben, dass die Wahl am Sonntag zu Gunsten einer stabilen Demokratie ausgeht.

„Wähl am Sonndach met – och ding Stemm, die zählt!“

Um möglichst viele Kölsche an die Wahlurnen zu bringen, haben sich erstmals in ihrer über 150jährigen gemeinsamen Historie der Chor der Oper Köln und die Bühnenspielgemeinschaft im Kölner Männer-Gesang-Verein „Cäcilia Wolkenburg“ zusammengetan und singen gemeinsam den Bläck Fööss-Klassiker von 1971, „Drink doch ene met“ – allerdings mit dem Anlass angepassten Text: „Wähl am Sonndach met“.

„Wähl am Sonndach met“ - der gemeinsame Wahlaufruf vom Chor der Oper Köln und Cäcilia Wolkenburg
„Wähl am Sonndach met“ – der gemeinsame Wahlaufruf vom Chor der Oper Köln und Cäcilia Wolkenburg (Video startet bei einem Klick auf das Bild) 

Läuft denn alles rund in Deutschland? Leider nein! 

Natürlich nicht, aber das war in der demokratischen Geschichte Deutschlands schon immer so. Hinzu kommt, dass die Welt immer komplizierter wird und es keine einfachen Lösungen gibt.

Die bestehenden Probleme Klima, Wirtschaft, Bildung, Armut, zu teure Mieten und auch Migration werden aber nicht durch knackige Tweets, dumme TikTok Videos, Fake News, leere Versprechungen, dem Verbreiten von Angst, Beschimpfungen oder der Diskriminierung von Minderheiten gelöst. Im Übrigen auch nicht durch die eine starke Frau oder den einen starken Mann, die endlich mal auf den Tisch hauen.

Geht wählen! Aber nicht die AfD! 

Daher fordern wir Euch auf: Geht am Sonntag, 23. Februar 2025 wählen. Und bewegt alle in Eurem Umfeld, zur Wahl zu gehen. Habt Ihr Facebook / Instagram oder was auch immer, traut Euch und ruft durch einen Post zur Wahl einer demokratischen Partei auf.

Tommy Engel bezieht eindeutig Stellung gegen Rassismus, Bild: Uli Kievernagel
Tommy Engel bezieht eindeutig Stellung gegen Rassismus, Bild: Uli Kievernagel

Lasst uns eine Gemeinschaft werden, die nicht nur an der Theke zusammensteht und lasst uns die Freiheiten verteidigen, die wir alle für uns einfordern und behalten wollen. Stärkt deshalb die demokratischen Parteien – und wählt nicht die AfD. Denn die AfD ist weder eine Alternative noch für Deutschland.

Arsch huh – und zwar am 23. Februar 2025!

Und erinnert Euch an die Zeilen aus dem Arsch Huh Lied:

Wenn mir der Arsch nit huh krieje is et eines Daachs zu spät.

Lasst uns etwas dafür tun, dass wir nicht zu spät kommen. Nazis hatten wir schon mal in Deutschland – war scheiße.

Und wir fordern auch die demokratischen Politiker aus dem neu zu wählenden Bundestag auf, sich gemeinsam konstruktiv und respektvoll mit den Problemen des Landes auseinander zu setzen.

Wenn jetzt der ein oder andere das Köln-Ding nicht mehr lesen oder hören will, weil wir uns klar gegen rechts positionieren, dann ist uns das ehrlich gesagt ziemlich egal.

Denn Demokratie ist es, auch andere Meinungen auszuhalten, aber nur wenn sie auf dem Boden des Grundgesetzes fußen und nicht beleidigend, diskriminierend und herabsetzend formuliert werden. Selbstverständlich gilt das auch für uns beide.

Die größte Demo gegen rechts: 23. Februar 2025 in deinem Wahllokal

Unsere klare unmissverständliche Botschaft: Geht am Sonntag wählen! Macht euer Kreuz egal wo, aber bitte nicht bei der AfD!

Ihr müsst nicht viel tun – nur unbedingt eure Stimme einer demokratischen Partei geben. 

Denn he in Kölle do sin mer frei,
dat wor schon immer su und bliev dobei.1Brings: „Su lang die Welt sich drieht“

Frank Mausbach & Uli Kievernagel


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Herzlichen Glückwunsch: 75 Jahre KAJUJA

Die KAJUJA-Sitzung
Die KAJUJA-Sitzung „Jeck-is-jeil“, Bild: Uli Kievernagel

Die KAJUJA ist eine Vereinigung, die sich um die Nachwuchs-Förderung im Kölner Karneval kümmert. Diese kölsche Institution feiert im Jahr 2025 ihren 75. Geburtstag. Hier haben unzählige Karnevalskarrieren begonnen. Dazu gehören unter anderem:

  • Cat Ballou
  • Die Höhner
  • Gerd Rück – Der Weltenbummler
  • Hans Süper und Hans Zimmermann – Das Colonia Duett
  • Jörg Runge – Der Tuppes vum Land
  • Kasalla
  • Ludwig Sebus
  • Marita Köllner – Et fussisch Julche
  • Miljö
  • Philipp Godart
  • Querbeat
  • Volker Weininger – Der Sitzungspräsident
  • Willibert Pauels – Ne Bergische Jung

Diese und viele weitere Künstler sind bei der KAJUJA in den Karneval gestartet – der kölsche Fastelovends-Huhadel!

Vorstellabend als „Sprungbrett“ in den Karneval

Der Start in eine Redner- oder Musikerkariere im Karneval ist nicht einfach. Die kommenden Künstler müssen die Literaten1Literaten sind die heimliche Macht im Sitzungskarneval. Ein Literat stellt das Programm der Sitzungen zusammen und bucht die Redner, Bands und Tanzgruppen. auf sich aufmerksam machen.

Philipp Godart - moderne Popmusik op kölsche Art. Bild: Philipp Godart
Der Musiker Philipp Godart – war auch auf einem Vostellabend der KAJUJA, Bild: Philipp Godart

Das passiert bei sogenannten „Vorstellabenden“. Auf diesen Veranstaltungen dürfen sich Künstler, die zuvor einen Auswahlprozess durchlaufen haben, den Literaten vorstellen. Der Musiker Philipp Godart erinnert sich an „seinen“ Vorstellabend im Jahr 2019:

„Das ist für alle Beteiligten etwas anstrengend, weil man im Viertelstundentakt einen nach dem anderen Künstler sieht. Man selber ist total aufgeregt auf der Bühne: Man hat nur 15 Minuten Zeit, um sich irgendwie zu präsentieren. Und dann geht es ab ins Foyer und im besten Fall kommen die Literaten auf einen zu und sagen Mensch – dat wor jood! Spill doch bei uns!“

Nicht nur die KAJUJA, sondern auch andere Künstlervereinigungen wie zum Beispiel der „Stammtisch Kölner Karnevalisten“ oder der „Klub Kölner Karnevalisten“ veranstalten solche Vorstellabende.

„Jeck es jeil“-Sitzungen mit den Spitzenkräften des kölschen Karnevals

Wenn man es dann über den Vorstellabend der KAJUJA auf die Karnevalsbühnen geschafft hat, bleiben viele Karnevalisten der KAJUJA eng verbunden. Daher sind auch die beiden jährlichen „Jeck es jeil“-Sitzungen der KAJUJA immer wieder ein Treffen der Spitzenkräfte des kölschen Fasteleers.

Auch Jörg Runge, der
Auch Jörg Runge, der „Tuppes vom Land“, war auf einem Vorstellabend der KAJUJA, Bild: Uli Kievernagel

Jörg Runge, der Tuppes vom Land, tritt auch noch regelmäßig auf den Sitzungen auf. „Ihr wart die ersten, die mich auf die Bühne gestellt haben“, bedankte er sich im Februar 2025 bei der KAJUJA-Sitzung.

Namensherkunft unklar

Nicht nur Auswärtige, sondern auch Urkölner scheitern allerdings an der eindeutigen Bestimmung des Namens der KAJUJA. Um es vorwegzunehmen: So ganz genau kann niemand den Namen erklären.

Basis des Namens ist der Begriff Ajuja Wenn der Kölner im Karneval seine Freude laut herausrufen will, dann ruft er „Ajuja“. So heißt es auch in dem gleichnamigen Karnevalslied: „Ajuja, ajuja, jetz jeht et widder ajuja, jetz jeht et Loss.“ Übrigens handelt es sich laut Aussage des Kölner Erzbistums bei „Ajuja“ um eine Verballhornung des Lobgesangs „Halleluja“.

Helmut Frangenberg schreibt über die Namensfindung der KAJUJA:

Man weiß es nicht mehr so ganz genau. Irgendwie, irgendwo war er plötzlich da: Der Name für den „bunten Abend der katholischen Jugend“ Kölns. Es ranken sich Legenden um die Frage wie aus diesem „bunten Abend“ die „KAJUJA“ wurde.

Die Geburtsstunde des Namens muss irgendwann am frühen Morgen des 26. Januar 1950 liegen. Darüber herrscht noch weitgehende Einigkeit. Beim Geburtsort und den Geburtshelfern wird es schon schwieriger. Wahrscheinlich waren es Jugendliche aus Flittard, die in bester Laune von den Sartory-Sälen nachhause zogen. Die letzten Busse waren weg. Der bunte Abend der katholischen Jugend hatte etwas länger gedauert als geplant, und so musste man zu Fuß nach Flittard gehen. Hier soll dann irgendjemand aus „Ajuja“ „Kajuja“ gemacht haben. Eine spontane Wortschöpfung also, nicht das Ergebnis irgendeiner Vorstandssitzung oder Jahreshauptversammlung.

Dass es ausgerechnet ein „K“ vor dem „Ajuja“ wurde, war sicherlich kein Zufall. Das „K“stand für „katholisch“2.„Die Anfänge der Kölner KAJUJA“, https://kajuja.de/media/downloads/Historie.pdf, heruntergeladen am 15. Januar 2025

Pfarrsitzungen als Nährboden der KAJUJA

Bereits lange vor der Gründung der KAJUJA gab es die Pfarrsitzungen. Diese Sitzungen gehören zu den Grundfesten des kölschen Karnevals. Grundsätzlich handelt es sich dabei um Kostümsitzungen, die in den Veedeln gefeiert werden. Hier schunkelt die Nachbarschaft miteinander – übrigens vollkommen unabhängig von der Religion. Und das bei einem vergleichsweise günstigen Eintritt und auch Bewirtung zu normalen Preisen.

Pfarrsitzungen sind bunt, bodenständig und bezahlbar, wie hier in St. Pius, Köln-Zollstock, Bild: Uli Kievernagel
Pfarrsitzungen sind bunt, bodenständig und bezahlbar, wie hier in St. Pius, Köln-Zollstock, Bild: Uli Kievernagel

Auch in der Nachkriegszeit waren die Pfarrsitzungen von besonderer Bedeutung. Was aber fehlte war eine spezielle Karnevalsveranstaltung für die Jugend. Um dafür ein Programm zusammenzustellen, tingelten Rudi Conin, Stadtjugendführer der Kölner katholischen Jugend und Stadtjugendkaplan Reinhard Angenendt auf der Suche nach geeigneten Rednern, Musikern und Tanzgruppen über die verschiedenen Pfarrsitzungen. Klare Leitlinie der Suche war: „Nur eigene Kräfte und alle umsonst.“

Am 25. Januar 1950 war es dann so weit: In den Sartory-Sälen fand „Der bunte Abend“ mit den von Conin und Angenendt angeworbenen Kräften statt. Der Name KAJUJA wurde dann nur ein paar Stunden später geboren.

Widerstände von den Kirchenoberen, dem Festkomitee und dem Jugendschutz

Mit dem großen Erfolg der ersten Veranstaltung wuchs auch unmittelbar der Widerstand:

  • Die Kirchenoberen witterten einen Skandal – schunkelten doch evangelische und katholische Christen gemeinsam. Die Organisatoren wurden zum Rapport vorgeladen. Außerdem waren die oberen Kirchenherren skeptisch, ob 1949 bereits die richtige Zeit wäre, Karneval zu feiern. Das sahen die lebenslustigen jungen Menschen selbstverständlich ganz anders.
  • Dass bei der Sitzung im Sartory Wein ausgeschenkt wurde, rief die „Arbeitsgemeinschaft Jugendschutz der Landesregierung“ auf den Plan.
  • Und dann war da noch das Festkomitee. Die offiziellen Mützenträger fürchteten die Konkurrenz und untersagten den im Festkomitee organisierten Gesellschaften, bei der KAJUJA aufzutreten. Doch irgendwann kam der offizielle Karneval nicht mehr an der KAJUJA vorbei.
  • Als nächstes verklagte die GEMA3Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte die KAJUJA, weil geschützte Musikstücke aufgeführt wurden. Die KAJUJA verlor den Prozess und musste 52 Euro Strafe zahlen. Im Nachhinein gut investiertes Geld, denn dieser Prozess und die Strafe lieferten reichlich Material für die Witze der Büttenredner.

Das „Mistbeet für die Talente im ganzen Kölner Karneval“

Heute sind die Vorstellabende und die beiden jährlichen Sitzungen der KAJUJA unverzichtbarer Bestandteil des kölschen Karnevals. Die etwa 1.000 Plätze der „Jeck es jeil“-Sitzungen sind regelmäßig ruckzuck ausverkauft.

Die KAJUJA bietet auch Tanzgruppen Auftrittsmöglichkeiten, Bild: Uli Kievernagel
Die KAJUJA bietet auch Tanzgruppen Auftrittsmöglichkeiten, Bild: Uli Kievernagel

Helmut Frangenberg fasst die Geschichte der KAJUJA sehr treffend zusammen:

Der Start der KAJ UJA in den Jahren 1949 bis 1951 war fulminant, nie bescheiden, immer mutig und selbstbewusst. … Die Macher hatten keine Furcht vor dem Risiko, Neues auch gegen viele Widerstände auszuprobieren. Die KAJUJA wurde zum Knüller in der Session, zum „Mistbeet für die Talente im ganzen Kölner Karneval“ (Conin) und gleichzeitig zu einem Aushängeschild. 4„Die Anfänge der Kölner KAJUJA“, https://kajuja.de/media/downloads/Historie.pdf, heruntergeladen am 15. Januar 2025

Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag liebe KAJUJA und viel Spaß & Mut auch in den nächsten 75 Jahren!


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Begehrte Objekte: Karnevalsorden

Begehrenswerte Objekte : Karnevalsorden
Begehrte Objekte: Karnevalsorden

Podcast Karnevalsorden 31

Die Bedeutung von Statussymbolen im Karneval kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Die maßgeschneiderte Uniform der Traditionskorps wie z.B. der Roten Funken oder auch die prunkvollen Mützen der Präsidenten zeigen, wie eitel viele Karnevalisten sind. Zu den wichtigsten Statussymbolen aber zählen die Karnevalsorden. Ein nackter, ohne Orden geschmückter Hals ist im organisierten Karneval fast schon als peinlich zu bezeichnen.

Orden sind ein Millionengeschäft

Offensichtlich sind viele Hälse zu schmücken. Jede Session werden in Köln und im Umland mehr als eine Viertelmillionen Orden verliehen. Ein Millionengeschäft.

Und selbst gebraucht werden die Orden noch rege gehandelt. Eine Suche bei eBay mit dem Stichwort „Karnevalsorden“ bringt mehr als 11.000 Treffer, darunter echte Schnäppchen für ein paar Euro, aber auch seltene Sammlerstücke mit einem Wert von 500 Euro oder mehr.

Ein besonders gelungener Orden: Im oberen Teil sind die Skylines der drei Wohnorte von Jungfrau (Frankfurt), Prinz (Köln) und Bauer (Hamburg) zu sehen, Bild: Uli Kievernagel
Ein besonders gelungener Orden: Im oberen Teil sind die Skylines der Wohnorte von Jungfrau (Frankfurt), Prinz (Köln) und Bauer (Hamburg) zu sehen, Bild: Uli Kievernagel

Prächtige Sammlungen von Orden sind in jedem Haushalt eines offiziellen Karnevalisten zu sehen. Manch einer bringt es auf mehrere hundert Stück, die dann stolz im Treppenhaus oder in der Kellerbar präsentiert werden. 

Otfried Loeber aus Kerpen hat sein mehr als 600 (!) Karnevalsorden an einem "Ordensbaum" untergebracht. Bild: Otfried Loeber
Otfried Loeber aus Kerpen hat sein mehr als 600 (!) Karnevalsorden an einem „Ordensbaum“ untergebracht. Bild: Otfried Loeber

Das Karnevalsmuseum hat etwa 5.000 Orden, von denen allerdings aus Platzmangel nur die wenigsten gezeigt werden können. Eine auch online einsehbare Sammlung von 7.000 Orden bietet Karsten Lang auf seiner Website des Karnevalsorden-Museums.

Ursprünglich als Persiflage gedacht

Wenn man sich heute die oft wie militärische Auszeichnungen anmutenden Karnevalsorden anschaut, kann man kaum glauben, dass diese ursprünglich als Persiflage gedacht waren. Mit der Neuordnung des Karnevals im Jahr 1823 wollte man auch die wenig geliebten preußischen Besatzer des Rheinlands ärgern.

Halsorden mit durchaus militärischer Anmutung, hier der Halsorden der Prinzengarde
Halsorden mit durchaus militärischer Anmutung, hier ein Exemplar der Prinzengarde

Für die steifen Preußen waren militärische Orden eine außerordentliche Auszeichnung. Wenn man, so das Kalkül der Karnevalsoffiziellen, ein solches Stück Blech auf der Bühne verleiht, würde das die Bedeutung der für die Preußen so wichtigen Orden herabwürdigen. Ob die Preußen dies tatsächlich so empfunden haben,  ist heute schwer nachzuprüfen. Aber heute sind viele Orden kaum noch als Persiflage zu bezeichnen. Und die Ordensträger, gewürdigt mit einem Prinzenorden, tragen diesen auch mindestens so stolz wie ein Bundesverdienstkreuz.

Orden mit Botschaft

Der älteste heute noch bekannte Karnevalsorden stammt aus dem Jahr 1838 und trägt die Inschrift „Weisheit im Narrenkleid bringt uns die gold´ne Zeit“. Exakt 100 Jahre später sieht dann ein Orden ganz anders aus. Den Sessionsorden der „Großen Allgemeinen Karnevalsgesellschaft“ im Jahr 1938 ziert ausgerechnet Götz von Berlichingen. Obwohl der weltberühmte Spruch, dass den guten Götz alle doch am Arsche lecken könnten1Tatsächlich hat der Freiherr wohl „Er aber, sag’s ihm, er kann mich im Arsche lecken!“ gesagt, aber das ist eine andere Geschichte, fehlt, ist dieser Orden trotzdem eindeutig zu verstehen: Als Gruß an die herrschenden braunen Machthaber.

Wiederum elf Jahre später ist die Symbolik der Orden eine andere. Der „Aufbauorden“ der Ehrengarde im Jahr 1948 zeigt zwar das kriegszerstörte Köln, im Hintergrund erscheint aber über den Domspitzen die Sonne. 

Die Prinzenspange – die „Blaue Mauritius“ unter den Orden

Heute gibt es die Orden in allen nur denkbaren Ausprägungen. Die „Blaue Mauritius“ unter den Orden aber ist die Prinzenspange des Kölner Dreigestirns.

Die begehrte Prinzenspange, Bild: Uli Kievernagel
Die begehrte Prinzenspange, Bild: Uli Kievernagel

Dieser ganz besondere Orden wird nur an ausgewählte Jecke verliehen, die sich ganz besonders um das Brauchtum verdient gemacht haben und ist gleichzeitig die höchste Auszeichnung, die das Dreigestirn zu vergeben hat. Daher ist es für einen echten Karnevalisten auch undenkbar, diesen Orden zu verkaufen.

Das hatte auch Prinz Sven I. in der Session 2020/21 gemeint, als er sagte „Wir hoffen, dass wir eine Session durchbringen, ohne dass eine Prinzenspange bei eBay auftaucht.“ Doch da wird der Prinz leider enttäuscht sein, wenn er mal bei eBay recherchieren sollte.

Mit viel gestalteter Orden der Adler-Schützen aus Köln-Zollstock, Bild: Adler Schützen
Mit viel Liebe gestalteter Orden der Adler-Schützen aus Köln-Zollstock, Bild: Adler Schützen

Keine rein kölsche Angelegenheit – Mainzer Orden sind filigraner

Dass dieser Stolz auf ein buntes Stück Blech keine rein kölsche, noch nicht einmal eine rein deutsche Angelegenheit ist, hat Reinold Louis erlebt. Der damalige Präsident der Altstädter hatte an Teilnehmer einer Tagung im schwedischen Norrköpping einige Karnevalsorden verteilt. Mit Folgen, die sogar einen Karnevals-Spezialisten wie Louis überrascht hatten: Ein russischer Teilnehmer der Tagung wollte den Orden kaum noch abnehmen und, so Louis: „Die Bürgermeisterin lief tagelang mit dem Orden auf stolzgeschwellter Brust durch die Gegend. Die war sowas von geehrt.“

Die Kölner Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes mit dem wirklich großen Orden des Festkomitees 2016, Bild: Raimond Spekking
Die Kölner Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes mit dem wirklich großen Orden des Festkomitees 2016, Bild: Raimond Spekking

Es gibt aber auch regionale Unterschiede bei den Orden. Merke: Ein Kölner Orden ist größer und schwerer als im Rest der Republik. Dies hat Wolf Schneider, Geschäftsführer des Unternehmens Zinnhannes, festgestellt. Dieses Unternehmen produziert pro Jahr rund 170.000 Orden für Karnevals- und Schützenvereine. Schneider ist aufgefallen, dass der Kölner „diese Wucht, die sich einfach in Größe und Gewicht niederschlägt, schätzt“. Im Mainz hingegen würde eher darauf geachtet, dass der Orden handwerklich oft sehr filigran ausgearbeitet ist.

Ein verdienter Karnevalist mit einer ganzen Batterie an Orden um den Hals, Bild: Tuxyso / Wikimedia Commons
Ein verdienter Karnevalist mit einer ganzen Batterie an Orden um den Hals, Bild: Tuxyso / Wikimedia Commons

Etikette wahren

Schwierig wird es, wenn der Karnevalist anlässlich einer Veranstaltung mehrere Orden verliehen bekommt. Um niemanden zu brüskieren, trägt der Jeck dann notgedrungen zig Orden übereinander. Wenn dann mehrere mit den blechernen Orden geschmückte Fastelovendsoffizielle durch den Saal laufen, kann das schon mal wie beim Almabtrieb in den Alpen klingen.

Ävver wenn et jefällt, is et uch jood.


Perfekt für den Karneval: Der Köln-Lotsen-Pin
Perfekt für den Karneval: Der Köln-Lotsen-Pin

Der „Köln-Lotsen-Pin“ für das perfekte Karnevalskostüm

Wer im Kölner Karneval perfekt ausgestattet sein will, muss den Köln-Lotsen-Pin“ tragen – das ideale Accessoire für die Sitzung, in der Kneipe oder auch am Zugweg.

Den Köln-Lotsen-Pin (ca. 3,5 cm x 3 cm) gibt es für nur 8,88 Euro inklusive Versand direkt bei mir. Falls du den Pin auch verschenken willst: Drei Stück gibt es schon für 22,22 Euro inklusive Versand. 

Bei Interesse reicht eine kurze Nachricht:

Uli Kievernagel
Der Köln-Lotse – Stadtführung mit Spaß
Raderberger Str. 190
50968 Köln
Telefon 0221. 98863509
uli@koeln-lotse.de


Logo heppYcards

heppYcards:  Perfekte Orden gestalten und produzieren lassen

Selbstverständlich benötigt jedes Dreigestirn, jede Tolität und jeder Karnevalsverein seinen eigene Orden. Um diese orginell und unverwechselbar zu machen, empfehle ich Sandra Hepp von heppYcards .

Sandra hat nicht nur ein feines Gespür, die Orden exakt nach den Vorstellungen  zu gestalten, sondern kümmert sich auch um die Produktion bis hin zur pünktlichen Lieferung.  Denn nichts wäre schlimmer als ein Dreigestirn, welches bei der feierlichen Proklamation keine eigene Orden verleihen kann. 

heppYcards, Sandra Hepp
Kerpener Straße 9, 52351 Düren
Tel. 02421 307407, info@heppycards.de

Auf der heppYcards-Website gibt es auch viele Beispiele der bereits realisierten Orden von heppYcards.


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