Ein paar Fragen an die Macher des Düxer Bocks

Minimalistisches Design - großartiges Bier: Der Düxer Bock, Bild: Hamacher-Linnenberg
Minimalistisches Design – großartiges Bier: Der Düxer Bock, Bild: Hamacher-Linnenberg

+++ UPDATE März 2022 +++

Caroline Hamacher-Linnenberg und Uli Linnenberg, die „Erfinder“ des Düxer Bock geben ihren Bock in gute Hände weiter:

Liebe Freunde,
das erste Fass unseres feinen Bockbiers haben wir vor 3 Jahren angeschlagen. Seitdem schmeckt der DÜXER BOCK immer mehr Fans im Umkreis unserer Heimatstadt. Für uns heißt das: „ZIEL ERREICHT“.
Logisch, dass der selbstbewusste Bock mit den Hufen scharrt, um Genießer in ganz Deutschland zu erobern.
Dafür übergeben wir den *DÜXER BOCK* und die *Brauerei AufRome1468* heute mit großer Überzeugung an Marian Krause und Laura-Marie Zöllter.
Sie sind leidenschaftliche Bar-Gastronomen mit Unternehmungsgeist. Aus Ihrer Erfolgsstory: Marian ist World Class Bartender of the Year 2015 und 2021 und Inhaber von „The Grid Bar“ in der Kölner Friesenstraße. Die Bar wurde 2021 als „Barteam“ und „Bar des Jahres Deutschlands“ ausgezeichnet.
Mehr über ihr KnowHow bei Premium-Getränken und ihre innovativen, erfolgreichen Projekte erfahrt ihr demnächst von Marian und Laura selbst.
Wir beide lehnen uns zurück. Danke euch allen für euer Interesse an unserem Bockbier und den Enthusiasmus seit dem ersten Schluck. Ihr habt uns stolz gemacht. Danke an alle, die mit uns teilen, dass die alte Liebesgeschichte um einen Ziegenbock in Köln-DÜX auch heute eine Erfolgsstory ist.
Marian und Laura, ihr werdet die Geschichte in dem Sinn weiterschreiben. Wir glauben an euren Erfolg!
Ein Hoch auf die Liebe
Uli Linnenberg & Caroline Hamacher-Linnenberg


Ein leises Zischen und die Flasche ist auf. Soeben hat Caroline Hamacher eine Flasche des „Düxer Bocks“ aufgemacht. Das bernsteinfarbene Bier fließt in das wunderschöne Glas, auf dem ganz dezent der Bock grüßt. Die ersten Schlücke sind herrlich: Ein vollmundiges, malziges Bier. Es schmeckt hervorragend.

Mir gegenüber sitzen die beiden Brauunternehmer Caroline Hamacher und Ulrich Linnenberg. Nach vielen Berufsjahren in der Werbung entschieden sich die beiden gegen den Ruhestand. Sie wollten es nochmal wissen und haben angefangen, Bier brauen zu lassen. In Köln. Ihre Brauerei AufRome produziert kein Kölsch sondern ein Bockbier, den Düxer Bock.

Bockbierbrauer in der Kölsch-Stadt: Caroline Hamacher und Ulrich Linnenberg, Bild: Hamacher-Linnenberg
Bockbier in der Kölsch-Stadt: Caroline Hamacher und Ulrich Linnenberg, Bild: Hamacher-Linnenberg

Schon ist mein Glas  leer, doch Ulrich Linnenberg schenkt nach. Mit dem Düxer Bock im Glas macht unser Gespräch noch mehr Spaß.

Es gibt doch schon so viele Kölschsorten. Warum braut ihr noch ein neues kölsches Bier?

Mehr Bockbier für die Stadt! Und wir wollten die Liebesgeschichte um den Düxer Bock bekannt machen.

Und warum habt gerade ihr angefangen, Bier unter die Menschen  zu bringen?

Wir sind beide passionierte Kölsch-Trinker. In und um Köln werden jährlich mehr als 1,7 Millionen Hektoliter Kölsch gebraut und getrunken. Und wir wollen zur Biervielfalt beitragen. Der Düxer Bock soll auch keine Alternative zum Kölsch sein, vielmehr eine Ergänzung. Neben Kölsch, Pils oder Weizen bietet der Düxer Bock eine weitere Geschmacksvariante an.

Schmeckt der Düxer Bock anders als normale Bockbiere?

Total anders. Unser „Bockbier für Rheinländer“ ist weniger bitter als übliche Bockbiere und hat ein feines Fruchtaroma. Durch verschiedene Malzsorten erhält es eine warme orangene Farbe und eine karamellige Note.

Bockbier ist immer so stark. Wird man davon nicht schon nach dem ersten Glas betrunken?

Nää! Unser Düxer Bock hat schließlich weniger Alkohol als Weißwein. Tatsächlich hat unser Bockbier einen Alkoholanteil von 6,9 % Vol. und ist damit zwar stärker als Kölsch mit 4,8 % aber leichter als andere Bockbiere, die bis zu zu 7,5 % Alkohol haben können.

Stimmt! Ich trinke mein zweites Glas aus und fühle mich nicht anders als nach zwei Kölsch. Fragend hebe ich den Blick – und Caroline schenkt noch einmal nach. Es wird Zeit für die „Kölschen Fragen“:

Welche kölsche Eigenschaften zeichnen euch aus?

Caroline : Mer laache jään.
Ulrich: Levve un levve looße.

Was würdet ihr morgen in unserer Stadt ändern?

Die KVB neu erfinden

Wenn nicht Köln – wo sonst könntet ihr leben?

In einer Stadt am Meer wie zum Beispiel Lissabon, aber nach drei Monaten wollen wir zurück zum Dom.

Wo ist euer Lieblingsplatz in Köln?

Caroline: Ganz klar im Stadtwald.
Ulrich: D’r Rhing erop un d’r Rhing erav, links wie räächs.

Was macht ihr zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch?

Singen, kostümieren, Uniform anziehen, im Zug mitgehen, schunkeln, Kölsch trinken. Fisch essen. 

Und was zwischen Aschermittwoch und Weiberfastnacht?

Alles außer Karneval

Wenn wir 10.000 Euro für etwas spenden würde, ginge unser Geld an …

Jutta’s Suppenküche am Dom

Wodrüber laachs de dich kapott?

Caroline: Opjeblosene Fastelovends-Offizielle
Ulrich: mich selvs 

Euer kölsches Lieblingsessen?

Der Halve Hahn. Röggelchen, Butter, mittelalter Gouda, weiße Zwiebeln, Senf. Er wird leider kaum noch so klassisch serviert.

Eure Lieblingskneipe?

Da gibt es verschiedene Junkersdorfer Wohnzimmer… Mer weiß wä do es, wat et jitt un wer kütt us d’r Nohberschaff. Un mer kann zo Fooss noh Hus jonn.

Nennt einen Grunde, warum man Köln morgen verlassen sollte.

Sommerkarneval

Euer Lieblingsschimpfwort auf Kölsch?

Carline: Föttchesföhler
Ulrich: Doof Noss

Bitte vervollständigt den Satz: Köln ist ….

Caroline:  … alles us däm Leed „Du … bes die Stadt“ vun de Bläck Fööss
Ulrich: … lebenswert, weltoffen, tolerant

Ein malziges, vollmundiges Bier: Der Düxer Bock, Bild: Hamacher-Linnenberg
Ein malziges, vollmundiges Bier: Der Düxer Bock, Bild: Hamacher-Linnenberg

Schon wieder ist mein Glas leer. Wie schön wäre es doch, den Düxer Bock auch zu Hause im Kühlschrank zu haben. Daher meine letzte Frage:

Wo bekomme ich den Düxer Bock?

An unserem Probierstand, mit dem wir viel unterwegs sind. Zum Beispiel nächste Woche Sonntag auf dem Weihnachtsmarkt in RADERBERG und THAL vor dem Kloster der Benediktinerinnen.
Oder lasst euch in eine Bar oder in ein Restaurant einladen, wo unser Bier serviert wird. Oder zuhause, wenn man vorher im Handel einkaufen war. Mit Freude ergänzen wir jede Woche weitere Namen der Depots auf unserer Website. Wir haben jetzt auch einen Onlineshop.

Vielen Dank für das Gespräch – und das Bier.


Die Brauerei AufRome und „Der Kölsche Mandarin“ Adam Schall von Bell

Es gibt eine ganz erstaunliche – und mir völlig unbekannte – kölsche Querverbindung zwischen der Düxer-Bock-Brauerei AufRome und Adam Schall von Bell. Davon hat mir Uli Linnenberg erzählt:

Vermutlich ein Onkel von Adam Schall von Bell war auch von 1599-1605 Betreiber dieser Brauerei. Um genau zu sein war es seine Frau, Anna Reuffers bekannt als „die Brauersche auf Rome/up ruim“. Sie hat in dritter Ehe den Edlen Ruprecht Schall von Bell geheiratet und dann mit ihm die Brauerei geführt. Es sei sogar möglich, so Linnenberg, dass Adam Schall von Bell während seiner Zeit am Gymnasium Tricoronatum in der Marzellenstraße bei seiner Kölner Familie gewohnt haben könnte, schließlich war das Gymnasium nur ein paar Meter von der Brauerei entfernt.

Die Brauerei AufRome - ein geschichtsträchtiges kölsches Unternehmen, Bild: aufrome.de
Die Brauerei AufRome – ein geschichtsträchtiges kölsches Unternehmen, Bild: aufrome.de

 


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Die „Rheingräfin“ Sibylle Mertens-Schaafhausen

Die "Rheingräfin" Sibylle Mertens-Schaafhausen (1797 - 1857)
Die „Rheingräfin“ Sibylle Mertens-Schaafhausen (1797 – 1857)

Historikerin, Numismatikerin, Musikerin, Mäzenatin, Archäologin, Kunstsammlerin – Sibylle Mertens-Schaafhausen war „eine der bemerkenswerten Frauen des 19. Jahrhunderts“1Monika Salchert in ihrem Buch „Schräge Typen der Kölner Stadtgeschichte. Wäre Sie ein Mann gewesen, so würden wir heute nach ihr benannte Plätze, Straßen und Schulen kennen. Doch Sibylle Mertens-Schaafhausen war eine Frau. Noch dazu eine Frau, die Frauen liebte. Und das in der hausbackenen und konservativen Zeit des Biedermeier. Ungeheuerlich.

Ein Mädchen des besseren Gesellschaft

Geboren als Tochter eines reichen Bankiers wurden sie als Mädchen der „feinen Gesellschaft“ entsprechend erzogen. Sie sprach neben Italienisch auch Französisch und spielte hervorragend Klavier. Alles Attribute, die ein Mädchen aus der besseren Gesellschaft auszeichnen. Und so teilte sie auch das Schicksal vieler junger Mädchen der damaligen Zeit: Sie wurde im Rahmen eines Ehe-Arrangements im Alter von 19 Jahren mit dem fast doppelt so alten Bonner Kaufmann Ludwig „Louis“ Mertens verheiratet. Von Liebe war hier keine Spur zu finden, Louis Mertens teilte keine der feinsinnigen Interessen seiner jungen Frau. Aber er wurde Geschäftsführer in der Bank ihres Vaters.

Zumindest erlaubten die finanziellen Mittel der Familie, dass man sich aus dem Weg gehen konnte. Man wohnte offiziell zusammen im Haus der Familie in der Trankgasse, jedoch verbrachte Sibylle zunehmend mehr Zeit in ihrer Villa in Bonn, in ihrer Wohnung in Rom oder in ihrer Sommerresidenz auf dem Petersberg, wo heute das Hotel Steigenberger Grandhotel steht. Aus der unglücklichen Ehe gingen aber sechs Kinder hervor. Kinder, die später das Lebenswerk ihrer Mutter vernichten sollten.

Liebesbeziehung zu Adele Schopenhauer

Zwei Dinge wären im Leben von Mertens-Schaafhausen undenkbar gewesen: Eine Scheidung und ein Coming-out. Damit wäre die von ihren Freunden zur „Rheingräfin“ geadelte Sibylle gesellschaftlich geächtet gewesen. Mit Adele Schopenhauer pflegte Mertens-Schaafhausen einen engen Umgang: Die beiden waren ein Paar, was dem Gatten selbstverständlich nicht gefiel und er Adele Schopenhauer Hausverbot erteilte.

Adele Schopenhauer in einem Porträt von Alexander von Sternberg aus dem Jahr 1841
Adele Schopenhauer in einem Porträt von Alexander von Sternberg aus dem Jahr 1841

Doch Sibylle war in Adele so sehr verliebt, dass sie in ihrem Tagebuch notierte: „Stürbe sie, so spräng ich jetzt in den Rhein, denn ich könnte nicht ohne sie bestehen.“ Um den gesellschaftlichen Konventionen zu entsprechen, waren die gegenseitigen Besuche und das Leben unter einem Dach immer als Pflege getarnt. Sobald eine der beiden erkrankte, was regelmäßig vorkam, zog die jeweils andere zu ihr und pflegte sie. Nachdem aber Mertens-Schaafhausen sich in die britische Schriftstellerin Anna Jameson verliebte, zog sich Adele Schopenhauer von ihr zurück. Erst nach sieben Jahren sollten die beiden Frauen wieder zueinander finden. Schopenhauer zog in die Bonner Villa von Sibylle Mertens-Schaafhausen und lebte dort bis zu ihrem Tod im Jahr 1849.

Der Totenzettel der „Rheingräfin“ Sibylle Mertens-Schaafhausen. Als Geburtsdatum wird hier fälschlicherweise der 3. Februar 1797 (statt dem korrekten Datum 29. Januar 1797) angegeben. Vermutlich hat der Verfasser des Totenzettels das Taufdatum, welches in den Kirchenbüchern in der Regel immer an erster Stelle steht, mit dem Geburtsdatum verwechselt. Danke für diesen Hinweis an Michael Osieka aus Köln. Bild: Totenzettel Sammlung der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln
Der Totenzettel der „Rheingräfin“ Sibylle Mertens-Schaafhausen. Als Geburtsdatum wird hier fälschlicherweise der 3. Februar 1797 (statt dem korrekten Datum 29. Januar 1797) angegeben. Vermutlich hat der Verfasser des Totenzettels das Taufdatum, welches in den Kirchenbüchern in der Regel immer an erster Stelle steht, mit dem Geburtsdatum verwechselt. Danke für diesen Hinweis an Michael Osieka aus Köln. Bild: Totenzettel Sammlung der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln
Vernichtung des Lebenswerks

Bereits 1842 war Louis Mertens verstorben. Die sechs gemeinsamen Kinder bestanden darauf, sofort ihren Erbteil ausgezahlt zu bekommen. So wurde Sibylle Mertens-Schaafhausen gezwungen, fast ihren gesamten Besitz zu verkaufen. Dazu gehörten ihre gesammelten Kunstschätze, ihre Münzsammlung sowie ihre kostbaren Möbel. Die „Rheingräfin“ verstarb am 22. Oktober 1857 in Rom. Nach ihrem Tod wurde auch das, was an Vermögensgegenständen noch übrig war, von ihren Kindern verkauft, unter anderem auch die wertvolle Bibliothek. Der Umgang ihrer Kinder mit ihrem Vermächtnis kommt einer Vernichtung aller Erinnerungen nahe. So wurde das Erbe einer selbstbestimmten Frau, die den Konventionen in der damaligen Zeit trotzte, in alle Winde verstreut. Ganz im Interesse ihrer Nachkommen, die alle Erinnerungen an ihre Mutter auslöschen wollten.

Wie gut, dass Sibylle Mertens-Schaafhausen bereits zu Lebzeiten ihre gesamte Korrespondenz der Bibliothek der Bonner Universität vermacht hat. So sind – sehr zum Verdruss der Erben – viele zum Teil intime Briefe und Tagebucheinträge heute noch erhalten.


Das "Zeitzeichen" des WDR ist eine Radiosendung und greift täglich historische Daten auf, Bild: WDR
Das „Zeitzeichen“ des WDR ist eine Radiosendung und greift täglich historische Daten auf, Bild: WDR

Zeitzeichen zum 225. Geburtstag der Rheingräfin

Der WDR hat in seiner Sendung Zeitzeichen vom 30. Januar 2022 eine hörenswerte Sendung zu Sibylle Mertens-Schaafhausen veröffentlicht.


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Ein Gebäude mit bewegter Geschichte: Das Bing-Haus am Neumarkt

Das Bing-Haus am Neumarkt, Bild: Uli Kievernagel
Das Bing-Haus am Neumarkt, Bild: Uli Kievernagel

Was hat dieses Haus nicht alles erlebt! Ein glänzender Konsumtempel vor dem Ersten Weltkrieg, von den Nazis enteignet und als „Beratungsstelle für Erb- und Rassenpflege“ missbraucht, heute Gesundheitsamt der Stadt. Das Bing-Haus am Neumarkt hat wirklich eine bewegte Geschichte hinter sich.

Das Haus einer jüdischen Kaufmannsfamilie

Die namensgebende Familie Bing stammte aus Bingen am Rhein. Schon im 19. Jahrhundert liefen die Geschäfte der Firma „Gebrüder Bing & Söhne, Großhandel für Bänder, Mode und Seidenstoffe“ mit Sitz an der Ecke Neumarkt/Schildergasse hervorragend. Um neue und repräsentativere Verkaufsräume zu schaffen, wurde 1908/09 der renommierte Architekt Heinrich Müller-Erkelenz beauftragt, ein Kaufhaus im Monumentalstil der Reformarchitektur zu errichten. Dieser Stil betont die sachlichen und schlichten Formen. So ist das Bing-Haus – bis auf drei hervorspringende Erker – klar gegliedert. Ein Symbol für die Sachlichkeit der in dem Haus tätigen Händler.

Die Geschäfte der Händler liefen prächtig. Köln war vor dem Ersten Weltkrieg die wichtigste Stadt im Westen des Reiches. Die starke Befestigung durch den doppelten preußischen Verteidigungsring machte Köln faktisch uneinnehmbar. Diese Stärke fand ihren Ausdruck in regelmäßigen Militärparaden auf dem Neumarkt. Die Offiziere verkehrten im nahegelegenen Offizierskasino und bescherten den Bings satte Umsätze – das Geschäft prosperierte. Zumindest bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Mit dem ersten Schuss auf den Schlachtfeldern brachen die wichtigen Absatz- und Beschaffungsmärkte wie England oder Frankreich weg. Erst nach dem Krieg ging es wieder bergauf – zumindest bis zur Inflation. Diese zwang die Eigentümer-Familie dazu, Flächen im Bing-Haus zu vermieten.

Ein direkter Nachbar des Bing-Hauses war kein geringerer als Willi Ostermann. Und so erlebte der Neumarkt anlässlich der Silberhochzeit des populären Mundartsängers und seiner Frau Käthe Palm am 13. Januar 1936 einen selten gesehenen Menschenauflauf. Zehntausende Kölner standen vor der Tür, um Willi und seiner Käthe zu gratulieren. 

Faktische Enteignung durch die Nazis

In den 30er Jahren litten die jüdischen Eigentümer zunehmend unter den Repressalien der Nazis. Diese machten auch in Köln gute Geschäfte – regelmäßig zu Lasten enteigneter jüdischer Mitbürger. So auch beim Bing-Haus. Fritz und Otto Bing verlangten im Jahr 1939 von der Stadt 1,2 Mio. Reichsmark für das Haus. Gezahlt wurden nur 500.000 Reichsmark. Und selbst davon bekam die Familie Bing nur die Hälfte, die andere Hälfte wurde auf ein Sperrkonto überwiesen. Übrigens kein Einzelschicksal: Mehr als 700 Immobilien jüdischer Eigentümer gingen oft für einen lächerlich geringen Betrag in den Besitz der Stadt über.

Umsetzung der Nürnberger Rassengesetze

Das Haus wurde zum städtischen „Gesundheitsamt“. Allerdings ist dieser Begriff im „Dritten Reich“ etwas anders zu verstehen als heute. Ab März 1940 residierte hier die „Beratungsstelle für Erb- und Rassenpflege“. Diese Behörde war unter anderem auch für die Bescheinigungen zur „Ehetauglichkeit“ zuständig – die konkrete Umsetzung des in den Nürnberger Rassegesetzen festgeschriebenen „Blutschutzgesetz“, welches Eheschließungen zwischen Juden und „Deutschblütigen“ verbot. Hunderte Menschen wurden als „minderwertig“ beurteilt. Die Folge: Die gewünschte Ehe wurde schlichtweg verboten.

Gedenkplakette im Bing-Haus, Bild: Uli Kievernagel
Gedenkplakette im Bing-Haus, Bild: Uli Kievernagel

Auch erstellten Ärzte in diesem „Gesundheitsamt“ Gutachten zu Erbkrankheiten. Auf Basis dieser Einschätzung wurden mehr als 4.000 Menschen als „erbkrank“ eingestuft und zwangssterilisiert. Der leitende Stadtarzt Franz Vonessen stellte sich gegen diese Praxis – und wurde prompt von den Nazis gegen seinen Willen in den Ruhestand versetzt. Späte Genugtuung für Vonessen: Die Amerikanische Militärregierung setzte ihn 1945 als Leiter des städtischen Gesundheitsamts ein.

Diskussion um Drogenkonsumraum 

Dieses Gesundheitsamt fand dann wieder seinen Platz im Bing-Haus und residiert dort bis heute. Aktuell wird diskutiert, ob nicht direkt im Gesundheitsamt ein Drogenkonsumraum eingerichtet werden sollte. Die „Bürgerinitiative Zukunft Neumarkt“ hat ein solches Hilfsangebot angeregt, um den massiven Problemen des offenen Drogenkonsums auf dem Neumarkt entgegen zu wirken. Die Stadtverwaltung sieht diesen Vorschlag positiv.

Und ein solcher Drogenkonsumraum könnte ein neues, positives Kapitel in der bewegten Geschichte des Bing-Hauses darstellen.


Sehenswürdigkeiten rund um den Kölner Neumarkt, Bilder: Uli Kievernagel, Raimond Spekking
Sehenswürdigkeiten rund um den Kölner Neumarkt, Bilder: Uli Kievernagel, Raimond Spekking

Rund um den Neumarkt gibt es viel zu erkunden!

Am Neumarkt steht nicht nur die riesige Eistüte von Claes Oldenburg, sondern auch die von Rodin geschaffene Skulptur des französischen Schriftstellers Balzac. Etwas versetzt hinter der Neumarktgalerie, in der Richmodstraße, findet sich der Richmodisturm mit den beiden sagenumwobenen Päädsköpp. Auf der Südseite des Platzes steht ein Gebäude mit bewegter Geschichte: Das Bing-Haus. Und zu Geschäftszeiten lohnt sich ein Abstecher in die benachbarte Schalterhalle der Kreissparkasse – dort gibt es 4711 kostenlos.

 


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Kölsche Wörter: „hösch“

"Maat ens höösch" ist die Aufforderung, leise zu sein. Bild: Paulwip / pixelio.de
„Maat ens höösch“ ist die Aufforderung, leise zu sein. Bild: Paulwip / pixelio.de

„Maat ens hösch“ ist die Aufforderung, ruhig zu sein. Egal, ob es sich z.B. um laute Störer eines Konzerts oder um schreiende Kinder auf dem Spielplatz handelt. In jedem Fall geht es darum, Stille zu bewahren und es einfach mal etwas ruhiger angehen zu lassen.

Wie bei so vielen kölschen Wörtern ist auch bei „hösch“ eine eindeutige Übersetzung schwierig. Im Mitmachwörterbuch der rheinischen Umgangssprache wird „hösch“ als „zart, leise, still, geräuschlos“ übersetzt. Das trifft es schon recht gut. Doch die beliebte Thekenumfrage in meiner Stammkneipe bei den Urkölschen hat noch weitere Bedeutungen ergeben. So wird „hösch“ auch in der Bedeutung „langsam“ oder „vorsichtig“ verwendet. Etwa als „Jetz ävver hösch.“ was so viel bedeutet wie „Jetzt mal ganz langsam.“

Klang entspricht der Bedeutung

Das Besondere an diesem Wort ist, dass der Klang auch dem Inhalt entspricht: „hösch“ hört sich ruhig und still an. Onomatopoesie, also Lautmalerei, nennt man es, wenn Wörter dem Klang eines Vorgangs entsprechen, wie zum Beispiel „klirren“ oder „zischen“. Oder eben „hösch“. Das ist fast schon wie flüstern oder hauchen.

Kurios ist, dass das lautmalerische Wort „hösch“ tatsächlich sprachliche Wurzeln im mittelhochdeutschen hat. Das Wort „hövesch“ bedeutet „höfisch“, also „bei Hofe“. Und dass man sich dort gesittet, ruhig zurückhaltend verhält, versteht sich von selbst.

„hösch“ als Gegenbewegung

Im Zuge der „Ballermanisierung“ des kölschen Karnevals ist das Wort „hösch“ auch schon wieder zu Ehren gekommen. So gibt es „Hösch – die kölsche Miljösitzung“ bei der eben nicht die lauten Töne sondern eher die Redner und leisere Vorträge im Vordergrund stehen. Und ein unplugged (also ussjestöpselt) Album der Höhner trägt passenderweise auch den Titel “Janz höösch”. In diesem Fall steht „hösch“ für gefühlvoll und entspannt.

Sehr schön ist auch die Verwendung von „hösch“ bei dem kölschen Musiker Gerd Köster: Eine Konzertreihe im Jahr 2011 trug den Titel „Hösch Bloot“. Und das bedeutet frei übersetzt einfach „Ruhig Blut bewahren“.


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Halsbandsittiche in Köln: Grüne Plage oder Bereicherung?

Ein Halsbandsittich, Bild: Clément Bardot, CC BY-SA 4.0
Ein Halsbandsittich, Bild: Clément Bardot, CC BY-SA 4.0

Wenn man mit auswärtigen Gästen in der Stadt unterwegs ist, stehlen sie einem manchmal die Schau: „Guck mal – ganz viele Papageien“ heißt es dann immer begeistert und schnell werden die Handys gezückt, um die Vögel zu fotografieren. Fragt man allerdings die Kölschen, fällt das Urteil über die Vögel etwas nüchterner aus. Besonders von den Anwohnern, die im direkten Umfeld der Schlafbäume dieser Tiere wohnen: „Manchmal habe ich gedacht: Man muss sie alle abschießen“, so ein Anwohner der Kölner Südstadt und direkter Nachbar eines solchen Schlafbaums.

Für manche Menschen schöne Vögel, für andere schreckliche Plagegeister: Halsbandsittiche in Köln, Bild: Ingrid Beckers
Für manche Menschen schöne Vögel, für andere schreckliche Plagegeister: Halsbandsittiche in Köln, Bild: Ingrid Beckers

Die Rede ist von den etwa 40cm großen grünen Halsbandsittichen und den mit etwa 60 cm etwas größeren Alexandersittichen. Die Sittiche fliegen tagsüber in kleinen Gruppen in der Stadt herum und kommen abends in großen Schwärmen zusammen, um gemeinsam in einem Schlafbaum zu übernachten. Dabei handelt es sich um ein Instinktverhalten der Vögel. Wenn dann mehr als tausend dieser Vögel in einem Baum sitzen, geht das natürlich nicht ohne lautes Geschnatter. Schlimmer ist allerdings der Kot der Vögel. „Seit diesem Jahr ist es schlimm, jeden Tag ist alles weiß“, so ein Mitarbeiter des Wirtshauses „Im roten Ochsen“ am Rheinufer 1Kölner Stadt-Anzeiger vom 23.10.19. Dieses Gasthaus ist besonders betroffen, haben die Vögel doch vor kurzem einen Schlafbaum in unmittelbarer Nähe okkupiert.

Von privaten Vogelbesitzern freigelassen

Die ersten Halsbandsittiche in freier Wildbahn in Köln wurden etwa Ende der 60er Jahre gesichtet. Das Gerücht, dass diese damals aus dem Zoo getürmt seien, stimmt nicht. Die ursprünglich in Afrika und Asien heimischen Vögel wurden von privaten Vogelbesitzern freigelassen und vermehrten sich mangels natürlicher Feinde rasant. Heute leben etwa 2.700 dieser Tiere in Köln. Das ist kein kölsches Phänomen, in ganz NRW schätzt man den Bestand auf 4.500 Vögel.  Große Bestände der Halsbandsittiche gibt es auch in Frankfurt, Wien, Barcelona oder Amsterdam. Die Vögel stellen dabei keine Gefahr für heimischen Arten dar.

Etwa 30 cm groß, grasgrün mit rotem Schnabel: Ein Halsbandsittich, Bild: Ingrid Beckers
Etwa 30 cm groß, grasgrün mit rotem Schnabel: Ein Halsbandsittich, Bild: Ingrid Beckers
Mit Wasser und Dauerbeschallung gegen die Vögel

Getrieben von genervten Anwohnern hat die Stadt Köln einen Ornithologen beauftragt, Methoden zur Vertreibung der Vögel in der Südstadt zu finden. Dabei hat der Umweltausschuss festgelegt, dass den Tieren kein Schaden angetan werden darf. Somit fällt die Jagd auf die Vögel aus. Doch es gibt noch mehr als 30 weitere Methoden der „Vergrämung“, so das Fachwort für die Vertreibung. Dazu zählt der Einsatz von Wasser oder Schall, aber auch Raubvogelattrappen, Vogelscheuchen bis hin zu Laserstrahlen.

Bevor es jedoch in der Südstadt dazu kommen konnte, sind die Vögel von ihrem angestammten Schlafbaum in der Nähe des Bürgerhauses Stollwerck etwa einen Kilometer stadteinwärts umgezogen – in die direkte Nachbarschaft des „Roten Ochsen“. Jetzt haben zwar die Südstädter Ruhe vor den Tieren, aber in den Innenstadt wächst der Widerstand. Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis die menschlichen Nachbarn der Schlafbäume zu drastischeren Mitteln greifen, um die Tiere zu vertreiben. Vielleicht lohnt sich ein Anruf in der Südstadt. Dort hatte ein Anwohner eine laute Böllermaschine eingesetzt.


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Stimmen zum Beitrag „Is et am rääne?“ – Büttenredner Karl Küpper

Jede Woche bekomme ich einige Rückmeldungen zum jeweiligen „Ding der Woche“. Mal Korrekturen, mal ergänzende Hinweise und ganz oft Lob. Aber noch nie habe ich so viele Rückmeldungen wie letzte Woche zum Beitrag „AfD will das Gedenken an Karl Küpper missbrauchen“ bekommen. Und ausnahmslos alle stimmen mir zu.

Dafür ein großes DANKE!

Ich habe mich dazu entschlossen eine repräsentative Auswahl davon zu veröffentlichen. Dabei findet ihr hier nur die Rückmeldungen, bei denen ich ausdrücklich den Namen der Absender nennen darf.

Falls ihr euch auch noch melden wollt – nur zu! Ich ergänze diese Seite gerne auch mit euren Beitrag.

Uli, der Köln-Lotse

PS Karl Küpper selber hat 1952 auf der Bühne mit ausgestrecktem Arm zu den wieder zu Ruhm & Ehre gekommen Nazis gesagt „Et eß ald widder am rääne!“. Und gleiches würde er auch heute zur AfD sagen.


Zwischenzeitlich hat auch die Abstimmung im Stadtrat zu dem Vorstoß der AfD stattgefunden. Der Antrag wurde mit großer Mehrheit abgelehnt. DANKE an alle Mitglieder des Rats, die sich nicht vor den Karren der AfD spannen lassen. Hier der Bericht aus dem Kölner Stadt-Anzeige dazu:

Kölner Stadt-Anzeiger vom 08.11.2019
Kölner Stadt-Anzeiger vom 08.11.2019

Unter dem Titel „AfD … absurd“ hat sich Ulrich Feith von den Kölner Ratsbläsern gemeldet. Diese Truppe von hervorragenden Musikern ist fester Bestandteil des Kölner Karnevals. 

Ehrlichkeit und Authentizität des Ausrufenden einer Ehrung sind maßgebend, wenn eine Ehrung ausgesprochen wird oder werden soll. 

Ehrungen sind Respektbekundungen, die nur wenn sie auch ehrlich gemeint sind ihre wohltuende Wirkung entfalten können.

Der AfD fehlt leider diese spezielle notwendige Eigenschaft den ehrwürdigen Karl Küpper zu ehren, weil sie eine vortäuschende, manipulative und scheinbare Ehrlichkeit für diese Ehrung gebrauchen, die Karl Küpper zu Lebzeiten sicher mit einer passenden pointierten Äußerung zu kommentieren gewusst hätte.

Ulrich Feith
Kölner Ratsbläser


Diese Rückmeldung kam von bekannten Karnevalisten Klaus Rupprecht. Er ist ein bekannter Büttenredner und tritt immer zusammen mit seinem „sprechenden Affen“ Willi auf:

Mein Leben lang hat mich die deutsche Vergangenheit persönlich sehr beschäftigt und ich habe mich immer bemüht, klar Stellung gegen rechtes Gedankengut zu beziehen. Auf der Bühne ist es in meiner Rolle etwas schwierig, denn bei einem kleinen Affen nimmt man politische Bemerkungen nicht wirklich ernst, aber den einen oder anderen Seitenhieb in die rechte Ecke hat es auch von Willi immer gegeben, und das wird auch weiter passieren. 
Privat bin ich der Meinung, dass es noch immer – und leider wieder – zu viele Menschen gibt, die seinerzeit unter den Nationalsozialisten gelitten haben, und denen nach dem Krieg nicht nur die nötige Anerkennung und Wiedergutmachung versagt wurde, sondern die auch noch unter der Arroganz und Ignoranz alter Nazis leiden mussten, die mit dem Persilschein rein gewaschen wurden, weil sie für den Aufbau des neuen Deutschlands offensichtlich unverzichtbar waren. Man kann gar nicht hoch genug einschätzen, wie viel Zivilcourage ein Mann wie Karl Küpper gehabt haben muss, um seine Ansichten in dieser Zeit überhaupt öffentlich zu machen. Und das auch noch auf diese herrlich ironische Art, die den Charakter einer guten Büttenrede auszeichnet. Jeder Vergleich mit heutigen Rednern hinkt gewaltig, denn außer der einen oder anderen Kritik hat ein Redner heutzutage doch nichts wirklich Negatives zu erwarten. Von daher sollten wir alle den Narrenhut ziehen vor Karl Küpper.
Man fragt sich unwillkürlich, warum ausgerechnet eine Partei wie die AFD einen solchen Vorschlag unterbreitet. Der Willi sieht das übrigens genauso… und beantwortet die offene Frage so:
Laut Statistik ist einer von vier AFD- Politikern … genauso doof wie die anderen drei!
Mit affigen Grüßen
Klaus und Willi


Annette Full aus Raderberg hat sich auch gemeldet. Sie hat den Beitrag auch auf der Seite des Bürgervereins RADERBERG und -THAL e.V. veröffentlicht:

Lieber Köln-Lotse,
mal wieder ein großartiger Beitrag!
Müsste der nicht auch als Leserbrief an sämtliche Zeitungen?
Ich übernehme diesen gerne für die Website des Bürgervereins RADERBERG und -THAL.
Liebe Grüße
Annette Full

Hinweis:
Ich habe den Artikel auch als Leserbrief an den Kölner Stadt-Anzeiger und die Kölnische Rundschau. Im Stadt-Anzeiger wurde dieser am 11.11.2019 abgedruckt:

Leserbrief Karl Küpper, abgedruckt im Kölner Stadt-Anzeiger vom 11.11.2019
Leserbrief Karl Küpper, abgedruckt im Kölner Stadt-Anzeiger vom 11.11.2019

Diese Rückmeldung kam von Stephan Otten aus Köln:

Lieber Uli,
danke für die klaren Worte! Diese kann man nicht oft genug erheben, um dem Rechtsruck entgegenzuwirken und die Halsbandsittiche fliegen noch ein wenig länger um das Maritim Hotel.
Oft genug hat die Vergangenheit gezeigt, dass „Geschichte“ missbraucht und zu Gunsten von Machtstrebenden verändert bzw. angepasst wurde – dieser Missbrauch darf mit Karl Küpper nicht passieren!
Gerade gestern Abend ist uns auf der Museumsnacht im ELDE Haus bewusst geworden, wie der Karneval vom NS Regime genutzt – nein, missbraucht wurde. Eine dunkle Seite in Kölns Geschichte.
Politik war und ist immer im Karneval zuhause – ob auf Festwagen oder in Büttenreden, dass soll auch so bleiben finde ich – dies hat nun jedoch nichts mehr mit Politik, geschweige denn demokratischer Meinungsäußerung zu tun und ich erwarte hier genauso eine klare Stellungnahme des Festkomitees und hoffe, dass dieses Thema zumindest in den alternativen Karnevalssitzungen lautstark Einzug findet! 
Weiter so!!!!
 Gruß,
Stephan Otten


Franz-Josef Knöchel hat sich auch gemeldet. Er ist schon seit 1983 Mit-Organisator einer jährlichen Gedenkveranstaltung zu den Novemberpogromen 1938.

Hallo Uli,
richtig so – Arsch huh! Und auch ganz gezielt die Honoratioren ansprechen mit „Höre ich Euch?!“ Ein ganz toller Beitrag über den Verdötschten, den ich als Nicht-Karnevalist und Nicht-Kölner bisher gar nicht kannte.
Korrekt und mutig v.a. auch Deine Aussagen zur AfD, die ich vollumfänglich unterschreiben würde!

Mit extra herzlichen Grüßen – keinen Handbreit den Faschisten!
Franz-Josef Knöchel


Aus Solingen hat mich diese Mail von Axel Sobek erreicht:

Super Beitrag.
Ich hoffe, dass es nie wieder regnet!
Liebe Grüße
Axel Sobek


Falls ihr euch noch dazu äußern wollt – gerne

Is et am rääne? – Büttenredner Karl Küpper

Gedenktafel für Karl Küpper am Haus Kalker Hauptstr. 215 in Köln-Kalk.
Gedenktafel für Karl Küpper am Haus Kalker Hauptstr. 215 in Köln-Kalk.

 

Der Karneval und das Dritte Reich sind ein dunkles Kapitel. Zu den lobenswerten Ausnahmen gehört der Büttenredner Karl Küpper. Als „Ne Verdötschte“  machte sich Küpper auf Kölns Karnevalsbühnen über die Nazis lustig. Ein Klassiker waren seine Auftritte, die Hand zum Hitlergruß ausgetreckt und die Frage in den Raum „Is et am rääne?“ oder auch „Su huh litt der Dreck bei uns im Keller.“

Seine subversiven Auftritte blieben nicht ohne Folgen. Im Jahr 1939 belegten die Nazis ihn mit einem lebenslangem Rede- und Auftrittsverbot. Einer Verhaftung umging er mit seiner freiwilligen Meldung zur Wehrmacht. Das Redeverbot wurde aufgehoben und Küpper spielte im Fronttheater.

Zurück aus Kriegsgefangenschaft war Küpper wieder Redner im Karneval – und prangerte die Einflussnahme der alten Nazis in Wirtschaft und Gesellschaft an. So hob er bei einem Auftritt im Karneval 1951 den rechten Arm und rief in den Saal „Et es widder am rähne!“. Und wieder wurde er Opfer der vermeintlichen Eliten und mit einem faktischen Auftrittsverbot im Karneval bestraft. Küpper beendete 1960 seine Karriere als Büttenredner und wurde Gastwirt in Köln-Kalk. 1970 verstarb Karl Küpper im Alter von 64 Jahren. Sein Grab ist auf Melaten zu finden.

Im Jahr 2011 hat die Stadt einen Platz in der Innenstadt nach Karl Küpper benannt. Die aber wohl schönste Ehrung für Küpper stammt von der Stunksitzung: Präsident Jürgen Becker hat eine Rede des „Verdötschten“ im originalen Wortlaut vorgetragen.


November 2019: AfD will das Gedenken an Karl Küpper missbrauchen

Gleich zweimal wurde Karl Küpper von den Nazis von den Bühnen verbannt: Zunächst 1939 mit einem ausgesprochenen Auftrittsverbot durch die braunen Machthaber. In der Nachkriegszeit wurde er zum zweiten Mal Opfer der vermeintlichen Eliten. Die alten Nazis, die es in Politik und Gesellschaft wieder zu Ruhm und Ehre gebracht haben, stellten ihn mit einem faktischen Auftrittsverbot kalt.

Und jetzt, 80 Jahre später, vergreifen sich wieder Politiker von Rechtsaußen an dem verdienten Karnevalisten. Ausgerechnet die AfD, deren Protagonist sogar laut Gerichtsbeschluss Faschist genannt werden darf, will einen „Karl Küpper Preis“ für die beste politische Büttenrede der Session ins Leben rufen. Also eine Partei, die eindeutig rechtes Gedankengut vertritt, will einen erklärten Gegner für ihre perfiden Zwecke missbrauchen.

Um eins klarzustellen: Würde Karl Küpper heute noch leben, wäre er entschiedener Gegner der widerlichen Politik der AfD. Sein Sohn, Gerhard Küpper, wendet sich auch ganz entschieden gegen diese Provokation. Er schreibt in einem Brief an unsere Oberbürgermeisterin Henriette Reker „Mein Vater war zu seinen Lebzeiten strikt gegen jede Form nationalsozialistischen Gedankenguts und hat sie mit allen Mitteln unter Lebensgefahr bekämpft; würde er heute noch leben, würde er diesen Kampf auch mit der AfD aufnehmen.“.

In aller Deutlichkeit

Wenn eine tiefbraune Partei sich ausgerechnet an einem Gegner der NS-Diktatur vergreift, um diesen für ihre populistischen Zwecke zu missbrauchen, müssen wir alle unsere Stimme dagegen erheben. Also liebes Festkomitee, liebe Präsidenten der Karnevalsgesellschaften, liebe aktive Büttenredner – höre ich euch?

Ich habe diesen Aufruf an Büttenredner und Funktionäre der Karnevalsgesellschaften geschickt. Die Rückmeldungen dazu findet ihr hier: Stimmen zum Beitrag „Is et am rääne?“ – Büttenredner Karl Küpper


Der Unbeugsame – der Widerstand des Karl Küpper

Theaterstück "Der Unbeugsame - der Widerstand des Karl Küpper" in der Volksbühne am Rudolfplatz
Theaterstück „Der Unbeugsame – der Widerstand des Karl Küpper“ in der Volksbühne am Rudolfplatz

In der Volksbühne am Rudolfplatz lief das Stück „Der Unbeugsame – der Widerstand des Karl Küpper“. Gerd Köster spielte Karl Küpper.

Ob und wann es weitere Vorstellungen geben wird wird auf der Website der Volksbühne veröffentlicht.


Unangepasst und widerborstig: Der Kölner Karnevalist Karl Küpper

Fritz Bilz: Unangepasst und widerborstig: Der Kölner Karnevalist Karl Küpper
Fritz Bilz: Unangepasst und widerborstig: Der Kölner Karnevalist Karl Küpper

Der Historiker und Publizist Fritz Bilz hat das lesenswerte Buch „Unangepasst und widerborstig: Der Kölner Karnevalist Karl Küpper“ veröffentlicht. 

Fritz Bilz
Unangepasst und widerborstig: Der Kölner Karnevalist Karl Küpper
3. erweiterte Auflage, Köln 2020
20 Euro, erhältlich in jeder Buchhandlung


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30. Oktober 1944: Bombenangriff löscht Hochzeitsgesellschaft vollständig aus

Zugangstreppe vom Bunker auf Melaten, Bild: Hans Jörg Michell, www.lindenthal.blog
Zugangstreppe vom Bunker auf Melaten, Bild: Hans Jörg Michell

Und wieder heulen die Sirenen: Fliegeralarm in Köln. Es ist der 30. Oktober 1944, etwa 20.30 Uhr. Die fast schon regelmäßigen Angriffe auf die Stadt zermürben die Menschen. Und doch sucht eine Gruppe von feiernden Menschen so etwas wie Normalität in der grausamen Zeit des Kriegs und feiert eine Hochzeit. Eine Feier mit etwa 100 Menschen in einer Gaststätte in Lindenthal, mittendrin das frisch vermählte Brautpaar.

Doch der Fliegeralarm beendet die Feier vorzeitig. Die gesamte Gesellschaft sucht einen Schutzraum auf dem nahe gelegenen Friedhof Melaten auf. Bei diesem Schutzraum handelt es sich nicht um einen vollständig gesicherten und entsprechend geschützten Bunker, sondern nur um einen Deckungsgraben, so Robert Schwienbacher vom Kölner Institut für Festungsarchitektur1Quelle: Kölner-Stadt Anzeigers vom 26. November 2015. Schwienbacher: „Streng genommen handelt es sich nicht um einen Bunker sondern um einen Deckungsgraben, der Schutz vor Trümmern, Splittern Gaseinwirkung und der Druckwelle bieten sollte.“ Dies wird der Hochzeitgesellschaft zum Verhängnis. Die im Volksmund genannten „Angströhren“ waren einfacher und kostengünstiger herzustellen – aber auch wesentlich unsicherer als echte Luftschutzbunker. Eine der Schwachstellen dieser Bauwerke ist der Luftschacht. Und genau an dieser Stelle schlägt eine Fliegerbombe ein. Die Menschen in dem Bunker haben keine Chance. Die ungeheure Druckwelle der Bombe dringt nahezu ungehindert in die „Angströhre“ ein und zerfetzt sofort die Lungen der Menschen. Keiner der Schutzsuchenden überlebt diesen Tag.

Die Generalprobe zum jüngsten Gericht

Der Angriff vom 30. Oktober 1944 ist einer der verheerendsten Fliegerangriffe auf Köln. Innerhalb von weniger als zwei Stunden laden etwa 1.000 Bomber ihre tödliche Fracht ab. 200.000 Brandbomben und mehr als 4.000 Sprengbomben verwüsten vorwiegend die westlichen Stadtteile, weil sich die Bomber an der Aachener Straße orientieren. 554 Menschen sterben in dieser Nacht.

Eine Lancaster wirft eine Luftmine zusammen mit Brandbomben ab, Bild: Royal Air Force
Eine Lancaster wirft eine Luftmine zusammen mit Brandbomben ab, Bild: Royal Air Force

Auch das St. Elisabeth-Krankenhaus (Hohenlind) wird schwer getroffen. Ein Pater aus dem Krankenhaus sprach in dieser Nacht von der „Generalprobe zum jüngsten Gericht“. In den folgenden Tagen kommen die Kölner kaum noch nach,  Tote und Verletzte zu zählen. Der Historiker Martin Rüther berichtet, dass die Leichen auf Müllwagen abtransportiert wurden.2 Martin Rüther: Köln im Zweiten Weltkrieg. Alltag und Erfahrungen zwischen 1939 und 1945. Darstellungen – Bilder – Quellen. Emons Verlag, Köln, 2005

20.000 tote Kölner durch Luftangriffe

Die noch folgenden Luftangriffe trafen eine fast menschenleere Stadt: Nur noch etwa 40.000 Menschen lebten zur „Stunde Null“ am 8. Mai 1945 in Köln. Vor dem Krieg, im Jahr 1939, gab es noch mehr als 760.000 Einwohner. Insgesamt fordern die 262 Luftangriffe auf Köln 20.000 Tote.
Zu diesen Toten gehören auch die in der „Angströhre“ auf Melaten Gestorbenen der Hochzeitgesellschaft. Allerdings verliert sich ihre Spur, es gibt kein Gemeinschaftsgrab und keine Aufzeichnungen dazu. Um die Erinnerung wachzuhalten, hat der Kölner Stadtkonservator Ralf Beines zum 50. Jahrestag im Jahr 1994 eine Plakette an dem noch existierenden, aber total verfallenen, Schutzraum anbringen lassen. Der Journalist Tim von Lindenau hat den Bunker besichtigt und ein beeindruckendes Video dazu veröffentlicht. 


Bereits am 29. Juni 1943 gab es den verheerenden „Peter-und-Paul-Angriff“ auf Köln.


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Kölsche Wörter: Fimpschig – Übersetzung unmöglich

Ein fimpschiger Kerl mit der tödlichen Männergrippe, Bild: vschlichting, Zoonar
Ein fimpschiger Kerl mit der tödlichen Männergrippe, Bild: vschlichting, Zoonar

Es wird kälter und grauer – und prompt sieht man sie wieder:
Fimpschige Kääls, die tirek die Pips han.
Also die typische, lebensbedrohende Männergrippe. Wichtig ist, dass die Kääls, also die Kerle, anders als die Frauen, fimpschig sind. Womit in diesem Fall so etwas wie „wehleidig“  gemeint ist.

Als kleiner Trost für uns Männer gilt aber dabei, dass alles mögliche fimpschig sein kann. Egal, ob es sich um Menschen oder Dinge handelt. Sobald etwas nicht perfekt ist, nennt es der Kölsche „fimpschig“. So kann auch ein wackeliges Möbelstück fimpschig sein. Oder ein Buch, welches nicht wirklich lesenswert ist, wird als fimpschig bezeichnet, ebenso wie ein Essen, welches nicht schmeckt. Auch ein empfindlicher Mensch kann fimpschig sein. Bei Brings klingt das in „Jeck Yeah“ so:
„Ich bin fimpschig un neidig
un vill zo schnell beleidigt.“

Eindeutige Übersetzung unmöglich

Daher ist eine eindeutige Übersetzung von fimpschig ins Hochdeutsche unmöglich. Klar ist nur, dass fimpschig negativ belegt ist. Allerdings auch nicht so negativ, dass zum Beispiel ein fimpschiges Brötchen direkt weggeschmissen werden muss. Essen kann man es noch – aber eben nicht mit Genuss. Oder ein Kind kann auch mit einem fimpschigen Spielzeug spielen – nur eben nicht lang, weil jedem klar ist, dass so etwa schnell kaputt geht. 

Nach dem Rheinischen Mitmachwörterbuch stammt fimpschig von „fimpen“  ab, welches „übel, faulig riechend“ bedeutet. Also nix Gutes. Der Kölsche bezeichnet daher auch wehleidige Menschen, in der Regel Männer, als Fimpsch. Womit wir wieder bei der tödlichen Männergrippe wären. Gute Besserung! 


Es gibt noch weitere kölsche Wörter, die sich nicht eindeutig übersetzen lassen wie zum Beispiel „Jedöns“.  


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Wasserflugzeughafen auf dem Rhein

Der kleine Wasserflugzeughafen auf dem Rhein. Im Hintergrund sind die Deutzer Messehallen zu erkennen, Bild: Historisches Luftfahrtarchiv Köln
Der kleine Wasserflugzeughafen auf dem Rhein. Im Hintergrund sind die Deutzer Messehallen zu erkennen, Bild: Historisches Luftfahrtarchiv Köln

Es muss ein toller Anblick gewesen sein: Auf dem Rhein, etwa in Höhe von St. Kunibert, beschleunigt ein Wasserflugzeug und hebt noch vor der Bastei ab. Zwischen 1926 und 1928 war das kein Einzelfall. Zunächst führte die Westflug GmbH Werbeflüge am Rhein durch und transportierte auch Post. Ab Mai 1927 führte die Lufthansa regelmäßige Passagierflüge auf der Linie Köln – Duisburg – Rotterdam durch.

Gestartet wurde von einem etwa 50 Quadratmetern kleinen Holzfloß auf dem Rhein in Höhe der Kunibertsgasse, direkt gegenüber dem Rheinpark. Am Ufer befand sich noch ein kleines Häuschen. Dort wurde die Post gelagert. Besonders kurios: Wenn es nicht genug Fracht oder zu wenige Passagiere gab, wurden Reichsbahnmitarbeiter von der nahe gelegenen Reichsbahndirektion als Ballast für den sicheren Flugbetrieb angefordert. Auf der Website „Geschichte der Kölner Luftfahrt“ berichtet ein Augenzeuge: „… Die angeforderten Leute flogen dann mit bis nach Frankfurt/M. und kamen anschließend mit der Eisenbahn wieder zurück. Dies erfolgte kostenlos, da die ausgesuchten Eisenbahnmitarbeiter im Besitz von Dienstfahrkarten waren …“.

Die Kabine einer Junkers F 13 - ausgestattet mit Korb und Polstersesseln sowie mit Beleuchtung und einer Heizung. Bild: Firmenarchiv Hugo Junkers
Die Kabine einer Junkers F 13 – ausgestattet mit Korb und Polstersesseln sowie mit Beleuchtung und einer Heizung. Bild: Firmenarchiv Hugo Junkers

Luxus: Flugzeuge mit Heizung

Geflogen wurde mit zu Wasserflugzeugen umgerüsteten Junkers F 13. Anders als die damals üblichen Flugzeuge aus mit Stoff bespannten Holz- oder Stahlrohr handelt es sich bei diesem Typ um das erste Ganzmetallflugzeug, welches in der zivilen Luftfahrt eingesetzt wurde. Die bis zu 190 km/h schnelle F 13 verfügte über zwei Pilotensitze und vier Passagiersitze. Als luxuriös galt damals das integrierte Heizsystem sowie die Innenbeleuchtung.

Ein Flugzeug auf dem Weg zum Wasserflugzeughafen. Das Gebäude im Hintergrund direkt am Rhein ist die Bastei, Bild: Historisches Luftfahrtarchiv Köln
Ein Flugzeug auf dem Weg zum Wasserflugzeughafen. Das Gebäude im Hintergrund direkt am Rhein ist die Bastei, Bild: Historisches Luftfahrtarchiv Köln

Warum dieser kleine Wasserflugplatz betrieben wurde, ist heute unklar. Immerhin gab es schon den Flughafen Butzweilerhof. Der Luftfahrtexperte Werner Müller dazu im Kölner Stadt-Anzeiger „Ich vermute mal, dass man aus Kostengründen den Rhein bevorzugt hat“. Ein Ausbau des kleinen Wasserflughafens wurde schnell verworfen, auch wenn man sogar über eine Transatlantik-Verbindung nachdachte. Der rege Schiffsverkehr auf dem Rhein sowie sich verändernde Pegelstände mit Niedrigwasser machten den Betrieb mit großen Wasserflugzeugen unmöglich.

Im August 1927 stellte die Lufthansa den Flugbetrieb auf Rhein an St. Kunibert ein. Das Floß fand wurde in den Niehler Hafen geschleppt und für eine andere Luftpost-Verbindung genutzt.


Ein großes DANKE an Werner Müller vom Historischen Luftfahrtarchiv Köln für die Bilder. Die sehenswerte Webseite des Luftfahrtarchivs zeigt noch viel mehr von der bewegten Luftfahrtgeschichte in unsere Stadt: Vom Zeppelin über den Butzweilerhof bis zum Flughafen Wahn.


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