Kölsche Schimpfwörter, Teil IV: Nöll bis Sackjeseech

Der Schäl, ein listiges Schlitzohr, Bild: Hänneschen-Thaater
Der Schäl, ein listiges Schlitzohr, Bild: Hänneschen-Theater

Podcast Schimpfwörter 16

Heute geht es in der Reihe „Kölsche Schimpfwörter“ um alles zwischen Nöll und Sackjeseech. Alle Teile der Serie findet ihr hier: Kölsche Schimpfwörter

Nöll

Bitte nicht verwechseln: „Nöll“ ist sowohl die kölsche Bezeichnung für den Vornamen Arnold und gleichzeitig auch ein Wort für Nase. Wenn ein Mensch über eine besonders große Nase verfügt, wird er Nöll gerufen. Spannend wäre es, einen Arnold mit einer ganz besonders großen Nase zu treffen.

Nöttelefönes

Ein kleinlicher Mensch, der an allem rumnörgelt. Das entsprechende Adjektiv lautet nöttelich.

Der Neumarkt - eine verkehrsumtoste Insel in der Stadt, Bild: Raimond Spekking
Der Neumarkt – eine verkehrsumtoste Insel in der Stadt, Bild: Raimond Spekking

Nümaatskraat

Mit „Nümaat“ ist der Kölner Neumarkt gemeint. Mit „Krat“, „Kraat“ oder „Krad“ bezeichnet der Kölner eine Kröte. Der Nümmaatskraat ist ein Mensch, der sich (bevorzugt am Neumarkt) herumtreibt um zwielichtigen Geschäften nachzugehen. Eng verwandt sind die Begriffe „Nümaatsbroder“ für einen faulen, arbeitsscheuen Menschen und „Nümaatsflitsche“ für eine Umhertreiberin.

Nützje

Willi Ostermann singt in seinem Lied „Kölsche Mädcher künne bütze“:

„Su e Bützche vun ´nem Nützche,
Jung dat schmeck wie Appeltaat“

Das hier beschriebene Nützje ist ein attraktives Mädchen. Insofern taugt Nützje nur bedingt als Schimpfwort.

Ömstandskriemer

Und wieder wartest du weitere zehn Minuten, weil sich der Ömstandskriemer mal wieder nicht entscheiden kann, ob er mit oder ohne Regenschirm rausgeht. Es geht also um jemand, der um alles Umstände macht, der kompliziert ist. Ein Umstandskrämer halt.

Ein Pattevugel ist eigentlich ein Papierdrachen. Bild: Ecinazuz, Pixabay
Ein Pattevugel ist eigentlich ein Papierdrachen. Bild: Ecinazuz, Pixabay

Pattevugel

Ein (Papier-)Drache ist ein Pattevugel. Und wenn ein Mensch, ähnlich wie ein Drachen, mit weiten Gewändern hereinschneit, (das betrifft gerne ältere Tanten) wird auch dieser zu einem Pattevugel.

Peffernas

Menschen, die sich für etwas Besseres halten, nennt der Kölner „Pfeffernase“. Das gilt natürlich ganz besonders für die Menschen in dem Dorf mit D, nördlich von Köln.

Pimock

Ein eigentlich abwertend gemeinter Ausdruck für Ausländer oder Fremde. So wurden im Rheinland die Flüchtlinge nach dem 2. Weltkrieg „Pimocke“ genannt. Doch – ähnlich wie beim Begriff „Krade“  scheint sich die Bewertung zu drehen.

So lautet eine Zeile der kölschen Hymne „Unser Stammbaum“
„Un ich wor ne Pimock, hück laach ich met üch met.“

"De Plaat": Jürgen Zeltinger, Bild: Raimond Spekking
„De Plaat“: Jürgen Zeltinger, Bild: Raimond Spekking

Plaatekopp

Eher ein Zustand als Schimpfwort. Die „Plaat“ beschreibt eine Glatze. Folglich ist ein Plaatekopp jemand ohne Haare. Köln berühmteste (und zeitweilig auch berüchtigste) „Plaat“ war Jürgen Zeltinger, Schöpfer so schöner Lieder wie „Asi mit Niwoh“ oder „Mallorca, Sommer, Sonne, Herzinfarkt“.

Plackfissel

Mit „Plack“ sind Ausschlag, Schorf oder sonstige Hautunreinheiten, z.B. Herpes, gemeint. Das Wort hat eine Renaissance durch die Jugendsprache erfahren. Der Ausdruck „Da krieg ich Plack von.“ steht für Ekel und Abscheu. Der Begriff Plackfissel wird übergreifender verwendet und steht für einen ungepflegten, ungewaschenen Menschen.

Sackjeseech

Eines meiner Lieblingsschimpfwörter. Hier passt alles rein. Ein „Sackgesicht“ kann ein hässlicher, ein unangenehmer, ein missgünstiger oder ein einfach ein widerlicher Mensch sein. Das Wort passt immer.

Eine wunderbare Umschreibung dieses Typs Mensch liefert Gerd Köster mit seinem Song „Sackjeseech“. Besonders schön ist der Plural in der dritten Strophe:

„Un ding Frau es och e Sackjeseech,
un ding Kinder sin och Sackjeseechtere.“

Schäl

Damit ist „schielen“ gemeint. Gleichzeitig bedeutet der Ausdruck aber auch „falsch“ oder „unredlich“. Und das trifft auf einen der Protagonisten im Hänneschen Theater zu: Der „Schäl“ schielt, ist oft hinterhältig und versucht andere zu seinem eigenen Vorteil zu hintergehen.


Übersicht kölsche Schimpfwörter


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Kölsche Schimpfwörter, Teil III: Kniesbüggel bis Mutzepuckel

Laut - aber meistens liebevoll: Kölsche Schimpfwörter, Bild: www.JenaFoto24.de / pixelio
Laut – aber meistens liebevoll: Kölsche Schimpfwörter, Bild: www.JenaFoto24.de / pixelio

Podcast Schimpfwörter 16

Nachdem wir bereits die Schimpfwörter von Aaapefott bis Flabes und von Föttchesföhler bis Klaafschnüss kennen, geht es heute um Kniesbüggele, dä Lällbeck und dä Lötschendötsch. Alle Teile der Serie findet ihr hier: Kölsche Schimpfwörter

Gesungen klingen diese Wörter übrigens noch besser. Hört mal rein in den „Kölschen Explezeer“ von Toni  Steingass. 

Kniesbüggel

Ein Geizhals. Der Begriff „Knies“ beschreibt eigentlich Dreck. Der Begriff stammt von ungepflegten, dreckigen Menschen, die zu geizig waren, Geld für ihre Sauberkeit auszugeben. Wird heute aber nur noch für geizige Menschen verwendet. Daher stammt auch das Wort „kniestich“ für geizig.

Klüttebuur

Die Klütte ist ein Stück gepresste Kohle, besser bekannt als Brikett. Der „Buur“ ist eigentlich ein Bauer. Gemeint ist hier aber der Torfstecher. Da diese Arbeit eher körperlich als geistig anstrengend ist, wird mit Klüttebuur ein einfältiger Mensch bezeichnet.

Knubbelfutz

Ähnlich wie „Föttche aan d´r Äd“ handelt es sich bei dem Knubbelfutz um eine kleine, oft gedrungene Person. Allerdings kann, insbesondere bei Kleinkindern, der Begriff auch verniedlichend angewendet werden: „Luur ens, es dat nit en klein Knubbelfutz.“

Knüselskopp

Ein knüselicher Mensch ist ein dreckiger, ungepflegter Zeitgenosse. Knüsel beschreibt, genau wie Knies, klebrigen Dreck. Wird gerne auch als Schimpfwort in der Form „knüsselije Pitter“ verwendet, egal, ob die damit bezeichnete Person tatsächlich Pitter (also Peter) heißt oder nicht.

Kötter

Wenn der Kölsche „köttet“, dann bittet er jemanden um etwas. Somit ist kötten eigentlich ein Begriff für betteln, allerdings ein etwas feinerer Begriff. Die einhellige Meinung der Kölschen in meiner Nachbarschaft: Wer köttet, der ist nicht so penetrant.

Kotzkümpsche

… ist die fast schon niedliche kölsche Umschreibung eines echten Kotzbrockens. 

Kraad / Krad

Eines der vielschichtigsten kölschen Schimpfwörter. Das Kölsch-Lexikon der Akademie för uns kölsche Sproch übersetzt das Wort mit „Kradepack“ kurz und knapp mit „Pöbel“. Im Wrede (das renommierte Kölsch-Lexikon) ist Krad auch ein Schimpfwort. Allerdings hat sich Bedeutung heute geändert, wie auch meine nicht repräsentative Thekenumfrage ergeben hat.

Krönzel, oder Knurschele, Bild: Annamartha / pixelio
Krönzel, oder Knurschele, Bild: Annamartha / pixelio

Krönzel

Eine Krönzel ist eigentlich eine Stachelbeere. Als Schimpfwort verwendet ist eine zimperliche Person gemeint, also eine Zimperliese oder Mimose.

Kühmbroder

Der „Kühmebroder“ ist den ganzen Tag nur am jammern und beschwert sich über Gott und die Welt. Das Wort „kühmen“ bedeutet eigentlich „seufzen“. Daher kann sich bildhaft vorstellen, wie der Kühmbroder immer und zu jeder Gelegenheit laut kühmt „Nä – fröher wor alles besser.“

Külkopp oder Küleskopp

Külkopp ist eine Kaulquappe. Und diese zeichnet sich durch einen überdimensionierten Kopf aus. Übertragen auf den Menschen ist der Külkopp  ein eigensinniger Dickkopf.

Labberitz

Ein Dummkopf und törichter Mensch.  Adam Wrede bezieht sich hier auf die Körperhaltung des Beschimpften: „Schelte auf einen lang aufgeschlossenen Menschen  mit schlaffem, schlodderigen Gang und lässigfer Haltung.“

Labbes

In der Regel als „Lange Labbes“ verwendet, bezeichnet Labbes eine einfältige Person, die eher schlicht im Kopf ist.    

Lällbeck

Dieses schöne Wort wird heute leider nicht mehr so oft verwendet. Gemeint ist jemand, der zwar keine Ahnung hat, aber trotzdem mitreden will. Ein anderes, gängigeres kölsches Wort für solche Menschen ist „Schwaadlappe“

Lötschendötsch

Das Lieblingsschimpfwort von Schwester Antonia. In der hochdeutschen Übersetzung könnte man „Blödmann“ oder „Dummkopf“ sagen. Allerdings, so Schwester Antonia, hat Lötschendötsch „in seiner kölschen Form noch einen sympathisch-liebkosenden Unterton und lässt den Angesprochenen nicht verzweifelt zurück.“

Lotterbov

Wer in den Tag rein lebt und zu Streichen aufgelegt ist, ist ein Lotterbov – ein eher liebenswürdiger Taugenichts.

Beliebte "Währung" zum maggeln: Zigaretten, Bild: Bundesarchiv / CC-BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Nach dem Krieg wurde mit Zigaretten gemaggelt, Bild: Bundesarchiv / CC-BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Maggeler

Mit „maggeln“ beschreibt der Kölner die Fähigkeit, zumeist illegale Geschäfte abzuwickeln. Somit haftet „maggeln“ in Köln etwas illegales an. Dabei stammt das Wort von „makeln“ ab und meint somit „vermitteln“ bzw. „Geschäfte vermitteln“. Also eine durchaus legale Tätigkeit. Für den Kölschen aber ist die Sachlage eindeutig: Der Makler als Vermittler von Geschäften ist ein ordnungsgemäßer Händler, der „Maggeler“ hingegen ist der Schwarzhändler.

Möhn

Ursprünglich ist die „Möhn“ die Tante mütterlicherseits. Der Begriff leitet sich von „Muhme“ (Mutterschwester) ab. Heute werden als „ahl Möhn“ alte  Frauen bezeichnet.

Der Geizige rafft alles für sich und will nichts abgeben, Bild: Allegorie des Geizes (Jakob Matham, ca. 1587), public domain, via Wikimedia Commons
Der Geizige rafft alles für sich und will nichts abgeben, Bild: Allegorie des Geizes (Jakob Matham, ca. 1587), public domain, via Wikimedia Commons

Mömmesfresser

Etwas eklig: Dem Mömmesfresser wird nachgesagt, dass er so geizig ist, dass er lieber seine eigene Mömmesse (Popel) isst als sich etwas zu gönnen. Ein Geizhals also.

Möpp

Eine Schimpfwort-Allzweckwaffe. Mit „Möpp“ wird ein Hund bezeichnet, als „fiese Möpp“ kann man alles und jeden bezeichnen, der einem nicht gefällt.

Muuzepuckel oder Mutzepuckel

Du willst feiern – aber einer macht die ganze Stimmung kaputt. Der ist der Muuzepuckel, also ein Nörgler oder Zankteufel. Wenn jemand (ständig) schlecht gelaunt ist, dann ist diese Person muuzich und man will eigentlich nichts mit ihr zu tun haben.


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Kölsche Schimpfwörter, Teil II: Föttchesföhler bis Klävbotz

Fünf Asse auf der Hand? Vorsicht, hier ist ein Fuuteler unterwegs!
Fünf Asse auf der Hand? Vorsicht, hier ist ein Fuuteler unterwegs!

Podcast Schimpfwörter 16

Nachdem wir bereits die Schimpfwörter von Aaapefott bis Flabes kennengelernt haben, widmen wir uns heute den Föttchesföhlern, der Klävbotz und der Klaafschnüss. Alle Teile der Serie findet ihr hier: Kölsche Schimpfwörter

Föttchesföhler

Eigentlich ein viel zu schönes Wort für eine sehr unappetitliche Sache. Es handelt sich hier um einen Grabscher, der gerne Frauen anpackt. Mit dem „Föttche“ ist der (weibliche) Po gemeint.

Föttche aan d´r Äd

Ein äußerst „sprechendes“ Schimpfwort: Das Föttche ist das Gesäß, die Äd ist die Erde. Folglich handelt es sich bei einer so bezeichneten Person um jemanden, der das Gesäß nah am Boden trägt, also klein ist.

Johann Arnold Klütsch, genannt "Fressklötsch", um 1834, Portait von Simon Meister, aus dem Buch "Kölsche Originale", Reinhold Louis, Greven Verlag Köln, 1985
Johann Arnold Klütsch, genannt „Fressklötsch„, um 1834, Portait von Simon Meister, aus dem Buch „Kölsche Originale“, Reinhold Louis, Greven Verlag Köln, 1985

Fressklötsch

Jemand, der regelmäßig zu viel isst, wird Fressklötsch genannt. Pate stand hier das Kölsche Original Johann Arnold Klütsch.

Fuuteler

Wenn jemand, in der Regel bei einem Spiel, betrügt oder mogelt, dann fuutelt er und ist somit ein Fuuteler.

Halvjehang

Wenn einem die Klamotten am Körper wie ein Sack herunterhängen und man den Eindruck hat, die Person hat schon einmal halb am Galgen gehangen, dann handelt es um en Halfjehang.

Nette Ganoven: Die ehemalige kölsche Band Hanak, Bild: HANAK, https://www.hanak-live.de/
Nette Ganoven: Die ehemalige kölsche Band Hanak, Bild: HANAK, https://www.hanak-live.de/

Hanak

Ein Hanak ist liebevoll gemeint ein Spitzbube. Es kann sich aber auch, je nach Zusammenhang, um einen Gauner handeln. Die kölsche Band Hanak  orientierte sich eher an der ersteren Variante. Nette Halunken halt.

Herringsbändijer

Wenn jemand es gerade mal schafft, einen Hering zu bändigen, dann handelt es sich um einen kraftlosen, antriebslosen Menschen.

Ein "Hipp" ist eine Ziege - oder eine eher hagere und nicht wirklich attraktive Person, congerdesign, Pixabay
Ein „Hipp“ ist eine Ziege – oder eine eher hagere und nicht wirklich attraktive Person, congerdesign, Pixabay

Hipp

„Hätt kromme Bein, die Hipp vüm Nüümaat
En Hokenas, en platte Hühnerbruss
Ich ben doch mindestens dubbelt esu schön wie dat“

so lautet es in dem Lied „Hipp vüm Nüümaat“ von Trude Herr. Und damit ist eigentlich fast alles gesagt. Tatsächlich ist „Hipp“ der Begriff für eine Ziege. Und die als „Hipp“ bezeichnete Frau ist eine eher hagere und nicht wirklich attraktive Person.

Huddeler

Wer „huddelt“ leistet nachlässige, unordentliche Arbeit.

Imi

Eigentlich kein Schimpfwort sondern eher eine Feststellung. Als „Imi“ werden in Köln alle Zugezogenen oder „unechten“ Kölner bezeichnet. Dabei stammt der Begriff nicht von Immigrant ab sondern von „imitiert“. Der Imi versucht also, den Kölner zu imitieren. Zuerst aufgetaucht ist dieser Begriff in dem Lied Sag´ens Blotwoosch von Gerd Jussenhoven:

„Sag´ens Blotwoosch, ich garranteeren der,
wer nit richtig Blotwoosch sage kann, dat es
´ne Imi, ´ne Imi, ´ne Imi, ´ne imitierte Kölsche ganz gewess.
´ne Imi, ´ne Imi, ´ne imitierte Kölsche ganz gewess.“

Jööz

Besonders Kinder jööze, damit ist heulen gemeint. Ein Jööz ist demnach ein wehleidiger Mensch oder ein Jammerlappen.

Kabänes

Den Kabänes kann man trinken, dabei handelt es sich um einen Kräuterlikör mit immerhin 30% Alkohol. Als Schimpfwort geht es um einen großen, schweren und breiten Mann, ein “Kabänes vun enem Käl“

Kalventräjer

Der Kalventräjer trägt Kälver, also Kälber, zum Metzger – eine wenig glamouröse Tätigkeit. Folglich ist ein so bezeichneter Mensch eher unbedeutend.

Vor dem Ehrenfelder Neptunbad steht ein Brunnen mit einem „Kappesboor“, der auf einer mit Kohl gefüllten Kiste sitzt. Bild: Superbass, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Vor dem Ehrenfelder Neptunbad steht ein Brunnen mit einem „Kappesboor“, der auf einer mit Kohl gefüllten Kiste sitzt. Bild: Superbass, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Kappesboor

Die Bauern, die rund um die Stadt viel Kappes (damit ist Kohl gemeint) in allen möglichen Sorten anbauten und in die Stadt zum Verkauf brachten, wurden zunächst als dörfische Tölpel missachtet. Das änderte sich mit den verschiedenen Stadterweiterungen. Denn auf einmal wurden viele Bauern dank ihrer ausgedehnten Ländereien, die jetzt zur Stadt gehörten, steinreich. Allerdings wussten viele dieser Menschen nicht, wie man sich „städtisch“ benimmt. Daher wurde „Kappesboor“ zum Schimpfwort.

Kesselflecker

Meine Oma sagte immer „Die han sich jezänk wie de Kesselflecker.“ Offensichtlich handelt es sich bei den Kesselflickern um streitbare Menschen. Dabei waren die Kesselflicker nur herumreisende Handwerker, die gegen geringen Lohn kaputte Kessel ausgebessert haben. Allerdings hielten die jeweils ortsansässigen Schmiede die Kesselflicker für Pfuscher. Vielleicht kommt daher auch die Geringschätzung.

Klaafmuul oder Klaafschnüss

Klar: Der Kölner redet gerne, erzählt viel, plaudert rum und tratscht. Diesen Vorgang nennt man „klaafe“. Aber irgendwann wird es auch dem tolerantesten Kölschen zu viel. Dann wird der, der  zu viel labert als Kaafmuul oder Klaafschnüss bezeichnet.

Klävbotz

Er sitzt den ganzen Tag in der Kneipe, wie mit der Hose (die „Botz“) an seinem Stuhl festgeklebt. Und er will einfach nicht gehen, auch wenn der Wirt schon dreimal die letzte Runde eingeläutet hat.


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Kölsche Schimpfwörter, Teil I: Von Aaapefott bis Flabes

Schimpfen auf Kölsch, derb aber grundsätzlich liebevoll

Podcast Schimpfwörter 16

Jede Mundart hat ihr jeweils eigenes Repertoire an Schimpfwörtern. So auch die kölsche Sprooch. Von Ähnzebär bis Wibbelstätz – für jede Person und Situation gibt es  ein geeignetes Wort. Allerdings sind die meisten dieser Schimpfwörter  – so derb sie manchmal auch klingen – oft liebevoll gemeint.

Schwester Antonia zum Beispiel umschreibt ihr Lieblingsschimpfwort „Lötschendötsch“ zum Beispiel so „Es hat in einer kölschen Form noch einen sympathisch-liebkosenden Unterton und lässt den Angesprochenen nicht verzweifelt zurück.“ Schöner kann man es nicht sagen. Werfen wir also einen Blick in das große Repertoire kölscher Schimpfworte. Alle Teile der Serie findet ihr hier: Kölsche Schimpfwörter

Aapefott

Ein „Aap“ ist ein Affe, die „fott“ ist das Gesäß. Pack beides zusammen und es geht (höflich ausgedrückt) um einen Affenhintern.

Aaschkröffer

Adam Wrede beschreibt den „Arschriecher“ fast noch zurückhaltend als Schmeichler oder Speichellecker. Tatsächlich handelt es sich hier um Mitmenschen, die um ihren eigenen Vorteil willens alles tun. Dazu gehört es auch, in den Allerwertesten zu kriechen, zum Beispiel beim Vorgesetzten.

En "Ähz" ist eine Erbse. Und so werden auch kleine, rundliche Menschen bezeichnet, Bild goosebumps98 auf Pixabay
En „Ähz“ ist eine Erbse. Und so werden auch kleine, rundliche Menschen bezeichnet, Bild goosebumps98 auf Pixabay

Ähz

Eigentlich eine Erbse. Und genau wie eine Erbse ist die so beschimpfte Person klein und rund – ein kleines Dickerchen.

Ähzebär

Der Ähzebär (Erbsenbär) ist ein Karnevalskostüm und verkörpert den Winter. Als Schimpfwort ist damit eine griesgrämige, schlecht gelaunte Person gemeint.

Ähzezeller

Erbsenzähler sind kleinliche, pingelige Menschen, die alles ganz genau nehmen.

Avjebröhte

Ein ganz ausgekochter Mitmensch, der andere eiskalt betrügt.

Babaditzje

Grundsätzlich ist dieses Wort die neutrale bis positive Bezeichnung für ein kleines Kind.“Nä, wat es dat für e lecker Babaditzje“ ist ein typischer Ausdruck der Omas und Opas für ihre Enkel. In Zusammenhang mit einem Erwachsenen ist dabei aber eine Person gemeint, die sich kindisch, unreif, benimmt.

Eine Begine, Bild: Holzschnitt von Matthäus Brandis (1489), CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Eine Begine, Bild: Holzschnitt von Matthäus Brandis (1489), CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Bejing

Beginen waren Frauen, die in einer Gemeinschaft ähnlich der eines Klosters lebten, allerdings mit weitreichenden weltlichen Freiheiten und ohne dauerhaft bindende Gelübde. Oft handelte es sich dabei um unverheiratete oder verwitwete Frauen.

Die Skepsis in der Bevölkerung gegenüber den Beginen drückte sich auch in Spruch

„Bejine sin nit wie se schinge.
e ston hinger der Jardinge
un sage: Do hinge, do kütt de Minge.“
1Beginen sind nicht wie sie scheinen.
Sie stehen hinter den Gardinen
uns sagen: Da hinten, da kommt der Meinige.

Bellrämmel

Eine durchaus wüste Beschimpfung für einen Menschen, der alles „rammeln“ will.

Bessem

Tatsächlich ein Besen. Und auch eine unangenehme, schroffe Frau.

Die blaue Uniform der protestantischen Preußen hat zum Begriff "Blauköpp" geführt, Bild: Knötel (1883)
Die blaue Uniform der protestantischen Preußen hat zum Begriff „Blauköpp“ geführt, Bild: Knötel (1883)

Blaukopp

„Dat sin Blauköpp pflegte meine Oma im besten rheinisch-katholischem Selbstverständnis zu sagen. Mit Blauköpp bezeichnet der Kölsche alle Personen, die evangelisch sind. Tatsächlich war die Bezeichnung Blauköpp (also „Blaue Köpfe“) tatsächlich ursprünglich abwertend gemeint. Heute bezeichnen sich die Protestanten selber ausgenzwinkernd als Blauköpp und feiern sogar unter dem Titel „Blauköpp Alaaf“ eine eigene Karnevalssitzung.

Stolz trägt er den Künstlernamen "Dä Blötschkopp": Marc Metzger, Büttenredner im Karneval, Bild: Elke Wetzig (Elya), CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Stolz trägt er den Künstlernamen „Dä Blötschkopp“: Marc Metzger, Büttenredner im Karneval, Bild: Elke Wetzig (Elya), CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Blötschkopp

Eine dumme Person, bei der eine „Blötsch“ (eine Delle) am Kopf dafür verantwortlich ist, dass diese Person nicht richtig denken kann.

Bökes

Wenn ein Kind schreit und jammert, dann „bökt“ es. Folglich ist ein Bökes ein kleiner Schreihals, der um jeden Fall die Aufmerksamkeit erreichen will.

Boor

Der Bauer. In dem Zusammenhang als Schimpfwort eine Bezeichnung für einen ungehobelten, ungebildeten Menschen. Aber eigentlich ist der Kölsche ja stolz auf singe „Boor“, der auch im Dreigestirn als der „Kölsche Boor“ die Wehrhaftigkeit der Stadt verkörpert.

Botzedresser

Ein Hosenscheisser, also jemand, der sich schnell vor Angst in die Hosen macht.

Büggel

Ein Büggel ist ein Beutel, eine Tasche. Sobald aber jemand als „ahle Büggel“ (alter Beutel) bezeichnet wird, meint man damit einen unangenehmen Menschen, mit dem man eigentlich nichts zu tun haben will.

Büggelschnigger

„Büggel“ ist der Beutel, „schniggen“ bedeutet schneiden. Als „Beutelschneider“ wurden Diebe bezeichnet, die den Geldbeutel, der früher mit einem Riemen am Gürtel befestigt wurde, abschnitten. Heute meint man damit aber keinen Dieb, sondern jemanden, der zu teure Waren verkauft, also einen Wucherer.

Dillendopp

Ein Dillepndopp ist eigentlich ein Kreisel. Aber mit Dillendopp kann man auch einen Menschen bezeichnen, der keine Ruhe findet und sich genau wie ein Kreisel ständig um sich selbst dreht.

iDötzchen sind Erstklässler, Bild Gerd Altmann, Pixabay
iDötzchen sind Erstklässler, Bild Gerd Altmann, Pixabay

Dotz / Dötzje

Eigentlich ist Dotz ein kleiner, eher rundlicher Gegenstand. Als Dotz oder Dötzje bezeichnet man eher kleine und oft auch eher rundliche Menschen. Und der „Dotz“ hat es sogar in seiner Form als „i-Dötzchen“ in deutschen Sprachgebrauch gebracht.

Warum das „i“ vor den Dotz gesetzt wurde, erklärt die Sendung mit der Maus so:

Das Wort „I-Dötzchen“ stammt ursprünglich aus dem Rheinland. Dort ist ein „Dotz“ etwas ganz Kleines – Erstklässler sind die Jüngsten an der Schule, die „Dötzchen“. Das „i“ haben diese Erstklässler früher als ersten Buchstaben gelernt. Daher I-Dötzchen.

Drießkerl oder auch Drisskerl

Menschen, die sich unverschämt verhalten und immer nur das Beste für sich rausholen wollen, sind (wörtliche Übersetzung) Scheißkerle.

Drömeldier

Ein Trampeltier. Jemand, der sich normalerweise ohne böse Absicht ungeschickt verhält.

Drüje Manes

Die kölsche Kurzform für Hermann ist „Manes“. Und „drüje“ oder auch „drüsch“ bedeutet trocken. Somit ist ´ne „Drüje Manes“ ein eher trockener und schweigsamer Zeitgenosse. Denn wer nicht viel redet, ist dem Kölner zunächst mal suspekt.

Der "Drüje Pitter" macht auf diesem Bild hier seinem Namen alle Ehre: Mit "drüsch" oder "drüg" meint der Kölsche "trocken", Bild: Uli Kievernagel
Der „Drüje Pitter“ macht auf diesem Bild hier seinem Namen alle Ehre: Mit „drüsch“ oder „drüg“ meint der Kölsche „trocken“, Bild: Uli Kievernagel

Drüje Pitter

Eigentlich ein Brunnen am Dom, der sich dadurch auszeichnet, seiner Hauptaufgabe, Wasser zu sprengen, nicht nachkommt. Und genau so bezeichnet der Kölsche auch äußerst trockene Menschen, die keinen Humor haben.

Ferkesstecher

Vom Wortsinn her ein Metzger: Ferkes ist ein Ferkel, der Ferkesstecher sticht dieses ab. Übertragen ist damit ein Schwarzarbeiter gemeint, der billig und an den Behörden – insbesondere am Finanzamt- vorbei Arbeiten übernimmt.

Fiddel

Gemeint ist hier nicht die Geige bzw. Fiedel, im kölschen „Fiddel“, sondern eine weibliche Person, die nachlässig und unordentlich ist.

Fiese Möpp

Dem „Fiese Möpp“ geht man lieber aus dem Weg. Dabei handelt es sich um jemanden, der unredlich ist. Der „Möpp“ ist übrigens das kölsche Wort für Hund. So kann man den „Fiese Möpp“ auch als „Linken Hund“ bezeichnen. Wird übrigens auch gerne in der Form „widerliche Möpp” verwendet. Hat aber dieselbe Bedeutung.

Flabes, Flaabes, Flabbes

Ein nicht ausschließlich negativ gemeinter Ausdruck für einen Menschen, der naiv, dümmlich, ungeschickt oder einfach nicht ernst, dabei aber grundsätzlich liebenswert ist. Der Begriff wird aber manchmal auch für einen sehr großen Menschen verwendet, im Sinne von langer Lulatsch.


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Der „Wrede“: Die Schatzkiste der kölschen Sprache

Adam Wrede: Neuer kölnischer Sprachschatz, hier in der 6. Auflage (1978), Bild: Uli Kievernagel
Adam Wrede: Neuer kölnischer Sprachschatz, hier in der 6. Auflage (1978), Bild: Uli Kievernagel

Wer sich mit Köln und unserer Sprache beschäftigt, kommt um ihn nicht drumherum: „Der Wrede“. Gemeint ist das dreibändige Lexikon „Neuer kölnischer Sprachschatz“ von Prof. Dr. Adam Wrede. Seit 1956 wird dieses Standardwerk zur kölschen Sprache regelmäßig neu aufgelegt, aktuell bereits in der 14. Auflage.

Für die Kölner ist es das Buch der Superlative:

  • ein Wörterbuch,
  • mit Fakten zur Stadtgeschichte,
  • eine Auflistung bekannter Originale und historischer Figuren,
  • eine Erklärung der rheinischen Vornamen,
  • ein Verzeichnis von Straßennamen,
  • eine Sammlung der lokalen Bräuche und
  • eine Zusammenstellung kölscher Redewendungen.

Wenig verwunderlich, dass dieses Werk als die „Kölsche Bibel“ bezeichnet wird. Und tatsächlich ist dieses Buch die Referenz, wenn es zu Streitigkeiten über Schreibweise, Deutung oder Herkunft kölscher Wörter kommt.

Als Schatten auf die Person Adam Wrede ist seine Nähe zu den Nationalsozialisten zu sehen. Wrede trat im April 1933 in die NSDAP ein und veröffentliche rassenkundliche Traktate und schrieb auch für den NS-Lehrerbund.

Adam Wrede – aufgewachsen im Kunibertsviertel

Adam Wrede, geboren am 12. April 1875 in Düsseldorf, wuchs im urkölschen Kunibertsviertel auf. Der spätere Professor lernte so bereits als Kind auf der Straße die kölsche Sprache, welche allerdings damals als „Gossensprache“ galt. Er studierte in Bonn und Münster Geschichte, Germanistik, Philologie und Geografie.

Er war Lehrer am Kölner Schiller-Gymnasium, arbeitete aber auch parallel dazu wissenschaftlich und veröffentliche Aufsätze zur Geschichte des Rheinlands. Im Jahr 1905 promovierte er. Seine Dissertation trug den Titel „Die Kölner Bauerbänke.1Bauerbänke waren die wirtschaftlichen und politischen Vertretungen der Bauern, ähnlich der Zünfte und Gaffeln für die Handwerker. Ein Beitrag zur Volkswirtschaftsgeschichte Cölns im Mittelalter“.

Das Kölner Schiller-Gymnasium in Sülz heute, Bild: Raimond Spekking
Das Kölner Schiller-Gymnasium in Sülz heute, Bild: Raimond Spekking

Im Jahr 1921 wurde Wrede Professor an der Kölner Universität. Mehrfach unternahm er Versuche, einen eigenen Lehrstuhl für „Rheinische Volkskunde“ zu errichten. Hier stand ihm aber der Inhaber des Lehrstuhls für Altgermanistik, Friedrich von der Leyen, im Weg, dem dieses Fachgebiet bereits zugeordnet war.

Wrede im Nationalsozialismus

Bereits im April 1933 trat Wrede der NSDAP bei. In der „Geschichte des Schiller-Gymnasiums 1899 – 2015“ schreibt E. Burckhard Schmitz dazu:

“Seine volkskundlichen Arbeiten brachten ihn in der Folgezeit in Kontakt mit völkischen Ideen; nicht von ungefähr stand er Hitler und dem Nationalsozialismus sehr positiv gegenüber und beteiligte sich an rassenkundlichen Traktaten und schrieb für den NS-Lehrerbund. Wrede feierte die Machtergreifung als Wendemarke für eine eigenständige nationalsozialistische deutsche Volkskunde. Im April 1933 trat er der NSDAP bei, sicherlich in einer Mischung von Überzeugung und Opportunismus.“

Im Jahr 1936 veröffentlichte Wrede die Denkschrift  „Deutsche Volkskunde auf germanischer Grundlage. Die nationalsozialistische Erziehungsidee im Schulunterricht“. Wrede selbst schreibt im Vorwort der 1938 erschienenen zweiten Auflage:

„Wichtiger ist zu bemerken, dass die neue Auflage noch mehr als die erste bemüht ist, die nationalsozialistische Auffassung der Volkskunde, die in der Betonung der ureigenen deutschen Volkskräfte und ihrer rassisch-germanischen Grundlagen gipfelt, herauszuarbeiten.“

Wredes Nähe zu den Nationalsozialisten wurde aber nicht in seinem Sinne belohnt – seinen ersehnten Lehrstuhl für Volkskunde sollte er nicht erhalten. Im Jahr 1941 wurde er emeritiert. Auch in der aktuellen Betrachtung seines Werks spielt seine braune Vergangenheit keine Rolle. 

„Neuer kölnischer Sprachschatz“

Kontinuierlich arbeite Wrede weiter an seinem Werk zum „Kölnischen Sprachschatz“. Unterstützung in Form von finanziellen Mitteln für zwei Mitarbeiter erhielt er zunächst von Oberbürgermeister Max Wallraff (Oberbürgermeister von 1907 – 1917) und später von Konrad Adenauer (Oberbürgermeister von 1917 – 1933).

Er unterteilte seine Arbeit Recherchen in den „neuen“ und den „alten“ Sprachschatz. Im ersten Teil wollte er die altkölnische Sprache erforschen, wie sie im 12. bis 18. Jahrhundert gesprochen wurde. Und im zweiten Teil die Mundart im 19. und 20. Jahrhundert. Allerdings wurde er im Zweiten Weltkrieg ausgebombt, und ein groß,er Teil der Manuskripte ging verloren.

Mit den Kriegswirren und den Flüchtlingsbewegungen erkannte Adam Wrede, dass sich nach dem Krieg die Bevölkerungsstruktur der Stadt Köln massiv veränderte und damit auch die Mundart aus dem Alltag mehr und mehr verschwand. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, entschied er sich im Jahr 1949, den ursprünglich als zweiten Teil geplanten „Neuen Kölnischen Wortschatz“ vorzuziehen. Im Mai 1956 erschien die erste Auflage.

„Alter kölnischer Sprachschatz“

Die Veröffentlichung seiner Sammlung zum „Alten Kölnischen Sprachschatz“ sollte Adam Wrede nicht mehr erleben und sein etwa 28.000 Zettel umfassendes Manuskript ging verloren. Irgendwie unglaublich: Tatsächlich wurden diese Sammlung um etwa 1980 im Historischen Archiv eingelagert und geriet in Vergessenheit.

Der Linguist Stefan Winter spürte mit detektivischen Scharfsinn diesen scheinbar vergessenen Schatz auf. Ein großer Bestand von fein säuberlich beschrifteten Schreibheften, gut leserlich mit Schreibschrift beschrieben, wurde dort unter der Signatur „Best. 1377“ archiviert. Und niemand wusste, was sich konkret in diesen Kartons verbarg.

Leider verstarb Winter im Jahr 2006. Und mit dem Einsturz des Stadtarchivs im Jahr 2009 war auch zunächst der Verbleib der Sammlung unklar. Erst im November 2014 teilte das Stadtarchiv auf Anfrage mit, dass „… der Zettelkatalog im „Best. 1377 Adam Wrede“ sich in einem verunordnetem Zustand befindet und noch nicht wieder vollständig vorhanden ist. Eine Ordnung muss erst wiederhergestellt werden, eine Digitalisierung wird aufwendiger sein und wird von daher in absehbarer Zeit nicht stattfinden können.“

Das Grab von Adam Wrede auf dem Kölner Melatenfriedhof, Bild: Egidius~dewiki, CC0, via Wikimedia Commons
Das Grab von Adam Wrede auf dem Kölner Melatenfriedhof, Bild: Egidius~dewiki, CC0, via Wikimedia Commons

Grab auf Melaten

Diese Irrungen und Wirrungen hat Adam Wrede selber nicht mehr mitbekommen. Er verstarb am 21. Dezember 1960 und wurde im Familiengrab auf Melaten bestattet. Mit dem Handbuch „Neuer kölnischer Sprachschatz“ hat er einzigartige Sammlung hinterlassen. Oder, wie es in der Westdeutschen Zeitung hieß:

„Unverzichtbar für alle, die den kölschen Kosmos verstehen möchten.“

Dabei darf aber auch nicht vergesssen werden, dass Wrede eine enge Nähe zu den Nationalsozialisten pflegte und deren Ideen propagierte.  


Adam-Wrede-Straße / 14. Auflage

In Nippes wurde eine Straße nach Adam Wrede benannt. Diese verbindet die Florastraße mit der Inneren Kanalstraße.

Die 14. Auflage des Handbuchs „Neuer kölnischer Sprachschatz“ ist im Juli 2017 erschienen – mit einer Einführung von Wolfgang Niedecken. Der Künstler und Kölschrocker selber sagt (mit einem Augenzwinkern), dass er es nach Möglichkeit vermeiden würde, das Buch aufzuschlagen, weil er sich dann gleich für mindestens eine Stunde „festlesen“ würde.

Adam Wrede "Neuer kölnischer Sprachschatz" mit einem Vorwort von Wolfgang Niedecken, Bild: Greven Verlag
 

Adam Wrede: Neuer kölnischer Sprachschatz
Mit einer Einleitung von Wolfgang Niedecken
1148 Seiten
ISBN 978-3-7743-0677-6
49 Euro, Greven Verlag, Köln


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Kölsche Wörter: „fringsen“ und das 7. Gebot: Du sollst nicht stehlen!

Josef Kardinal Frings (1887 - 1978), hier eine Aufnahme aus dem Jahr 1959, Bild: City archives Kerpen, CC BY 4.0
Josef Kardinal Frings (1887 – 1978), hier eine Aufnahme aus dem Jahr 1959, Bild: City archives Kerpen, CC BY 4.0

Podcast Frings Folge 4

Die Kölner hatten stets ein gespaltenes Verhältnis zu ihrem jeweiligen Bischof. Eine echte Ausnahme war Joseph Kardinal Frings. Im Hungerwinter 1946/47 fehlt es in der zerstörten Stadt Köln an allem. Und der in der Bevölkerung sehr beliebte „Rheinische Kardinal“ Frings steht Silvester 1946 auf der Kanzel der Kirche St. Engelbert in Riehl und predigt:

„Wir leben in Zeiten, da in der Not auch der Einzelne das wird nehmen dürfen, was er zur Erhaltung seines Lebens und seiner Gesundheit notwendig hat, wenn er es auf andere Weise, durch seine Arbeit oder Bitten, nicht erlangen kann“.

Im Klartext: Die Kirche erlaubt von höchster Stelle aus den Diebstahl von überlebensnotwendigen Dingen.

Die handschriftliche Vorlage der berühmten Silvesterpredigt 1946 vom Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings, Bild: Erzbistum Köln
Die handschriftliche Vorlage der berühmten Silvesterpredigt 1946 vom Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings, Bild: Erzbistum Köln

„fringsen“ geht in den Wortschaft ein

Und die Kölner nehmen ihren Bischof beim Wort. Ab 1947 nimmt zum Beispiel der „Kohlenklau“ deutlich zu. Menschen klettern auf Eisenbahnwaggons und „organisieren“ sich Brennmaterial, um den bitterkalten Winter zu überleben – man geht „fringsen“. Ein Wort, welches in den Sprachgebrauch einer ganzen Region eingegangen ist.

Was übrigens gerne vergessen wird: Frings hatte auch deutlich darauf hingewiesen, dass man doch den späteren Schadensersatz nicht vergessen dürfe:

„Aber ich glaube, dass in vielen Fällen weit darüber hinausgegangen worden ist, und da gibt es nur einen Weg: unverzüglich unrechtes Gut zurückgeben, sonst gibt es keine Verzeihung bei Gott!“

Diesen Teil der Predigt überhörten die Kölner aber wohl.


Erinnerung an das „fringsen“ von Zeitzeugen 

Helmut ist in Köln aufgewachsen und lebt heute in Kanada. An das „fringsen“ hat er folgende Erinnerung:
 
„Dat wore Klütte, die mer orjanisiert han. Do sin mer Pänz neven dem Zoch herjelaufe un han de Hevel opjeschlaje, un minge Fründ han se in de Foos jeschosse die Soldate die im letzte Wage oven hu soße. Dat wor am Bahndamm Antwerpener Stross am Grönguerdel. Un dann kom de Razzia un de han us de Klüttesack avjenomme un ne Tritt in the Fott ham och kräje, wenn de uns krigge kunte.“
 
Evelin ist ein echt kölsches Mädchen und lebt heute in Schweden. Auch Sie erinnert sich an daran, dass sie gefringst hat:
 
In der „Hungerzeit“, wie meine Eltern sagten, hab ich selbst als 7jährige „mitgefringst“, hauptsächlich als „Kohlenklau“. Die Nachbarjungen sprangen hinten auf die Lastwagen und warfen Briketts auf die Straße, wir „Kleinen“ sammelten alles auf. Anschließend wurde der Schatz brüderlich geteilt.
 

„Köln hat wieder einen Frings“

Thomas Frings, Geistlicher und Großneffe von Josef Kardinal Frings, wohnt seit Oktober 2017 in Köln. In meiner Reihe „Ein paar Fragen an … „ stand Thomas Frings auch bereits Rede & Antwort.


Kardinal Frings "Der Rheinische Kardinal", von Friedhelm Ruf (J.P. Bachem Verlag, 2015, ISBN: 978-3761629512, nur noch antiquarisch erhältlich) 
Kardinal Frings „Der Rheinische Kardinal“

Mehr über Kardinal Frings gibt es in dem lesenswerten Buch „Der Rheinische Kardinal“, von Friedhelm Ruf (J.P. Bachem Verlag, 2015, ISBN: 978-3761629512, nur noch antiquarisch erhältlich) 


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Kölsche Wörter: Fisimatente / Fisimatentche

„Visitez ma tente“ = "Besuchen Sie mein Zelt" ist eine schöne aber falsche Erklärung für das Wort "Fisimatente"
„Visitez ma tente“ = „Besuchen Sie mein Zelt“ ist eine schöne aber falsche Erklärung für das Wort „Fisimatente“

Wenn man dem Kölschen sagt: „Jetz mach doch nit alt widder su Fisimatenten!“ ist damit gemeint: „Jetzt stell dich doch nicht so an!“ oder: „Mach doch nicht solche Umstände!“. Die angesprochene Person sollte nicht alles so kompliziert machen.

Bekannte Erklärung mit dem Zelt ist falsch!  

Meine beliebte Thekenumfrage in meiner Stammkneipe zu diesem Wort führte tatsächlich zu der sehr schönen, aber falschen Erklärung mit dem Franzosen und seinem Zelt.

Schätzungsweise 90% der Kölschen meinen, der Begriff geht darauf zurück, dass in der französischen Besatzungszeit (1794 – 1814) die französischen Soldaten in Zeltlagern lebten. Und natürlich übten die schönen kölschen Mädchen eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf die Soldaten aus, die diese daraufhin zu einem Besuch („visite“) in ihrem Zelt („tente“) einluden: „Visitez ma tente“.

Da ein solcher Besuch, genau wie ein Fisternöllchen, zu ganz besonderen Umständen hätte führen können, wurde aus „Visitez ma tente“ ganz schnell Fisimatente. Klingt schön, ist aber leider falsch.

Auch die Tante hat mit Fisimatenten nicht zu tun

Ebenfalls aus der französischen Besatzungszeit stammt die Erklärung mit dem Besuch bei der Tante: Wenn der Kölsche bei Kontrollen durch die französischen Besatzer mal wieder zu spät auf der Straße aufgegriffen wurde, wurde schnell die Ausrede „Je viens de visiter ma tante.“ („Ich habe gerade meine Tante besucht.“) gebraucht.

Klingt schön, ist aber leider ebenso falsch wie die Zelt-Erklärung.

Erklärung als (überflüssiger) Zierrat

Eine weitere Erklärung stammt aus der mittelhochdeutschen Sprache.1Mittelhochdeutsch wurde zwischen etwa 1050 und 1350 gesprochen. Damals existierte der Begriff „visamente“. Damit wurden Verzierungen oder Ornamente bezeichnet. Heute würde man das als Zierrat bezeichnen. Damit sind auch nicht wesentliche, eher umständliche, Dinge gemeint.

Eine Uhr mit vielen "visamente", also reichlich (überflüssiger) Zierrat, Bild: Gordon Johnson, Pixabay
Eine Uhr mit vielen „visamente“, also reichlich (überflüssiger) Zierrat, Bild: Gordon Johnson, Pixabay

Und von „visamente“ zu „Fisimatente“ ist es kein weiter Weg. Daher passt die Erklärung „Mach doch nicht solche Umstände!“ zu Fisimatentche.

Die beste Erklärung kommt aus dem „Wrede“

Wie immer lohnt sich ein Blick in den „Wrede“2Adam Wrede: Neuer Kölnischer Wortschatz, Greven Verlag Köln, das Standardwerk zur kölschen Sprache. Dort lautet es:

Fisematentche / Fisimatenten, volkstümlich umgebildet aus „visae patentes literae“ … ein ordnungsgemäß verdientes, schriftlich ausgefertigtes Patent. Das Fachwort wurde in Verspottung des Bürokratischen zum Begriff für unnötige Schwierigkeit, unnütze Arbeit, unnützes Getue, leere Redensarten, zwecklose Umstände.

Und da es nun mal viel Zeit brauchte und ein großer Aufwand nötig war, um ein ordnungsgemäß geprüftes Patent auszufertigen, könnte sich der Begriff tatsächlich aus daraus entwickelt haben. Alles, was unnötig kompliziert erscheint und lange dauert, wird somit zu Fisimatenten.

Und Dinge, die lange dauern und kompliziert sind, haben wir in Kölle reichlich: Oper, Kalkberg, Nord-Süd-Stadtbahn,


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Gesucht: Das kölsche Wort für „Liebe“

Eine Million Liebesschlösser auf der Hohenzollernbrücke als Ausdruck der Liebe - doch kein kölsches Wort, Bild: NoName_13, Pixabay
Eine Million Liebesschlösser auf der Hohenzollernbrücke als Ausdruck der Liebe – doch es gibt kein kölsches Wort für die Liebe, Bild: NoName_13, Pixabay

„Für alles jitt et e Woot, nur für die Liebe nit.“ 1Für alles gibt es ein Wort, nur für die Liebe nicht.

ist ein Songtitel der kölschen Band Lupo. In diesem Lied wird eingängig erklärt, dass es in der kölschen Sprache für viele hochdeutsche Wörter spezielle eigene kölsche Wörter gibt. So nennt der Kölner

ABER: Es gibt tatsächlich kein spezielles kölsches Wort für die Liebe. Und das ist äußerst erstaunlich.

Warum gibt es in der kölschen Sprache kein Wort für die Liebe?

Für den Satz „Ich liebe Dich“ gibt es tatsächlich keine kölsche Übersetzung. Mangels eigener kölscher Worte für die Liebe nutzt der Kölner hilfsweise Umschreibungen. Das klingt dann ungefähr so: „Isch han dich jän“ oder „Ich maach dich“.2Nur am Rande: Der Kölner hat zwar kein eigenes Wort für die Liebe, dafür aber ein eigenes Wort für ein (außereheliches) Verhältnis: „Fisternöllchen“. Und das lässt eindeutige Rückschlüsse auf das kölsche Gemüt zu!

Der Kölner liebt das Flirtspiel, will sich aber nicht festlgen, so der Psychologe Stephan Grünewald. Bild: Raimond Spekking
Der Kölner liebt das Flirtspiel, will sich aber nicht festlgen, so der Psychologe Stephan Grünewald. Bild: Raimond Spekking

Stephan Grünewald ist ein bekannter Psychologe. Er meint, die Kölner hätten deswegen ein Problem mit dem Begriff „Liebe“, weil sie sich mit einem so endgültigen Bekenntnis sehr schwer tun. Grünewald sagt: „Der Kölner liebt das Flirtspiel: Bützen ja, aber bitte nicht festlegen! Lieber gekonnt alles offen halten, sonst kommt man wieder in die Bredouille.“3Stephan Grünewald im Kölner Express vom 10. August 2011

Ein anderer echter Experte für die kölsche Sprache und auch das kölsche Gemüt war der im Jahr 2011 verstorbene Komponist Hans Knipp. Er hat so wunderschöne Lieder wie „Mer losse d’r Dom en Kölle“, „Ene Besuch im Zoo“ oder „Unsere Stammbaum“ geschrieben. Und auch „Ming etzte Fründin“. Der Mann kannte sich also mit der Liebe aus.

Hans Knipp, Bild: Musikverlage Hans Gerig KG
Hans Knipp erklärt, dass der kölschen Sprache das Pathos fehlt, Bild: Musikverlage Hans Gerig KG

Auch er wurde gefragt: Herr Knipp, wieso gibt es kein kölsches Wort für Liebe? Seine Antwort: „Die kölsche Sprache ist herzlich, aber ihr fehlt das Pathos. Dadurch gibt es aber auch in den Liedern diese gewisse Schnulzigkeit nicht, die man sonst in Schlagern findet.“4Hans Knipp im Kölner Express vom 10. August 2011

Das Wort „Leevde“ ist in Vergessenheit geraten – eine Spurensuche

Der kölsche „Sprach-Papst“ Adam Wrede5Neuer Kölnischer Wortschatz, Greven Verlag Köln 1976 übersetzt „Liebe“ tatsächlich mit „Leev“ oder „Leevde“ und führt auch die kölschen Sprichwörter „Kahl Häng, wärm Leev.“6„Kalte Hände, warme Liebe.“ oder „Hät einer nit Leev noch Juns, dann helfe nit Red noch Kuns.“7„Hat einer keine Liebe und keine Gunst, dann helfen weder Rede noch Kunst.“ auf, weist aber ausdrücklich darauf hin, dass dieser Begriff nur noch selten gebraucht wird und meist durch „jän han“ umschrieben wird.

Rolly Brings bei einem Auftritt in Köln-Ehrenfeld (2007), Bild: Elke Wetzig (Elya), CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Rolly Brings bei einem Auftritt in Köln-Ehrenfeld (2007), Bild: Elke Wetzig (Elya), CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Rolly Brings ist ein kölscher Autor und Liedermacher und wurde 2022 mit dem Karl-Küpper-Preis geehrt. Er hat das Lukasevangelium auf Kölsch übersetzt – man kann ihn also als echten Kölsch-Experten bezeichnen. Rolly Brings begründet das Verschwinden des Worts „Leevde“ damit, dass man in der Domstadt lieber Bilder und Beschreibungen wie „Ich han dich zum fresse jän.“ nutzt. Er führt das darauf zurück, dass die kölsche Sprache keine abstrakten Begriffe kennt.

Mit „abstrakt“ wird der induktive Denkprozess des erforderlichen Weglassens von Einzelheiten und des Überführens auf etwas Allgemeineres oder Einfacheres bezeichnet. Einfacher formuliert: Mit Abstraktion wird nichts Gegenständliches bezeichnet. Und „Liebe“ ist eindeutig nicht „gegenständlich“. Demnach werden in der kölschen Sprache Begriffe eher „handfest“ und weniger abstrakt verwendet.

Und somit ist klar:
„Für alles jitt et e Woot, nur für die Liebe nit.“


Logo der Kölner Band "Cat Ballou"

Et jitt kei Wood, dat sage künnt
wat ich föhl, wenn ich an Kölle denk!

Offensichtlich fällt es den Kölschen auch schwer, ihre Liebe zu ihrer Heimatstadt in Worte zu verpacken. Zumindest wenn man der prominenten  Band Cat Ballou glaubt. 

Die Musiker singen, dass es kein Wort gibt, welches ihre Gefühle für Köln ausdrücken könnte. Andere Bands tun sich damit aber leichter, wie die unzähligen gesungenen Liebeserklärungen an die Stadt beweisen:

und viele, viele mehr! 


"Puddelrüh", "Pänz" oder "Halven Hahn" - kölsche Wörter sind einzigartig
Puddelrüh„, „Pänz“ oder „Halven Hahn“ – kölsche Wörter sind einzigartig

Erklärungen für viele weitere kölsche Wörter wie „kötten„, „maggeln“ oder „knüsselich“ gibt es in der Rubrik Kölsche Wörter.


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Kölsche Karnevalsbegriffe von A-Z, Teil V: Von „Rusemondachszoch“ bis „Wieverfastelovend“

Collage Karnevalsbegriffe Teil IV

Podcast Karnevalsbegriffe I, 32

Podcast Karnevalsbegriffe II, 33

Der Kölner Karneval ist bunt und vielfältig. Und sehr speziell. Diese Übersicht der wichtigsten Karnevalsbegriffe soll Einheimischen und Imis helfen, sich im Fastelovend zurechtzufinden.

Alle Teile der Serie „Kölsche Karnevalsbegriffe von A-Z“:


Ein Festwagen der Blauen Funken beim Rosenmontagszug, hier auf der Severinsstraße, Bild: Festkomitee Kölner Karneval
Ein Festwagen der Blauen Funken beim Rosenmontagszug, hier auf der Severinsstraße, Bild: Festkomitee Kölner Karneval

Rusemondachszoch

Jedes Jahr an Rosenmontag heißt es in Köln „Jeck loss Jeck elans“. Der größte Zoch in Deutschland ist imposant: Etwa 1 Million Zuschauer feuern frenetisch die etwa 12.000 Teilnehmer an. Knapp 80 Kapellen machen Musik, etwa 250 Wagen und Kutschen fahren durch die Stadt. Insgesamt werden etwa 300 Tonnen Kamelle und ca. 300.000 Strüßjer unters Volk gebracht.

Wer es etwas gemütlicher mag, kann sich auch die vielen Veedelszüge oder die liebevoll gestalteten Züge in den umliegenden Gemeinden anschauen.


"Schnaps, das war sein letztes Wort". Dringende Empfehlung: Finger weg vom Schabau!, Bild: von Peggy und Marco Lachmann-Anke auf Pixabay
„Schnaps, das war sein letztes Wort“. Dringende Empfehlung: Finger weg vom Schabau!, Bild: von Peggy und Marco Lachmann-Anke auf Pixabay

Schabau

Davon solle man an Karneval möglichst Finger lassen. Schabau ist Schnaps. Und schon so mancher Karnevalist hat wegen zu großer Mengen Schabau bereits an Weiberfastnacht mittags die Segel streichen müssen.


Schunkeln: Einhaken, im Takt hin und her bewegen, Bild: Bild: Festkomitee Kölner Karneval
Schunkeln: Einhaken, im Takt hin und her bewegen, Bild: Festkomitee Kölner Karneval

Schunkeln

„Schunkeln ist scheiße,
dein Nachbar stinkt nach Schweiß.
Du sitzt ganz nah,
und weisst nicht mal, wie er heißt.“

singt Biggi Wanninger, die Präsidentin der Stunksitzung. Da ist was dran. Auf der anderen Seite ist Schunkeln selbst für die unrhythmischsten Zeitgenossen die ideale Bewegung, weil man rechts und links eingehängt in den Rhythmus gezwungen wird. Ob man will oder nicht.

Und am Ende ist es dann doch immer schön, gemeinsam zu schunkeln. 


Das Motto der Sesiion 2022/23 lautet: Ov krüzz oder quer
Das Motto der Sesiion 2022/23 lautet: Ov krüzz oder quer

Session

Die wichtigste Zeit in Kölle, vgl. auch „5. Jahreszeit“. Mit Session wird gesamte Karnevalszeit bezeichnet, diese beginnt offiziell am 11.11. und endet an Aschermittwoch. Allerdings wird in der Praxis nur rund um den 11.11. und ab Anfang Januar gefeiert – wir sind in Köln immer noch rheinisch-katholisch und feiern auch Weihnachten.


Für jeden etwas dabei: Karnevalssitzungen in Kölle
Für jeden etwas dabei: Karnevalssitzungen in Kölle

Sitzung

Die kölschen Sitzungen sind das Herzstück des Karnevals – egal, ob sie als Prunk- oder Stunksitzung daherkommen.

Früher, bis etwa Mitte der 1980er Jahre, war es ganz einfach, wenn man zu einer Karnevalssitzung wollte: Frack oder Abendkleid anziehen und ab zur Prunksitzung im Gürzenich oder im Kostüm zu einer der zahlreichen Pfarrsitzungen im Gemeindesaal im Veedel.

Heute ist (gottseidank!) das Angebot an Karnevalssitzungen viel breiter gefächert. Und es gibt für nahezu jeden Geschmack das passende Format. Erstaunlich: Egal wie alternativ die Sitzungen auch sind, das Grundgerüst einer „klassischen“ Sitzung mit Präsident oder Präsidentin, einer Abfolge von Nummern wie in einer Revue, bleibt bestehen. Lediglich ein oft sehr steifer  Elferrat und die endlose Begrüßung der Ehrengäste gehören zum Glück heute fast immer der Vergangenheit an.


Drunter immer "Spetzebötzje"! Bild: Festkomitee Kölner Karneval
Drunter immer „Spetzebötzje“! Bild: Festkomitee Kölner Karneval

Spetzebötzje

Das Spetzebötzje ist eine mit Spitzen besetzte Unterhose und ein wichtiges Kleidungsstück der Funkemariechen. Aber Vorsicht: Nicht alle, die Spetzebötzje tragen, sind weiblich. So lautet es in dem Lied „Su läuft dat he“:

„Un Spetzebötzje drät bei uns sujar dä Kölsche Jung.“


Handgemachte Musik von einem Spillmanszoch, Bild: Festkomitee Kölner Karneval
Handgemachte Musik von einem Spillmanszoch, Bild: Festkomitee Kölner Karneval

Spillmannszoch

Ohne Musik kein Karneval. Und am schönsten ist die „handgemachte“ Musik der Spielmanszüge. So ist kein Aufmarsch der Traditionskorps ohne Spillmanszoch denkbar. Und an Rosenmontag laufen etwa 70 Spielmanszüge im Zoch mit.


Sternmarsch

Der Sternmarsch ist eine eher neue Erfindung – aber bereits Tradition in Kölle. Schon seit 1998 ziehen viele Karnevalsvereine an Karnevalsfreitag sternförmig aus ihren Veedeln zum Alter Markt und feiern dort gemeinsam.


Rote Funken beim "wibbeln", Bild: Uli Kievernagel
Rote Funken beim „wibbeln“, Bild: Uli Kievernagel

Stippeföttche / wibbele

Wenn man Männer sieht, die ihre Hintern aneinander reiben, weiß man, dass man in Köln angekommen ist. Der traditionelle Tanz der Funken nennt sich „Stippeföttche“, weil das „Föttchen“ (der Hintern) dabei hervorstippt (hervorsteht). Die Tätigkeit des Aneinanderreibens selber bezeichnet man als „wibbeln“.

Der Ursprung dieses seltsam anmutenden Spektakels liegt in der Verhöhnung des ungeliebten preußischen Militärs. Besonders schön ist es, wenn dabei dann das Lied „Ritsch, ratsch – de Botz kapott“ gespielt wird.


Traditionell bekommen die Polizisten, die am Zugweg stehen, reichlich Strüßjer, Bild: Festkomitee Kölner Karneval
Traditionell bekommen die Polizisten, die am Zugweg stehen, reichlich Strüßjer, Bild: Festkomitee Kölner Karneval

Strüßjer

Genau wie die Kamelle ein Grundbestandteil des Wurfmaterials in den Karnevalszügen. Wobei das Strüßje (eigentlich ein kleiner Blumenstrauß, in der Praxis aber eher ein einziges Blümchen mit etwas grünen Blättern drumherum) im Gegensatz zu den Kamelle sehr zielgenau dem Empfänger zugeworfen oder gegeben wird. Und dann bedankt man sich mit einem Bützje dafür.


Ein stolzes Dreigestirn mit Prinzenführer, Bild: Norbert Bröcheler
Ein stolzes Dreigestirn mit Prinzenführer, Bild: Norbert Bröcheler

Tolitäten

Prinz, Bauer und Jungfrau aus dem Dreigestirn werden auch „Tolitäten“ genannt.


Eines der neun Kölner Traditionskorps: Die Nippeser Bürgerwehr
Eines der neun Kölner Traditionskorps: Die Nippeser Bürgerwehr

Traditionskorps

Erst wenn man Mitglied in einem Kölner Traditionskorps ist, steht man in der Domstadt (vermeintlich) an der Spitze der Gesellschaftspyramide. Zu den aktuell neun Traditionskorps gehören:

  • Roten Funken,
  • Blauen Funken,
  • Ehren Garde,
  • Prinzen-Garde,
  • Altstädter,
  • Nippeser Bürgerwehr,
  • Bürgergarde „blau-gold“,
  • K.G. Treuer Husar und das
  • Reiterkorps Jan von Werth.

Der Titel „Traditionskorps“ kann nur durch den Präsidenten des Festkomitees vergeben werden.


Das Trifolium: Prinz Bauer und Jungfrau mit dem Prinzenführer, Bild: Norbert Bröcheler
Das Trifolium: Prinz Bauer und Jungfrau mit dem Prinzenführer, Bild: Norbert Bröcheler

Trifolium

Trifolium stammt aus dem lateinischen (tres „drei“ und folium „Blatt“) und ist ein anderer Begriff für das Dreigestirn.


Auch die Roten Funken sind jeck, wenn et Trömmelche jeiht., Bild: Uli Kievernagel
Auch die Roten Funken sind jeck, wenn et Trömmelche jeiht., Bild: Uli Kievernagel

Trömmelchen

Ohne das Trömmelchen (kleine Trommel) geht im Karneval nichts. Das Tömmelchen gibt die Richtung vor. Denn

„Wenn et Trömmelche jeht,
dann stonn mer all parat.
Un mer trecke durch die Stadt,
un jeder hätt jesaat: Kölle Alaaf!“


Der Tusch hat schon so manchen Büttenredner gerettet!
Der Tusch hat schon so manchen Büttenredner gerettet!

Tusch

Die Rettung für jeden Büttenredner. Beim Tusch lachen selbst die Besucher einer Sitzung, die keinen Witz verstanden haben. Und umgekehrt rettet der Tusch auch den größten Witz-Rohrkrepierer. Beim tä tä tä wird gelacht. Basta.

Die richtig guten Saalkapellen, wie zum Beispiel das Orchester Helmut Blödgen oder das Orchester Markus Quodt, sind auch in der Lage, blitzschnell ein paar Takte eines zum Witz passenden Karnevalslieds zu spielen und verschaffen so dem Büttenredner eine kleine Verschnaufpause.


Unverzichtbar: Wagenengel beim Rosenmontagszug, Bild: Slick, CC0, via Wikimedia Commons
Unverzichtbar: Wagenengel beim Rosenmontagszug, Bild: Slick, CC0, via Wikimedia Commons

Wagenengel

Wenn die Züge durch die Orte laufen, ist es immer eng. Zur Sicherheit für alle laufen daher die „Wagenengel“ mit. Mindestens zwei Engel je Seite, in der Regel aber zwei je Achse des Karnevalswagens inkl. Zugmaschine, sorgen dafür, dass niemand zu Schaden kommt und keine Kinder bei der Jagd auf Kamelle unter die Wagen kommen.


Ein (gottseidank) aussterbendes Relikt: Der Weinzwang auf Karnevalssitzungen, Bild: Martin.k via Wikimedia Commons
Ein (gottseidank) aussterbendes Relikt: Der Weinzwang auf Karnevalssitzungen, Bild: Martin.k via Wikimedia Commons

Weinzwang

Wer gerne überteuerten und nicht besonders guten Wein oder gar eine „Kalte Ente“ (eine Mischung aus Sekt, Weißwein und einer ausgepressten Zitrone) mag, ist auf den klassischen Sitzungen im Sartory, Gürzenich oder Maritim gut aufgehoben. Denn in diesen Sälen herrscht der sogenannte „Weinzwang“ – es gibt schlichtweg kein Kölsch. Angeblich, weil es durch die fortlaufende Nachversorgung mit Kölsch zu viel Unruhe im Saal geben würde. Tatsächlich aber eher aus wirtschaftlichem Kalkül, weil so ein einziger Kellner mehr Tische bedienen kann.

Die Folge: Die durstigen Trinker halten sich auch während der Sitzung lieber im Foyer auf, weil dort Kölsch ausgeschenkt wird. Gottseidank ist der Weinzwang aber ein aussterbender Dinosaurier – immer öfter werden Pittermännchen ausgegeben.


In Bonn-Beuel wurde Weiberfastnacht "erfunden", Bild: Förderverein Beueler Weiberfastnacht e.V.
In Bonn-Beuel wurde Weiberfastnacht „erfunden“, Bild: Förderverein
Beueler Weiberfastnacht e.V.

Wieverfastelovend

Wieverfastelovend ist Weiberfastnacht und wird außerhalb Kölns auch als Aalwiewer, Fettdonnerstag, Schwerdonnerstag, Weiberfasnet, Weiberfasching, oder „Schmotziger Dunschtig“ bezeichnet. Egal wie man diesen Tag auch nennt, es handelt sich immer um den Donnerstag vor Rosenmontag. An diesem Tag beginnt der Straßenkarneval und es laufen bereits die ersten Karnevalszüge wie zum Beispiel der Jan von Werth-Zoch in Köln.

So schwer es den Kölner auch fällt – „erfunden“ wurde dieser Tag einige Kilometer rheinaufwärts in Bonn-Beuel. Im Jahr 1824 übernahmen die Beueler Waschfrauen an diesem Tag in einer Revolte das Regiment. Statt zu arbeiten legten die Waschfrauen für einen Tag die Arbeit nieder und feierten Karneval. Und seit 1958 gibt es dann auch eine Repräsentantin: Die „Wäscherprinzessin“.

Der weibliche Einfluss tut dem Karneval gut. So ist der „offizielle Karneval“ auch heute noch ein stark männlich dominiertes Fest. Ich schließe mich den hier den Beueler Waschfrauen an:

Frauen, wie wär’s mit etwas mehr Weiberfastnacht-Power im Alltag? Die Männer könnten es gut gebrauchen.

In Zeiten, in denen so viel über das Rollenbild der Frauen diskutiert wird, ist die Weiberfastnacht doch so etwas wie die Entdeckung der Frauenpower. An Weiberfastnacht übernehmen die Frauen das Ruder, die Macht und geben sie erst dann wieder ab, wenn ihnen danach ist. Weiberfastnacht ist gelebte Emanzipation. Und die Männer wissen ihr nichts entgegenzusetzen – weil sie nicht wollen, weil ihnen die Hände gebunden sind, weil sie dem Charme der Wiever nichts entgegenzusetzen haben.1Quelle: Website der Beueler Waschfrauen https://waescherprinzessin.com/


Alle Teile der Serie „Kölsche Karnevalsbegriffe von A-Z“:


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„Jet an de Föß han“ – man ist wohlhabend!

Wer hier wohnt, hät jet an de Föß! Bild: Rolf Heinrich, Köln, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons
Wer hier wohnt, hät jet an de Föß! Bild: Rolf Heinrich, Köln, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons

Der Kölsche schaut, oft verbunden mit ein wenig Neid, auf die, die „jet an de Föß han“. Und Menschen, die kein Kölsch sprechen, wundern sich. Denn die wörtliche Übersetzung führt zunächst in die Irre: „Jet an de Föß han“ kann man mit „Etwas an den Füßen haben“ übersetzen. Und sofort denkt manch einer an den Orthopäden, an Hühneraugen oder gar an Fußpilz. Alles völlig falsch!

Wer jet an de Föß hät: Vielleicht reich, mindestens wohlhabend

„Minsche met jet an de Föß“ sind schlichtweg wohlhabend. So ist die folgende Aussage für den Kölschen ganz einfach nachvollziehbar: „Die uss dä Marienburg und däm Hahnwald han jet an de Föß.“1Die aus Marienburg und Hahnwald sind reich. Und ganz einfach lässt sich nachweisen, dass die Bewohner der Nobelviertel Marienburg und Hahnwald über durchschnittlich mehr Geld als die übrigen Kölner verfügen.

Diese kölsche Redewendung lässt sich aber auch umkehren: So „han die uss Höhenberg oder Vingst nix an de Föß.“ Und jeder versteht, dass dort weniger Geld zu Hause ist.

Herkunft: Schuhwerk

Bleibt die Frage, wieso ausgerechnet das, was man an den Füßen trägt, als Indikator für Reichtum dienen soll. Dies erklärt sich, wenn man in der Zeit zurückreist. Damals konnten sich nur reiche Menschen richtig gute Schuhe leisten. Alle anderen nutzten eher unbequeme Schuhe aus Holz oder sehr einfaches Schuhwerk aus robustem Leder, welches um den Fuß gewickelt wurde und mit Hilfe eines Riemens zusammengebunden wurde. 

Noch bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts besaßen die meisten Menschen nur zwei Paar Schuhe: Ein abgewetztes Paar für den Alltag und ein besseres, welches nur an Sonntagen angezogen wurde. So wurde beim Blick auf die Füße und das daran befindliche Schuhwerk schnell klar, ob der Träger „jet an de Föß hät“ oder eben nicht.

Der Träger dieses (rekonstruierten) Schuhs aus dem Mittelalter hatte mit Sicherheit "jet an Föß", Bild: Wolfgang Sauber, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Der Träger dieses (rekonstruierten) Schuhs aus dem Mittelalter hatte mit Sicherheit „jet an Föß“, Bild: Wolfgang Sauber, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

„wohlbetucht“ – Kleider machen Leute!

Überhaupt wurden die Standesunterschiede an der Kleidung festgemacht. Das hat sich bis heute kaum geändert, denn sonst würde wohl kaum ein Mann stolz sein Krokodil auf dem Lacoste-Shirt oder nur wenige Damen selbstbewusst ihre Gucci-Handtasche tragen. Diese Menschen sind – früher wie heute – schlichtweg „wohlbetucht“, wobei mit „Tuch“ die „guten Tücher“ der Kleidung gemeint sind.

Wer richtig jet an de Föß hät ist „steinreich“

Und dann sagt man Menschen, die „richtig jet an de Föß han“ auch nach, dass sie steinreich sind. Diese Formulierung entstammt der mittelalterlichen Wohnsituation. In dieser Zeit lebten die meisten Menschen in Holzhäusern oder einfachen Lehmhütten. Häuser aus Stein konnten sich nur sehr reiche Menschen leisten – und diese waren dann „steinreich“.

Bläcke Fööss

Wenn man nix an de Föß hät, kann es einem gehen wie den Bläck Fööss bei einem ihrer ersten Auftritte im Gürzenich: Als die langhaarigen Musiker mit bläcke Föß2nackten Füßen, Jeans und Verstärker in der Hand im ehrwürdigen Gürzenich auftreten wollten, hielt man sie zunächst für protestierende Hippies und verweigerte den Zutritt.

Die hatte jo uch nix an de Föß!


Fruchtbarer Ackerboden: Dä Buur hät jet an de Föß! Bild: Thomas, Pixabay
Fruchtbarer Ackerboden: Dä Buur hät jet an de Föß! Bild: Thomas, Pixabay

Kostbarer Ackerboden „an de Föß“

 
Karin Burianski hat mir noch folgende Erklärung zu „jet an de Föß“ gegeben: 
De Buure-Mädche un Jungs – meist us de Eifel- leefen natürlich mit blecke Föß op ihre Feldere eröm. An manschen Föß bleev rude Erde kleven, dat wor en Zeichen für Löß-oder erzhaltigen Boden und bedeutete: Die Buuren hatten ne janz kostbare Bodden. Mädche un Jungs mit „rude Lehmklumpe an dr Föß hatten also „jet an dr Föß“ un woren en jode Partie! 
Diese Erklärung han isch vun minger Mutter als Kind jesaat bekumme.

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