Kölsche Originale: Bolze Lott – gewiefte Schmugglerin mit losem Mundwerk

Ein " Cul de Paris", hier auf einem Bild von Renoir, ist ein extrem ausladender Reifrock, welcher sich hervorragend eignet, darunter Schmuggelgut zu verstecken.
Ein „Cul de Paris“, hier auf einem Bild von Renoir, ist ein extrem ausladender Reifrock, welcher sich hervorragend eignet, darunter Schmuggelgut zu verstecken.

 

Es muss ein ganz besonderer Anblick gewesen sein, der sich den Kölner Zöllnern etwa um das Jahr 1850 geboten hat: Eine Frau, kaum noch Zähne im Mund, aber gekleidet nach der neuesten Mode mit einem extrem ausladenden „Cul de Paris“, watschelt schwerfällig über die Deutzer Schiffsbrücke. Dabei verdeckt der ausladende Reifrock mit der starken Überbetonung des Hinterteils nicht nur den Frauenkörper, sondern auch mehrere Pfund Mehl und Speck, welche die Dame unter ihrem Rock versteckt an den Beamten vorbei in das linksrheinische Köln schmuggelt.

Die Zöllner hatten eindeutig Respekt vor dieser ganz besonderen Gestalt, die da über die Brücke kam. Handelte es sich doch um niemand geringeres als Scholastika Steinhausen, geb. Bolz. In Köln besser bekannt als „Bolze Lott“ und der Schrecken eines jeden Zollbeamten. Denn jede Leibesvisitation wird von der Dame lautstark und mit Worten, die selbst einen Bierkutscher rot werden lassen, als Grabscherei bezichtigt und die Zöllner als Föttchesföhler verunglimpft. Dabei wollten die Beamten nur ihrer Aufgabe nachgehen und die im Jahr 1856 neu eingeführte Mehl- und Schlachtsteuer einziehen.

Bolze Lott lebte in einer rauen Welt

Geboren wurde Scholastika Lott (lat. scholastica „die Lernende) am 8. Dezember 1825 in der Kostgasse am (heutigen) Breslauer Platz. Zu Zeiten der Bolze Lott wurde die Straße Kotsgasse (von „kut“ für Innereien) genannt, weil hier Metzger Eingeweide und Abfälle des Schlachtviehs verarbeiteten. Eine raue Gegend, in der sich Bolze Lott aber durch ihr vorlautes Mundwerk durchzusetzen wusste.

Ihr Eheglück – im Jahr 1846 heiratet sie den Rhingroller1Rhingroller waren billige Tagelöhner, die die Rheinschiffe mit reiner Muskelkraft be- und entladen mussten. Johann Friedrich Steinhausen – währte nur sehr kurz. Der bekannte Schläger und Raufbold Steinhausen muss noch während der Flitterwochen ins Gefängnis und stirbt kurz darauf. So ist Bolze Lott bereits mit 22 Jahren Witwe und muss alleine für ihren Lebensunterhalt sorgen.

Karriere als gewiefte Schmugglerin

Als „Käätzemöhn“ verkauft Bolze Lott vor den Kirchen Kerzen an Gläubige – inklusive dem Service, diese Kerzen auch aufzustellen und anzuzünden. Um das Geschäft etwas lukrativer zu machen, „vergisst“ sie regelmäßig, die Kerzen auch tatsächlich in der Kirche  aufzustellen. Als sich das herumspricht, bleiben die Kunden aus.

Wie gut für Bolze Lott, dass ab 1856 zwei Dinge zusammenkommen: Die neue Steuer für Produkte aus dem Rechtsrheinischen und die Mode der ausladenden Röcke. So verdient sie sich als Schmugglerin ihren Lebensunterhalt.

Die listige Lotte wurde so der Albtraum der Zöllner. Denn sie verstand es auch ohne Schmuggelgut unter dem Reifrock, so zu gehen, als ob sie einen Zentner Mehl und ein halbes Schwein darunter verstecken würde. Die dann fälligen Kontrollen der Zöllner konterte die Dame lautstark als unsittliche Berührung. So waren sich die Zöllner nie sicher, ob die als Schmugglerin bekannte Bolze Lott jetzt gerade tatsächlich schmuggelte oder die Zöllner nur aufs Glatteis führen wollte. Die Beamten wurden immer unsicherer: Manche vergebliche Leibesvisitation endete in einer wüsteten Schlägerei, immer aber in üblen Beschimpfungen durch Bolze Lott, die sich vor den herbeieilenden Bürgern, davon viele selber als Schmuggler unterwegs, als unschuldiges Opfer darstellte.  

Et Bolze Lott, Bild: rs-bierdeckel.de, Reinhold Schäfer
Et Bolze Lott, Bild: rs-bierdeckel.de, Reinhold Schäfer

Abschaffung der Steuer beendet Schmuggelei der Bolze Lott

1874 wurde die Mehl – und Schlachtsteuer abgeschafft. Und Bolze Lott musste sich ein neues Betätigungsfeld für ihren Lebensunterhalt suchen. So verkaufte sie in einem Bauchladen Kerzen, Heiligenbildchen und anderes Jedöns vor Kirchen, an Wallfahrtsorten oder auf den umliegenden Kirchweihfesten.

Doch auch hier stand ihr ihr loses Mundwerk oft im Weg. Kunden, die nicht sofort kaufen, sondern zunächst nur schauen wollen, werden übel beschimpft. Auf einer Kirmes beleidigt sie den örtlichen Geistlichen, der ebenfalls nichts für ihren Tand übrig hat, mit den Worten „Paafgott – Raafgott. Düvel. Halt der Sack op!“2„Pfaffengut – Raffgut, Teufel halt den Sack auf!“

Tod mit 76 Jahren im Jahr 1902

Erstaunlich, dass Bolze Lott das stolze Alter von 76 Jahren erreicht. Ihre letzten Jahre verbringt sie in einer Wohnung in der Große Spitzengasse, heute als Tel-Aviv-Straße ein Teil der Nord-Süd-Fahrt. Doch auch im hohen Alter sind ihre Schimpftiraden noch berüchtigt. Als sie einen herumziehenden Kesselflicker beleidigt, entgegnet dieser „Lott, ich krigge alles gefleck, nur ding Schnüß, do kann ich och nix mache.“

Scholastika Steinhausen, geborene Bolz, stirbt am 3. September 1902. Über ihren Tod schreibt der Arzt und Heimatschriftsteller Josef Bayer:

„Ob sie bis hart an der Pforte des Todes ihr wüstes Schimpfen fortgesetzt hat oder ob sie, als Freund Hein sie beim Schopfe nahm, zu guter Letzt doch noch Reu und Leid erweckte, ist nicht bekannt, denn man hat sie an dem genannten Tage entseelt im Bett gefunden.“


Tief im kollektiven Gedächtnis der Stadt verankert: Die "Kölschen Originale"
Tief im kollektiven Gedächtnis der Stadt verankert: Die „Kölschen Originale“

Weitere Geschichten zu den „Kölschen Originalen“ gibt es hier:


In einem wunderschönen Kölsch hat Michael Waßerfuhr von den Kölschgängern die Geschichte von Bolze Lott erzählt. Schaut mal rein, lohnt sich!


Der Podcast: Kölsche Originale: Bolze Lott

 

Shownotes

Was für ein Glück, dass der „Cul de Paris“ Mitte des 19. Jahrhunderts modern war. Denn unter dem extrem ausladenden Reifrock konnte die in Köln als „Bolze Lott“ bekannte Schmugglerin Scholastika Lott mehrere Pfund Mehl und Speck vor den Zöllnern verstecken.

Mehr zu dieser Dame mit außergewöhnlich losem Mundwerk und ganz besonderen Schmuggel-Methoden gibt es im heutigen Köln-Ding der Woche.


Text dieser Podcast-Folge

Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge von Köln-Ding der Woche.

Der super mega tolle Uli und der weniger unglaublich tolle, unglaublich mega tolle und gut aussehende Frank präsentieren euch heute ein kölsches Original. Ja, das ist nämlich die Bolze Lott.

Und wenn ihr die vorherige Folge über Bolze Lott gehört gabt, da haben wir über Kölsche Schimpfwörter gesprochen. Und die Bolze Lott ist sozusagen die Königin der Kölschen Schimpfwörter. Die hatte, ich will nicht sagen erfunden, aber zur Perfektion getrieben.

Bevor wir zu Bolze Lott selber kommen und ihre doch recht derben Ausdrucksweise, noch mal ganz grundsätzlich zu diesen Kölschere Originalen. Die haben alle was gemeinsam. Ich meine, ihr kennt die wahrscheinlich. Das ist sowas wie zum Beispiel Fleuten-Arnöldsche, Orjels Palm, dä Fressklötsch und so was.

Köln wächst ab 1880 gewaltig

Das sind alles Kölsche gewesen, die so im 18./19 Jahrhundert gelebt haben, tatsächlich als Köln noch überschaubar war. Also wenn wir über das Jahr 1880 reden, hatte Köln etwa 140.000 Einwohner. Und als dann richtig abging mit den Eingemeindungen, hatten wir auf einmal bis 1914 etwa 650.000 Einwohner in der Stadt. Die wurde unüberschaubar. Vorher alles schön klein und kuschelig. Und da hatten die Originale ihren Platz. Danach nicht mehr. Deswegen ist das alles, wenn man diese Originale so abklappert, alles in diesem Zeitraum vor dem großen Wachstum unserer Stadt.

Ja, es ist also heute ungemein schwierig, noch ein Original zu werden oder zumindest ein Original außerhalb des eigenen Veedels zu werden. Das haben jetzt vielleicht eine Handvoll Menschen geschafft, der Hans Süper, die Müllers Aap, auch die Plaat, also Jürgen Zeltinger. Dann wird es wahrscheinlich schon eng, naja, Tommy Engel natürlich.

Was aber schon skurril ist, ist, diese kölschen Originale werden heute so ein bisschen verehrt, vergöttert, weiß ich auch nicht genau. Kein Bierdeckel ohne kölsches Original, kein Kölschglas. Man findet die an verschiedenen Hauswänden angebracht, man findet die in ganz vielen Erzählungen. Und deswegen haben die durchaus ihren Platz. Das als kleine Vorgeschichte zu dem, was uns eigentlich heute erwartet, nämlich eine wilde Geschichte zu Scholastika Lott.

Bolze Lott

Ja, es muss also ein unglaublicher Anblick gewesen sein, als die Kölner Zöllner, sage ich mal, um 1850 herum, eine Frau auf sich zukommen haben sehen, die hatte kaum noch Zähne im Mund. Okay, damals war die Zahnhygiene, jetzt nicht so verbreitet wie heute Die hatten noch keine Boni-Hefte und keine Zahnärzte so richtig. Da ging man noch zum Medikus wahrscheinlich.

Aber sie war nach der neuesten Mode aus Paris gekleidet. Und diese neueste Mode, die hat es im wahrsten Sinne des Wortes in sich. Das war der Cul de Paris. Das ist so ein Rock mit so einer ausgestellten Fott. Also stellt euch vor, ihr habt einen Rock an und da hinten ist irgendwie bei Höhe der Fott wie so ein Fässchen draufgeschnallt. So ungefähr ist ja der Cul de Paris aus. Das war die neueste Mode damals und das war das große Glück für Bolze Lott.

Einführung Mehl- und Fleischsteuer 

Das zweite große Glück für sie war, dass 1856 in Köln die Mehl- und Fleischsteuer eingeführt worden ist. Das galt natürlich nicht außerhalb Kölns. Und die Schäl Sick war eben nicht Köln. Bis 1888, bis dann da drüben alles eingemeindet worden ist, war das nicht Köln. Und deswegen konnte man drüben billig einkaufen und dann nach Köln bringen.

Ja, dann hat Bolze Lott drüben billig gekauft und hat ihren ausladenden Reifrock, den man damals auch Königin-Hintern oder Watte-Hintern genannt hat ausgestopft mit den Sachen, die sie so gekauft hat. Das kennt man jetzt heute vielleicht, haben wir da vielleicht schon beim Film gesehen, wenn irgendwelche Frauen so tun, dass wenn sie schwanger werden, dann machen sie da was für sich, einen Luftballon rein oder wie auch immer.

So und dann ist die über diese Brücke hier watschelt und auf die Zöllner zu. Und was dann passierte war schon bemerkenswert. Die Bolze Lott hatte halt dann tatsächlich unter diesem ausladenden Rock unter Umständen ein paar Kilo Mehl und mehrere Pfund Speck versteckt und ging dann auf die Zöllner zu. Und die wollten die Dame natürlich kontrollieren, um den Zoll einzutreiben. Aber das haben die natürlich nicht ohne die Rechnung mit Bolze Lott gemacht, weil die war damit definitiv nicht einverstanden. Die zog mal richtig vom Leder.

Ja, man muss auch sagen, dass die Zöllner, die standen unter Eid, das waren jetzt nicht alles irgendwelche hergelaufenen Jungs, die den Zugang zu Zülpicher Straße am 11.11 kontrollieren und dann für fünf Euro das Türchen aufmachen, sondern die haben ihren Job wirklich ernst genommen. Also die haben angefangen zu kontrollieren. Was geschah dann, lieber Uli?

Ich will es nicht aussprechen. Ja, Bolze Lott hat die unflätig beschimpft, hat gesagt, das wären Föttchesföhler. Ein wunderschönes Schimpfwort. Wer letztes Mal aufgepasst hat, weiß noch genau, was das ist. Also die würden ihr ja an die Fott gehen, an das Gesäß gehen. Und da muss es ziemlich rüde zur Sache gegangen sein. Das ging dann auch schon bis zu Handgreiflichkeiten.

Schmugglerin

Diese Dame hat dann auch wirklich nichts gescheut, um ihrer Tätigkeit als Schmugglerin nachzugehen. Ja, zumal sie das auch sehr perfide bzw. klug eingefädelt hat. Also hat ist teilweise nichts geschmuggelt und ist über die Brücke. Wenn sie dann kontrolliert wurde, hat sie ein Riesentheater gemacht. Dann waren die schon so ein bisschen verunsichert, weil die haben ja nichts gefunden. Und dann ist sie beim nächsten Mal mit was drüber, dann haben die ja nicht kontrolliert. Also sie hat sich da immer sehr geschickt angestellt, muss man sagen.

Jetzt muss man die Dame natürlich im Zuge ihrer Zeit sehen. Also es hört jetzt alles so an, als wenn das irgendwie eine nur perfide Persönlichkeit gewesen wäre. Scholastika Botz wurde am 8.Dezember 1825 in Köln geboren. Die war natürlich schon ein Kind ihrer Zeit. Und die hatte nicht das allerschönste Leben, muss man dazu sagen.

Geboren in der wunderschönen Kotzgasse. Das war am Breslauer Platz. Also das ist dann später die Kostgasse geworden. Und das war deswegen die Kotzgasse, weil da wurde Kutt verarbeitet. Und das war das Innereien von allen möglichen Tieren. Da haben nämlich die Metzger gesessen damals. Und diese Gegend war alles andere als piekfein. Also das war schon eine ziemlich raue Gegend, wo auch die wilden Menschen gewohnt haben. Und da ist die Scholastika geschult worden.

Ja, da hat sie ihr grobes Mundwerk oder vorlautes Mundwerk auf jeden Fall da verfeinert. Ihr Vater war laut Übermittlung in Rhingroller. Also ein Tagelöhner, der seinen Lohn eher versoff, als dass er das Geld nach Hause gebracht hat.

Dann hat sie im Jahre 1846, glücklich weiß ich nicht, aber zumindest hat sie heiratet und zwar den Tagelöhner Johann Friedrich Steinhausen. Leider Gottes ist Folgendes passiert: Der war auch Tagelöhner, der war auch Ringroller. Und Rhingroller, das waren die Typen, Scheuer-Leute, das waren die Tagelöhner, die die Rheinschiffe be- und entladen haben und zwar nicht mit Kränen oder Gabelstaplern sondern mit purer Muskelkraft. Die Jungs hatten wahrscheinlich viel in de Maue, aber jetzt nicht unbedingt so unwahrscheinlich viel im Kopf.

Ehe nur von sehr kurzer Dauer

Ja, und dieser Friedrich Steinhausen und Bolze Lott haben geheiratet. Aber der war nicht nur Ringroller, sondern der hat auch noch einen anderen Ruf gehabt. Ja, der war ein stadtbekannter Schläger und ist noch während der Flitterwochen ins Gefängnis gekommen und leider Gottes auch kurz darauf gestorben.

Dann hat die mit 21 geheiratet und war mit 22 bereits Witwe und musste irgendwie für den Lebensunterhalt sorgen. Und das war für eine Frau in der damaligen Zeit nicht leicht. Wir reden jetzt über die Zeit um 1850.

Das war nicht besonders einfach und eine Gelegenheit für sie, um am Geld ranzukommen, war das als Kääze Möhn. Kääze Möhne haben Kirchen Kerzen an Gläubige verkauft, inklusive dem Service, dass sie selber in der Kirche anstecken würden. Also als Ersatz dafür, dass ich nicht selber in die Kirche gehe, zahlst man ihr das Geld, sie steckt die Kääz an und du bist von allen Sünden befreit.

Es gab nur ein kleinen Makel an dem Geschäftsmodell von ihr. Sie hat ab und an mal vergessen, das auch wirklich zu machen und hat dann ihre Kerzen, sag ich mal, doppelt, dreifach und vierfach verkauft. Das hat sich dann natürlich irgendwann mal rumgesprochen und dann blieben die Kunden aus. So und was hat sie dann gemacht?

Dann kam Gott sei Dank 1856 diese besagte Steuer für Produkte, die außerhalb der Stadt Köln produziert worden sind. Und das war diese Fleisch, Mehl und sonst was Steuer. Und das war ihre Chance, im Geld zu verdienen. Ja, dann hat sie die Zöllner mehr oder minder veräppelt und hat geschmuggelt oder auch nicht. Auf jeden Fall immer mit ziemlich viel Schreierei. Und deshalb war sie stadtbekannt als sehr, sehr loses Mundwerk.

Arbeit als Hausiererin

1874 wurde diese Mehl- und Schlachtsteuer dann abgeschafft und sozusagen hatte Bolze Lott auf einmal kein Betätigungsfeld und kein Lebensunterhalt mehr. Das war dann schon ein Problem für sie. Sie hat dann als nächstes versucht, wie so eine Art Hausierer mit einem Bauchladen irgendwelche Kääze und Bildchen von Heiligen und sonstiges Gedöns zu verkaufen. So ist dann zu diesen verschiedenen Wallfahrtsorten Sankt Ursula und auch hier am Rhein gezogen und hat dann da versucht, so die eine oder andere Mark zu machen.

Nun ist das ein bisschen schwierig. Wenn du aus der Kotzgasse kommst und mit dem Mundwerk aufgewachsen bist und Heiligenbildchen verkaufst, das passt nicht so unbedingt zusammen. Ja, also die hat auch dort auf den Kirmessen und vor den Kirchen die Kunden beleidigt, wenn sie denn dann nichts kaufen wollten.

Unter anderem hat sie mal einen Geistlichen wohl beleidigt, der ihren Tant, also für ihren Kram, nichts übrig hatte. Mit den Worten Paffjott, Raffjott, Düvel, Halt der Sack ob. Das heißt, also ich würde das jetzt mal so frei übersetzen, Pfaffe, du raffgieriger Teufel, halt den Sack auf.

76 Jahre alt geworden

Erstaunlich, dass diese Frau mit diesem Lebenswandel und mit den ganzen Umständen tatsächlich 76 Jahre alt geworden ist. Das hätte man eigentlich nicht gedacht. Damit war die weit über dem Durchschnitt ihrer Zeit. Ja, also nicht nur, dass sie in heutiger Zeit natürlich, sag ich mal, bei Google Bewertungen zu Kundenzufriedenheit, sag ich mal, relativ niedrig abschneiden würde. Aber sie ist wirklich 76 Jahre alt geworden. Das ist schon wirklich bemerkenswert.

Und sie ist im Jahre 1902 gestorben. Trotzdem hat sie auch bis zum hohen Alter ihre Schnüss, also doch ihr loses Mundwerk beibehalten. Da gibt es die schöne Geschichte noch, dass da Kesselflicker unterwegs waren. Das waren die Typen, die halt irgendwelche Kessel gelötet haben, wenn die dann leck gegangen sind. Das waren auch nicht gerade Typen, die um die Worte verlegen waren.

Aber bei der Lott kam einer von diesen Kesselflickern an und sagte dann zu ihr, Lott, ich kriege in alles jefleck, nur ding Schnüss, doch kann ich auch nix mieh machen. Ja, was auch frei übersetzt, so viel heißt, Lott, ich bekomme alles repariert, nur dein loses Mundwerk, da kann auch ich nichts dran machen.

Dann 1902 war es soweit, am 3. September 1902 ist Lott gestorben. Und es gibt ein wunderschönes Zitat von dem Arzt, der tatsächlich den Totenschein für sie ausgestellt hat, das war Josef Bayer und der hat gesagt, ob sie bis hart an der Forte des Todes ihr wüstes Schimpfen fortgesetzt hat oder ob sie, als Freund Hain sie beim Schopfe nahm, zu guter Letzt doch noch Reue und Leid erweckte, ist nicht bekannt, denn man hat sie an den genannten Tagen entseelt im Bett gefunden.

Und letztendlich würde ich diese Folge beschließen, wenn ihr mal einen blöden Spruch von einer Verkäuferin bekommt, beim Einkaufen oder was weiß ich wo. Ja, denkt dran, seid froh, dass die Bolze Lott nicht an der Kasse steht.

Was für ein schönes Schlusswort. Wir setzen diese Serie fort, mal gucken, welche Kölschen Originale wir sonst noch auspacken. Maht et jood, bleibt unanständig und bis demnächst.

 


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Plakat „Nie wieder Krieg“ im Kölner Käthe Kollwitz Museum

Käthe Kollwitz: Nie wieder Krieg, 1924, Bild: Public domain, via Wikimedia Commons
Käthe Kollwitz: Nie wieder Krieg, 1924, Bild: Public domain, via Wikimedia Commons

Die weltweit umfangreichste Sammlung von Werken der Künstlerin Käthe Kollwitz (1867 – 1945) ist im Kölner Käthe Kollwitz Museum zu finden. Direkt am Neumarkt werden Werke der Graphikerin, Zeichnerin und Bildhauerin ausgestellt.

Käthe Kollwitz hat in ihrem eigenem Leben Leid und Trauer durch den Krieg erfahren. Ihr Sohn Peter fiel im Oktober 1914 mit nur 18 Jahren beim Kampf an der belgischen Kanalküste in Westflandern. Zur Erinnerung an ihren Sohn hat sie die Plastik „Trauerndes Elternpaar“ geschaffen. Das Original dieser Plastik steht auf dem Deutschen Soldatenfriedhof Vladslo in Belgien. Eine Kopie, angefertigt von Joseph Beuys und Erwin Heerich, steht in Alt St. Alban in der Innenstadt.

Plastik "Trauerende Eltern", Kopie in Alt St. Alban, Köln. Das Original von Käthe Kollwitz steht auf dem Soldatenfriedhof in Vladslo, Belgien, Bild: Uli Kievernagel
Plastik „Trauerende Eltern“, Kopie in Alt St. Alban, Köln. Das Original von Käthe Kollwitz steht auf dem Soldatenfriedhof in Vladslo, Belgien, Bild: Uli Kievernagel

Zentrale Themen im Werk von Käthe Kollwitz sind auf der einen Seite Krieg, Armut und Tod, auf der anderen Seite aber auch das Ringen um Frieden. Dieses eindringliche Bekenntnis zum Frieden spiegelt sich auch in dem Plakat „Nie wieder Krieg“ wieder.

Plakat „Nie wieder Krieg“

Zum 10. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs finden im Jahr 1924 in Deutschland Massenkundgebungen statt, die vor den Gefahren eines neuen Kriegs warnen. Auch die Sozialistische Arbeiterjugend beteiligt sich mit dem „Mitteldeutschen Jugendtag“ an diesen Veranstaltungen. Als Auftragsarbeit fertigt Käthe Kollwitz das Plakat „Nie wieder Krieg“ an.

Es zeigt einen jungen Menschen, der laut „Nie wieder Krieg“ ausruft. Die rechte Hand ist zum Schwur erhoben, die linke Hand liegt auf seinem Herz. Der junge Mann scheint im Gegenwind zu stehen, die Haare wehen, der Gesichtsausdruck ist angestrengt. Die erhobene rechte Hand beherrscht das ganze Bild und überlagert wie ein Ausrufezeichen die handschriftliche Eintragung. Um die Eindringlichkeit der Forderung „Nie wieder Krieg“ ganz deutlich zu machen, sind die Worte unterstrichen, der Begriff „Krieg“ sogar doppelt.

Ich bin einverstanden damit, daß meine Kunst Zwecke hat.“

Käthe Kollwitz ist stark in der Friedensbewegung der 1920er Jahre engagiert. So notiert sie am 21. Oktober 1922 in ihrem Tagebuch:

„Wenn ich mich mitarbeiten weiß in einer internationalen Gemeinschaft gegen den Krieg, habe ich ein warmes, durchströmtes und befriedigtes Gefühl. … Ich bin einverstanden damit, daß meine Kunst Zwecke hat.“

Käthe Kollwitz (1906), Bild: Philipp Kester, Public domain, via Wikimedia Commons
Käthe Kollwitz (1906), Bild: Philipp Kester, Public domain, via Wikimedia Commons

Kollwitz wendet sich damit ausdrücklich gegen die Position „L’art pour l’art“ (sinngemäß „die Kunst um der Kunst willen“). Nach dieser Auffassung soll die Kunst sich selbst genügen und keinen eigenen Zweck verfolgen. Dies ist der Künstlerin Kollwitz zu wenig, sie will ausdrücklich eine nachhaltige Wirkung erzielen. Zum Plakat „Nie wieder Krieg“ schreibt sie im Dezember 1922 in einem Brief:

„Vom internationalen Gewerkschaftsbund habe ich den Auftrag bekommen, ein Plakat gegen den Krieg zu arbeiten. Das ist eine Aufgabe, die mich freut. Mag man tausendmal sagen, daß das nicht reine Kunst ist, die einen Zweck in sich schließt. Ich will mit meiner Kunst, solange ich arbeiten kann, wirken.“

Diese eindringliche Wirkung des Plakats hat die Zeit überdauert. Auch die Friedensbewegung der 1970er Jahre bis heute nutzt dieses Plakat, um für den Frieden zu werben.

Somit lag Käthe Kollwitz in ihrer Einschätzung, dass ihre „Kunst Zwecke hat.“ eindeutig richtig.


Das Käthe Kollwitz Museum am Neumarkt in Köln
Das Käthe Kollwitz Museum am Neumarkt in Köln

Das Kölner Käthe Kollwitz Museum bietet aktuell eine hochaufgelöste Version des Plakats für private, nicht kommerzielle Zwecke, kostenlos zum Download an.


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Rückmeldungen zu „Verleihung des Karl-Küpper-Preises an Carola Rackete“

Der Karl-Küpper-Preis, eine wunderschöne Hommage an den unangepassten Büttenredner, Gestaltung und Bild: Gestalteratelier Werner Blum
Der Karl-Küpper-Preis, eine wunderschöne Hommage an den unangepassten Büttenredner, Gestaltung und Bild: Gestalteratelier Werner Blum

Liebe Leser des „Köln-Ding der Woche,

am 24. Oktober 2020 habe ich zur Verleihung des Karl-Küpper-Preises an Carola Rackete zwei offene Briefe veröffentlicht: Einen offenen Brief mit herzlichen Glückwünschen an die verdiente Preisträgerin und einen zweiten offenen Brief an die Menschen, die, insbesondere in den sogenannten „Sozialen Medien“, die Vergabe dieses Preises kritisieren.

Zu diesen offenen Briefen habe ich viele Rückmeldungen bekommen, ähnlich wie im November 2019.1Damals habe ich den Versuch der AfD kritisiert, das Gedenken an Karl Küpper zu missbrauchen. Über die ausnahmslos positiven Stimmen zu meinen offenen Briefen habe ich mich sehr gefreut.

Hier eine Auswahl dieser Rückmeldungen.


Exakt auf den Punkt bringt es Toni Rütten:  

Lieber Uli Kievernagel,
Ihre beiden offenen Briefe zur jüngsten Verleihung des Karl-Küpper-Preises – kein Wort zu wenig, kein Satz zu viel – habe ich wieder mit ganz viel Freude gelesen. Kölsche Identität ist eben mehr als nur ein Produkt von Brauchtumspflege und Nostalgie. Sie ist auch eine couragierte Auseinandersetzung mit der Gegenwart und der Zukunft unserer Stadtgesellschaft. Und deren Determinanten werden nicht nur am Rhein, sondern auch im Mittelmeer entschieden.
Danke!
Hätzliche Jrööß vun d’r schäl Sick
Toni Rütten


Auch Werner Blum, der Gestalter des „Karl-Küpper-Preises“ und der Gedenktafel im Gürzenich hat sich gemeldet: 

 
Hallo Uli Kievernagel,
es freut mich sehr, dass Sie mit Ihren zwei offenen Briefen so öffentlich Stellung bezogen und so deutlich Worte gefunden haben.
Denn das braucht es jetzt. 
Mit besten Grüßen und schönes Wochenende
Werner Blum
 
Ein großes DANKE auch an Werner Blum vom Gestalteratelier für diese Bilder des Preises und der Gedenktafel sowie der Genehmigung, diese hier veröffentlichen zu dürfen. 


Andrea aus Kerpen hat geschrieben:

Liebster Uli, 
großartiger Beitrag, insbesondere dein offener Brief an die Gegner der Preisverleihung!
Ich hatte darüber schon in der Zeitung gelesen und sofort an dich und deinen Beitrag über Küpper gedacht.
Viele Grüße
Andrea

Annette aus Raderberg schreibt:

Sehr schöner Newsletter, lieber Köln-Lotse!
Viele Grüße
Annette

Michael hat sich wie folgt gemeldet:

Hallo Uli,
danke für deine tollen Worte und den offenen Brief!
Viele Grüße
Michael 

Sandra aus dem Kölner Süden meint:

 
Sehr gut geschrieben, Herr Köln-Lotse.

Auch Jürgen aus Hennef hat sich gemeldet:

Lieber Uli,
herzlichen Dank für Ihre beiden offenen Briefe, Sie sprechen mir aus der Seele.
Bleiben Sie sich treu und „wigger su“!
Gruß Jürgen

Anette meint:

Lieber Uli,
klare Worte, klare Stellungnahme.
Es wird viele positive Rückmeldungen geben; hast Du sehr gut gemacht!!
Liebe Grüße

Anette


Selbstverständlich habe ich auch dem Festkomitee die beiden Briefe zugeschickt. Vom Präsidenten Christoph Kuckelkorn kam keine Rückmeldung, genau wie vor einem Jahr, als ich um eine Stellungnahme zu dem AfD-Versuch, das Gedenken an Karl Küpper zu missbrauchen, gebeten habe. Die Pressestelle des Festkomitees hat kurz und knapp geantwortet:

Herzlichen Dank für die Berichterstattung und viele Grüße
 
Bei dieser Rückmeldung bleibt die Frage offen, ob die Damen und Herren sich überhaupt die Mühe gemacht haben, die beiden Briefe zu lesen.

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Carola Rackete wird mit dem Karl-Küpper-Preis ausgezeichnet

Verleihung Karl-Küpper-Preis an Carola Rackete, Bild: Raimond Spekking
Verleihung Karl-Küpper-Preis an Carola Rackete, Bild: Raimond Spekking

Am 19. Oktober 2020 hat Carola Rackete den Karl-Küpper-Preis erhalten. Und ich bin extrem stolz auf unseren Karneval und diese Entscheidung.

Dieser Preis erinnert an den unbeugsamen Büttenredner Karl-Küpper und wird an Menschen vergeben, die sich für den Schutz der Demokratie und gegen Rassismus, Antisemitismus und jede Form der Diskriminierung engagieren. Im Jahr 2020 wurde der Preis an Carola Rackete vergeben.

Carola Rackete hat als Kapitänin mit dem Seenotrettungsschiff „SeaWatch 3“ Geflüchtete auf dem Mittelmeer vor dem Tod gerettet. Doch kein Hafen wollte das Schiff mit den 52 Geflüchteten aufnehmen. So fuhr Rackete, trotz Verbot, in den Hafen von Lampedusa ein, um das Elend der Geflüchteten an Bord zu beenden. Sie wurde noch im Hafen festgenommen.

Zur Feier dieses Preises veröffentliche ich im „Köln-Ding der Woche“ heute zwei offene Briefe:

  1. Einen offenen Brief mit herzlichen Glückwünschen an die Preisträgerin
  2. Ein offenen Brief an die Menschen, die, insbesondere in den sogenannten „Sozialen Medien“, die Vergabe dieses Preises kritisieren.

Offener Brief an Carola Rackete

Liebe Carola Rackete,

Karl-Küpper wäre am Montag sehr stolz gewesen. Der nach ihm benannte Preis hat mit Ihnen eine würdige Preisträgerin gefunden. Genau wie Karl-Küpper haben Sie Ihre eigene Person zurückgestellt und ohne Rücksicht auf negative Konsequenzen gehandelt. Sie haben Menschlichkeit bewiesen, wo andere Menschlichkeit heucheln. Oder – um es mit Ihren eigenen Worten zu sagen: Danebenstehen reicht nicht aus. 

Unsere Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat nicht umsonst in ihrer Rede zur Preisverleihung Wert darauf gelegt, den Begriff „Zivilcourage“ exakt zu definieren: „Ein Risiko eingehen, die eigene Unversehrtheit, die eigene Existenz nötigenfalls gefährden, um für den zivilisatorisch höchsten Wert einzustehen: Die Menschenfreundlichkeit. Und was kann noch höher eingeschätzt werden als die Rettung von Menschen?“ Sie haben angepackt und Menschenleben gerettet. Gegen alle Widerstände. Wie Christoph Kuckelkorn sehr richtig gesagt hat, haben Sie „ … die Sicherheit anderer über ihre eigene gestellt“.

Die Sea Watch 3, Bild: Chris Grodotzki / Sea-Watch.org, CC BY-SA 4.0
Die Sea Watch 3, Bild: Chris Grodotzki / Sea-Watch.org, CC BY-SA 4.0

Sie gehen geradlinig Ihren Weg – genau wie Küpper es getan hat. Auch er hat sich nicht verbiegen lassen und hat auf der Bühne Haltung bewiesen. In einem Interview haben Sie Ihre moralische Verpflichtung beschrieben: „Ich habe eine weiße Hautfarbe, ich bin in ein reiches Land geboren worden, ich habe den richtigen Reisepass, ich durfte drei Universitäten besuchen und hatte mit 23 Jahren meinen Abschluss. Ich spüre eine moralische Verpflichtung, denjenigen Menschen zu helfen, die nicht meine Voraussetzungen hatten.“1La scelta di Carola. In: repubblica.it. 26. Juni 2019 Und weil Sie, genau wie Karl Küpper, Ihre ganz besonderen Fähigkeiten und Ihren Mut einsetzen, sind Sie eine würdige Preisträgerin.

Leeven Frau Rackete, ne janz hätzlische Jlöckwonsch.

Viele liebe Grüße aus Köln

Uli Kievernagel


Offener Brief an die Gegner dieser Preisverleihung

Abscheu. Faschistische Gedanken. Blanker Hass. Als ich eure Facebook-Kommentare zur Verleihung des Karl-Küpper-Preises gelesen habe, hat sich mir der Magen umgedreht. Habt ihr denn nichts verstanden?

„Es gibt wieder Faschisten, die Angst und Hass predigen.“ so Gerhard Küpper, Sohn von Karl-Küpper bei der Preisverleihung. „Und wieder laufen die Leute ihnen nach wie die Lemminge“. Na – fühlt ihr euch ertappt?

Nur zur Klarstellung – falls ihr das nicht mitbekommen haben solltet: Hier wird völlig zu Recht eine Frau ausgezeichnet, die Menschenleben gerettet hat. Mit dem Karl-Küpper-Preis, welcher an Menschen vergeben wird, die sich für den Schutz der Demokratie und gegen Rassismus, Antisemitismus und jede Form der Diskriminierung engagieren. Passt also und Karl-Küpper wäre stolz gewesen. 

Und dann wäre da noch der falsche verstandene Lokalpatriotismus in euren Kommentaren „Ävver dä Preis hätte doch ene Kölsche kräje müsse“. Warum? Nehmt mal eure kölsche Scheuklappen ab! Dann werdet ihr feststellen, dat et uch woanders Lück met Jewesse und Kurasch jit.

Vell Jrööööß

Uli

PS Und NEIN – Carola Rackete ist durch den Preis nicht reicher geworden. Sie hat das Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro an Flüchtlingsorganisationen in Libyen gespendet. Auch das ist vorbildlich.


Was in der ganzen Diskussion etwas untergegangen ist: Die Gestaltung des Preises ist sensationell. Der Preis ist einer Bütt nachempfunden und mit unserem Stadtwappen geschmückt. Dabei steht aber eine der Kronen schräg – als Erinnerung an den unangepassten Karnevalisten Karl Küpper.

Die Gestaltung stammt von Werner Blum. Blum konzeptioniert und gestaltet Awards, Skulpturen und Grossplastiken und gehört zum Wagenbauer-Team des Festkomitees.

Weitere Informationen: Werner Blum, Gestalteratelier


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Marie-Luise Nikuta: Die kölsche Motto-Queen

Marie Luise Nikuta auf der Bühne zur ColognePride 2006, Bild: Raimond Spekking
Marie Luise Nikuta auf der Bühne zur ColognePride 2006, Bild: Raimond Spekking

Podcast Nikuta 8

 

Es war jedes Jahr eines der Rituale des kölschen Fasteleers: Das Festkomitee gab immer an Veilchendienstag das Sessionsmotto für die kommende Session bekannt. Und knapp eine Stunde später hörte man eine gut gelaunte Marie-Luise Nikuta via Telefon im Radio das entsprechende Sessionslied trällern. So schnell wie die „Motto-Queen“ war sonst niemand.

Seit 1977 komponierte und textete „die Nikuta“ in Windeseile unvergessene Mottolieder, darunter zum Beispiel „E paar Grosche för Ies“, den „Straßenbahn Song: Weißte wat, m´r fahre met d´r Stroßebahn noh Hus“ oder auch „Hokus, Pokus, Kölsche Zauberei“. Kritiker warfen ihr vor, rein oberflächliche Stimmungslieder zu singen. Und tatsächlich sind viele ihrer insgesamt 160 Karnevalslieder, wie zum Beispiel „Kölle loss jonn“ mit den Textzeilen

„Kumm loss mer laache,
jet Freud uns mache,
kumm loss mer singe,
kumm loss mer springe,
kumm loss mer fiere,
uns amüsiere
denn Fasteovend is e härrlisch Fess.“

keine wirklich tiefgründigen Lieder, aber mit eingängigen Melodien und nie anzüglich. Dieser zweifelhafte Ruhm gebührt anderen Karnevalsgrößen.1So zum Beispiel der Herrensitzungs-Schenkelklopfer des Eilemann-Trios „Wir steigen auf das Matterhorn – mal von hinten, mal von vorn…“

Erfolgreich im von Männern dominierten Karneval

Marie-Luise Nikuta wor en esch kölsch Mädchen: Geboren am 25. Juli 1938 in Nippes hatte sie schon als Kind Klavierunterricht. Ihr erster Auftritt, gemeinsam mit einem Kinderchor, war auf einer Karnevalssitzung im Williamsbau.

Die Familie blieb bis 1944 in Köln, erst dann flüchtete man aus der fast völlig zerstörten Stadt nach Overath. Dort hielten es die Familie, neben Vater und Mutter gab es noch eine Schwester, aber nicht lange aus. Direkt nach dem Kriegsende ging es zurück nach Nippes.

1968 startet ihre Fastelovends-Karriere mit einem Auftritt beim Literarischen Komitee. Neben dem Karneval arbeitete sie bis zur Geburt ihrer Tochter als Versicherungskauffrau bei Gerling. Ihre große Stütze, Förderer und die Liebe ihres Lebens war ihr Mann Willi. Seit 1960 waren die beiden ein Paar. Er spornt sie an und hält ihr den Rücken frei. So singt sie auf der Bühne im Gürzenich, und hinter der Bühne wechselt Willi die Windeln der gemeinsamen Tochter Andrea.  „Er hat mich unterstützt. Das war wichtig. Ich war ja eine der ganz wenigen Frauen im von Männern dominierten Karneval. Manche haben uns belächelt. Es gab sogar ein paar Machos, die tönten, dass sie sowas in ihrer Ehe nicht tolerieren würden.“ so Marie-Luise Nikuta in einem Interview mit dem Express.

Die Zeiten für Künstlerinnen im Karneval waren hart und sind es heute noch. Männliche Kollegen spotten über die mit roten Haaren und im Köbes-Kostüm auftretende Nikuta. Doch ihr Erfolg spricht für sich. Auch das Festkomitee erkennt dies zwar spät, aber immerhin an: „Sie hat den Karneval – in einer Zeit, als das noch lange nicht selbstverständlich war – weiblicher gemacht. Sie hat die Bühnen der Stadt gegen manch damalige männliche Widerstände erobert.“ so Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn im Februar 2020. Das war allerdings bereits nach dem Tod von Marie-Luise Nikuta.

Ein Star in der LGBT-Community

Ein ganz besonderes Verhältnis hatte Marie-Luise Nikuta zur LGBT-Community2Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender, also Lesbisch, Schwul, Bisexuell und Transgender in Köln. Als eine der wenigen Künstler*innen aus der Karnevalszene trat sie regelmäßig bei schwul-lesbischen Veranstaltungen auf. Und dazu kam es eher zufällig. Sie hatte eine Buchung für eine Veranstaltung in der Altstadt. Nikuta dazu „Als ich da ankam, waren nur Männer da. Ich habe mir da erst einmal gar nichts bei gedacht. Und dann fragte mich jemand, ob ich ein Problem damit hätte, hier aufzutreten – warum sollte ich? Erst da hab‘ ich verstanden, wo ich damals war.“ Die konservativen Karnevalisten sind entsetzt, doch Marie-Luise steht zu ihrer Fangemeinde: „Natürlich bin ich weiter da aufgetreten. Die Stimmung war immer sensationell.“

Maria Luise Nikuta auf einem Paradewagen in der CSD-Parade 2009, Bild: Raimond Spekking
Maria Luise Nikuta auf einem Paradewagen in der CSD-Parade 2009, Bild: Raimond Spekking
Tod ausgerechnet an Karnevalsdienstag – dem „Motto-Tag“

Zur Zäsur im Leben von Marie-Luise Nikuta wird der 18. Dezember 2013. Anfänglich eher harmlose Kopfschmerzen entpuppen sich als Schlaganfall. Noch am gleichen Tag wird sie operiert. Ihr offizieller Rückzug von der Bühne findet bei der Sessionseröffnung am Elften im Elften 2014 statt. 

Ausgerechnet an „ihrem Motto-Tag“ – Karnevalsdienstag 2020 – stirbt Marie-Luise Nikuta im Alter von 81 Jahren. Und wieder werden an diesem Tag ihr zu Ehren im Radio und in den Kneipen die Lieder der Mottoqueen gespielt, wie schon seit 1977.    


Die Nikutas waren trotz der Prominenz ganz bodenständig , wie mir Bäätes geschrieben hat:
„Lieber Uli,
eine Zeitlang habe ich in Mauenheim gearbeitet, wo Frau Nikuta mit ihrem Mann wohnte. Völlig normale Lück. 
Bäätes“


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Die Heilige Ursula, Teil II: Der Reliquienkult wird für die Kölner zum guten Geschäft

Eine Ursulabüste mit Schauöffnung. Die Büsten sind hohl, der Deckel in Form des Kopfes kann abgenommen werden. Gefüllt werden die Büsten mit einem Schädel oder anderen Knochen, Bild: Raimond Spekking
Eine Ursulabüste mit Schauöffnung. Die Büsten sind hohl, der Deckel in Form des Kopfes kann abgenommen werden. Gefüllt werden die Büsten mit einem Schädel oder anderen Knochen, Bild: Raimond Spekking

Podcast Ursuala II, 25

Letzte Woche hatte ich euch von der Legende um die Heilige Ursula und ihren 11.000 Jungfrauen berichtet. Heute geht es darum, wie aus dieser Legende ein lukratives Geschäft mit Reliquien wurde.

Dank der 11.000 Jungfrauen waren ja tatsächlich theoretisch genug Knochen da, welche der Kölner in nette Schachteln verpacken und als Reliquien verkaufen konnte1Zur Erinnerung: Die Kirche hatte das Geschäft mit den Reliquien verboten. Aber der findige Kölner hatte auch dafür eine Lösung: Verkauft wurden nicht die Reliquien selber sondern die hübschen Kisten und Schachteln drumherum..

Es blieb aber ein praktisches Problem: Woher sollte man die Knochen nehmen? Wie gut, dass es direkt außerhalb der Stadtmauer ein altes römisches Gräberfeld und somit genug Nachschub an Knochen gab. Dieses Gräberfeld wurde kurzerhand zur Ruhstätte der 11.000 Jungfrauen erklärt. Und fertig – das Geschäft konnte anlaufen.

Römisches Gräberfeld wird geplündert

Die Menge an Knochen war so gewaltig, dass diese nicht nur als Reliquien verkauft, sondern auch als Zierrat verwendet wurden. Bestes Beispiel dafür ist die „Goldene Kammer“ in St. Ursula. In einer Seitenkapelle der Kirche sind die Wände meterhoch mit Knochen verziert. Dort finden sich Ornamente aus Hüften und Rippen, Muster aus Oberschenkelknochen und eine aus Knochen geformte Inschrift: „S. Ursula pro nobis ora“ – „Heilige Ursula, bitte für uns“. Unzählige Kopfreliquiare, die echte menschliche Schädel beinhalten, stehen sauber aufgereiht in den Regalen, gleich neben hunderten in Seidenpapier eingepackten Schädeln.

Wenn ich mit Gruppen im Rahmen der Lotsentour Innenstadt die Goldene Kammer besuche, herrscht zunächst immer Schweigen, und dann kommt unweigerlich die Frage: „Ist das alles echt?“. Ja, ist es. Das sind alles menschliche Knochen, zum größten Teil von dem geplünderten römischen Gräberfeld. In der Kammer und in der Kirche stehen auch noch große Sarkophage – bis zum Rand gefüllt mit Knochen. Immerhin waren es ja 11.000 Jungfrauen, deren Knochen untergebracht werden mussten.

Aus 11 werden 11.000

Weder für die Legende der Heiligen Ursula noch für die Zahl 11.000 Jungfrauen gibt es historische Belege. In der Kirche St. Ursula selber findet sich eine eingemauerte Inschrift aus dem 4. oder 5. Jahrhundert:

Die Inschrift des Clematius in St. Ursula, Bild: Raimond Spekking
Die Inschrift des Clematius in St. Ursula, Bild: Raimond Spekking

Diese „Inschrift des Clematius“ kann als Ursprung der Ursula-Legende angesehen werden. Dort steht (deutsche Übersetzung):
„Durch göttliche Flammenvisionen häufig ermahnt und durch die sehr große Kraft der Majestät des Martyriums der himmlischen Jungfrauen, die erschienen, aus der östlichen Reichshälfte herbeigeholt, (hat), nach Gelübde, Clematius, im Senatorenrang, auf eigene Kosten, auf seinem Boden, diese Basilika, wie es nach seinen Gelübde schuldete, von den Fundamenten erneuert. Wenn jemand aber unter der so großen Majestät dieser Basilika, wo die heiligen Jungfrauen für den Namen Christi ihr Blut vergossen haben, irgend jemandes Leichnam bestattet, mit Ausnahme der Jungfrauen, so wisse er, daß er mit ewigen Höllenfeuern bestraft wird.”

Aufmerksame Leser werden feststellen, dass in dieser Inschrift keine Rede von 11.000 Jungfrauen ist. Diese, für das Reliquiengeschäft ungemein praktische, Zahl basiert vermutlich auf einem gewollten Lesefehler. In älteren Dokumenten findet sich zu der Ursula-Legende die Angabe „X I M V“.

Liest man dies als „XI MV“ kann es als „11 M(artyres) V(irgines)“, also „Elf jungfräuliche Märtyrerinnen“ verstanden werden. Weil dies aber schlecht für das Geschäft gewesen wäre,  interpretierten die Kölner die Inschrift als „XIM V“. Und flott werden  das somit „11 M(ilia) V(irgines)“, also „11.000 Jungfrauen“.

Das Kölner Wappen mit den Kronen der Heiligen Drei Könige und den elf Hermelinschwänzen. Bild: Stadt Köln
Das Kölner Wappen mit den Kronen der Heiligen Drei Könige und den elf Hermelinschwänzen. Bild: Stadt Köln

Keine Tränen, keine Flammen sondern Hermelinschwänze

Dank ihres Martyriums und der damit verbunden Rettung Kölns hat es Ursula als Stadtpatronin bis auf das Stadtwappen geschafft. Zusammen mit den drei Kronen, welche die Heiligen Drei Könige symbolisieren, finden sich dort elf oft fälschlich als Tränen oder Flammen bezeichnete Symbole. Allerdings handelt es sich hier um Hermelinschwänze. Diese stammen ursprünglich aus dem Wappen der Bretagne und erinnern an Ursula und ihre 11.000 Begleiterinnen.


Hinter der schillernden Legende von Ursula wird ein anderer Stadtpatron oft vergessen: Der „Kriesgdienstverweigerer“ Gereon.


Der Name der Jungferninseln bezieht sich auf Ursula und die Jungfrauen

Kein geringerer als Christoph Kolumbus hat zur Ehre der Elftausend Jungfrauen die Jungferninseln in der Karibik nach Ihnen benannt: Santa Ursula, Once Mil Virgines, Archipiélago de las Vírgenes (Sankt Ursula, Elftausend Jungfrauen, Archipel der Jungfrauen). Noch heute zeigt das Wappen die Heilige Ursula. Ein großes DANKE an meinen treuen Leser Heinz Peter für diesen Hinweis.

Das Wappen der Britischen Jungferninseln Bild: Tobias Jakobs, CC0, via Wikimedia Commons
Das Wappen der Britischen Jungferninseln
Bild: Tobias Jakobs, CC0, via Wikimedia Commons

Ferdinand Magellan nannte das Kap am Eingang der Magellanstraße „Cabo Virgenes“ (Kap der Jungfrauen). da er es am 21. Oktober 1520, dem Ursula-Gedenktag, entdeckte.


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Der Frauenbrunnen: 2000 Jahre Kölner Frauen im Wandel der Zeit

Der Frauenbrunnen am Farina-Haus, Bild: Uli Kievernagel
Der Frauenbrunnen am Farina-Haus, Bild: Uli Kievernagel

Egal, ob als Marketing-Fachfrau, Tennis-Star, Umweltschützerin, Nonne oder Schauspielerin:  In Köln lebten und leben starke Frauen. Ganz plastisch gezeigt wird das im Innenhof des Farina-Hauses mitten in der Innenstadt am Frauenbrunnen.

Der offizielle Name dieses Brunnens lautet „Frauen im Wandel der Zeit“. Dargestellt werden zehn Frauen in jeweilig typischen Gewändern. Jede steht dabei für eine Epoche in der Stadtgeschichte. 

Nur durch diese, hier am Beispiel der Frauen gezeigte ständige Veränderung konnte unsere Stadt zu dem werden, was sie heute ist.


Die Ubierin, Bild: Uli Kievernagel
Die Ubierin, Bild: Uli Kievernagel

Ubierin (50 n. Chr.)

Die ersten Kölschen Frauen waren Ubierinnen. Dieser ursprünglich auf der „Schäl Sick“, der rechten Rheinseite, beheimatete Germanenstamm wurde von den Römern um 20/19 v. Chr. auf die linke Seite des Rheins umgesiedelt. Die neue Siedlung wurde „Oppidum Ubiorum“, also „Siedlung der Ubier“ genannt.

 

 

 


Die Römerin, Bild: Uli Kievernagel
Die Römerin, Bild: Uli Kievernagel

Römerin (50 n. Chr.)

Mit den Römern kam der Aufschwung an den Rhein. Eine – nicht ganz unumstrittene – Dame spielte dabei eine besondere Rolle: Agrippina, Nichte und gleichzeitig Gattin von Kaiser Claudius, sorgte dafür, dass Köln die Rechte einer Kolonie bekam. CCAA – Colonia Claudia Ara Agrippinensium entstand.

 

 

 


Die Fränkin, Bild: Uli Kievernagel
Die Fränkin, Bild: Uli Kievernagel

Fränkin (um 400)

Etwa 455 eroberten die Franken die damals wichtigste Stadt nördlich der Alpen. Damit endete die römische Herrschaft über Köln. In der Stadt lebten damals Franken, andere Germanen und auch Römer gemeinsam.

 

 

 


Die Heilige Ursula, Bild: Uli Kievernagel
Die Heilige Ursula, Bild: Uli Kievernagel

Die heilige Ursula

Sie ist nicht nur Schutzpatronin der Stadt, sondern auch Basis der Legende um die 11.000 Jungfrauen und dem damit verbundenen Reliquienkult. Ihre Darstellung auf dem Brunnen zeigt auch fünf dieser Jungfrauen. Die Legende besagt, dass Ursula eine Prinzessin aus der Bretagne war. Übrigens: Die elf als Tropfen, Flammen oder Tränen bezeichneten Elemente unseres Stadtwappens stellen tatsächlich Hermelinschwänze dar, die sich auf dem alten Wappen der Bretagne befanden.

 


Die Kölnerin um das Jahr 1400, Bild: Uli Kievernagel
Die Kölnerin um das Jahr 1400, Bild: Uli Kievernagel

Frau aus dem Mittelalter (um 1400)

Köln, als größte Stadt des Heiligen Römischen Reichs, hatte etwa 40.000 Einwohner. Der Gürzenich und der Rathausturm werden gebaut. In der Freien Reichsstadt genießen Frauen eine größere Freiheit als in jeder anderen Stadt. Sie gründen eigene Zünfte z.B. die Zunft der Garnmacherinnen, Seidenmacherinnen und Goldspinnerinnen.

 

 

 


Die Jüdin, Bild: Uli Kievernagel
Die Jüdin, Bild: Uli Kievernagel

Jüdin (1424)

Die jüdische Gemeinde Kölns war die die älteste jüdische Gemeinschaft nördlich der Alpen. Der Frauenbrunnen befindet sich fast mitten im alten jüdischen Viertel. Im Jahr 1424 werden die Juden aus Köln vertrieben.

 

 

 

 


Die Niederländerin, Bild: Uli Kievernagel
Die Niederländerin, Bild: Uli Kievernagel

Niederländerin (um 1600)

Insbesondere durch den Rhein als Handelsweg bestehen enge Bindungen zu den Niederlanden. Köln wird der Marktplatz für z.B. Heringe und Muscheln aus der Nordsee. In umgekehrter Richtung wird insbesondere viel Wein verschifft. Der Geusenfriedhof ist nach niederländischen Glaubensflüchtlingen benannt.

 

 

 


Die Italienerin, Bild: Uli Kievernagel
Die Italienerin, Bild: Uli Kievernagel

Italienerin (18. Jahrhundert)

Der Erfinder des „Eau de Cologne“ war der Italiener Johann Maria Farina. Der Brunnen steht inmitten des ehemaligen Farina-Fabrikgeländes.

 

 

 

 

 


Preußin (1832)

Die Preussin, Bild: Uli Kievernagel
Die Preussin, Bild: Uli Kievernagel

Im Jahr 1814 besetzen die Preußen Köln. Keine besonders gute Zeit für Frauen in einer von säbelschwingenden Männern dominierten Welt. Wilhelm II. spricht den Frauen jegliche Bedeutung ab und sorgt ausdrücklich dafür, dass auf der Siegesallee im Berliner Tiergarten nur Statuen von Männern aufzustellen sind. Gut, dass hier in Köln auch an die preußischen Frauen gedacht wird.

 

 

 


Die moderne Kölnerin, Bild: Uli Kievernagel
Die moderne Kölnerin, Bild: Uli Kievernagel

Kölnerin (1987)

Die moderne Frau aus Köln zeigt sich auf dem Brunnen mit Kind.

 

 

 

 

 

 


Mehr als nur Darstellung der Bekleidung

Der Frauenbrunnen wurde von der Bildhauerin Anneliese Langenbach (1926-2008) geschaffen. Besonderen Wert bei der Gestaltung des Frauenbrunnens hat sie auf die Kleidung der Frauen gelegt, geleitet von der Kernfrage: Welche Kleider haben wohl die Frauen in den jeweiligen Epochen getragen?

Doch der Brunnen zeigt mehr als Kleider: Ronald Füllbrandt von den Kölschgängern verweist in seinen Betrachtungen des Frauenbrunnens ausdrücklich darauf: „Ja, Köln hatte schon immer starke und hübsche Frauen, darauf sollten wir stolz sein.“

Und damit hat Ronald recht!


Brunnen in Köln
Brunnen in Köln

Neben dem Frauenbrunnen haben wir auch andere Brunnen in Köln:


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Zu Unrecht (fast) vergessen: Die Frauenrechtlerin Else Falk

Else Falk hat diesen Aufruf für die Durchsetzung des Frauenwahlrechtes unterzeichnet, Bild: Raimond Spekking
Else Falk hat diesen Aufruf für die Durchsetzung des Frauenwahlrechtes unterzeichnet, Bild: Raimond Spekking

Die Frauenrechtlerin Else Falk wäre stolz gewesen: Die Stadt Köln vergibt seit 2020 den „Else-Falk-Preis“. Dieser Preis wird an Frauen, die in Köln „eine Vorbildfunktion erfüllen und durch ihr Engagement in herausragender Weise für Geschlechtergerechtigkeit gewirkt haben.“ verliehen. Ganz in der Tradition von Else Falk, die vor etwa 150 Jahren geboren wurde und wegweisende Projekte für Frauen in Köln initiiert hat.

Aktiv für Frauen und Mädchen

Else Falk wurde am 25. April 1872 als Else Wahl in Barmen geboren. 1898 zog sei mit ihrem Mann, dem Juristen Bernhard Falk, nach Köln. Genau wie zum Beispiel Marie Juchacz kämpft auch Else Falk für das Frauenwahlrecht. Sie engagiert sich bei verschiedenen Kölner Institutionen, und die Liste ihrer Tätigkeiten ist lang:

  • Schatzmeisterin der Kölner Nationalen Frauengemeinschaft,
  • Vorsitzende vom Stadtverband Kölner Frauenvereine,
  • Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Stadtverbände von Rheinland und Westfalen,
  • Vorsitzende des Kölner Vereins Fünfter Wohlfahrtsverband und Vorstandsmitglied des Landesverbandes,
  • Gründung und Leitung des Vereins Müttererholung und Mütterschulung,
  • Initiierung von vier Rentnerinnenheimen für durch Krieg und Inflation verarmte Frauen,
  • Begründung der städtischen Blindenbibliothek,
  • Mitwirkung im Vorstand der Kölner „Gemeinschaft Deutscher und Oesterreichischer Künstlerinnenvereine aller Kunstgattungen“ (GEDOK).

Besonders beeindruckend war ihre pragmatische Art, einfach anzupacken. So richtetet sie 1918 die öffentliche Kölner Kriegsblindenbibliothek ein. Um den Bestand an Büchern zu vergrößern, stanzte sie mit einer Gruppe von Frauen Bücher in Brailleschrift aus. Ebenfalls leitete sie eine Schusterwerkstatt. Diese Werkstatt diente dazu, Kriegsinvaliden ein Einkommen zu sichern.

Notleidende Kinder unterstützte sie in der Vereinigung für Kinderspeisungen. Ihr Einsatz für verarmte Witwen führte zum Bau von Wohnungen für Kleinrentnerinnen. Ab etwa 1925 galt ihr Einsatz auch der Fürsorge berufstätiger Mütter. Sie gründete den Verein für Müttererholung und Mütterschulung, welcher speziell berufstätigen Frauen Mütterkuren ermöglichte. Auch die Errichtung der Riehler Heimstätten wurde durch Falk maßgeblich unterstützt.

Repressalien und Demütigungen durch die Nationalsozialisten

Bereits 1932 ahnte die Jüdin Else Falk, welche besorgniserregende Entwicklung von den Nationalsozialisten ausgeht. Sie gehörte zu den Mitunterzeichnerinnen eines Aufrufes der Kölner Frauenvereine gegen Hitlers Wahl zum Reichskanzler.

Else Falk wurde bereits im März 1933 gezwungen, vom Vorsitz des Stadtverbandes Kölner Frauenvereine zurückzutreten. Trotz der wachsenden Repressalien gegen Juden setze sich Else Falk im Rahmen der „Gemeinschaft Deutscher und Oesterreichischer Künstlerinnenvereine aller Kunstgattungen“ (GEDOK) für die jüdischen Künstlerinnen ein, die aus dieser Vereinigung ausgeschlossen wurden.

Gemeinsam mit ihrem Mann und ihren Söhnen musste sie mehrfach in Köln umziehen. Bereits im Jahr 1933 hatte sie einen schweren Schicksalsschlag erlitten. Ihrem Sohn Fritz, ein promovierter Jurist am Oberlandesgericht in Düsseldorf, wurde wegen seiner jüdischen Herkunft die Arbeitserlaubnis entzogen. Gedemütigt durch die Ausgrenzung beging er am 11. Dezember 1933 Selbstmord.

Im Rahmen der Novemberpogrome 1938 wurde ihre Wohnung verwüstet. 1939 floh die Familie nach Belgien, Freunde beschützten sie in Brüssel vor den Nazis. Nachdem ihr Mann 1944 in Brüssel starb, folgte Else Falk ihrem Sohn Ernst, der sich in Sao Paolo niedergelassen hat. Else Falk starb 1956 im Alter von 83 Jahren in Brasilien.

Copyright: Ayla Gillessen
Copyright: Ayla Gillessen

Else-Falk-Preis

Seit 2020 verleiht die Stadt Köln alle zwei Jahre den Else-Falk-Preis. Ganz im Geist von Else Falk würdigt dieser Preis das außergewöhnliches Engagement von Frauen bei der Gleichstellung von Frauen und Männern oder Mädchen und Jungen. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert. Bisherige Preisträgerinnen waren:

Frauke Mahr (2020)

Genau wie Else Falk ist Frauke Mahr aktiv und ganz pragmatisch für Frauen und Mädchen in Köln tätig. Sie gründete in Köln das erste Frauenhaus in Deutschland und hat das Projekt Edelgard ins Leben gerufen. Edelgard schützt Frauen und Mädchen. Sie finden bei Belästigung und akuter Bedrohung Orte, wo sie durchatmen und ihre nächsten Schritte planen können.

Behshid Najafi (2022)

Am 31. Mai 2022 verlieh die Stadt Köln Behshid Najafi den Else-Falk-Preis. Die Deutsch-Iranerin setzt sich seit Jahrzehnten für die Sichtbarmachung der komplexen Formen von Benachteiligungen migrierter und geflüchteter Frauen ein. Sie wurde ausgezeichnet für ihr außergewöhnliches Engagement im Bereich Frauenrechte und ihren Einsatz im Kampf gegen Sexismus und Rassismus in Köln.

Christiane Lehmann (2024)

Seit über 26 Jahren arbeitet die Tischlerin und Sozialarbeiterin Christiane Lehmann im Handwerkerinnenhaus Köln und hat maßgeblich zu dessen Ausbau und Erfolg beigetragen. Sie setzt ihre Energie dafür ein, die Angebote für Mädchen stetig zu erweitern und das Handwerkerinnenhaus zu einem Ort zu machen, an dem die jungen Frauen in ihrer Vielfalt wahrgenommen, gestärkt und unterstützt werden.


 

Starke Frauen aus Köln

Starke Frauen

Weitere Portraits wichtiger Frauen für Köln findet ihr in der Rubrik „Starke Frauen“.


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Mildred Scheel: Ärztin und Gründerin der Deutschen Krebshilfe

Mildred Scheel, Bild: Bundesarchiv
Mildred Scheel, Bild: Bundesarchiv

Wann ist sie denn nun wirklich geboren? Der 31. Dezember stimmt. Aber welches Jahr?

Je nach Quelle wird der 31. Dezember 1931 oder der 31. Dezember 1932 als Geburtsdatum angegeben. Grund dieser Konfusion ist ein kurioser Fehler auf dem Kölner Standesamt: Der Standesbeamte war wohl bei der Eintragung wegen des gerade erfolgten Jahreswechsels verwirrt und hat das falsche Jahr eingetragen. Dieser Fehler wurde erst 1970 entdeckt, denn die Geburtsurkunde mit dem Ausstellungsdatum vom Januar 1932 konnte unmöglich eine Geburt vom Dezember 1932 bescheinigen. Ihre Tochter Cornelia Scheel schreibt in Ihrem Buch „Erinnerungen an meine Mutter“ dazu: „Fortan fand sich dieses Datum auf allen Papieren und Dokumenten wieder, und meine Mutter sah keinen Grund, daran zu zweifeln. … Meine Mutter war also bis zum Sommer 1970 sicher, dass sie zu diesem Zeitpunkt siebenunddreißig war, und sie tat einen Teufel, das jetzt noch richtigzustellen.“

Ein kölsches Mädchen

Mildred Scheel wurde als Mildred Wirtz in Köln-Ma­ri­en­burg geboren. Ihre Mutter war die gebürtige Amerikanerin Anna Elsie Brown, ihr Vater der Röntgenarzt Hans-Hu­bert Wirtz. Schon als Kind zeigte Mildred Interesse an der Medizin und begleitete ihren Vater oft in die Praxis. Wegen der zunehmenden Bombenangriffe verließ die Familie im Jahr 1944 Köln und zog in die Ober­pfalz, wo die Schwes­ter des Va­ters lebte. Eine glückliche Entscheidung, denn das Haus der Familie wurde bei einem Bombenangriff im März 1945 zerstört. Der weiterhin in Köln lebende Vater überlebte den Angriff in einem Luftschutzkeller.

Mild­red Wirtz studierte Medizin, promovierte und ab­sol­vier­te die Facharztausbil­dung als Röntgenolo­gin. Ihr Plan, die Praxis ihres Vaters zu übernehmen, scheiterte, da der Vater 1962 überraschend verstarb und die Praxis verkauft wurde. Mildred Scheel wurde schwanger und bekam 1963 ihre Tochter Cornelia. Der Vater war ein verheirateter Mann und Mildred wurde so zu einer alleinerziehenden Mutter. Und das in den 1960er Jahren. Eine Frau. Ohne Mann. Aber mit Kind. Einfach unerhört.

Ihr Geld verdiente sie als Ärztin in verschiedenen Kran­ken­häu­sern. Und das rettete dem späteren Außenminister und Bundespräsidenten Walter Scheel das Leben. Der Politiker erholte sich in einem Sanatorium in Bad Wiessee von einer Nierenoperation. Die als Urlaubsvertretung dort tätige Mildred Wirtz erkannte als einzige, dass nach einer Nierensteinoperation bei Walter Scheel Komplikationen auftraten. Die Ärztin und der Politiker wurden ein Paar und heirateten im Sommer 1969, kurz bevor Walter Schee­l im Herbst Au­ßen­mi­nis­ter und Vi­ze­kanz­ler un­ter Wil­ly Brandt wurde.

Mildred und Walter Scheel im Jahr 1976, Bild: Bundesarchiv
Mildred und Walter Scheel im Jahr 1976, Bild: Bundesarchiv

Mit den politischen Ämtern ihres Mannes veränderte sich das Leben von Mildred Scheel. Sie gab ihren Beruf als Ärztin auf und nahm zunehmend Re­prä­sen­ta­ti­ons­auf­ga­ben wahr. So ganz nebenbei absolvierte sie aber an der Bon­ner Uni­ver­si­täts­kli­nik ei­ne Aus­bil­dung zur Spe­zia­lis­tin für Mam­mo­gra­phie.

Mehr als nur „nebst Gattin“

Bis weit in die 1980er Jahre waren die Ehefrauen der Politiker nur das schmückende Beiwerk. „Petersilie“ nennt das die Bonner Gesellschaftskolumnistin Almut Metzner-Hauenschild. Die Politikerfrau als schmückende Beilage – mehr nicht. So auch die damals übliche Begrüßung „Wir begrüßen den Herrn Minister nebst Gattin“. Eine solche „nebst Gattin“ war Mildred Scheel sicherlich nicht. Sie hasste den Small Talk zu Lachshäppchen. 1974, Walter Scheel war gerade zum Bundespräsidenten gewählt, warnte Sie die Journalisten beim Einzug in die Villa Hammerschmidt: „Nennen Sie mich bloß nicht Landesmutter!“.

Mit der Familie Scheel zog auch die erste Patchworkfamilie in den Dienstsitz des Bundespräsidenten. Neben Cornelia Scheel hatte das Ehepaar noch die ge­mein­sa­me Toch­ter Gwen­d­o­lyn und den Adoptivsohn Si­mon Mar­tin, einen in­dia­ni­schen Wai­sen­jun­gen aus Bolivien.

Deutsche Krebshilfe e.V.

Ihre Popularität als First Lady nutzte Sie, um im September 1974 die Deut­sche Krebs­hil­fe zu gründen – eine Zeit, in der Krebserkrankungen oft noch tabuisiert wurden. Das Geld für die Krebshilfe sammelte sie persönlich und  regelmäßig bei Empfängen in der Villa Hammerschmidt. So wurden ausdrücklich spendierfreudige Wirtschaftsbosse eingeladen, um möglichst viele Spenden zu sammeln. Sie sprach diese Gäste persönlich an. Bei einem Staatsbesuch in Moskau bat sie Leonid Breschnew um unterschriebene Autogrammkarten, die später zugunsten der Krebshilfe versteigert wurden.

Ihre Arbeit für die Krebshilfe war erfolgreich. Nicht zuletzt auf Initiative der Krebshilfe gehören heute re­gel­mä­ßi­ge Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen zum Stan­dard.

Im Jahr 1984 wurde bei Mildred Scheel Darmkrebs diagnostiziert. Die Presse sollte von dieser Erkrankung nichts erfahren, daher wurde Sie als „Frau Meyer“ in der Kölner Uniklinik behandelt. Der Besuch kam über die Tiefgarage ins Krankenhaus, um die Diskretion zu wahren. Am 13. Mai 1985 starb Mild­red Scheel in Köln. Sie wurde in einem Ehrengrab auf dem Alten Friedhof in Bonn bestattet.

Ihr Verdienst bleibt die Gründung der Deutschen Krebshilfe. Bis heute hat diese Stiftung weit mehr als zwei Milliarden Euro an Spenden eingenommen. Ohne Mildred Scheel wären Krebserkrankungen heute noch ein Tabu.


 

 


Mildred Scheel auf dem T-Shirt von Cornel Wachter, Bild: Cornel Wachter
Mildred Scheel auf dem T-Shirt von Cornel Wachter, Bild: Cornel Wachter

Cornel Wachter & Mildred Scheel

Das kölsche Allround-Talent Cornel Wachter hat eine ganz besondere Erinnerung an Mildred Scheel. Sein Vater Heinz Wachter war dort Oberarzt im Krankenhaus der Augustinerinnen – in der Südstadt, von den Kölnern liebevoll „Severinsklösterchen“ genannt. Heinz Wachter und Mildred Scheel kannten sich. Ihr Zitat

„Es sind nicht die großen Worte, die in der Gemeinschaft grundsätzliches bewegen: es sind die vielen kleinen Taten der Einzelnen“

zierte den Schreibtisch von Heinz Wachter.

Zu Verleihung des Ehrenamtspreises der Stadt Köln an Cornel Wachter im Jahr 2022 trug er zu Ehren von Mildred Scheel ein T-Shirt mit  ihrem Bild von Andy Warhol und genau diesem Zitat.


Rose "Mildred Scheel", Bild: Kurt Stüber, CC BY-SA 3.0
Rose „Mildred Scheel“, Bild: Kurt Stüber, CC BY-SA 3.0

Eine besondere Ehrung war, dass 1976 eine Rosensorte nach ihr benannt wurde. Die Rose „Mildred Scheel“ hat dunkelrote, sehr lange haltbare Blüten mit starkem Duft.


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Ein paar Fragen an die Macher des Düxer Bocks

Minimalistisches Design - großartiges Bier: Der Düxer Bock, Bild: Hamacher-Linnenberg
Minimalistisches Design – großartiges Bier: Der Düxer Bock, Bild: Hamacher-Linnenberg

+++ UPDATE März 2022 +++

Caroline Hamacher-Linnenberg und Uli Linnenberg, die „Erfinder“ des Düxer Bock geben ihren Bock in gute Hände weiter:

Liebe Freunde,
das erste Fass unseres feinen Bockbiers haben wir vor 3 Jahren angeschlagen. Seitdem schmeckt der DÜXER BOCK immer mehr Fans im Umkreis unserer Heimatstadt. Für uns heißt das: „ZIEL ERREICHT“.
Logisch, dass der selbstbewusste Bock mit den Hufen scharrt, um Genießer in ganz Deutschland zu erobern.
Dafür übergeben wir den *DÜXER BOCK* und die *Brauerei AufRome1468* heute mit großer Überzeugung an Marian Krause und Laura-Marie Zöllter.
Sie sind leidenschaftliche Bar-Gastronomen mit Unternehmungsgeist. Aus Ihrer Erfolgsstory: Marian ist World Class Bartender of the Year 2015 und 2021 und Inhaber von „The Grid Bar“ in der Kölner Friesenstraße. Die Bar wurde 2021 als „Barteam“ und „Bar des Jahres Deutschlands“ ausgezeichnet.
Mehr über ihr KnowHow bei Premium-Getränken und ihre innovativen, erfolgreichen Projekte erfahrt ihr demnächst von Marian und Laura selbst.
Wir beide lehnen uns zurück. Danke euch allen für euer Interesse an unserem Bockbier und den Enthusiasmus seit dem ersten Schluck. Ihr habt uns stolz gemacht. Danke an alle, die mit uns teilen, dass die alte Liebesgeschichte um einen Ziegenbock in Köln-DÜX auch heute eine Erfolgsstory ist.
Marian und Laura, ihr werdet die Geschichte in dem Sinn weiterschreiben. Wir glauben an euren Erfolg!
Ein Hoch auf die Liebe
Uli Linnenberg & Caroline Hamacher-Linnenberg


Ein leises Zischen und die Flasche ist auf. Soeben hat Caroline Hamacher eine Flasche des „Düxer Bocks“ aufgemacht. Das bernsteinfarbene Bier fließt in das wunderschöne Glas, auf dem ganz dezent der Bock grüßt. Die ersten Schlücke sind herrlich: Ein vollmundiges, malziges Bier. Es schmeckt hervorragend.

Mir gegenüber sitzen die beiden Brauunternehmer Caroline Hamacher und Ulrich Linnenberg. Nach vielen Berufsjahren in der Werbung entschieden sich die beiden gegen den Ruhestand. Sie wollten es nochmal wissen und haben angefangen, Bier brauen zu lassen. In Köln. Ihre Brauerei AufRome produziert kein Kölsch sondern ein Bockbier, den Düxer Bock.

Bockbierbrauer in der Kölsch-Stadt: Caroline Hamacher und Ulrich Linnenberg, Bild: Hamacher-Linnenberg
Bockbier in der Kölsch-Stadt: Caroline Hamacher und Ulrich Linnenberg, Bild: Hamacher-Linnenberg

Schon ist mein Glas  leer, doch Ulrich Linnenberg schenkt nach. Mit dem Düxer Bock im Glas macht unser Gespräch noch mehr Spaß.

Es gibt doch schon so viele Kölschsorten. Warum braut ihr noch ein neues kölsches Bier?

Mehr Bockbier für die Stadt! Und wir wollten die Liebesgeschichte um den Düxer Bock bekannt machen.

Und warum habt gerade ihr angefangen, Bier unter die Menschen  zu bringen?

Wir sind beide passionierte Kölsch-Trinker. In und um Köln werden jährlich mehr als 1,7 Millionen Hektoliter Kölsch gebraut und getrunken. Und wir wollen zur Biervielfalt beitragen. Der Düxer Bock soll auch keine Alternative zum Kölsch sein, vielmehr eine Ergänzung. Neben Kölsch, Pils oder Weizen bietet der Düxer Bock eine weitere Geschmacksvariante an.

Schmeckt der Düxer Bock anders als normale Bockbiere?

Total anders. Unser „Bockbier für Rheinländer“ ist weniger bitter als übliche Bockbiere und hat ein feines Fruchtaroma. Durch verschiedene Malzsorten erhält es eine warme orangene Farbe und eine karamellige Note.

Bockbier ist immer so stark. Wird man davon nicht schon nach dem ersten Glas betrunken?

Nää! Unser Düxer Bock hat schließlich weniger Alkohol als Weißwein. Tatsächlich hat unser Bockbier einen Alkoholanteil von 6,9 % Vol. und ist damit zwar stärker als Kölsch mit 4,8 % aber leichter als andere Bockbiere, die bis zu zu 7,5 % Alkohol haben können.

Stimmt! Ich trinke mein zweites Glas aus und fühle mich nicht anders als nach zwei Kölsch. Fragend hebe ich den Blick – und Caroline schenkt noch einmal nach. Es wird Zeit für die „Kölschen Fragen“:

Welche kölsche Eigenschaften zeichnen euch aus?

Caroline : Mer laache jään.
Ulrich: Levve un levve looße.

Was würdet ihr morgen in unserer Stadt ändern?

Die KVB neu erfinden

Wenn nicht Köln – wo sonst könntet ihr leben?

In einer Stadt am Meer wie zum Beispiel Lissabon, aber nach drei Monaten wollen wir zurück zum Dom.

Wo ist euer Lieblingsplatz in Köln?

Caroline: Ganz klar im Stadtwald.
Ulrich: D’r Rhing erop un d’r Rhing erav, links wie räächs.

Was macht ihr zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch?

Singen, kostümieren, Uniform anziehen, im Zug mitgehen, schunkeln, Kölsch trinken. Fisch essen. 

Und was zwischen Aschermittwoch und Weiberfastnacht?

Alles außer Karneval

Wenn wir 10.000 Euro für etwas spenden würde, ginge unser Geld an …

Jutta’s Suppenküche am Dom

Wodrüber laachs de dich kapott?

Caroline: Opjeblosene Fastelovends-Offizielle
Ulrich: mich selvs 

Euer kölsches Lieblingsessen?

Der Halve Hahn. Röggelchen, Butter, mittelalter Gouda, weiße Zwiebeln, Senf. Er wird leider kaum noch so klassisch serviert.

Eure Lieblingskneipe?

Da gibt es verschiedene Junkersdorfer Wohnzimmer… Mer weiß wä do es, wat et jitt un wer kütt us d’r Nohberschaff. Un mer kann zo Fooss noh Hus jonn.

Nennt einen Grunde, warum man Köln morgen verlassen sollte.

Sommerkarneval

Euer Lieblingsschimpfwort auf Kölsch?

Carline: Föttchesföhler
Ulrich: Doof Noss

Bitte vervollständigt den Satz: Köln ist ….

Caroline:  … alles us däm Leed „Du … bes die Stadt“ vun de Bläck Fööss
Ulrich: … lebenswert, weltoffen, tolerant

Ein malziges, vollmundiges Bier: Der Düxer Bock, Bild: Hamacher-Linnenberg
Ein malziges, vollmundiges Bier: Der Düxer Bock, Bild: Hamacher-Linnenberg

Schon wieder ist mein Glas leer. Wie schön wäre es doch, den Düxer Bock auch zu Hause im Kühlschrank zu haben. Daher meine letzte Frage:

Wo bekomme ich den Düxer Bock?

An unserem Probierstand, mit dem wir viel unterwegs sind. Zum Beispiel nächste Woche Sonntag auf dem Weihnachtsmarkt in RADERBERG und THAL vor dem Kloster der Benediktinerinnen.
Oder lasst euch in eine Bar oder in ein Restaurant einladen, wo unser Bier serviert wird. Oder zuhause, wenn man vorher im Handel einkaufen war. Mit Freude ergänzen wir jede Woche weitere Namen der Depots auf unserer Website. Wir haben jetzt auch einen Onlineshop.

Vielen Dank für das Gespräch – und das Bier.


Die Brauerei AufRome und „Der Kölsche Mandarin“ Adam Schall von Bell

Es gibt eine ganz erstaunliche – und mir völlig unbekannte – kölsche Querverbindung zwischen der Düxer-Bock-Brauerei AufRome und Adam Schall von Bell. Davon hat mir Uli Linnenberg erzählt:

Vermutlich ein Onkel von Adam Schall von Bell war auch von 1599-1605 Betreiber dieser Brauerei. Um genau zu sein war es seine Frau, Anna Reuffers bekannt als „die Brauersche auf Rome/up ruim“. Sie hat in dritter Ehe den Edlen Ruprecht Schall von Bell geheiratet und dann mit ihm die Brauerei geführt. Es sei sogar möglich, so Linnenberg, dass Adam Schall von Bell während seiner Zeit am Gymnasium Tricoronatum in der Marzellenstraße bei seiner Kölner Familie gewohnt haben könnte, schließlich war das Gymnasium nur ein paar Meter von der Brauerei entfernt.

Die Brauerei AufRome - ein geschichtsträchtiges kölsches Unternehmen, Bild: aufrome.de
Die Brauerei AufRome – ein geschichtsträchtiges kölsches Unternehmen, Bild: aufrome.de

 


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